Rafah

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Rafah
رفح
רפיח
Wappen
Wappen
Verwaltung: Palastina Autonomiegebiete Palästinensische Autonomiegebiete
Gebiet: Staat Palästina
Gouvernement: Rafah
Koordinaten: 31° 17′ N, 34° 15′ OKoordinaten: 31° 17′ 19″ N, 34° 15′ 7″ O
 
Einwohner: 300,000 (Stand: 2024)
 
Zeitzone: UTC+2
 
Gemeindeart: Stadt
Bürgermeister: Ahmad al-Sufi
Rafah (Palästinensische Autonomiegebiete)
Rafah (Palästinensische Autonomiegebiete)
Rafah

Rafah (arabisch رفح, DMG Rafaḥ) ist eine palästinensische Stadt im südlichen Gazastreifen. Es ist die Hauptstadt des Gouvernements Rafah und liegt 30 Kilometer südwestlich von Gaza-Stadt. Rafah-Stadt hatte 2017 laut dem Palästinensischen Zentralamt für Statistik 171.889 Einwohner. Zur Stadt gehören außerdem zwei Flüchtlingslager, in welchen zusammen 133.326 (2023) Menschen leben.[1] Damit ergibt sich eine Bevölkerungsanzahl von mehr als 300.000 (2024) Menschen.[2]

In Rafah befindet sich der Grenzübergang Rafah, der einzige Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. Gazas einziger Flughafen, der Yasser Arafat International Airport, lag südlich der Stadt. Der Flughafen war von 1998 bis 2001 in Betrieb, bis er vom israelischen Militär bombardiert und zerstört wurde.

Rafah war von 1967 bis 2005 unter israelischer Besatzung.

Demografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut dem Palästinensischen Zentralamt für Statistik hatte Rafah-Stadt 2017 171.889 Einwohner.

Zur Stadt gehören außerdem die zwei Flüchtlingslager Rafah und Tall as-Sultan, in welchen zusammen 133.326 (2023) Menschen leben.[1] Damit ergibt sich Bevölkerungsanzahl von mehr als 300.000 (2024) Menschen.[2]

Bei der Volkszählung von 1997 betrug die Geschlechterverteilung in Rafah (zusammen mit dem Rafah-Lager) 50,5 % Männer und 49,5 % Frauen.[3]

Geografie und Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rafah befindet sich in einer mediterranen Klimazone und ist sehr dicht besiedelt. Das Klima entspricht dem von anderen Städten am Levantischen Meer, es gibt jedoch mehr Niederschlag. Die Sommer sind heiß und trocken, die Winter mild und regnerisch. Die Temperaturen betragen im Sommer tagsüber etwa 30 Grad Celsius und überschreiten aufgrund der Lage am Meer selten 35 Grad Celsius. An Wintertagen ist es tagsüber meist mild bis kühl, wobei es nachts auch mal kalt wird und die Temperaturen häufig auf unter 6 Grad Celsius fallen. Der Niederschlag besteht meist aus Regen mit gelegentlichem Hagel und Schneeregen. Schneefall kommt selten vor.

Das Köppen-Geiger-Klimaklassifizierungssystem klassifiziert Rafahs Klima als heiß semiarid (BSh).[4][5]

Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Rafah
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Tagesmax. (°C) 17,4 18,1 20,5 23 25,8 28,3 29,6 30,5 29,1 27,6 23,8 19,4 24,5
Mittl. Tagesmin. (°C) 8,4 13,6 15,6 18,1 20,9 23,6 25,2 26 24,7 22,6 18,7 14,8 19,4
Niederschlag (mm) 48 36 27 6 4 0 0 0 0 8 39 53 Σ 221
Regentage (d) 12,09 9,45 7,0 4,45 2,82 0,36 0,0 0,27 0,64 4,27 8,18 11,09 Σ 60,62
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17,4
8,4
18,1
13,6
20,5
15,6
23
18,1
25,8
20,9
28,3
23,6
29,6
25,2
30,5
26
29,1
24,7
27,6
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23,8
18,7
19,4
14,8
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Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raphia der Bronzezeit bis zur Hellenistischen und Römischen Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Erwähnung Rafahs findet sich in einer Inschrift von Pharao Sethos I., die auf das Jahr 1303 v. Chr. datiert wird. Beim Kriegszug des Scheschonq I. in die Levante 925 v. Chr. war Rafah die erste Station. Gut 200 Jahre später, im Jahr 720 v. Chr., siegte hier Šarrum-ken II. über Ägypten. Außerdem war Rafah Schauplatz der Schlacht von Raphia zwischen Ptolemaios IV. und Antiochos III. 217 v. Chr.[6]

Die Stadt wurde vom hasmonäischen König Alexander Jannäus erobert und wurde teil des Hasmonäerreiches. Bei der Eroberung wurde die Stadt erheblich zerstört, sodass sie erst zur Zeit des römischen Pompeius und Gabinius wieder aufgebaut wurde. Letzterer scheint die eigentlichen Restaurierungsarbeiten durchgeführt zu haben, da die Ära der Stadt auf das Jahr 57 v. Chr. datiert. Rafah wird in Strabon (16, 2, 31), dem Antoninischen Reiseplan, erwähnt und ist auf der Karte von Madaba abgebildet.[7]

Byzantinische Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Folge stieg die Bedeutung der Stadt und sie war bis in die frühe arabische Periode eine wichtige Handelsstadt nahe der Grenze der Provinz Syria zu Ägypten. Während der byzantinischen Ära war Rafah eine Diözese. Aus dieser Zeit wurden byzantinische Keramik und Münzen gefunden.[8] 431 n. Chr. wurde Rafah vom Konzil von Ephesus vertreten, bleibt aber heute ein Titularsitz der römisch-katholischen Kirche.

