Pfingstkirche (Potsdam)

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Pfingstkirche Potsdam

Die evangelische Pfingstkirche im Potsdamer Stadtteil Nauener Vorstadt befindet sich in der Großen Weinmeisterstraße. Sie entwickelte sich aus einer 1894 eingeweihten Pfingstkapelle. Neben der Kirche sind auf dem Pfingstgelände das Neue Pfingsthaus, das Pfarrhaus der Gemeinde und das Witwenhaus (heute Evangelische Grundschule Potsdam) untergebracht.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das heute bestehende Gebäudeensemble geht auf eine Initiative des Hofpredigers Albert Heym zurück, der 1851 eine Rettungsanstalt für sittlich gefährdete und verwahrloste Jugendliche ins Leben rief. Anlass dieser Initiative war eine Predigt, die Johann Hinrich Wichern im gleichen Jahr in der Potsdamer Friedenskirche hielt. Das Vorbild des Rettungshauses war das Rauhe Haus in Hamburg. Als ursprüngliches Gebäude für diese Einrichtung wurde ein ehemaliges Winzerhaus am Fuße des Pfingstberges ausgewählt. Als das alte Pfingsthaus zu klein wurde, gründete sich 1891 der Pfingst-Kapellenverein, der mit Spendengeldern und Geldzuwendungen der kaiserlichen Familie das Neue Pfingsthaus mit einer angeschlossenen Kapelle errichten konnte. Der Name des Bauwerks nimmt Bezug auf die Pfingstbewegung. Architekt und Bauleiter war der Geheime Regierungs- und Baurat Ludwig von Tiedemann. Noch während der Bauarbeiten stellte sich heraus, dass diese Kapelle mit 250 Plätzen für die steigende Einwohnerzahl in der Nauener Vorstadt zu klein sein würde und so wurde sie auf 400 Plätze erweitert. Am 15. Oktober 1894 erfolgte die Einweihung der Pfingstkapelle. Diese war eine Filiale der Friedenskirchgemeinde. Auf dem Stiftungsgelände entstanden 1896 ein Pfarrhaus sowie 1899 ein Witwenhaus mit Gemeindesaal.

Im Jahr 1902 änderte die Pfingstgemeinde den Namen ihres Gotteshauses in Pfingstkirche. Am 1. April 1910 wurde die Gemeinde selbstständig.[1]

Nach dem Tod der Kaiserin Auguste Viktoria[2][3] im Jahr 1921 gab sich die Kirche den Namen Kaiserin-Auguste-Viktoria-Gedächtnis-Kirche. Diesen Namen trug sie bis 1946, erhielt aber danach ihren Namen Pfingstkirche zurück.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blick in den Chor (um 1895)

Besondere Ausstattungselemente sind die Altarfenster aus der Mayer’schen Hofkunstanstalt München und weitere Glasgemälde von Fritz Geiges.

Holzbildhauer Gustav Kuntzsch schuf die Kanzel, das Lesepult, den Taufstock, den Altaraufsatz in Eichenholz geschnitzt, gekrönt durch ein mächtiges Kreuz mit den Symbolen des Heilands und der vier Evangelisten, und die nach mittelalterlichen Vorbildern gestaltete Kaiserloge, die Kuntzsch zusammen mit dem Potsdamer Hoftischlermeister Eduard Schultz der Gemeinde stiftete. In den 1960er Jahren ist der Altaraufsatz entfernt worden.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Orgel der Pfingstkirche war ein Geschenk des Hoforgelbaumeisters Wilhelm Sauer aus Frankfurt an der Oder und wurde von ihm 1895 aufgestellt und 1898 erweitert; sie besaß dann zwei Manuale und 16 Register.[4] Alexander Schuke hat sie 1924 verändert und 1933 erweitert auf 27 Register.[5] Da eine Reparatur dieses 1955 und 1976 erneut veränderten bzw. überholten – Instrumentes nicht mehr möglich war, wurde 2011 eine neue Orgel (erster Bauabschnitt) von der Firma Alexander Schuke Potsdam Orgelbau eingebaut. 2015 erfolgte der zweite von drei Bauabschnitten. Im September 2019 wurde der letzte Bauabschnitt fertiggestellt, sodass die neue Orgel im September 2019 zum 125. Jubiläum des Kirchweihfestes eingeweiht wurde.[6]

