Orthodoxe Kirche Finnlands

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Die 1869 geweihte Mariä-Entschlafens-Kathedrale in Helsinki ist das größte orthodoxe Sakralgebäude in der westlichen Welt.

Die Orthodoxe Kirche Finnlands (finn. Suomen ortodoksinen kirkko, schwed. Ortodoxa kyrkan i Finland) ist neben der Evangelisch-Lutherischen Kirche eine der beiden Volkskirchen Finnlands. Das orthodoxe Christentum ist in Ostfinnland seit dem Mittelalter verwurzelt. Heute hat die Orthodoxe Kirche mit etwa 60.000 Mitgliedern (2003) einen Anteil von ca. 1,1 % an der Bevölkerung.[1] Sie ist autonom und gehört zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Russischer Einfluss in Ostfinnland 1323–1743

Das Christentum erreichte Finnland im Mittelalter zugleich von Westen und Osten. Südwestfinnland wurde von Schweden aus missioniert, in Karelien und Ostfinnland setzte sich aus Nowgorod kommend spätestens um das Jahr 1200 der orthodoxe Glaube durch. Vor allem die Gründung des Klosters Valamo (heute Walaam) auf einer Insel des Ladogasees trieb im 14. Jahrhundert die Ausbreitung des orthodoxen Christentums voran. Im 15. Jahrhundert hatte die orthodoxe Kirche mit der Gründung des Klosters Petschenga (Petsamo) bereits die Eismeerküste erreicht.

Orthodoxes Wegekreuz in der Gemeinde Parikkala an der Stelle des im 17. Jahrhundert verlassenen orthodoxen Dorfes Papinniemi

Die westlichen Teile Kareliens kamen im 16. und 17. Jahrhundert unter schwedische Herrschaft. Die orthodoxe Bevölkerung war dort Repressalien ausgesetzt; viele konvertierten zum lutherischen Glauben, andere wanderten nach Ostkarelien und die Gegend von Twer aus. Dennoch hat sich bis heute eine orthodoxe Minderheit in Nordkarelien halten können. Ilomantsi, die östlichste Gemeinde des Landes, hat mit 17,4 % den höchsten orthodoxen Bevölkerungsanteil Finnlands.[2]

Als Finnland 1809 zu einem Großfürstentum unter russischer Herrschaft wurde, förderten die russischen Herrscher die orthodoxe Kirche in Finnland. Zu dieser Zeit entstanden zahlreiche orthodoxe Kirchenbauten, etwa 1869 die Uspenski-Kathedrale in Helsinki, das größte orthodoxe Sakralgebäude in der westlichen Welt. Während der russischen Herrschaft bildeten sich mit den Zuzug von russischen Beamten und Militärs auch orthodoxe Gemeinden in den Großstädten des Landes, deren Nachkommen, die sogenannten „alten Russen,“ heute rund 3000 Köpfe zählen.[3] Anfangs unterstanden die Orthodoxen Finnlands dem Metropoliten von Sankt Petersburg, 1892 wurde das orthodoxe Bistum Finnland gegründet. Innerhalb des Bistums stritten sich die finnischen bzw. karelischen Gläubigen mit den russischen um die liturgische Sprache (Finnisch oder Altkirchenslawisch) und die Stellung der Kirche.

Mönchskloster Uusi Valamo in Heinävesi

Nach der finnischen Unabhängigkeit im Jahr 1917 wurde die Orthodoxe Kirche Finnlands 1921 von der Russisch-Orthodoxen Kirche gelöst und zu einer autonomen Kirche, die dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel unterstellt ist. Als einzige orthodoxe Kirche stellte sie ihren Kalender komplett auf den westlichen gregorianischen um, sie feiert also nicht nur die feststehenden Feiertage, sondern auch das Osterfest am westlichen Termin.[4] Seit 1935 darf die Orthodoxe Kirche Finnlands ebenso wie die evangelisch-lutherische Kirchensteuern erheben. Als Finnland nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg große Teile Kareliens an die Sowjetunion abtreten musste, wurden auch zehntausende orthodoxe Karelier umgesiedelt und über ganz Finnland verstreut. Auch die Mönche des Inselklosters Valamo im Ladogasee flohen vor dem sowjetischen Vormarsch nach Westen und gründeten in Heinävesi das Kloster Uusi Valamo („Neues Walaam“). Eine weitere orthodoxe Gruppe, die 1945 ins finnische Kernland floh, sind die rund 400 Skoltsamen in der Gemeinde Inari. Seit 1990 hat sich die Anzahl der orthodoxen Christen durch die Einwanderung von „neuen Russen“ aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion deutlich erhöht.

Organisation und Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ikonostase einer Kirche in Torneå
Bistümer und Gemeinden der Finnischen Orthodoxen Kirche

An der Kirchenregierung nehmen sowohl Pfarrer als auch Laien teil. Ihr oberstes ausführendes Organ ist die Kirchenversammlung der Orthodoxen Kirche in Finnland. Die Kirche ist in drei Bistümer aufgeteilt, die von Metropoliten geleitet werden. Die heutigen Bischöfe der Orthodoxen Kirche in Finnland sind Erzbischof Leo von Helsinki und ganz Finnland (bürgerlich Leo Makkonen), Metropolit Arseni von Kuopion und Karelien (Jorma Heikkinen) und Metropolit Elia von Oulu (Matti Wallgren). Die Bistümer teilen sich auf 21 Kirchengemeinden.

Bistümer und Gemeinden der Orthodoxen Kirche Finnlands:

Bistum Helsinki

  1. Turku
  2. Tampere
  3. Hämeenlinna
  4. Helsinki
  5. Lahti
  6. Kotka
  7. Hamina
  8. Lappeenranta

Bistum Karelien

  1. Jyväskylä
  2. Rautalampi
  3. Kuopio
  4. Saimaa
  5. Joensuu
  6. Taipale
  7. Ilomantsi
  8. Nurmes
  9. Iisalmi

Bistum Oulu

  1. Lappland
  2. Oulu
  3. Kajaani
  4. Vaasa

Die Zahl der orthodoxen Gotteshäuser in Finnland beträgt ca. 140. Die Kirche verfügt auch über zwei Klöster, Uusi-Valamo und das Nonnenkloster Lintula, beide in der Gemeinde Heinävesi. Ca. 140 orthodoxe Pfarrer und ca. 40 Kantoren halten in diesen Räumlichkeiten ständig Gottesdienste in finnischer Sprache. Andere Sprachen, wie schwedisch, englisch, griechisch, russisch oder kirchenslawisch, werden selten und nur bei Bedarf verwendet.

Von 1918 bis 1988 wurde der Klerus zuerst in Sortavala, dann in Helsinki und zuletzt in Kuopio ausgebildet. Das Priesterseminar zu Kuopio wurde 1988 geschlossen und das Studium an die Universität Ostfinnland verlagert. Hier wurde in der Nähe der Universität ein neues kleines Seminar mit eigener Bibliothek errichtet.[5]

Die orthodoxe Kirche in Finnland hat auch einen eigenen, staatlich anerkannten Ritterorden, den Finnischen Orden vom Heiligen Gotteslamm. Er wurde 1935 gestiftet und sein Ordensmeister ist der amtierende Erzbischof.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Teuvo Laitila: Griechisch-orthodoxe Kirche. In: Olli Alho (Hrsg.): Kulturlexikon Finnland (= Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran toimituksia. 719). Finnische Literaturgesellschaft, Helsinki 1998, ISBN 951-746-032-5, S. 53 ff.
  • Aappo Laitinen: Die orthodoxen Kirchen Finnlands und Estlands. In: Thomas Bremer, Hacik Rafi Gazer, Christian Lange (Hrsg.): Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-23816-3, S. 101–106.
  • Mitro Repo: Ortodoksinen Suomi. In: Markku Löytönen, Laura Kolbe (Hrsg.): Suomi. Maa, kansa, kulttuurit (= Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran toimituksia. 753). Suomalaisen Kirjallisuuden Seura, Helsinki 1999, ISBN 951-746-041-4, S. 290–302 (finnisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Finnish Orthodox Church (Memento vom 25. Juli 2010 im Internet Archive)
  2. Gemeinde Ilomantsi (Memento vom 12. Februar 2007 im Internet Archive) (finn.)
  3. National Minorities of Finnland: The Old Russians (Memento vom 13. Oktober 2007 im Internet Archive)
  4. The church today (Memento vom 20. Februar 2007 im Internet Archive), Webauftritt der finnisch-orthodoxen Kirche, zugegriffen am 6. Juni 2010, in Englisch
  5. http://tkk.joensuu.fi/avoin/opiskelu/verkko-opinnot/orthod/index.htm sowie Virtual Finland: Finnish Orthodox Church (Memento vom 12. Dezember 2007 im Internet Archive)