Orbey

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Orbey
Orbey (Frankreich)
Orbey (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Haut-Rhin / Europäische Gebietskörperschaft Elsass (68)
Arrondissement Colmar-Ribeauvillé
Kanton Sainte-Marie-aux-Mines
Gemeindeverband Vallée de Kaysersberg
Koordinaten 48° 8′ N, 7° 10′ OKoordinaten: 48° 8′ N, 7° 10′ O
Höhe 397–1301 m
Fläche 46,02 km²
Einwohner 3.453 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 75 Einw./km²
Postleitzahl 68370
INSEE-Code

Rathaus (Hôtel de ville)

Orbey (deutsch Urbeis, elsässisch Urwes) ist eine französische Kleinstadt im Arrondissement Colmar-Ribeauvillé, im Département Haut-Rhin und in der Region Grand Est (bis 2015 Elsass). Orbey ist ein Mitglied des Gemeindeverbandes Vallée de Kaysersberg.

Die Region um Orbey war stets eine romanischsprachiges Gebiet am westlichen Rand des Elsass. Der hier gesprochene Dialekt, das Welsch, ist mit dem Französischen verwandt.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orbey, etwa 20 Kilometer westlich von Colmar, an der Weiss gelegen, verteilt sich auf mehrere Vogesentäler. Das Gemeindegebiet gehört zum Regionalen Naturpark Ballons des Vosges. Hier, oberhalb der Stadt, liegen innerhalb ihrer Gemarkung im Quellgebiet der Weiss auch die beiden Stauseen Lac Blanc (Weißer See) und Lac Noir (Schwarzer See), die über ein Pumpspeicherwerk miteinander verbunden sind.

Ortsteile und Siedlungen von Orbey sind Pairis, Tannach, Remomont, Les Basses Huttes, Les Hautes Huttes, Le Creux d'Argent und Les Allagouttes.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals erwähnt wurde der Ort 1049 unter dem Namen Orbeiz (vom germanischen *ur-bek "Bach"). Es gehörte zum Besitz von Egisheim. 1138 wurde im Ortsteil Pairis ein Zisterzienserkloster, das Kloster Pairis, gegründet, das vom Herrn von Egisheim mit großen Ländereien bis an die beiden Seen ausgestattet wurde.

Im Dreißigjährigen Krieg hatte die Bevölkerung von Orbey sehr zu leiden und schrumpfte um zwei Drittel. König Ludwig XIV. erhielt im Westfälischen Frieden das Oberelsass und damit wurde Orbey französisch.

Im 18. Jahrhundert verdreifachte sich die Bevölkerungszahl auf etwa 3000 Einwohner. Aber es herrschte große Armut, Heimarbeit war für das Überleben unverzichtbar, und es gab immer wieder Konflikte mit den Grundherren. Das änderte sich erst mit der Französischen Revolution 1789, als alle Grundherrschaften aufgehoben wurden. Das Kloster Pairis wurde verkauft und verschwand zum größten Teil. In den erhalten gebliebenen Teilen der ehemaligen Klosteranlage ist heute ein Altenpflegeheim untergebracht. 1798 wurde der Wahlkreis (Kanton) Lapoutroie gebildet, zu dem die Gemeinde bis 2015 gehörte.

Im 19. Jahrhundert begann mit einer Textilmanufaktur die Industrialisierung der ländlich geprägten Täler. Die Bevölkerung stieg auf 5000 Einwohner an, aber im Laufe des Jahrhunderts verringerte sie sich wieder, da die Landwirtschaft viele Menschen nicht mehr ernähren konnte. 1858 wurde eine neugotische Kirche erbaut, die einen bescheidenen Vorgängerbau ersetzte. Gegen Ende des Jahrhunderts begann die Elektrifizierung des Tales.

1871 wurde Orbey wie das ganze Elsass deutsch und hieß fortan Urbeis. 1914, im Ersten Weltkrieg, war Urbeis eine der Ortschaften, die durch die Westfront besonders betroffen waren. 1916 wurde die Ortschaft evakuiert. 1918 wurde Urbeis wie das ganze Elsass wieder französisch.

Orbey erholte sich langsam, musste aber 1934 einen Unfall erleben, der fast zur Katastrophe geführt hätte: eine Druckwasserleitung des Elektrizitätswerks am Lac Noir brach und forderte neun Todesopfer.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden Dutzende von jungen Leuten für die Wehrmacht zwangsrekrutiert, die so genannten Malgré-nous. Nach heftigen Kämpfen und großer Zerstörung wurde der Ort am 16. Dezember 1944 von den Westalliierten eingenommen. Deutsche Soldaten hielten sich noch bis Ende der Kampfhandlungen Ende Februar 1945 im Gebirge auf.

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war geprägt vom Niedergang der Textilindustrie und dem Rückgang der Landwirtschaft. Eine Kunststofffabrik eröffnete, und der Sommer- wie Wintertourismus bekam immer größere Bedeutung.

Seit 1975 gibt Gérard Pfister Bücher in der Edition Arfuyen hier Bücher heraus. Der Verlag ist spezialisiert auf die Übersetzung Elsässer Literatur, z. B. von Alfred Kern und Gustave Stoskopf.[1][2]

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
1793 3803 [3]
1821 4809 langgestreckter Flecken, zu dem die Weiler Basses-Huttes, Hautes-Huttes, Beauregard, Bermont, Blancrupt, Creux d´Argent und Tannach gehören[4]
1841 5656 [3]
1872 5156 am 1. Dezember, in 772 Häusern[5] nach anderen Angaben 5431 Einwohner[6]
1880 4744 am 1. Dezember, auf einer Fläche von 4470 ha, in 729 Häusern, davon 4708 Katholiken, 30 Protestanten und vier Juden[7]
1890 4686 [8]
1905 4521 meist katholische, französischsprechende Einwohner[9][8]
1905 4512 [8]
1910 4485 [10][11][8]
Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2006 2020
Einwohner 3160 3236 3369 3114 3382 3548 3707 3461
Quellen: Cassini und INSEE

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Le Patrimoine des Communes du Haut-Rhin. Flohic Editions, Band 1, Paris 1998, ISBN 2-84234-036-1, S. 721–725.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Orbey – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gilles Pudlowski: L'Alsace des Écrivains. Éditions Alexandrines, Paris 2016, ISBN 978-2-37089-025-2, S. 187.
  2. ÉDITIONS ARFUYEN. ÉDITIONS ARFUYEN, 2023, abgerufen am 10. April 2023 (französisch).
  3. a b Orbey - statistische Angaben der Arbeitsgruppe für Demographie und Geschichte der École des hautes études en sciences sociales (EHESS), Frankreich
  4. Johann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente, Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 105, Nr. 4..
  5. C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 42 und S. 78.
  6. Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Spalte 63.
  7. Statistisches Büro des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen (Hrsg.): Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 76, Ziffer 891
  8. a b c d Michael Rademacher: Landkreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 19, Leipzig/Wien 1909, S. 956.
  10. Urbeis, Landkreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Urbeis).
  11. Kreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  12. Süddeutsche Zeitung: Erinnern als gemeinsame Aufgabe. Abgerufen am 4. September 2022.