Rütschenhausen

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Rütschenhausen
Gemeinde Wasserlosen
Koordinaten: 50° 4′ N, 10° 3′ OKoordinaten: 50° 3′ 39″ N, 10° 3′ 24″ O
Höhe: 299 m
Fläche: 3,27 km²
Einwohner: 175 (1988)
Bevölkerungsdichte: 54 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Mai 1978
Postleitzahl: 97535
Vorwahl: 09726
Rütschenhausen (Bayern)
Rütschenhausen (Bayern)

Lage von Rütschenhausen in Bayern

Rütschenhausen ist ein Gemeindeteil der Gemeinde Wasserlosen im Landkreis Schweinfurt im Bezirk Unterfranken (Bayern).

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt auf offener Flur in Franken, etwa 13 km westlich von Schweinfurt.

Im Norden liegt Greßthal, im Westen Schwemmelsbach, im Osten Sömmersdorf, im Nord-Osten Obbach, im Süd-Osten Brebersdorf und im Süden Kaisten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Siedlungsanfänge des Ortes gehen in die Zeit der Zweiten Fränkischen Landnahme der Karolinger im 9. Jahrhundert zurück. Am 28. April 906 wurde Ruodsuvinduhusen genannt. Adalbertus comes provincialis tauschte gewisse Güter mit dem Fuldaer Abt Huoggi. Das geschah im Einverständnis mit König Ludwig dem Kind. Eine andere Quelle datiert diese Urkunde auf 907, wobei auch die Schreibweise des Ortsnamens mit Ruotsuvindeshusen eine Veränderung aufweist. Es gibt jedoch auch Quellen in Umfeld der Babenberger Fehde, die den Todestag von Adalbertus auf den 9. September 906 datieren.

Graf Rudolf vom Saalgau schloss 953 einen Tausch mit Abt Hadamar von Fulda, den König Otto 958 bestätigte. Das Kloster Fulda übergab Besitztümer in Rutsindehusen.

Schon früh gelangte Rütschenhausen an das 1292 gegründete hochstiftische Zentgericht und Amt Arnstein. Wichtigster Grundherr war nun das Hochstift Würzburg. Die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit nahm der Bischof wahr.

Ursprünglich war Rütschenhausen Filiale der Pfarrei Altbessingen. Das Gotteshaus in Rütschenhausen, eine alte Wallfahrtsstätte zu Maria von der Tann, soll bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen. Im Jahre 1443 wurde Rütschenhausen der neu gegründeten Oberpfarrei Greßthal zugeteilt.

1449 verkauften die Abtissin Anna Kuchenmeister und ihr Konvent des Klosters zu Frauenroth ihren Zehnten im Feld und im Dorf zu Kaisten, groß und klein, an die Cappeln unser lieben frawen zu Rutzenhusen um 26 Gulden rheinischer Landeswährung.

1574 bildeten die Reichtalsdörfer Greßthal, Rütschenhausen, Brebersdorf, Kaisten und Schwemmelsbach zusammen ein Dorfgericht. Es hatte zwei Richter und zwölf Schöffen.

1598 wurde der Kirchturm der Wallfahrtskirche „von neuem“ errichtet, das Langhaus 1659 umgebaut. Die unterschiedlichen Jahreszahlen 1600 und 1615 deuten auf einen mehrmaligen Umbau hin. 1712 wurde die Wallfahrtskirche um eine Achse nach Westen erweitert.[1]

Nach der Säkularisation wurde das Dorf 1804 dem Landgericht Arnstein zugeteilt, kam zum 1806 errichteten Großherzogtum Würzburg und wurde 1814 bayerisch. 1862 wurden Justiz und Verwaltung getrennt. Die bisherigen Landgerichte Arnstein und Karlstadt blieben für die Rechtsprechung erhalten. Die beiden ehemaligen Landgerichte wurden zum Bezirksamt Karlstadt zusammengefasst.

Rütschenhausen wurde dessen am weitesten an die nordöstliche Grenze vorgeschobene Gemeinde, die Bezirksämter Schweinfurt und Hammelburg grenzten an. Karlstadt ist 38 Kilometer, Schweinfurt 14 Kilometer entfernt. Für Rütschenhausen wirkte sich der weite Weg zu den Ämtern sehr ungünstig aus. Seit Errichtung des Bezirksamtes Karlstadt ist in Rütschenhausen eine Stagnation der Bevölkerungszahl zu verzeichnen, obwohl sich die Zahl der Wohngebäude erhöht hat.

