Oskar Bider

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Oskar Bider, 1915
Oskar Bider vor einer Nieuport 23 C-1 in Dübendorf. Mit diesem Flugzeug verunglückte er im Juli 1919 tödlich

Oskar Marcus Bider (* 12. Juli 1891 in Langenbruck; † 7. Juli 1919 in Dübendorf) war ein Schweizer Flugpionier.

Herkunft und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oskar Bider wuchs im basel-landschaftlichen Langenbruck als Sohn des Jakob Bider[1] (Tuchhändler und Landrat) und der Frieda Maria Glur auf. Er absolvierte nach der Primarschule die Bezirksschule in Waldenburg. Da er nicht das Geschäft seines Vaters übernehmen, sondern Landwirt werden wollte, besuchte er 1908/09 die landwirtschaftliche Schule Waldhof in Langenthal BE, im Sommer 1909 einen Kurs an der Handelsschule in Basel und 1909/10 den Winterkurs an der kantonalen landwirtschaftlichen Schule Rütti in Zollikofen BE. 1910 arbeitete er als Praktikant bei seinem Paten in Bad Bubendorf.

Traum vom Fliegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

25. April 1913, Oskar Bider landet auf dem Gitterli, Liestal. Fotograf, Arnold Seiler-Rudin. Copyright, Staatsarchiv Basel-Landschaft. https://www.kimweb.ch/sammlungen#999cf841-400e-7e2d-e336-9fa7023f3393 Der Flugpionier Oskar Bider (1891–1919) aus Langenbruck mit seinem Mechaniker Jean-Blaise Saniez (1889–1976) nach der Landung am 25. April 1913 auf dem Gitterli in Liestal. Zwei Tage danach fand der Liestaler Flugtag statt. Hinter der Maschine sperrt das Militär nicht die Landebahn vor unvorsichtigen Zuschauern ab, sondern Oskar Bider war mitten in einer exerzierenden Truppe gelandet. Das Flugzeug ist ein Eindecker von Louis Blériot mit einem Motor von 80 PS, der Anfang April 1913 eingebaut worden war. Bider hat am 13. Juli 1913 als Erster eine Alpenüberquerung geschafft – von Bern nach Mailand über das Jungfraujoch, zugleich mit 3600 m Schweizer Höhenrekord. Das Flugzeug ist ein Eindecker von Louis Blériot mit einem Motor von 80 PS, der Anfang April 1913 eingebaut worden war.
25. April 1913, Oskar Bider landet auf dem Gitterli, Liestal.

Nach der Rekrutenschule 1911 verbrachte er ein Jahr als Gaucho auf der Farm der Familie Huber-Berli in Romang, Provinz Santa Fé, Argentinien. 1912 kehrte er nach Europa zurück und trat im November in Blériots Fliegerschule in Pau, am Nordfuss der Pyrenäen, ein. Dort liess er sich zum Piloten ausbilden und erlangte nach einem Monat ein internationales Fliegerbrevet. Mit einer Blériot XI überquerte er am 24. Januar 1913 als erster Pilot die Pyrenäen von Pau nach Madrid.[2] Durch den Pyrenäenflug wurde Bider in der Schweiz schlagartig bekannt.

Alpenüberquerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Start von Biders Alpenüberflug am 13. Juli 1913 (Flugplatz Bern-Beundenfeld)

Biders grosses Ziel aber war, was drei Jahre vorher für den Flieger Geo Chavez von Brig aus tödlich geendet hatte: die Überfliegung der Alpen von Bern nach Mailand. Seinen ersten Plan einer direkten Alpenüberquerung gab er auf, da ihm ein Probeflug zeigte, dass sein Flugzeug mit dem 70-PS-Motor in der dünnen Bergluft nur mit dem Gewicht des halbvollen Tanks die nötige Flughöhe erreichte. Daher sah er in Domodossola eine Zwischenlandung zur Treibstoffaufnahme vor.[2]

Am Tag nach seinem 22. Geburtstag, am 13. Juli 1913, um vier Uhr früh, startete Bider in Bern Richtung Italien. Das Jungfraujoch bildete am Anfang das grösste Hindernis und über eine halbe Stunde lang rang der Flieger um die letzten hundert Meter, bis er die erforderliche Höhe von 3.600 Metern erreichte. Um 6.10 Uhr überflog er mit etwa hundert Meter Höhenabstand das Jungfraujoch und gelangte darauf ohne Schwierigkeiten nach Domodossola und danach nach Mailand.

13 Tage wartete er in Mailand auf gutes Wetter und flog dann sein Flugzeug über den Lukmanierpass und den Chrüzlipass zurück in die Nordschweiz, wo er in Liestal landete, um nachzutanken und seinen Weg über Basel nach Bern zu vollenden. Er hat damit als erster Mensch mit einem Flugzeug die Alpen vollständig und in beiden Richtungen überquert.[3]

Nonstopflug Paris–Bern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An Weihnachten 1913 erzielte Bider mit dem Direktflug Paris–Bern einen neuen Rekord, war er doch vier Stunden und 20 Minuten lang ohne Zwischenlandung in der Luft.

Erster Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lt Bider mit seinen Fliegeraspiranten (1914–1918)

Als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden Oskar Bider und die kleine Schar ausgebildeter schweizerischer Piloten mit ihren Flugzeugen in die Nähe von Bern einberufen und bildeten die neugeschaffene Fliegertruppe. Er wurde zum Chefpiloten ernannt.[2] 1917 beförderte Bider Max Cartier zum Leutnant der Fliegergruppe.

Umrundung der Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Weltkrieg, am 21. Juni 1919, vollbrachte Bider eine weitere grosse fliegerische Leistung, die besonders der zivilen Luftfahrt zugutekam. An jenem Tag startete er mit einem Doppeldecker und zwei Passagieren in St. Jakob bei Basel zu einem Flug rund um die Schweiz. Die vorgesehenen Zwischenlandungen gelangen gut, und nach 7½ Stunden setzte Oskar Bider wieder am Ausgangspunkt auf.[4]

Absturz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. Juli 1919 führte Bider in Dübendorf nach einem Abschiedsfest und einer durchwachten Nacht Flugakrobatik vor. Dabei verunglückte er tödlich. Bider wurde 28 Jahre alt.[5] Aussagen von Zeugen und Belege wie eine allerdings nicht beglaubigte Abschrift eines Briefes des Segelflugkonstrukteurs Jakob Spalinger liessen und lassen einen Suizid in Betracht ziehen.[5]

Oskar Bider (1891–1919) Leny, Julie Helene Bider (1894–1919) Grab in Langenbruck
Grab in Langenbruck
Oskar Bider (1891–1919) Leny, Julie Helene Bider (1894–1919) Grab in Langenbruck
Gedenkmedaille.

Seine Fliegerkarriere dauerte nur sechseinhalb Jahre, aber er konnte mit seinen Pionierleistungen die schweizerische Bevölkerung für die Fliegerei begeistern.

Biders Schwester Leny, die ihm nahegestanden hatte, nahm sich aus Kummer über den Tod ihres Bruders, vielleicht auch aus Angst vor ihrer Zukunft, am selben Tag das Leben.[6] Sie hatte vor dem Ersten Weltkrieg als erste Baselbieter Filmschauspielerin und später als Modistin gewirkt und wurde 25 Jahre alt. Seit 2009 erinnert der Leny-Bider-Platz in Langenbruck an sie.

Bider-Denkmal auf der Kleinen Schanze

Erinnerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Bern auf der Kleinen Schanze steht ein Denkmal für den Flugpionier Oskar Bider, das von Hermann Haller gestaltet wurde. Es zeigt einen Mann mit weit ausgebreiteten Armen, als wolle er von Bern wegfliegen, hinaus in die weite Welt – so wie Bider dies 1913 beim Alpenflug von Bern nach Mailand tat.

In Zürich, Bern, Biel/Bienne, Dübendorf, Liestal, Langenbruck, St. Gallen, Sitten und Vernier wurde jeweils eine Strasse nach Bider benannt.

Die Genossenschaft In Memoriam Bider/Mittelholzer/Zimmermann trug ihren Namen auch ihm zu Ehren.[7]

Am 7. Juli 2019 war ein Überflug der Patrouille Suisse der Schweizer Luftwaffe über seine Heimatgemeinde Langenbruck geplant. Der Pilot im Leitflugzeug vom Typ Tiger F-5E sah im Anflug ein grosses Festzelt (das des Jodlerfests im 3 km westlich gelegenen Mümliswil) und nahm fälschlicherweise Kurs auf dieses Ziel. Da die Flugzeuge nur wenige hundert Meter über Grund flogen, sah man in Langenbruck nur ihren Anflug. Die alten Maschinen sind nicht mit GPS ausgerüstet.[8][9]

Am 21. Oktober 2020 um 15.46 Uhr erfolgte der erfolgreiche Erstflug mit der nachgebauten Nieuport 23 C-1.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kaspar Birkhäuser: Bieder [Bider], Oskar. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Johannes Dettwiler-Riesen: Biografie über Julie Helene «Leny» Bider (1894–1919) [einschliesslich Anfügungen u. a. über Lenys Bruder, Aviatikpionier Oskar Marcus «Oski» Bider, 1891–1919]. 2. Auflage. Selbstverlag Johannes Dettwiler-Riesen, Thun 2019.
  • Johannes Dettwiler-Riesen: Über Dolly Esquero und Oskar Bider. In: Baselbieter Heimatblätter, Organ der Gesellschaft für Baselbieter Heimatforschung, Bd. 79, 2014, Heft 2, S. 33–41 (Digitalisat).
  • Eugen Dietschi: Schweizer Luftfahrt damals. Die Geschichte der Schweizer Luftfahrt von den Drahtkommoden bis zu den ersten Luftriesen. Pharos-Verlag Hansrudolf Schwabe AG, Basel 1976, ISBN 3-7230-0186-6.
  • Ulrich C. Haller: Oskar Bider (1891–1919). In: Sechs Schweizer Flugpioniere. Verein für wirtschaftshistorische Studien, Meilen 1987, S. 29–43 (Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik 46, ZDB-ID 146854-6).
  • Paul Jenni: Heimatkunde von Langenbruck. Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 1992, ISBN 3-85673-514-3, vgl. S. 134–144.
  • Fritz Klaus: Unser Kanton. Ein heimatkundliches Lese- und Arbeitsbuch. 2. nachgeführte Ausgabe. Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 1987, ISBN 3-85673-401-5, vgl. S. 255–257.
  • Fritz Meier: Heimatgeschichtliches Lesebuch von Basel. 3. Auflage. Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Basel 1966, vgl. S. 250–251.
  • Anne-Marie Renati: Zum 100. Geburtstag von Oskar Bider, 12. Juli 1891 bis 7. Juli 1919. Erster Cheffluglehrer der schweizerischen Militäraviatik. Bundesamt für Militärflugwesen und Fliegerabwehr, Bern 1991.
  • Roman Schürmann: Helvetische Jäger. Dramen und Skandale am Militärhimmel. Rotpunktverlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-85869-406-5.
  • Eugen Schwarz, Heidi Schwarz: Oskar Bider, 1891–1919. Ein Leben für die Aviatik. Verkehrs- und Verschönerungsverein Langenbruck, Langenbruck 1991.
  • Peter SupfBider, Oskar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 218 (Digitalisat).
  • Otto Walter: Bider, der Flieger. Ein Buch der Erinnerungen. Walter, Olten u. a. 1938 (der Autor war 1. Beobachtungsoffizier Oskar Biders).
  • Otto Walter: Bider, der Flieger. Ein Dokument der Erinnerung an die Pionierzeit der Schweizer Luftfahrt. Walter, Olten 1963 (gekürzte Neuausgabe der Ausgabe von 1938).
  • Otto Walter: Solothurner Klassiker. Knapp, Olten 2012 (herausgegeben von Hans Brunner, gekürzte Neuausgabe des Werks «Bider, der Flieger» von Otto Walter), ISBN 978-3-905848-68-7
  • Dominik Wunderlin: Der Aviateur Oskar Bider als Held des Liestaler Flugtages 1913. In: Baselbieter Heimatblätter, Organ der Gesellschaft für Baselbieter Heimatforschung, Bd. 58, 1993, Heft 3, S. 94–4101 (Digitalisat).

Belletristik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Oskar Bider – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stammbaum der Familien Bider aus Langenbruck
  2. a b c www 20minuten ch, 20 Minuten, 20 Min www.20min.ch: Vor 100 Jahren bezwang Oskar Bider die Alpen. Abgerufen am 8. Juli 2019.
  3. Expoarchiv: Gedenk Briefmarke, Postkarte. Abgerufen am 24. September 2019.
  4. 1919, Foto von Bider und Passagier, Lebenslauf
  5. a b Daniel Steffen: Oskar Biders letzter Flug | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 8. Juli 2019]).
  6. Vgl. die amtliche Todesbescheinigung vom 8. Juli 1919 aus dem Zivilstandskreis Zürich sowie den Abschiedsbrief von Ernst Jucker (Zürich) vom 7. Juli 1919 an seine soeben verstorbene Braut Leny.
  7. Brückenbauer: Von uns erwartete der <<Götti>> mehr, 11. Januar 1984
  8. Kunstflieger der Schweizer Armee überfliegen falschen Ort orf.at, 8. Juli 2019, abgerufen 8. Juli 2019.
  9. Gescheiterte Ehrung: Kunstflieger der Schweizer Armee überfliegen falschen Ort. In: Spiegel Online. 7. Juli 2019 (spiegel.de [abgerufen am 8. Juli 2019]).
  10. Erstflug mit der nachgebauten Nieuport 23 C-1, abgerufen am 28. Oktober 2020.