Nilbarsch

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Nilbarsch

Zeichnung aus The fishes of the Nile von George Albert Boulenger (oben ein Jungfisch)

Systematik
Stachelflosser (Acanthopterygii)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ordnung: Carangiformes
Familie: Riesenbarsche (Latidae)
Gattung: Lates
Art: Nilbarsch
Wissenschaftlicher Name
Lates niloticus
(Linnaeus, 1758)
Nilbarsch im Größenvergleich

Der Nilbarsch (Lates niloticus), in Deutschland als Speisefisch meist Viktoriabarsch genannt, ist ein Süßwasser-Raubfisch aus der Familie der Riesenbarsche (Latidae). Er kommt im tropischen und subtropischen Afrika zwischen 27° nördlicher und 7° südlicher Breite in allen bedeutenden Flusssystemen (Nil, Niger, Schari, Senegal, Volta und Kongo) und im Albertsee, Turkana-See und Tanasee vor, sowie im Brackwassersee Lake Mariout im Nildelta. Im Viktoriasee wurde der Nilbarsch Anfang der 1960er-Jahre vom Menschen ausgesetzt.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nilbarsch wird maximal zwei Meter lang und bis zu 200 kg schwer. Für gewöhnlich bleibt er aber bei einer Länge von 85 Zentimeter bis einem Meter. Die Geschlechtsreife erreicht er bei einer Länge von 53 bis 85 Zentimeter im Alter von drei Jahren. Weibchen sind zumeist größer als Männchen. Nilbarsche sind oberseits eher grau mit einem bläulichen Schimmer, an den Seiten und am Bauch hell silbriggrau. Die Pupille ist schwarz, die Iris gelb. Jungfische sind bräunlich und zeigen eine unregelmäßige hell-dunkel Marmorierung. Die Schuppen sind Kammschuppen. Das Tränenbein und das Präoperculum sind fein gesägt. Der Kiemendeckel ist mit zwei Dornen ausgestattet, ein auffälliger vor dem Winkel und ein kleinerer darüber. Das Maul ist groß und vorstülpbar (protraktil), der Unterkiefer steht etwas vor. Auf dem unteren Ast (Ceratobranchiale) des ersten Kiemenbogens befinden sich 12 bis 14 Kiemenrechen. Die Rückenflosse wird von sieben bis acht Stachel- und 8 bis 13 Weichstrahlen gestützt, die Afterflosse von drei Stacheln und 7 bis 9 Weichstrahlen. Die Schwanzflosse ist abgerundet. Entlang der Seitenlinie zählt man 54 bis 74 Schuppen, weitere 6 bis 8 mit Poren versehene Schuppen liegen auf dem Schwanzstiel.[1][2]

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nilbarsche bewohnen alle Habitate ihrer Wohngewässer in Tiefen von 10 bis 60 Metern. Ausgewachsene Fische bevorzugen tieferes Wasser und ernähren sich von Fisch, vor allem von Heringen und Salmlern der Gattung Alestes, bei Verfügbarkeit können Buntbarsche des Tribus Haplochromini bis zu 95 % der konsumierten Fischarten ausmachen. Kleinere Exemplare fressen auch Krebstiere (Garnelen der Gattung Caridina), Jungfische und Insekten (Schnabelkerfe und die Larven von Libellen, Eintagsfliegen und Büschelmücken). Jungfische, die sich bevorzugt im Flachwasser an den Gewässerrändern aufhalten, ernähren sich vor allem von Zooplankton (Copepoden). Im Frühjahr, bei steigender Wassertemperatur, laichen die Nilbarsche in geschützten Bereichen oder im offenen Wasser.[1]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nilbarsch erhielt seine erste wissenschaftliche Bezeichnung im Jahr 1758 durch den schwedischen Naturforscher Carl von Linné. Dieser ordnete ihn allerdings der Gattung Labrus zu, die heute zu den Lippfischen gehört. Terra typica ist Ägypten.[3] Die Gattung Lates mit dem Nilbarsch als Typusart wurde erst 1828 durch die französischen Zoologen Georges Cuvier und Achille Valenciennes eingeführt.[4]

Lates niloticus ist keine monophyletische Art, sondern besteht aus drei genetisch unterscheidbaren Kladen, von denen eine im Einzugsbereich des Nils, inklusive Albertsee und Turkana-See, die zweite in Westafrika und die dritte im Kongobecken vorkommt. Schwestergruppe der Kongoklade sind die vier Lates-Arten des Tanganjikasees (Lates angustifrons, Lates mariae, Lates microlepis und Lates stappersii) die zusammen eine monophyletische Gruppe bilden und phylogenetisch innerhalb von Lates niloticus stehen.[5] Die „Nilbarsche“ des Kongobeckens wurden bereits 1922 durch den französischen Ichthyologen Jacques Pellegrin unter der Bezeichnung Lates niloticus var. macrolepidota als Varietät des Nilbarschs beschrieben. Terra typica ist der Oubangui im Norden des Kongobeckens.[6]

Das folgende Kladogramm zeigt die Verwandtschaftsverhältnisse der gegenwärtig unter der Bezeichnung Lates niloticus geführten Riesenbarsche und die Stellung der Tanganjikasee-Riesenbarsche darin:[5]

 Lates niloticus s. lat. 