Am 9. April 1945 (am Tag nach dem Weißen Sonntag) marschierte die amerikanische Armee in Rütschenhausen ein. In den Tagen davor hatte Artilleriefeuer der deutschen Wehrmacht (aus Hambach) drei Kühe getötet, einen Hausgiebel beschädigt, zwei Pappeln umgeschossen und ein Fenster der Kirche zerstört. Rütschenhausen hatte am Ende des Zweiten Weltkrieges bei 171 Einwohnern 13 Gefallene und Vermisste zu beklagen.

Durch die Landkreisreform, die am 1. Juli 1972 in Kraft trat, wurde Rütschenhausen in den Landkreis Schweinfurt eingegliedert.

Am 1. Mai 1978 wurde Rütschenhausen mit Brebersdorf, Burghausen, Greßthal, Kaisten, Schwemmelsbach, Wasserlosen und Wülfershausen zur Gemeinde Wasserlosen zusammengefasst und verlor seine Selbstständigkeit als Gemeinde.[2] Die neue Gemeinde Wasserlosen hat ihren Sitz in Greßthal.

Im Jahr 2006 wurde das 1100-jährige Ortsjubiläum gefeiert.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den älteren Leuten in Rütschenhausen wird berichtet, dass bei einer Hungersnot die Rütschenhäuser ein Stück Wald namens Schnellert mit den Kaistenern gegen einen Laib Brot getauscht haben sollen.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bürgermeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alfons Wolz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der US-Armee eingesetzt. Wenn der Krieg noch ein paar Tage länger gedauert hätte, wäre er von den Nationalsozialisten ins KZ gebracht worden.

Ortspartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Ritschenhausen in Thüringen gibt es seit dem Zusammenbruch der DDR eine Partnerschaft.

Wallfahrtskirche

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Wallfahrtskirche Maria von der Tann hat zwei sehr alte Glocken. Die Kleine Glocke von 1503, der heiligen Maria geweiht, hat einen Durchmesser von 79 und die Große Glocke aus dem Jahre 1520, dem heiligen Johannes geweiht, von 86 Zentimetern. Sie wurde 1947 aus dem Glockenfriedhof in der Nähe des Hamburger Hafens, wo sie für Kriegszwecke eingeschmolzen werden sollte, unter großem Jubel wieder heimgeholt. Als Besonderheit gilt, das der Turm jünger als die Glocken ist und aus dem Jahre 1598 stammt. Der Ursprung des Namens Maria von der Tann geht darauf zurück, dass die heilige Maria in einer Erscheinung aus einem Tannenbaum gesprochen haben soll. Bei einer Renovierung um 1960 wurden die Seitenaltäre beseitigt und wahrscheinlich auch der Zugang zur Kanzel, die über dem Juliuswappen die Jahreszahl 1593 trägt.[1] Am 13. September 1987 wurde der neue Altar durch Weihbischof Alfons Kempf[6] und am 16. Juni 1996 die neue Kirchenorgel durch Weihbischof Helmut Bauer geweiht.[7]
  • Vier Fronleichnamsaltare (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes)
  • Das Friedhofskreuz stammt aus dem Jahr 1852.[8]
  • Kriegerdenkmal
Kriegerdenkmal

hl. Maria
bitt für uns
Auf dem Felde der Ehre
sind gefallen
1914–1918
Hugo Kempf + Georg Wolz
Johann Scholl + Gustav Kempf
Georg Bausenwein.
1939–1945
Kilian Rettner + Josef Wischer
Heinrich Wischer + Johann Kippes
Willi Wolz + Ernst Wolz
Hubert Höchemer + Otto Kempf
Albin Hart + vermisst: Otto Schneider
Valentin Simon.

Osterbrunnen
  • Osterbrunnen
  • Seit April 2011 gibt es in Rütschenhausen ein Deutsch-amerikanisches Nachkriegsmuseum[9]
  • Im DJK-Heim gibt es eine Bücherei, die sonntags für einige Stunden geöffnet ist.[10]

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • DJK (gegründet am 8. Oktober 1978[5])
  • Freiwillige Feuerwehr (gegründet am 7. Juli 1901[11])
  • Eigenheimer (gegründet Oktober 1983)
  • Stammtisch 1982

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Leichenhalle wurde 1985 nach den Plänen des Ingenieurbüros Karl Krämer aus Sömmersdorf erbaut.[12] Im Jahr 1988 wurde eine Wandplastik des Randersackerer Kunstschmieds Georg Mützel darin aufgehängt.[13]
  • Feuerwehrhaus (seit Mai 1981)[14]
  • Rütschenhausener Backofen
  • Das Gasthaus Stern wurde am 4. November 1976 abgerissen. Eröffnet wurde der ehemalige Landgasthof mit „Fremdenstall“, der der Unterstellung von Pferden diente, am 8. Oktober 1875. In den Anfangszeiten war dort auch die Poststelle von Rütschenhausen untergebracht.[15]

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jedes Jahr findet im Juli/August das sogenannte Fischfest statt.

Die sogenannte Schlachtschüssel ist jedes Jahr um die Faschingszeit.

Ein Dunkelbierabend und eine Bürgerversammlung gibt es auch jährlich.

Den Altentag gibt es immer im Dezember.

Das Sonnwendfeuer wird um den 24. Juni gefeiert.

Dialekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Rütschenhausen wird hauptsächlich Unterfränkisch gesprochen, das zu den mainfränkischen Dialekten gehört.

Beispiel
Rütschenhäuser Dialekt Hochdeutsch
I ho a a ä ü. Ich habe auch ein Ei übrig.
geit nias gibt nichts
sou öbbes! so was!
Grumbern Kartoffeln
Hääh Heu
Ächerter Eicherner
Versäherli Bohnen

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirtschaft einschließlich Land- und Forstwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rütschenhausen ist geprägt durch landwirtschaftliche Betriebe. Die meisten Einwohner pendeln zum Arbeiten in die Stadt Schweinfurt.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rütschenhausen liegt direkt an der Anschlussstelle 98 „Wasserlosen“ der Autobahn A 7 (E 45). Das Autobahnteilstück, an dem Rütschenhausen liegt, wurde im Juli 1968 vom damaligen bayerischen Innenminister Bruno Merk und dem hessischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Rudi Arndt eröffnet.[16]

Die B 303 (U 62/U 55) geht direkt durch Rütschenhausen.

Es gibt eine Busverbindung (Nr. 8139) der Omnibusverkehr Franken GmbH (OVF) nach Schweinfurt.

Anfang 2008 wurde der Bau des Radwegs Sömmersdorf-Rütschenhausen beschlossen und soll bis Ende 2008 abgeschlossen sein.[17]

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1973/74 hatte Rütschenhausen eine eigene Schule, in der teilweise bis zu 45 Schulkinder auf 27 m² unterrichtet wurden. Das ehemalige Schulgebäude dient jetzt als Vereinsheim.[5]

Ehrenbürger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Erwin Ammann (Landrat) wurde vom damaligen Bürgermeister Alfred Fischer zum Ehrenbürger ernannt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Codex Diplomaticus Fuldensis ([1])

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Schweinfurter Tagblatt vom 11. September 1987
  2. a b c Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 753.
  3. Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900, Bezirksamt Karlstadt
  4. Michael Rademacher: (ehemaliger) Landkreis Karlstadt. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  5. a b c Chronik der Gemeinde Wasserlosen
  6. Schweinfurter Tagblatt vom 15. September 1987
  7. Schweinfurter Tagblatt vom 17. Juni 1996
  8. a b c d e Denkmäler im Landkreis Schweinfurt
  9. Schweinfurter Tagblatt vom 16. April 2011: Nachkriegsmuseum (41 Fotos)
  10. Schweinfurter Tagblatt vom 9. Dezember 2011: Rütschenhausen: Großer Andrang in der frisch renovierten Bücherei
  11. Schweinfurter Tagblatt vom 9. Juli 2001.
  12. Schweinfurter Tagblatt vom 31. Juli 1985.
  13. Schweinfurter Tagblatt vom 5. November 1988.
  14. Schweinfurter Tagblatt vom 29. Mai 1981.
  15. Schweinfurter Tagblatt vom 12. November 1976.
  16. Schweinfurter Tagblatt vom 30. Juli 1968 – Sonderbeilage.
  17. Schweinfurter Tagblatt vom 27. April 2008

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Kreuzschlepper befand sich früher am Ortsausgang von Rütschenhausen Richtung Greßthal auf der rechten Seite und wurde irgendwann nach dem Ersten Weltkrieg an seine jetzige Stelle gebracht.
  2. Die Restaurierung wurde 1981/1982 vom Bildhauer Peter Vollert aus Üchtelhausen durchgeführt
  3. Der Bildstock hat das gleiche Steinmetzzeichen wie die Kanzel in der Kirche von Rütschenhausen

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rütschenhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien