Ohridsee

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Ohridsee
Topographische Karte der Seenregion.
Geographische Lage Nordmazedonien, Albanien
Abfluss Drin
Orte am Ufer Ohrid, Struga, Pogradec
Daten
Koordinaten 41° 2′ N, 20° 43′ OKoordinaten: 41° 2′ N, 20° 43′ O
Ohridsee (Nordmazedonien)
Ohridsee (Nordmazedonien)
Höhe über Meeresspiegel 695 m ü. A.
Fläche 349–362,6 km²dep1
Länge 30,4 km
Breite 14,8 km
Maximale Tiefe 288 m[1]
Mittlere Tiefe 155 m[1]
Einzugsgebiet 1414 km²[2]

Besonderheiten

gehört zu den ältesten Seen der Welt

Die Kirche St. Johannes (Sveti Jovan) bei Ohrid
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Der Ohridsee ([ˈɔxridzeː], mazedonisch Охридско Езеро Ohridsko Ezero, albanisch Liqeni i Ohrit, selten auch Liqeni i Pogradecit) ist der zweitgrößte See der Balkanhalbinsel sowie einer der ältesten der Erde. Er gehört zum größeren Teil zu Nordmazedonien, dessen größtes Gewässer er ist, zum kleineren Teil zu Albanien (siehe auch Grenze zwischen Albanien und Nordmazedonien).[3] Der Wasserspiegel liegt 695 m ü. A. Die maximale Tiefe beträgt 288 Meter. Seine Fläche wird in Nordmazedonien mit 349 Quadratkilometern angegeben,[4] während amtliche albanische Quellen sogar von 362,6 Quadratkilometern[2] sprechen und sich in der Literatur auch weitere Zahlen wie 358 Quadratkilometer finden.[1] Am nordmazedonischen Ufer sind Ohrid und Struga die wichtigsten Städte, am albanischen ist es Pogradec. Insgesamt leben mehr als 200.000 Menschen rund um den See.[5]

Der See ist im Zentrum des UNESCO-Welterbes Natur- und Kulturerbe der Ohrid-Region. 1979 wurde der jugoslawische Teil des Sees als Naturerbe eingetragen, im Folgejahr wurde es um das kulturelle Erbe der Region und die – stark religiös geprägte – Kulturlandschaft rund um den See erweitert. 2019 wurde auch der albanische Teil ins Welterbe aufgenommen.[6]

Zu- und Abflüsse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle beim Kloster Sveti Naum

Der durch zahlreiche Quellbäche gespeiste Ohridsee, dessen Einzugsgebiet 1414 Quadratkilometer groß ist,[2] hat keinen wesentlichen Zufluss. Die wichtigste Quelle liegt beim Kloster Sveti Naum. Dort tritt Wasser aus, das unterirdisch aus dem 200 m höher und südöstlich vom Ohridsee gelegenen Prespasee zufließt. Ob diese Verbindung noch besteht bzw. wann und wie lange sie bestand, ist unsicher. Möglich ist, dass die Verbindung temporärer Natur ist und durch geologische Prozesse im Karstgestein zwischen den Seen geöffnet bzw. getrennt wird. Auf der albanischen Seite liegt eine wichtige Quelle im Park von Drillon nahe dem Ort Tushemisht. Eine weitere, unterirdische Quelle bei Tushemisht wird für die Wasserversorgung von Pogradec genutzt.[5]

Entwässert wird der See bei Struga durch den Fluss Schwarzer Drin zur Adria hin. Der Abfluss wird mittels Nadelwehr reguliert.

Entstehungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ohridsee zählt zu den ältesten Seen der Welt. Er ist der älteste bekannte noch existierende See Europas.[7] Sein Alter wurde früher auf zwei bis fünf Millionen Jahre geschätzt;[6] das Vorkommen endemischer Arten (siehe unten) ließ auf eine Entstehung im Pleistozän oder noch davor schließen.[8] Molekularbiologische Untersuchungen, deren Ergebnisse 2021 veröffentlicht wurden, belegen inzwischen ein Alter von 1,36 Millionen Jahren.[7] Der See entstand durch einen Grabenbruch. Die auch heute auftretenden tektonischen Aktivitäten bedingen wahrscheinlich auch die Existenz eines etwa 100 Meter hohen subaquatischen Berges.

Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anhand der vorhandenen lückenlosen Sedimente im See ist eine Erforschung der paläoklimatologischen Bedingungen gut möglich. Gegenwärtig widmen sich u. a. Forscher der Rekonstruktion der quartären Klima- und Umweltgeschichte des Sees.[9]

Flora und Fauna[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Europas bekanntester Langzeitsee ist der Ohridsee wegen seiner Fauna bemerkenswert. Viele der in den übrigen europäischen Gewässern typischen Fischarten fehlen, z. B. alle Echten Barsche, die Äschen, Saiblinge und Coregonen, der Hecht und der Dreistachlige Stichling.

Dagegen kommen hier einige auf dem Balkan endemische Fischarten vor, z. B. der Barbengründling (Aulopyge huegelii) und weitere Karpfenfischarten aus den Gattungen Pachychilon und Phoxinellus.[10] Wirtschaftlich bedeutend ist die endemische Ohridforelle (Salmo letnica; maz. Ohridska pastrmka, alb. Koran). Sie ist wegen Überfischung bedroht und wird in Fischfarmen gezüchtet. Ebenfalls gefährdet oder bereits ausgestorben sind Salmo ohridanus (alb. Belushka, maz. Belvica), Salmo balcanicus, Salmo lumi und Salmo aphelios.[11]

Es finden sich auch verschiedene Vertreter der Schnecken, die sich während des Miozäns in der Paratethys ausbreiteten. Fischfang und Tourismus sind wichtige Einnahmequellen der rings um den See gelegenen Gemeinden.

Südöstlich des Sees liegt der Nationalpark Galičica, der das gesamte Galičica-Gebirge umfasst und sich bis zum Prespasee erstreckt.

An den Hängen des nordwestlich gelegenen Jablanica-Gebirges gibt es Weinbauflächen und Kastanien-Plantagen. 1984 wurde dort – erstmals in Europa – die Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella) beobachtet.[12]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reste von auf etwa 6000 v. Chr. radiokarbondatierten jungsteinzeitlichen Pfahlbauten wurden 2023 im Ohridsee auf albanischer Seite gefunden. Sie sind mehrere hundert Jahre älter als die Pfahlbauten rund um die Alpen.[13] Untersuchungen von 2021 in der Bucht von Ploča Mičov Grad in der Nähe von Ohrid belegen, dass der Siedlungsbau auch dort bereits in der Jungsteinzeit (Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr.) begann und seitdem in Phasen verlief, und zwar über Jahrtausende: Von der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit (2. Jahrtausend v. Chr.). Zuvor hatte man angenommen, es handle sich um eine Siedlung aus der Zeit um 1000 v. Chr. Die intensive Bautätigkeit erklärt die außergewöhnliche Dichte von Holzpfählen an der Fundstelle – die Siedlungen wurden gewissermaßen übereinander gebaut.[14]

Später siedelten antike Völker und Stämme wie die Illyrer, die Makedonen und die Griechen rund um den See und gründeten die Städte Lychnidos (heute Ohrid), Enhallon (vielleicht heutiges Struga) und Damastion. In der illyrischen Stadt Damastion, deren Lage nicht bekannt ist, aber die durch dort geprägte Silbermünzen überliefert ist, befand sich eine Silbermine.[15] Die Städte profitierten von Rohstoffen wie Gold und Silber in der Umgebung. Das Siedlungsgebiet am Ohridsee war begehrt; mehrfach wurde darum gekämpft. Die Makedonen brachten die Region unter Philipp II. (359–336 v. Chr.) unter ihre Herrschaft.

Am Ohridsee führte in der Antike auch die Römerstraße Via Egnatia vorbei, die die östliche Adriaküste mit Thessaloniki und Konstantinopel verband. Unter Zar Samuil (976–1014) war Ohrid Hauptstadt des Samuilschen Reiches.

Am 5. September 2009 sank ein Ausflugsschiff im Ohridsee mit 57 Menschen an Bord rund 250 m vom Ufer in Ohrid entfernt; 15 Menschen starben. An Bord des 1924 in Deutschland gebauten Schiffs waren 12 Menschen mehr als zugelassen.[16] Im Sommer 2014 wurde erstmals eine Bootsverbindung für Touristen zwischen Ohrid und Pogradec aufgenommen.[17]

Orte am Ufer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Tabelle stellt die Ortschaften dar, die direkt am Seeufer liegen. Sie beginnt mit dem ersten Ort in Nordmazedonien am Nordwestufer und geht im Uhrzeigersinn weiter, bis sie mit dem nördlichsten Uferort in Albanien endet.

Albanischer Ortsname definit (und indefinit) Mazedonisch(-Kyrillischer) Ortsname Opština (Nordmazedonien) / Bashkia (Albanien) Bevölkerung
(Nordmazedonien: 2002[18] / Albanien: 2011[19])
Primär verwendete Sprache(n)
Nordmazedonien Nordmazedonien
Rodohozhda (Rodohozhdë) Radožda (Радожда) Struga 808 Mazedonisch
Kalishti (Kalishtë) Kališta (Калишта) 1.178 Albanisch
Struga (Strugë) Struga (Струга) 16.559 Mazedonisch und Albanisch
Mislleshova (Mislleshovë) Misleševo (Мислешево) 3.507
Orovniku (Orovnik) Orovnik (Оровник) Debarca 440 Mazedonisch
Mollasi (Mollas) Podmolje (Подмоље) Ohrid 720
Ohri (Ohër) Ohrid (Охрид) 42.033 Mazedonisch und Albanisch
Shipokna (Shipoknë) Šipokno (Шипокно) 5 Mazedonisch
Kojncka e Poshtme (Kojnckë e Poshtme) Dolno Konjsko (Долно Коњско) 551
Lagadini (Lagadin) Lagadin (Лагадин) 20
Helshani (Helshan) Elšani (Елшани) 590
Peshtani (Peshtan) Peštani (Пештани) 1.326
Trepezica (Trepezicë) Trpejca (Трпејца) 303
Lubanishti (Lubanishtë) Ljubaništa (Љубаништа) 171
Albanien Albanien
Tushemishti (Tushemisht) Tušemišta (Тушемишта) Pogradec 15.687 Albanisch
Driloni (Drilon) Voloreka (Волорека)
Gurrasi (Gurras) Zagoričani (Загоричани)
Buçimasi (Buçimas) Starovo (Старово)
Pogradeci (Pogradec) Podgradec (Подградец) 20.848
Memëlishti (Memëlisht) Mamulišta (Мамулишта) 5.990
Udënishti (Udënisht) Oduništa (Одуништа)
Piskupati (Piskupat) Piskupat (Пискупат)
Buqeza (Buqezë) Bučica (Бучица)
Lini (Lin) Lin (Лин)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ohridsee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Aleko Miho, Lefter Kashta, Sajmir Beqiraj: Between the Land and the Sea – Ecoguide to discover the transitional waters of Albania. Julvin 2, Tirana 2013, ISBN 978-9928-13727-2 (researchgate.net [PDF; 11,7 MB; abgerufen am 17. März 2021]).
  2. a b c Akademia e Shkencave e RPSSH (Hrsg.): Gjeografia fizike e Shqipërisë. Band 1. Tiranë 1990, OCLC 832997260 (albanisch).
  3. Albanische Quellen geben die Größe des albanischen Teils mit 111,4 Quadratkilometern an (den mazedonischen folglich mit bis zu 251,2 Quadratkilometern), mazedonische Quellen schreiben von 118,9 Quadratkilometern albanischem Gebiet und lediglich 230,1 Quadratkilometern in Nordmazedonien.
  4. State Statistical Office, Republic of Macedonia (Hrsg.): Macedonia in Figures, 2013. ISSN 1409-665X, S. 11 (PDF [abgerufen am 6. Juli 2014]).
  5. a b Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Büro Tirana): Success Story Lake Ohrid: Water Supply and Environmental Protection. Abgerufen am 3. Februar 2010.
  6. a b Eintrag als UNESCO-Welterbe. World Heritage Convention, United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, abgerufen am 23. Januar 2016 (englisch).
    Siehe auch:
    • Report about the lake Ohrid watershed region. (PDF, 890 kB) Periodic Report. UNESCO (ROSTE), 2004, archiviert vom Original am 25. Juni 2016; abgerufen am 15. März 2021 (englisch).
    • Natural and Cultural Heritage of the Ohrid region. (PDF, 136 kB) IUCN Outlook. In: 2nd Management Planning Workshop for transboundary protection of Lake Ohrid region. UNESCO, 15. Mai 2015, abgerufen am 15. März 2021 (englisch).
  7. a b Dagmar Röhrlich: Galapagos auf dem Balkan: Wie der Ohrid-See zur Wiege neuer Arten wurde. (MP3, 3,9 MB) In: Forschung Aktuell. Deutschlandfunk, 15. März 2021, abgerufen am 15. März 2021 (Audio).
  8. Christoph Seidler: Das Geheimnis in Europas ältestem See. In: Der Spiegel. 6. Oktober 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020.
  9. Bernd Wagner, Hendrik Vogel, […] Xiaosen Zhang: Mediterranean winter rainfall in phase with African monsoons during the past 1.36 million years. In: Nature. Band 573, 2019, S. 256–260, doi:10.1038/s41586-019-1529-0.
    Siehe auch:
    • Oldest lake in Europe reveals more than one million years of climate history. Press Release. In: ScienceDaily. University of Cologne, 3. September 2019, abgerufen am 15. März 2021 (englisch).
    • Hendrik Vogel: The sediment record of Lake Ohrid (Albania/Macedonia): New methodological approaches, tephrostratigraphy, chronology, and inferences of past climatic and environmental changes. Inaugural-Dissertation. Köln 2009 (englisch, uni-koeln.de [PDF; 19,9 MB; abgerufen am 17. März 2021]).
  10. Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Seite 205, Gustav Fischer Verlag Jena, 1991, ISBN 3-334-00339-6
  11. Zoran Spirkovski, Arian Palluqi, Aleksander Flloko, … Ralf Peveling: Fish and Fisheries Lake Ohrid – Implementing the EU Water Framework Directive in South-Eastern Europe. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ. Bonn, Eschborn, Tirana 27. November 2017, S. 12 (englisch, researchgate.net [PDF; 38,4 MB; abgerufen am 19. März 2021]).
  12. Hubert Pschorn-Walcher: Freiland-Biologie der eingeschleppten Roßkastanien-Miniermotte Cameraria ohridella Deschka et Dimic, (Lep., Gracillariidae) im Wienerwald. In: Linzer biologische Beiträge. 24. Jahrgang, Linz 1994 (zobodat.at [PDF; 662 kB]).
  13. 8,000-Year-Old Neolithic Village Explored in Albania. Auf: archaeology.org, 14. August 2023, zuletzt abgerufen am 16. August 2023.
  14. Albert Hafner et al.: First absolute chronologies of neolithic and bronze age settlements at Lake Ohrid based on dendrochronology and radiocarbon dating. In: Journal of Archaeological Science. Band 38, August 2021, 103107, doi:10.1016/j.jasrep.2021.103107.
    Die ersten Bauern Europas. Auf: idw-online.de vom 31. August 2021.
  15. „Alexander der Große und seine alten Feinde im Westen“, Ausstellung im Museum für Urgeschichte in Asparn, Niederösterreich (Memento vom 29. März 2008 im Internet Archive)
  16. Überfülltes Touristenboot sank – 15 Tote. Der Standard, 6. September 2009, abgerufen am 6. September 2009.
  17. BalkanWeb.TV: Inaugurohet trageti i linjës Pogradec-Ohër auf YouTube (17. Juni 2014)
  18. Dončo Gerasimovski: Census of population, households and dwellings in the Republic of Macedonia, 2002, Final Data (Volkszählung in Mazedonien 2002, Angaben vor der Gemeindenreform von 2004; mit Religionszugehörigkeit, Muttersprache und Ethnie). (PDF-Datei) Teil 2. In: State Statistical Office. 2002, abgerufen am 22. Januar 2023 (englisch, 2,18 MB).
  19. Ines Nurja: Censusi i Popullsisë dhe Banesave – Pjesa 1 (Zensus der Bevölkerung und Haushalte – Teil 1). (PDF-Datei) Korçë (Korça). In: Instituti i Statistikës. 2013, abgerufen am 22. Januar 2023 (englisch, 1,6 MB).