Queijo de Azeitão

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Queijo de Azeitão

Der Queijo de Azeitão, oft nur Azeitão, ist ein portugiesischer halbfester Schnittkäse aus Schafmilch. Seinen Namen hat er von der Gemeinde Azeitão. Das Herstellungsverfahren unterscheidet sich kaum von dem des Queijo Serra da Estrela, beide werden nicht mit Lab, sondern mit einem Gerinnungsmittel aus den Staubblättern einer regionalen Form von Cynara cardunculus versetzt. Queijo de Azeitão ist seit 1996 eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Die Herstellung darf nur in den Gemeinden Setúbal, Palmela und Sesimbra in der Subregion Península de Setúbal südlich von Lissabon erfolgen.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Queijo de Azeitão von drei verschiedenen Produzenten

Der Queijo de Azeitão ist ein kleiner, runder Käse mit einem Durchmesser von 5 bis 11 Zentimeter und einer Höhe von 2 bis 6 Zentimeter bei einem Gewicht zwischen 100 und 250 Gramm.[1][2] Er hat einen gelben Teig, der nur wenige kleine Löcher aufweist und augenscheinlich an einen Pudding erinnert.[1]

Der leicht saure und salzige, etwas bittere und sehr würzige Geschmack weist Noten von Gras, Kräuter und Nüssen auf und wird als reichhaltig und einzigartig beschrieben.[3] Die Mikroflora weist wie bei anderen Rohmilchkäsen eine große Diversität auf, dominierend sind Arten wie Lactococcus lactis und Lactobacillus casei.[4] Der Fettgehalt beträgt 45 % Fett i.Tr., und der pH-Wert 6,0 bis 6,2 nach etwa 20 Tagen Reifung.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte des Queijo de Azeitão ähnelt der des ebenfalls portugiesischen Queijo Serra da Estrela und der spanischen Torta del Casar, alle drei Käse werden nicht durch die Zugabe von Lab, sondern mit einem wässrigen Pflanzenextrakt dickgelegt.[1][5][6]

Bereits im ersten vorchristlichen Jahrhundert sind Juden auf der iberischen Halbinsel nachgewiesen. Die Verbreitung von Käsesorten, die unter Verwendung von pflanzlichen Enzymen dickgelegt wurden, folgt auffällig den jüdischen Wanderungsbewegungen und es wird für möglich gehalten, dass diese Form der Käseherstellung von Juden entwickelt wurde. Der Hintergrund ist das jüdische Speisegesetz, Fleisch und Milch strikt zu trennen: „Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen.“ (Ex 23,19 EU und Dtn 14,21 EU). Das von Schlachttieren gewonnene Lab war als Zutat für Käse ausgeschlossen, mit pflanzlichen Enzymen behandelte Milch wurde hingegen als koscher betrachtet. Ein anderer Anreiz für die Entwicklung dieses Verfahrens könnte in der Knappheit von Lab gelegen haben. Zum einen bedeutete die Schlachtung der noch Milch saugenden Lämmer gegenüber ihrer Aufzucht einen wirtschaftlichen Nachteil. Darüber hinaus war frisches Lab nur im Frühjahr nach dem Ablammen verfügbar, während der restlichen Zeit des Jahres bestand ein Mangel daran. Die ganzjährig verfügbare Distel Cynara cardunculus erleichterte die Käseproduktion.[7]

Die pflanzlichen Enzyme Cyprosin und Cardosin wirken ähnlich wie das im Lab enthaltene Chymosin. Allerdings erbringen sie eine geringere Ausbeute als Lab, und der Käse hat einen vergleichsweise bitteren Geschmack. Zudem ist ihre Wirkung wegen des jahreszeitlich und aus anderen Gründen schwankenden Gehalts in den Pflanzen schwer kalkulierbar. Mit der sicheren Verfügbarkeit tierischen Labs gaben viele Milcherzeuger die traditionellen Verfahren auf und produzierten ihren Käse mit Lab. Im Zuge der stärkeren Wertschätzung regionaler Erzeugnisse wurden die traditionellen Verfahren wieder populär. Zudem sind heute industriell produzierte Pflanzenextrakte verfügbar, die eine gleichbleibende Qualität aufweisen.[7][8]

Queijo de Azeitão ist seit 1996 eine geschützte Ursprungsbezeichnung.[9] Die Herstellung darf nur in den Gemeinden Setúbal, Palmela und Sesimbra in der Subregion Península de Setúbal südlich von Lissabon erfolgen.[1][3] Um das Jahr 2000 betrug die Jahresproduktion etwa 29 Tonnen.[4]

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Azeitão wird aus Rohmilch von Schafen der portugiesischen Rassen Saloia, Bordaleira, Friserra oder des Merinoschafs hergestellt.[4] Nachdem die auf 30 bis 32 °C erwärmte Schafmilch gesalzen und zum Dicklegen mit einem Extrakt aus den Staubblättern einer regionalen Form von Cynara cardunculus versetzt wurde, wird die Milch etwa 40 Minuten ruhen gelassen. Anschließend wird die Dickete geschnitten, in Formen gefüllt und zum Entfernen der Molke von Hand gepresst. Die Formen sind mit feinem Tuch ausgelegt, was dem fertigen Käse eine einzigartige Oberflächenstruktur verleiht.[1]

Die Reifung des Azeitão findet in zwei Stufen statt. Zunächst werden die Käselaibe für etwa zehn Tage bei Zimmertemperatur und einer Luftfeuchtigkeit von 90 bis 95 Prozent gelagert. Während dieser ersten Phase werden die Käselaibe täglich gewendet und mit Salzlake oder Trinkwasser gewaschen, es entwickelt sich dadurch eine viskose Schmiere auf der Rinde. Während der zwei oder drei Wochen andauernden zweite Reifephase werden die Käse bei 10 bis 15 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 85 bis 90 Prozent gelagert. Während dieses Zeitraums werden sie mehrmals gewendet und gewaschen.[10]

Verzehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Queijo de Azeitão passt gut auf eine Käseplatte. Eine Möglichkeit der Zubereitung als Vorspeise ist das Öffnen des Käselaibs an der Oberseite, um den Teig des Käses in kleine Windbeutel zu füllen und mit Oregano bestreut zu servieren. Als Nachspeise passen zum Azeitão ein Bauernbrot mit nussartigem Geschmack und ein Weißwein wie der Alvarinho oder ein Rotwein wie der Tempranillo.[1][2]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Queijo de Azeitão – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f J. Marcelino Kongo, F. Xavier Malcata: Azeitão. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 53 (englisch).
  2. a b Juliet Harbutt (Hrsg.): World Cheese Book. Dorling Kindersley, London u. a. 2009, ISBN 978-0-7566-5442-9, S. 167 (englisch).
  3. a b J. Marcelino Kongo, F. Xavier Malcata: Portugal. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 581–583 (englisch).
  4. a b c d Cristina Freitas, F. Xavier Malcata: Microbiology and Biochemistry of Cheeses with Appélation d’Origine Protegée and Manufactured in the Iberian Peninsula from Ovine and Caprine Milks. In: Journal of Dairy Science. Band 83, Nr. 3, 2000, S. 584–602, doi:10.3168/jds.S0022-0302(00)74918-6 (englisch).
  5. J. Marcelino Kongo, F. Xavier Malcata: Serra da Estrela. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 647 (englisch).
  6. Jim Wallace: Torta del Casar. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 717–718 (englisch).
  7. a b Jessica A. B. Galen: plant-derived coagulants. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 572–573 (englisch).
  8. Marie-Hélène Famelart: rennet. In: Catherine Donnelly (Hrsg.): The Oxford Companion to Cheese. Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-933088-1, S. 612–615 (englisch).
  9. Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission vom 12. Juni 1996 zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates, abgerufen am 19. Januar 2020
  10. A. C. Freitas, A. C. Macedo, F. X. Malcata: Technological and organoleptic issues pertaining to cheeses with denomination of origin manufactured in the Iberian Peninsula from ovine and caprine milks. In: Food Science and Technology International. Band 6, Nr. 5, 2000, S. 351–370, doi:10.1177/108201320000600502 (englisch).