Papyrus 967

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Papyrus 967

Papyrus 967 ist die Bezeichnung für einen Kodex, der den Septuaginta-Text der Bücher Ezechiel, Daniel und Ester enthält und etwa um 200 geschrieben wurde. Die Nummerierung bezieht sich auf die Liste griechischer Handschriften nach Alfred Rahlfs. Der Fund des Papyrus wurde 1931 in der New York Times bekanntgegeben. Die genauen Fundumstände sind unklar, als Fundort wird das antike Aphroditopolis vermutet.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Umfang betrug ursprünglich 59 Bögen, das entspricht 118 Blättern oder 236 Seiten. Eine Seite misst etwa 344 × 128 mm. Die Seiten sind einspaltig mit durchschnittlich 42 Zeilen in einer quadratischen Unziale beschrieben. Für den Ezechieltext lässt sich ein vom Daniel- und Estertext unterschiedener Schreiber ausmachen. Eingetragen sind verschiedene Korrekturen vom Schreiber und späteren Händen. Der Text enthält Nomina sacra sowie textkritische Zeichen zur Kennzeichnung der Lesarten nach Theodotion.

Neben den besonderen Lesarten, die der Text für Ezechiel bietet, ist v. a. die frühe Bezeugung des Septuagintatextes zu Daniel bedeutsam, da dieser später in nahezu allen Handschriften durch den Theodotion-Text verdrängt wurde.[1] So steht in Papyrus 967 die Erzählung von Susanna im Bade (Dan 13) nach der Erzählung von Bel und dem Drachen (Dan 14). Außerdem sind die Kapitel Dan 7f. vor Kapitel 5f. eingeordnet. Papyrus 967 enthält Ezechiel vor Daniel wie der Codex Alexandrinus, während der Codex Chisianus R.VII.45 (Rahlfs-Siglum 88) und der syrohexaplarische Codex Ambrosianus 313 Ezechiel nach Daniel haben.

Interessant ist auch der Schlusswunsch am Ende des Buches Daniel (einschließlich der hier das Danielbuch abschließenden Susanna-Geschichte; siehe die Abb.). Nach der Inhaltsangabe „Daniel“ folgt der Wunsch: „Friede dem, der geschrieben hat und den Lesenden“. Da aus der Hand desselben Schreibers noch das Buch Ester folgt, stammt der Abschlusswunsch an dieser Stelle wahrscheinlich nicht vom Schreiber, sondern aus der Tradition. Darin spiegelt sich vielleicht noch eine alte Kanonsgrenze, der gegenüber das (lange Zeit umstrittene) Buch Ester angefügt wurde.

Auffallend ist auch, dass das Buch Daniel bereits eine Kapiteleinteilung in griechischen Buchstaben enthält. Diese Zahlen, als Subscriptio eingetragen, wurden nicht nachträglich hinzugefügt, sondern waren bereits im Originaltext vorhanden.

Aufbewahrungsorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kodex befindet sich an fünf verschiedenen Orten:

Editionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Angelo Geißen: Der Septuagintatext des Buches Daniel, Kap. 5–12, zusammen mit Susanna, Bel et Draco, sowie Esther 1,1a–2,15 nach dem Kölner Teil des Papyrus 967. Papyrologische Texte und Abhandlungen 5. Bonn 1968.
  • Winfried Hamm: Der Septuagintatext des Buches Daniel Kap. 1–2. Papyrologische Texte und Abhandlungen 10. Bonn 1969.
  • Winfried Hamm: Der Septuaginta-Text des Buches Daniel Kap. 3–4 nach dem Kölner Teil des Papyrus 967. Papyrologische Texte und Abhandlungen 21. Bonn 1977.
  • Leopold Günther Jahn: Der griechische Text des Buches Ezechiel nach dem Kölner Teil des Papyrus 967. Papyrologische Texte und Abhandlungen 15. Bonn 1972.
  • Allan Ch. Johnson; Henry S. Gehman; Edmund H. Kase: The John H. Scheide Biblical Papyri: Ezekiel (Princeton Studies in Papyrology 3). Princeton 1938.
  • Frederic G. Kenyon: The Chester Beatty Biblical Papyri VII: Ezekiel, Daniel, Esther. Text. London 1937. Plates. London 1938.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • M. Fernandez Galliano: Notes on the Madrid Ezekiel Papyrus. In: BASOR 5 (1968), S. 349–356.
  • Siegfried Kreuzer: Papyrus 967. Bemerkungen zu seiner buchtechnischen, textgeschichtlichen und kanongeschichtlichen Bedeutung. In: Martin Karrer; Wolfgang Kraus (Hg.): Die Septuaginta. Texte, Kontexte, Lebenswelten, WUNT 219, Tübingen 2008, 64–82.
  • Siegfried Kreuzer: Papyrus 967. Its Significance for Codex Formation, Textual History, and Canon History. In: Siegfried Kreuzer: The Bible in Greek. Translation, Transmission, and Theologie of the Septuagint (SBL.SCS 63), Atlanta, GA 2015, 255–271.
  • Alfred Rahlfs, Detlef Fraenkel: Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments. Band I,1: Die Überlieferung bis zum VIII. Jahrhundert (= Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum. Supplementum). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, S. 98–100.
  • Silvio S. Scatolini Apóstolo: Ezek 36, 37, 38 and 39 in Papyrus 967 as Pre-Text for Re-Reading Ezekiel. In: Florentino García Martínez; Marc Vervenne (Hg.): Interpreting Translation: Studies on the LXX and Ezekiel in Honour of Johan Lust (BEThL 192). Leuven 2005, 331–357.
  • Peter Schwagmeier: Untersuchungen zu Textgeschichte und Entstehung des Ezechielbuchs in masoretischer und griechischer Überlieferung. Diss. theol. Zürich 2004.
  • Joseph Ziegler: Die Bedeutung des Chester Beatty-Scheide Papyrus 967 für die Textüberlieferung der Ezechiel-Septuaginta. In: ZAW 61 (1945/48), S. 76–94.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. R. Timothy McLay: Daniel (Old Greek and Theodotion), in: James K. Aitken (Hrsg.): T&T Clark Companion to the Septuagint. London u. a. 2015, S. 544–554, hier 545: „There are only three main witnesses to the OG version. The Chisian codex 88 and the Syro-Hexaplar (Syh) version are post-Hexaplaric and reflect very similar texts, while the more fragmentary Papyrus 967 is the only pre-Hexaplaric witness to the OG version of Daniel.“
  2. Nr. IX enthält Ezechiel, Nr. X Daniel und Ester. Da sich unterschiedliche Schreiber ausmachen lassen, wurden die Teile früher als zwei verschiedene Papyri angesehen. Siehe auch Chester-Beatty-Papyri (Bibel).
  3. Zimmerli, Walter: Ezechiel 1-24. Band 1. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1969, S. 118*.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Papyrus 967 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien