Putzerlippfische

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Putzerlippfische

Gewöhnlicher Putzerfisch (Labroides dimidiatus)

Systematik
Stachelflosser (Acanthopterygii)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ordnung: Labriformes
Familie: Lippfische (Labridae)
Unterfamilie: Junkerlippfische (Julidinae)
Tribus: Putzerlippfische
Wissenschaftlicher Name
Labrichthyini
Putzerlippfische säubern den Bäumchen-Lippfisch (Novaculichthys taeniourus)

Die Putzerlippfische (Labrichthyini) sind eine Tribus in der Familie der Lippfische (Labridae), die fünf Gattungen und 14 Arten umfasst. Charakteristisch für die Tiere ist das eingehen einer sogenannten Putzsymbiose - was auch bei anderen Lippfischen beobachtet werden konnte. Putzerlippfische leben ausschließlich im tropischen Indopazifik. In der Karibik wird ihre ökologische Nische von Putzergrundeln (Elacatinus) eingenommen.

Verhalten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Putzerlippfische unterhalten Putzerstationen, wo ein Männchen mit einem Harem von drei bis sechs Weibchen lebt. Hierher kommen andere Fische, um sich von den Putzerfischen von Parasiten und abgestorbener Haut säubern zu lassen. Die Zeichnung der Putzerfische mit dem auffallenden Längsstreifen ist für andere Fische ein Erkennungsmerkmal.

Putzerlippfische im Maul eines Mantarochens

Selbst Raubfische verhalten sich an den Putzerstationen völlig friedlich, warten, bis sie an der Reihe sind und lassen die Lippfische auch ins Maul und in die Kiemenhöhle schwimmen, damit diese sie dort säubern. Durch leichte Bewegungen signalisieren die „Kunden“, dass sie genug haben und die Putzerfische die Körperhöhlen verlassen müssen.

Während der Gemeine Putzerfisch (Labroides dimidiatus) und seine Gattungsgenossen diese Ernährungsweise ein Leben lang beibehalten, putzen die Arten der Gattungen Labropsis und Larabicus nur als Jungtiere und ernähren sich später von Korallenpolypen. Der Nomaden-Putzerlippfisch (Diproctacanthus xanthurus) hat keine feste Putzerstation, sondern zieht umher und säubert Riffbarsche (Pomacentridae), die keine Möglichkeit haben, zu den Putzerstationen zu kommen, da sie in kleinen Revieren von wenigen Quadratmetern leben und diese wegen der Territorialansprüche der Nachbarn nicht verlassen können.

Untersuchung von Putzerlippfischen konnten zeigen, dass diese pro Tag über 2000 Fische „bedienen“ können und dabei knapp fünf Parasiten pro Minute entfernen. Außerdem können sich die Tiere an vergangene Interaktionen mit ihren "Kunden" erinnern und bis zu 1000 Individuen unterscheiden. Putzerlippfische unterscheiden zwischen Stamm-, Neu- und Laufkundschaft und behandeln diese teilweise opportunistisch. Das bedeutet, dass sie ihr Verhalten an den Andrang und die Aussicht einer dauerhaften Symbiose anpassen. Auch der Konkurrenzdruck durch andere Putzerstationen wird dabei berücksichtigt. Bei Laufkundschaften passiert es eher, dass sich die Tiere auch an der kalorienreichen (Schleim-)Haut bedienen und so ihrem Kunden schaden.

In ihren Revieren schwimmen die Putzerfische ihre Kunden in wellenförmigen Bewegungen an. Anders verhalten sich diese, wenn sie in ein fremdes Riff umgesetzt werden. Dann schwimmen sie ihre Kunden von oben an und stimulieren sie mit ihren Brust- und Bauchflossen taktil. Eben jenes Verhalten zeigen sie auch, wenn sie einen Kunden zum Bleiben überreden möchten. Somit sind die Tiere in der Lage, andere Fische aktiv zu beeinflussen.[1]

In einer Veröffentlichung von 2019 konnte nachgewiesen werden, dass Putzerlippfische der Art Labroides dimidiatus den sogenannten Spiegeltest bestehen, sich also selbst im Spiegel erkennen können. Dies zeugt von einer hohen kognitiven Leistung der Tiere.[2]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phylogenetisch gehören die Putzerlippfische zu den Junkerlippfischen (Julidinae). Die Gattung Labrichthys ist die Schwestergruppe aller übrigen Labrichthyini. Diproctacanthus ist die Schwesterart von Labropsis, Larabicus die der Gattung Labroides.[3]

 Labrichthyini 



Diproctacanthus


   

Labropsis



   

Labroides


   

Larabicus




   

Labrichthys



Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hawaii-Putzerfisch (Labroides phthirophagus)
Aspidontus taeniatus ist kein Putzerlippfisch, sondern ein Säbelzahnschleimfisch

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es konnte nachgewiesen werden, dass die Entnahme aller Putzerfische aus Riffen unterschiedlicher Größe über mehrere Jahre, einen Rückgang der Riffbarsche (37 %) und Doktorfische (66 %) gegenüber Vergleichsriffen zur Folge hat. Dies zeigt die große Bedeutung einzelner Arten auf ein Ökosystem.[7]

Nachahmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Falsche Putzerfisch (Aspidontus taeniatus) gehört zu den Säbelzahnschleimfischen. Er imitiert den Gewöhnlichen Putzerfisch (Labroides dimidiatus) in Gestalt, Färbung und Schwimmweise. Nähert sich ihm aber ein Fisch, um geputzt zu werden, beißt er diesem stattdessen Flossen- und Hautstücke ab.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Putzerlippfische – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Horst Bleckmann: Dumm wie ein Fisch? Die überraschenden Intelligenz unter Wasser. 1. Auflage. Springer, 2023, ISBN 978-3-662-64580-2, S. 183–188.
  2. Sind sich Fische ihrer selbst bewusst? In: mpg.de. Max Planck Institut, 7. Februar 2019, abgerufen am 25. Juli 2023.
  3. M. W. Westneat, M. E. Alfaro: Phylogenetic relationships and evolutionary history of the reef fish family Labridae. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Nr. 36, 2005, S. 370–390
  4. a b c John E. Randall und V.G. Springer (1973): The monotypic Indo-Pacific labrid fish genera Labrichthys and Diproctacanthus with description of a new related genus, Larabicus. Proceedings of The Biological Society of Washington 86 S. 279–298
  5. John E. Randall: A Review of the Labrid Fish Genus Labroides. Pacific Science, Band 12 (Nr. 4): 327–347
  6. John E. Randall: Revision of the Labrid Fish Genus Labropsis. Micronesica, Band 17 (Nr. 1–2): 125–155
  7. Horst Beckmann: Dumm wie ein Fisch? Die überraschende Intelligenz unter Wasser. 1. Auflage. Springer, 2023, ISBN 978-3-662-64580-2, S. 187 f.