I Hauptwerk C–g3
1. Principal 08′
2. Flûte harmonique 08′
3. Gemshorn 08′ (a)
4. Gedackt 08′
5. Octave 04′
6. Nachthorn 04′
7. Octave 02′
8. Mixtur IV-V 0113
9. Trompete 08′ (a)
Tremulant
Cymbelstern
II Brustwerk C–g3
10. Lieblich Gedacht 16′ (a)
11. Holzflöte 08′
12. Geigenprincipal 08′
13. Vox celestis (ab c0) 08′ (a)
14. Flauto dolce 04′ (a)
15. Traversflöte 04′
16. Nassat 0223
17. Gemshorn 02′
18. Terz 0135
19. Oboe 08′
Tremulant
Pedal C–f1
20. Violon 16′ (a)
21. Subbass 16′ (a)
22. Principal 08′
23. Bassflöte (Ext. Nr. 20) 08′
24. Octave 04′
25. Posaune 16′ (a)
  • Koppeln: II/I, I/P, II/P.
  • Anmerkung:
(a) = altes Register

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Glockenstube befindet sich ein Geläut aus zwei Gussstahl-Glocken, die im Bochumer Verein im Jahr 1893 gegossen worden waren. Eine Inventarliste der Gießerei enthält folgende Angaben: das Ensemble aus Glocken mit Klöppel, Lager, Achsen und Läutehebel kostete in der Herstellung 1188 Mark.[7]

Glockenplan[7]
Größe Schlagton Gewicht (kg) unterer Durch­messer (mm) Höhe (mm) Inschrift
größte a 420 995 890 unbekannt
kleinste zwischen b und des 260 835 760 unbekannt

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Pfingsthaus-Anwesen in Potsdam, Große Weinmeisterstraße 49. – 1 und 2. Das Pfarrhaus. – 2 und 3. Das Pfarrhaus und die Pfingstkapelle. In: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, 10. Jg., Verlag Julius Becker, Berlin 1897, Nr. 7/1897, S. 47, und Nr. 8/1897, S. 54.
  • Ernst Freiherr von Mirbach: Das Pfingsthaus, die Pfingst-Kapelle zu Potsdam und der Pfingst-Kapellen-Verein, Zweigverein des Evangelisch-Kirchlichen Hülfsvereins, unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. Julius Sittenfeld, Berlin 1898. / als Nachdruck: Verlag Klaus-D. Becker, Potsdam 2011, ISBN 978-3-88372-013-5.
  • Wilhelm Kritzinger: Das Pfingsthaus in Potsdam. 1851 – 1901. Eine Festschrift. Nachdruck (Krämersche Buchdruckerei, Potsdam 1901). Klaus Becker Verlag, Potsdam 2011, ISBN 978-3-88372-011-1.
  • Protokollbücher der Pfingstkirche der Jahre 1893 bis 1913. Potsdam 1914.
  • Andreas Kitschke: Kirchen in Potsdam. Aus der Geschichte der Gotteshäuser und Gemeinden. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1983, S. 42 ff., 154 f.
  • Gerhard Vinken, Barbara Rimpel et al. (Bearb.): Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2. Auflage, Deutscher Kunstverlag, Berlin / München 2012, ISBN 978-3-422-03123-4, S. 828.
  • Chronik der Ev. Pfingstkirche Potsdam 1894 bis 2014. (Manuskript)
  • Rudolf Reinhold: Die Glasmalereifenster der Evangelischen Pfingstkirche Potsdam. tredition Verlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-7345-4831-4.
  • Andreas Kitschke: Die Kirchen der Potsdamer Kulturlandschaft. Lukas Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3867322485, S. 231 ff.
  • Petra Schrimpf: Untersuchungen zum denkmalverträglichen Feuchteschutz bei sommerlicher Kondensation in Kirchen. Diss. Berlin 2017, S. 121 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pfingstkirche (Potsdam) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichte der Ev. Pfingstkirchengemeinde
  2. Volkstümlich Kirchenjuste genannt.
  3. „Kirchenjuste“ – ein Porträt (Memento des Originals vom 2. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deutschlandradiokultur.de, abgerufen am 12. Februar 2017.
  4. Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft A. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 61).
  5. Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft B/F. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 773).
  6. Die Schuke - Orgel
  7. a b Zusammenstellung der nach Berlin und Umgegend gelieferten Geläute; Bochumer Verein, um 1900. Im Archiv der Köpenicker Kirche St. Josef, eingesehen am 6. August 2019.

Koordinaten: 52° 24′ 55,4″ N, 13° 3′ 44,2″ O