Pheme (Forschungsprojekt)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Pheme
Pheme
Logo des Projekts
Auftraggeber: Europäische Kommission
Leitung: Kalina Bontcheva
Standort: Universität Sheffield
Homepage: http://www.pheme.eu/

Pheme ist ein 36-monatiges von der EU gefördertes Forschungsprojekt, bei dem es um die Analyse der Vertrauenswürdigkeit von Internetinformationen geht.[1] Die Bezeichnung Pheme ist ein Neologismus; sie bezieht sich auf Meme, zu deren Merkmalen auch der Wahrheitsgehalt gehört. Außerdem spielt der Name auf die antike Göttin des Ruhmes und des Gerüchts an, die auf Griechisch Pheme und auf Lateinisch Fama heißt.[2]

Hintergrund und Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Projekt begann am 1. Januar 2014.[2] Die Gesamtkosten belaufen sich auf 4.269.938 EUR, die EU-Förderung aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm auf 2.916.000 EUR.[3]

Pheme sind "Gerücht-Meme", wie sie in sozialen Medien häufig vorkommen. Dabei kann es sich um gezielte Falschmeldungen handeln, aber auch einfach um Missverständnisse. Wenn sie sich erst einmal über Dienste wie Twitter oder Facebook verbreitet haben, kann es sehr schwierig sein, ihren Wahrheitsgehalt zu ermitteln.[4] Bis jetzt ist dies nur in ressourcenintensiven manuellen Verfahren möglich.[2]

Zu den drei typischen Herausforderungen von Big Data – Datenmenge, Datenvielfalt, Geschwindigkeit – kommt bei sozialen Medien zusätzlich eine vierte hinzu, nämlich die Feststellung des Wahrheitsgehalts. Ziel des Pheme-Projekts ist es, Content in Echtzeit zu analysieren und die Korrektheit der enthaltenen Informationen zu beurteilen.[5] Wenn sich Informationen durch ein soziales Netzwerk verbreiten, entscheidet jeder Einzelne, ob er sie weitergeben möchte oder nicht; dabei spielt auch die persönliche Einschätzung der Richtigkeit eine Rolle. Pheme analysiert die verwendete Sprache, die Verbreitung von Informationen durch ein Netzwerk sowie den räumlichen und zeitlichen Kontext der Informationen, um einen Echtzeit-Lügendetektor für soziale Medien zu entwickeln. Davon können beispielsweise Rettungsdienste und Katastrophenschutz profitieren: Wenn sie soziale Medien für ihre Schnellwarn- und Reaktionssysteme nutzen,[6][7] kann ihnen Pheme helfen, einen potenziellen Fehlalarm zu erkennen.[8] Die Projektergebnisse werden unmittelbar auf medizinische Informationssysteme und digitalen Journalismus anwendbar sein. Zudem sollen viele der zugehörigen Algorithmen als Open Source veröffentlicht werden.[2]

Methode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dem interdisziplinären Projekt arbeiten Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen zusammen: Sprachtechnologien, Web Science, Analyse sozialer Netzwerke und Informations-Visualisierung.[9] Sie beschäftigen sich mit vier Arten von Gerüchten: Spekulationen, Kontroversen, Missinformationen und Desinformationen.[10] Um die Vertrauenswürdigkeit einer Information zu beurteilen, analysieren sie zunächst die sprachlichen (semantischen und syntaktischen) Merkmale des betreffenden Textes; im nächsten Schritt erfolgt ein Abgleich mit anderen, als besonders vertrauenswürdig eingestuften Quellen; und schließlich werden die Verbreitungswege im Internet untersucht. Die Ergebnisse werden mithilfe eines Dashboards visualisiert, das in Zusammenarbeit mit dem Medienanalyse-Unternehmen webLyzard erstellt wird. In Ergänzung zu den automatisierten Algorithmen wird auch ein manuell analysierter Datensatz herangezogen.[2]

Wichtig ist bei dem Projekt unter anderem die automatische Beurteilung der Zuverlässigkeit von Quellen. Beispielsweise würde einem Nachrichtentweet der BBC mehr Gewicht zukommen als einem Tweet aus einer unbekannten Quelle.[11] Das System soll zudem sowohl computergenerierten Spam als auch auf Fehlinformationen spezialisierte Nutzer identifizieren.[12]

Es werden zwei Fallstudien durchgeführt: Die eine untersucht Informationen aus dem Gesundheitsbereich, wo Falschmeldungen besonders viel Schaden anrichten können; der Schwerpunkt der anderen sind von Journalisten genutzte Informationen.[13][14] Bei der medizinischen Fallstudie geht es unter anderem um die sogenannte rumour intelligence, also die Informationsbeschaffung aus Gerüchten[15] wie beispielsweise einer sich verbreitenden Nachricht vom Ausbruch der Schweinegrippe. Die journalistische Fallstudie hat die Glaubwürdigkeit nutzergenerierter Inhalte zum Gegenstand.[9]

Partner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Projekt wird in Partnerschaft zwischen mehreren Hochschulen und Unternehmen durchgeführt. Die beteiligten Hochschulen sind die Universität Sheffield (wo auch die von Pheme genutzte Textanalyse-Plattform GATE entwickelt wurde), die Universität Warwick und King’s College London in Großbritannien, die Universität des Saarlandes in Deutschland sowie die Modul University Vienna in Österreich. Außerdem wirken vier Unternehmen mit: Atos (Madrid, Spanien), iHub (Nairobi, Kenia), Ontotext (Sofia, Bulgarien) und swissinfo (Bern, Schweiz).[16]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Scientists develop a lie detector for tweets. Telegraph, abgerufen am 20. Februar 2014.
  2. a b c d e About PHEME. Abgerufen am 4. Mai 2015.
  3. Computing Veracity Across Media, Languages, and Social Networks. Abgerufen am 4. Mai 2015.
  4. Bulgaria: ICT Investment for SME Growth. Abgerufen am 4. Mai 2015.
  5. Scientists Plan Lie-Detector For Tweets. Sky News, abgerufen am 20. Februar 2014.
  6. Robert Power, et al.: Finding Fires with Twitter. In: Proceedings Australasian Language Technology Association Workshop 2013. 2013.
  7. Paul S. Earle, et al.: Twitter earthquake detection: Earthquake monitoring in a social world. In: Annals of Geophysics. 2012.
  8. Researchers working on social media 'lie detector'. Arab News, abgerufen am 20. Februar 2014.
  9. a b Forscher wollen Social-Media-Lügen automatisch identifizieren. Abgerufen am 4. Mai 2015.
  10. Pheme: Internationales Forschungsprojekt arbeitet an Lügendetektor für Social-Media-Inhalte. Abgerufen am 4. Mai 2015.
  11. Researchers are working on a lie detector to sniff out false tweets. Engadget, abgerufen am 20. Februar 2014.
  12. Lügen in 140 Zeichen: Forscher entlarven Twitter-Schummler. Abgerufen am 4. Mai 2014.
  13. EU project to build lie detector for social media. Abgerufen am 20. Februar 2014.
  14. Lie detector on the way to test social media rumours. BBC News, abgerufen am 20. Februar 2014.
  15. BuzzWord: rumint also RUMINT. Abgerufen am 5. Mai 2015.
  16. Consortium. Abgerufen am 5. Mai 2015.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]