Nil-Klade (Lates niloticus s. str.)


   

Westafrikanische Klade



   

Kongo-Klade


 Tanganjikasee-Klade 

Lates microlepis


   

Lates stappersii


   

Lates angustifrons


   

Lates mariae







Nilbarsche aus dem Viktoriasee werden in Kampala verkauft.

Nilbarsche im Viktoriasee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den 1960er-Jahren wurden Nilbarsche im Viktoriasee ausgesetzt. Sie vermehrten sich dort auf spektakuläre Weise und verdrängten andere Arten. Zahlreiche dieser Arten, insbesondere Buntbarsche der Gattung Haplochromis, starben daraufhin aus.[7] Der Nilbarsch wurde u. a. deshalb in die Liste der 100 gefährlichsten Neobiota aufgenommen.[8] Der Dokumentarfilm Darwin’s Nightmare (2004) des österreichischen Regisseurs Hubert Sauper behandelt die zeitgenössischen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen der Aussetzung der Art im Viktoriasee.[9][10]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nilbarsch kommt unter dem Namen Viktoriabarsch als begehrter Speisefisch in den Handel. Das Fleisch ist weiß, fest und kräftig im Geschmack. Wegen seines günstigen Preises ist Viktoriabarsch auf Fischmärkten in Europa (vor allem Benelux, Deutschland, Frankreich) sowie in den USA erhältlich.

100 g Nilbarsch enthalten etwa:
Brennwert Fett Eiweiß
389 kJ (93 kcal) 1,8 g 19,1 g

Darüber hinaus weist der Nilbarsch einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren auf.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Lates niloticus auf Fishbase.org (englisch)
  2. Melanie L. J. Stiassny, Guy G. Teugels, Carl D. Hopkins: The Fresh and Brackish Water Fishes of Lower Guinea, West-Central Africa. Band 2. Muséum national d’histoire naturelle / Musée royal de l’Afrique Centrale, Paris / Tervuren 2007, ISBN 978-9-0747-5221-3, S. 405.
  3. Lates niloticus im Catalog of Fishes (englisch)
  4. Lates im Catalog of Fishes (englisch)
  5. a b Stephan Koblmüller, Christian A. Schöggl, Clemens J. Lorber, Maarten Van Steenberge, Nikol Kmentová, Maarten P.M. Vanhove, Lukas Zangl: African lates perches (Teleostei, Latidae, Lates): paraphyly of Nile perch and recent colonization of Lake Tanganyika. Molecular Phylogenetics and Evolution, March 2021, 107141 doi: 10.1016/j.ympev.2021.107141
  6. Jacques Pellegrin: Poissons de l'Oubanghi-Chari recueillis par M. Baudon. Description d'un genre, de cinq espèces et d'une variété. Bulletin de la Société Zoologique de France v. 47: 64–76.
  7. Tijs Goldschmidt: Darwins Traumsee. Nachrichten von meiner Forschungsreise nach Afrika, C. H. Beck, 1997, ISBN 3-406-42881-9
  8. S. Lowe, M. Browne, S. Boudjelas, M. De Poorter: 100 of the World’s Worst Invasive Alien Species. A selection from the Global Invasive Species Database. Published by The Invasive Species Specialist Group (ISSG) a specialist group of the Species Survival Commission (SSC) of the World Conservation Union (IUCN), 12pp. First published as special lift-out in Aliens 12, Dezember 2000. Updated and reprinted version: November 2004. Electronic version available at: PDF (Memento des Originals vom 16. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.issg.org
  9. Darwin’s Nightmare – Dokumentarfilm über die Geschichte des Nilbarsches und die Auswirkungen seiner Auswilderung auf das Leben am Viktoriasee. Regie: Hubert Sauper. Österreich/Frankreich/Belgien 2004; FSK: Freigegeben ab 12 Jahren – 107 Min.
  10. Roger Peltzer: Filetstücke für den Weltmarkt. taz.de, 2. September 2006

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nilbarsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Nilbarsch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen