Peter Gan

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Peter Gan (Pseudonym), geboren als Richard Möring, (* 4. Februar 1894 in Hamburg; † 6. März 1974 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, Verlagslektor und Übersetzer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Richard Möring war Sohn des Rechtsanwaltes Guido Möring (1860–1946) und der niederländischen Sängerin Wia Möring (1862–1940), geb. Dikema. Er besuchte von 1903 bis 1911 in Hamburg die Gelehrtenschule des Johanneums, 1911 das Lyceum Alpinum Zuoz und legte 1912 am Gymnasium Donaueschingen das Abitur ab.[1] Er studierte 1912/13 an der Universität Oxford. Von 1914 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg. Von 1919 bis 1924 absolvierte Möring ein Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Marburg, Bonn und Hamburg. In Hamburg wurde er mit der Dissertation über Rechtsabsolutismus, Rechtsrelativismus und ihre methodische Vereinigung zum Dr. jur. promoviert. Es folgte ein Studium von drei Semestern der Anglistik bei Emil Wolff sowie der Philosophie bei Ernst Cassirer.

1926 erschienen erste literarische Veröffentlichungen unter dem Pseudonym Peter Gan. Von 1927 bis 1929 arbeitete er als freier Schriftsteller und als Korrespondent der Frankfurter Zeitung in Paris. Von dort kehrte Peter Gan nach Berlin zurück, wo eine Freundschaft mit dem Kunsthistoriker Paul Ortwin Rave begann. In Berlin war Gan ein Mitarbeiter der Zeitschrift Atlantis, die im Atlantis Verlag erschien. In diesem Verlag konnte Peter Gan seit 1935 seine Gedichte veröffentlichen.

Kissenstein für Richard Möring auf dem Familiengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf

Unmittelbar nach der Verlagsgründung durch Henry Goverts und Eugen Claassen war Gan seit 1935 als Übersetzer für die beiden Hamburger Verleger tätig: Als erstes Buch erschien in dem neuen Verlag der Titel Frau Orpha der belgischen Schriftstellerin Marie Greves (1883–1975). Die Übersetzung des französischen Romans Madame Orpha ou la sérénade de mai ins Deutsche besorgte Peter Gan.[2]

Während des nationalsozialistischen Regimes emigrierte Peter Gan im Jahr 1938 nach Paris. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er im Mai 1940 in Albi interniert. Im Oktober 1940 folgte die Verlegung in das Internierungslager Gurs. Aus diesem Lager gelang Gan im November 1942 die Flucht nach Spanien, wo er jedoch im Militärgefängnis Jaca inhaftiert wurde. Nach der Entlassung fand er in Madrid bei den Quäkern eine Beschäftigung. Von 1946 bis 1958 lebte er wieder in Paris. Zu seinem Freundeskreis gehörten Ernst Bertram, Emanuel Hirsch, Wilhelm Uhde und Hans Reichel.

1958 kam Peter Gan nach Hamburg zurück. In der Nachkriegszeit arbeitete er wiederum als Übersetzer literarischer Werke aus dem Englischen und Französischen. Peter Gan wurde auf dem Familiengrab Möring auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg im Planquadrat AA 11 südlich der Norderstraße beigesetzt.[3]

Position[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Peter Gan galt als literaturgeschichtlicher Einzelfall, der sich an sechs Bücher orientieren wollte „Genesis, Ilias, Odyssee, Kants drei Kritiken; darüber hinaus das Neue Testament“.[4] Ein Skeptiker gegenüber Sprache und Region, "je länger man Gan liest, um so irritierender wird die Frage nach seiner Religiosität. (...) Der Bibelkenner scheint den schmalen Weg der Skepsis zu gehen, die sich spontaner Glaubenswahrheit nicht verschließt: Auf diese hellhörige Spannung sind seine Gedichte gestimmt."[5] Seine Gedichte, virtuose Spielereien mit alten Versformen, zeugen von sokratischer Ironie, Bescheidenheit und Melancholie. Er hatte mit Sinngedichten begonnen, deren Empfindungsreichtum sich in allegorischen Ausweitungen, gedanklichen Umkreisungen einer Konfiguration ausdrückte. Seine Altersgedichte waren konkreter. Er wies selbst oft auf seine Unzeitgemäßheit hin und überließ die Gegenwart lieber „Kreisen, die robuster sind“.

"Vorschlag zur Güte

Dem Gestern fest verbunden,
dem Morgen zugetan,
das Heute heiß empfunden,
und giessen Wut und Wahn
Gift in unsere Wunden."

aus 'Holunderblüte', in: Gesammelte Werke, Band 1, S. 235[6]

„Es ist kein Zweifel, daß Peter Gan die heitersten, lustigsten Gedichte seit Morgenstern geschrieben hat, sprühende und knisternde Gebilde in denen die Erdenschwere zauberisch aufgehoben erscheint; dicht daneben stehen jene anderen, die nicht minder kunstvoll auf dunkeln Grund gezogen sind, von dem sich ihre zarte, dem Spiel nie ganz entfremdete Liniatur abhebt.“ (Max Rychner)

In der Laudatio zum Johann-Heinrich-Voß-Preis heißt es: "Aber hier wäre ganz rasch auch einem Mißverständnis vorzubeugen, das Gan-Moering in den Verdacht des flotten Federfuchsers nehmen wollte. Wenn er es mit der Sprache treibt, so läßt er sich doch gleichzeitig auch von ihr treiben. »Ich komm beim Dichten manchmal nicht zu Wort«, heißt es einmal bei ihm."[7]

"Logos

'Es' kam zur Sprache, fragte fromm:
weißt du, weshalb ich zu dir komm'?
ich würde gern zur Sprache kommen
drum habe ich diesen Weg genommen.
Die Sprache sprach: Du kommst zu mir?
Käm ich nicht besser, sprich, zu dir?
mich gibt's doch nur, weil dir's beliebt,
das alles gibt, was es so gibt.
Sprach 'es' zur Sprache: Hör mich an
das doch durch dichnur sprechen kann,
durch dich, die freilich durch mich lebt,
durch mich, dass allem Wort entschwebt
ins Nimmerwiederhiernochdort:
zeitloses Jetzt, wortloses Wort …

aus: Soliloquia, in: Gesammelte Werke, Band 1, S. 214[8]

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lyrik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1935: Die Windrose. Atlantis, Berlin/Zürich
  • 1936: Ausgewählte Gedichte. Heinrich Ellermann, Hamburg
  • 1949: Die Holunderflöte. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau
  • 1956: Schachmatt. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau
  • 1956: Preis der Dinge. Insel Verlag, Wiesbaden (Insel-Bücherei 628/1)
  • 1961: Die Neige. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau
  • 1965: Das alte Spiel. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau
  • 1970: Soliloquia. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau
  • 1974: Die Herbstzeitlose. Postum. Atlantis, Zürich/Freiburg im Breisgau

Essays[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1935: Von Gott und der Welt. Ein Sammelsurium. Atlantis, Berlin/Zürich
  • 1952: Helmut Kolle.

Übersetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werkausgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gesammelte Werke. 3 Bände, herausgegeben von Friedhelm Kemp (Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt; Bd. 70). Wallstein, Göttingen 1997.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Erik Wickenburg: Von Gott und der Welt. Rezension zu Peter Gan ‘Von Gott und der Welt‘. In: Merkur, 10. Jg., Heft 95 (Januar 1956), S. 95–96[1]
  • Kleines Preislied auf Peter Gan. Hamburg ehrt den Lyriker, Essayisten und Übersetzer am 22. September mit dem Alexander-Zinn-Preis. In: Die Zeit vom 22. September 1967[2]
  • Vom Geschäft des Dichters. Reden anläßlich der Verleihung des Alexander-Zinn-Preises 1967 an Peter Gan. Hamburg 1968
  • Werner Kayser: Peter Gan. Hamburger Bibliographien, Band 15. Mit Beiträgen von Max Rychner und Johannes Pfeiffer. Christians, Hamburg 1972
  • Friedhelm Kemp: Moering, Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 676 f. (Digitalisat).
  • Johannes Saltzwedel: Vagabund, ganz genau. Der Lyriker Peter Gan, Lebenskünstler und gewitzter Reimeschmied, kommt in einer großen Ausgabe zu Klassiker-Ehren. In: DER SPIEGEL vom 15. Juni 1997[3]
  • Thomas Poiss: Das gütige Ohr der Welt. Kaleidoskopernikanisch: Peter Gans 'Gesammelte Werke'. Rezension.In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Mai 1998, S. 42[4]
  • Marbach erhält den Nachlass von Peter Gan. In: Börsenblatt vom 17. März 2009[5]
  • Chrysostomos (Ps.): Verkannt und vergessen. Zu den Gedichten Peter Gans. Nebst einer Erinnerung an Friedhelm Kemp, Hommes de Lettres. In: Bamberger Online-Zeitung vom 13. November 2013 [6]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Friedhelm Kemp (Hrsg.): Peter Gan Gesammelte Werke Band 1. Wallstein Verlag.
  2. Bernhard Zeller (Hrsg.): Eugen Claassen. Von der Arbeit eines Verlegers. In: Marbacher Magazin, 19/1981, S. 14 u. 32.
  3. Prominenten-Gräber
  4. Das gütige Ohr der Welt. In: FAZ.net. 22. Mai 1998, abgerufen am 28. Januar 2024.
  5. Das gütige Ohr der Welt. In: FAZ.net. 22. Mai 1998, abgerufen am 28. Januar 2024.
  6. Peter Gan: Gesammelte Werke. Wallstein Verlag, 1997, ISBN 3892440948 S. 235 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  7. https://www.deutscheakademie.de/de/auszeichnungen/johann-heinrich-voss-preis/peter-gan/laudatio
  8. Peter Gan: Gesammelte Werke. Wallstein Verlag, 1997, ISBN 3892440948 S. 235 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  9. kulturkreis.eu: 1953-1989 Förderpreise, Ehrengaben
  10. https://www.deutscheakademie.de/de/auszeichnungen/johann-heinrich-voss-preis/peter-gan/laudatio Laudation von RudofvHagelstange