Quellflur

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Die Quellflur ist eine Vegetationseinheit an Standorten, die durch austretendes Quellwasser im Bereich von natürlichen Quellen geprägt ist.

Man spricht aber auch einfach von Quellfluren, soweit die Quellen flächig aus zahlreichen kleinen Wasseradern austreten, wie Sumpf- und Sickerquellen. Der in erster Linie bestimmende Chemismus der so genannten „Karbonatquellen“[1] ist basisch bzw. alkalisch und hart, der der „Silikatquellen“[2] ist sauer und weich.[3]

Quellfluren in den Wissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kalksinter-Quellflur. Stauende Muschelkalkschicht am Talhang des kleinen Flusses Glatt (Nebenfluss des Neckars), westlich des Dorfes Glatt
Rest eines Vulkanschlots, Typ Schwäbischer Vulkan, „Maar am Hirnkopf“. Kalkreiche Quellflur am Übergang von Oberjura in stauenden Vulkantuff. Das Quellwasser fließt als Rinnsal in den „Fischbach“ nördlich von Seeburg, Schwäbische Alb

Der Begriff wird als Fachbegriff in der Geologie und der Geobotanik verwendet. In der Pflanzensoziologie und Geobotanik werden Quellfluren als besondere Pflanzengesellschaften gefasst; die mitteleuropäischen Quellfluren gehören dabei zur Klasse Montio-Cardaminetea (benannt nach dem Bach-Quellkraut Montia fontana und dem Bitteren Schaumkraut Cardamine amara als Charakterarten). Quellfluren entstehen durch den Austritt des Quellwassers aus dem Boden oder direkt aus dem Gestein. Der Chemismus des Quellwassers[3], bestimmt besondere Standortbedingungen in einem Quellbereich und damit auch eine spezialisierte Vegetation.[4]

Entstehungsbedingungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellflur mit Bitterem Schaumkraut (Cardamine amara) in einer quellig vernässten Mulde im Grünland. Hochsauerlandkreis, NRW

Quellfluren entstehen durch das Austreten des Quellwassers oder über das Verrinnen des Wassers der Quelle, das so einen Quellbach oder Quellsumpf ausbildet. Drei Quellentypen lassen sich dabei nach Art des Wasseraustritts unterscheiden: Fließquellen (auch Sturzquellen), Teichquellen (oder Tümpelquellen) und Sumpfquellen (oder Sickerquellen).[5] Quellfluren treten vor allem an Sicker- und Sumpfquellen auf.

Bei dem gesetzlich geschützten Naturdenkmal/Geotop „Kalksinter-Quellflur, Sulz am Neckar-Glatt“ in Baden-Württemberg, z. B., sind beide Entstehungsbedingen Sickerquell-Chemismus und durch wenige hoch spezialisierte Pflanzenarten geprägte Biotope erfüllt.[6] Besonders typisch und häufig sind polsterbildende Moosarten.[7] Quellfluren sind geprägt durch meist niedrigwüchsige, krautige Arten und durch Moose. Eventuell auftretende und überschattende Baumarten gehören nicht mehr zur eigentlichen Quellflur. Viele typische Quellfluren liegen nicht im Wald, sondern im Grünland oder in der Vegetation der Gebirge oberhalb der Waldgrenze.[8]

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellfluren entstehen überall im Austrittsbereich von Quellen, sie sind aber in bergigen Regionen häufiger.[7]

Quellflurtypen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abhängig von der Art der Quelle bildet sich die Vegetation der Quellflur heraus. Diese ist vor allem abhängig von Temperatur und Kalkgehalt der Quelle.[9][10] Bei Kalkquellen bildet sich eine Art Kalkgestein, der Quelltuff bzw. Kalktuff. Dieser Vorgang wird durch die Vegetation selbst gefördert. Das Moos Palustriella commutata (früher oft mit dem synonymen Namen Cratoneuron commutatum bezeichnet) entzieht dem Wasser CO2, dadurch wird Kalk an der Pflanze ausgefällt, der im Laufe vieler Generationen von Moospflanzen letztlich Kalktuffformationen bildet.[11][12][13]

Standortanpassungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellfluren haben aufgrund ihrer besonderen Standortbedingungen eine artenarme Flora. Die Temperatur des Wassers ist im Jahresverlauf recht gleichmäßig und in der Vegetationsperiode eher tief, während die Luftfeuchtigkeit permanent recht hoch ist.[4][5]

Ökologische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellfluren haben eine wichtige ökologische Bedeutung, da sie einen hochspezialisierten Lebensraum darstellen und somit seltene Biotope bilden.[14] Für die Erhaltung der Quellen und somit der Quellfluren kann eine nachhaltige Nutzung nicht am Quellaustritt, sondern im späteren Verlauf der Quelle zu Trinkwasserzwecken ein wichtiger Aspekt sein.[6]

Naturschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen, und damit auch die Quellfluren, sind in Deutschland gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz. Aufgrund der Zuständigkeit der Bundesländer ist der Schutz im Detail in jedem Bundesland etwas anders geregelt. Zum Beispiel sind sie laut Artikel 13d Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes ein schützenswertes Biotop.[15]

Eine Gefährdung ist durch landwirtschaftliche Nutzung, Veränderung und Fassung der Quelle, sowie die Vernichtung durch z. B. Wegebau gegeben.[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinz Ellenberg, Christoph Leuschner: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 6., vollständig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8001-2824-2, S. 515–516 u. S. 723–725.
  • Klötzli, Frank; Dietl, Walter; Marti, Karin; Schubiger-Bossard, Cécile; Walther, Gain-Reto: Vegetation Europas: das Offenland im vegetationskundlich-ökologischen Überblick unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Bern: Ott, 2010, S. 86–88.
  • Lange, Ute: Blütenzauber: botanische Kostbarkeiten der Rhön. 1., erw. Ausg., Fulda: Parzeller, 2013, S. 80–85.
  • Pott, Richard: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. Stuttgart: Ulmer, 1992, S. 167–174.
  • Schubert, Rudolf; Hilbig, Werner; Klotz, Stefan: Bestimmungsbuch der Pflanzengesellschaften Mittel- und Nordostdeutschlands. Jena; Stuttgart: G. Fischer, 1995, S. 216–220.
  • Wilmanns, Otti: Ökologische Pflanzensoziologie: eine Einführung in die Vegetation Mitteleuropas. 6., neu bearb. Aufl., Heidelberg; Wiesbaden: Quelle und Meyer, 1998, S. 165–169.
  • Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg (Hrsg.): Biotope in Baden-Württemberg: Quellen und Quellbereiche. Stuttgart 1999.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der geologische Untergrund ist charakterisiert durch Muschelkalk- und Jura-Gestein
  2. Der geologische Untergrund enthält überwiegend natürliche Silikatminerale
  3. a b Biotope in Baden-Württemberg. Siehe Weblinks
  4. a b Heinz Ellenberg, Christoph Leuschner: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 6., vollständig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8001-2824-2, S. 515.
  5. a b Klötzli, Frank; Dietl, Walter; Marti, Karin; Schubiger-Bossard, Cécile; Walther, Gain-Reto: Vegetation Europas: das Offenland im vegetationskundlich-ökologischen Überblick unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Bern: Ott, 2010, S. 86
  6. a b BUND Naturschutz in Bayern e.V. Kreisgruppe Weilheim-Schongau [Hrsg.]: Quellfluren. [1]
  7. a b Schubert, Rudolf; Hilbig, Werner; Klotz, Stefan: Bestimmungsbuch der Pflanzengesellschaften Mittel- und Nordostdeutschlands. Jena; Stuttgart: G. Fischer, 1995, S. 216
  8. Pott, Richard: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. Stuttgart: Ulmer, 1992, S. 167
  9. Heinz Ellenberg, Christoph Leuschner: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 6., vollständig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8001-2824-2, S. 516.
  10. Pott, Richard: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. Stuttgart: Ulmer, 1992, S. 167ff.
  11. Lange, Ute: Blütenzauber: botanische Kostbarkeiten der Rhön. 1., erw. Ausg., Fulda: Parzeller, 2013, S. 83
  12. Pott, Richard: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. Stuttgart: Ulmer, 1992, S. 171
  13. Wilmanns, Otti: Ökologische Pflanzensoziologie: eine Einführung in die Vegetation Mitteleuropas. 6., neu bearb. Aufl., Heidelberg; Wiesbaden: Quelle und Meyer, 1998, S. 166
  14. Schubert, Rudolf; Hilbig, Werner; Klotz, Stefan: Bestimmungsbuch der Pflanzengesellschaften Mittel- und Nordostdeutschlands. Jena; Stuttgart: G. Fischer, 1995, S. 217ff.
  15. Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG: Gesetz über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur. Vom 23. Februar 2011. [2]
  16. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern [Hrsg.]: 7220 *Kalktuffquellen (Cratoneurion). Schwerin 2011. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 10. August 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lung.mv-regierung.de