Mimoň

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Mimoň
Wappen von Mimoň
Mimoň (Tschechien)
Mimoň (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Liberecký kraj
Bezirk: Česká Lípa
Fläche: 1548,1406[1] ha
Geographische Lage: 50° 39′ N, 14° 44′ OKoordinaten: 50° 39′ 19″ N, 14° 43′ 37″ O
Höhe: 280 m n.m.
Einwohner: 6.358 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 471 24
Kfz-Kennzeichen: L
Verkehr
Straße: Stráž pod RalskemDoksy
Bahnanschluss: Řetenice–Lovosice–Česká Lípa–Liberec
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 8
Verwaltung
Bürgermeister: František Kaiser (Stand: 2007)
Adresse: Mírová 120
47124 Mimoň III
Gemeindenummer: 561835
Website: www.mestomimon.cz
Lage von Mimoň im Bezirk Česká Lípa
Peter-und-Paul-Kirche

Mimoň (deutsch Niemes) ist eine Stadt des Okres Česká Lípa in der Region Liberec im Norden der Tschechischen Republik.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt liegt in Nordböhmen an der Mündung des Panenský potok (deutsch Jungfernbach) in die Ploučnice (Polzen) an der alten Handelsstraße von Zittau nach Prag. Sie wird überragt vom Berg Roll (Ralsko). Auf dessen Gipfel befindet sich die Ruine der gotischen Burg Ralsko (Rollburg), Namensgeber des benachbarten Truppenübungsplatz Ralsko.

Stadtgliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Mimoň besteht aus den Ortsteilen Mimoň I, Mimoň II, Mimoň III, Mimoň IV, Mimoň V, Mimoň VI, Srní Potok (Rehwasser) und Vranov (Rabendorf).[3] Grundsiedlungseinheiten sind Bohatická strana, Husova-Pražská, Kuřivodská strana, Letná, Mimoň-střed, Pod Ralskem, Průmyslový obvod, Slovany, Srní Potok, Svébořická strana, U lipové aleje, U nádraží, U nemocnice, U pily und Vranov.[4]

Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Mimoň und Vranov pod Ralskem[5].

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sudetendeutsches Freikorps mit Hakenkreuzarmbinden am 10. Oktober 1938 auf dem Marktplatz zur Begrüßung deutscher Truppen.
Hauptplatz mit Mariensäule

Niemes, das zum Bunzlauer Kreis gehörte, wurde 1371 erstmals urkundlich mit einer Zollstation erwähnt. Damals war es im Besitz der Herren von Wartenberg, die die Burg Niemes erworben und an ihre Herrschaft von Dewin angeschlossen haben. Eine Pfarrkirche mit eigenem Seelsorger ist für das Jahr 1384 belegt.[6] Danach wechselten die Besitzer mehrfach, insbesondere in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs.

Historikern zufolge[6][7] ließ Wallenstein, Herzog von Friedland, die Stadt im Jahr 1633 aus unbekannten Gründen in Brand stecken und vollständig einäschern. Am 11. Juni 1806 wurde die Stadt erneut durch eine Feuersbrunst fast vollständig zerstört. Die Kirche, die im Jahr 1663 durch den Freiherrn Johannes Putz von Adlerthurn neu erbaut und 1689 feierlich eingeweiht worden war, wurde nach dem Brand 1807 neu errichtet und zugleich erweitert.[7] Der Wortlaut der lateinischen Inschriften, die im 17. Jahrhundert innerhalb und außerhalb der Kirche angebracht worden waren, ist von Schaller festgehalten worden.[6]

Im 1985 gesprengten Schloss befand sich eine bedeutende Bibliothek mit Büchern aus dem Zeitraum zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. Sie war von Adam Franz von Hartig gegründet worden, der dem Adelsgeschlecht Hartig entstammte, das 1719 in den böhmischen Grafenstand erhoben worden war. Weitere Bestandserweiterungen gehen auf Adam Ludwig von Hartig (1710–1738) und dessen Gattin Gräfin Kager von Globen (1716–1759) sowie Franz de Paula Anton Graf von Hartig (1758–1797) zurück. Letzterer war Gesandter am kursächsischen Hof und konnte in seinem Umfeld für die Schlossbibliothek von Niemes zahlreiche Bücher erwerben, deren Bestände später an das Prager Nationalmuseum gelangten. Ihre thematische Vielfalt ist sehr groß; es finden sich darin belletristische, naturwissenschaftliche, ökonomische, politische und philosophische Monographien.[8]

1836 gründete der Tuchmachermeister Anton Schicketanz (1803–1866) gemeinsam mit seinen Söhnen in Niemes eine Textilfabrik, die unter dem Firmennamen Anton Schicketanz und Söhne bekannt wurde und unter seinem Enkel Ludwig Anton Schicketanz (1856–1922) sich zu einem Großbetrieb der Textilindustrie entwickelte.[9]

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war Niemes Sitz des Bezirksgerichts Niemes im Bezirk Böhmisch Leipa. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte Niemes eine Fabrik für gebogenes Holz, Betriebe für Tuch- und Baumwollweberei, eine Gerberei sowie eine Bierbrauerei.[10] Es wurde etwas Ackerbau betrieben.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Niemes 1919 der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen. Aufgrund des Münchner Abkommens gehörte Niemes von 1938 bis 1945 zum Landkreis Deutsch Gabel, Regierungsbezirk Aussig, im Reichsgau Sudetenland. Während des Zweiten Weltkriegs war in Niemes ein Wehrertüchtigungslager der HJ. Die Stadt hatte eine Möbelfabrik, die der deutschen Familie Fischel gehörte.

Partnerstädte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter-und-Paul-Kirche
  • Bürgerschule
  • Stadtpark (das zugehörige, ehemalige Schloss der Grafen Hartig am Ringplatz wurde 1985 gesprengt)
  • Kapelle zum heiligen Grab mit Kriegerdenkmal
  • Sandbrücke mit Denkmal des hl. Nepomuk
  • Molkenkrug
  • Julienshöhe
  • Burgruine Roll auf dem Berg Ralsko
  • Höllenschlund (Průrva Ploučnice)
  • Struhanken (Stohánek)

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Carl Ignaz Lorinser (1796–1853), Mediziner
  • Friedrich Wilhelm Lorinser (1817–1895), österreichischer Mediziner und Botaniker
  • Helenefriederike Stelzner (1861–1937), deutsche Medizinerin (geboren auf dem Meierhof Spörnig)
  • Carl Kostka (1870–1957), sudetendeutscher Minderheitenpolitiker
  • Maria Köstler (1879–1965), österreichische Politikerin (SdP)
  • Stefanie Rabatsch geb. Isak (1887–1975), Jugendschwarm von Adolf Hitler
  • Rudolf Watzke (1892–1972), Konzertsänger
  • Rudolf Schicketanz (1900–1945), Jurist und sudetendeutscher Politiker der SdP und der NSDAP
  • Gerhard Bienert (1913–1982), deutscher Bauingenieur und Hochschullehrer
  • Ernst Eichler (1930–2012), deutscher Slawist und Namenkundler
  • Hans Watzek (* 1932), Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1830 3336 in 580 Häusern[11][7]
1845 3400 [12]
1900 6024 deutsche Einwohner[10]
1921 5610 davon 4.957 Deutsche (88 %)[13]
1930 6133 davon 5.331 Deutsche (87 %) und 638 Tschechen (10 %)[14][15]
1939 5995 [15]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs[16]
Jahr 1970 1980 1991 2001 2003
Einwohner 6 294 7 048 6 487 6 737 6 692

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Konrad Badenheuer: Die Sudetendeutschen. Eine Volksgruppe in Europa. Sudetendeutscher Rat, München 2007, ISBN 978-3-00-021603-9.
  • R. Maras: Niemes am Berg Roll. Niemes 1902.
  • J. Tille: Niemes und die nähere Umgebung. Niemes 1905.
  • Jan Šícha, Eva Habel, Peter Liebald, Gudrun Heissig: Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Sudetendeutsches Archiv, München 1995, ISBN 3-930626-08-X.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mimoň – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.uir.cz/obec/561835/Mimon
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. [1]
  4. uir.cs
  5. uir.cs
  6. a b c Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 4: Bunzlauer Kreis, Prag 1786, S. 235–137, Ziffer 1).
  7. a b c Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 2: Bunzlauer Kreis, Prag 1834, S. 251–252, Ziffer 1).
  8. Bernhard Fabian, Petr Mašek, Karen Kloth: Handbuch deutscher historischer Buchbestände in Europa. Bd. 2. Tschechische Republik – Schlossbibliotheken. Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich/New York 1997, ISBN 3-487-10355-9, S. 140–141
  9. Ferdinand Seibt, Hans Lemberg, Helmut Slapnicka: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut), Bd. III, R. Oldenbourg Verlag München 2000, ISBN 3-486-55973-7, S. 637; Franz Hantschel: Heimatkunde des politischen Bezirk Böhmisch Leipa, 1911
  10. a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 14, Leipzig und Wien 1908, S. 674.
  11. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 195, Ziffer 7) unten.
  12. F. C. Watterich von Watterichsburg: Handwörterbuch der Landeskunde des Königreichs Böhmen. 2. Auflage. C. W. Medau und Comp., Prag 1845, S. 931.
  13. Ernst Pfohl: Ortslexikon Sudetenland. Seite 383. Helmut Preußler Verlag-Nürnberg.1987. ISBN 3-925362-47-9
  14. Rudolf Hemmerle: Sudetenland Lexikon Band 4, Seite 322. Adam Kraft Verlag, 1985. ISBN 3-8083-1163-0.
  15. a b Michael Rademacher: Landkreis Deutsch Gabel (tschech. Jablonné v Podjestedí). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  16. Czeski Urząd Statystyczny