Frühe muslimische bis mamlukische Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rafah war eine der Städte, die 635 n. Chr. vom Rashidun-Kalifat unter General Amr ibn al-ʿĀs erobert wurde, und war anschließend eine wichtige Handelsstadt während der frühen muslimischen Zeit.[9] Unter den Umayyaden und Abbasiden war Rafah die südlichste Grenze von Jund Filastin („Bezirk Palästinas“). Laut dem arabischen Geographen Al-Ya'qubi war es die letzte Stadt in der Provinz Syrien und an der Straße von Ramla nach Ägypten.[10]

Im 10. Jahrhundert und erneut im 12. Jahrhundert siedelte sich eine jüdische Gemeinde in der Stadt an, die im 11. Jahrhundert jedoch einen Niedergang erlebte und 1080 nach Aschkelon auswanderte. In dieser Zeit lebte dort auch eine Samaritanergemeinschaft. Wie die meisten Städte im Süden Palästinas hatte das antike Rafah einen Landeplatz an der Küste (heute Tell Rafah), während die Hauptstadt im Landesinneren lag.[11]

Im Jahr 1226 schreibt der arabische Geograph Yaqut al-Hamawi über Rafahs frühere Bedeutung in der frühen arabischen Zeit und sagt, es sei „einst eine blühende Stadt mit einem Markt, einer Moschee und Gasthäusern“ gewesen. Er fährt jedoch fort, dass Rafah in seinem jetzigen Zustand in Trümmern liege und nur eine ayyubidische Poststation auf dem Weg nach Ägypten nach dem nahegelegenen Deir al-Balah sei.[10]

Osmanische Herrschaft und Britische Eroberung im Ersten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rafah erschien in den osmanischen Steuerregistern von 1596 als Teil des Sanjak von Gazza. Es gab eine Bevölkerung von 15 Haushalten, allesamt Muslime, die Steuern auf Weizen, Gerste, Sommerfrüchte, Gelegenheitseinkünfte, Ziegen und Bienenstöcke zahlten.[12]

Im Jahr 1799 zog die von Napoleon Bonaparte kommandierte Revolutionsarmee Frankreichs während der Invasion in Ägypten und Syrien durch Rafah.[11]

Schlacht von Rafah, 1917

1917 eroberte die britische Armee Rafah und nutzte es als Basis für ihren Angriff in der ersten Schlacht um Gaza. Die Präsenz der Militärstützpunkte war ein wirtschaftlicher Anziehungspunkt, der die Menschen zurück in die Stadt brachte.

Bei der Volkszählung von 1922 in Palästina, die von den britischen Mandatsbehörden durchgeführt wurde, hatte Rafah eine Bevölkerung von 599 Einwohnern, alle Muslime[13] und stieg bei der Volkszählung von 1931 auf 1.423 an, weiterhin waren alle Einwohner Muslime und lebten in 228 Häusern.[14]

In den Statistiken von 1945 hatte Rafah laut einer offiziellen Land- und Bevölkerungsumfrage 40.579 Dunam Land und eine Bevölkerung von 2.220.[15]

In den 1940er Jahren wurde in Rafah ein Internierungslager betrieben. Dieses Lager erhielt im Rahmen der Operation Agatha besondere Bedeutung und wurde deshalb als Deckname des Hagana-Schiffs Athena gewählt.

Palästinakonflikt und Israelische Besatzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Palästinakrieg von 1948 herrschte Ägypten über das Gebiet und es wurden Flüchtlingslager errichtet. Im Suezkrieg zwischen Israel, Großbritannien, Frankreich und Ägypten im Jahr 1956 wurden am 12. November während des Rafah-Massakers 110 Menschen, darunter 103 Flüchtlinge, von der israelischen Armee im palästinensischen Flüchtlingslager Rafah getötet.[16]

Während des Sechstagekrieges 1967 eroberten die israelischen Streitkräfte Rafah, die Sinai-Halbinsel und den Gazastreifen. Die Bevölkerung betrug etwa 55.000, von denen nur 11.000 in Rafah selbst lebten. Am Freitag, dem 9. Juni 1967, zerstörte und sprengte die israelische Armee 144 Häuser im Flüchtlingslager Rafah und tötete 23 Bewohner.[17]

Rafah unter israelischer Besatzung, 1985

In den ersten Monaten der Ersten Intifada am 25. April 1989 wurde der 22-jährige Rafah-Bewohner Khaled Musa Armilat in Khan Yunis von israelischen Soldaten erschossen. In einem Brief an ein Mitglied der Knesset vom März 1990 erklärte Verteidigungsminister Yitzhak Rabin, dass der Bruder des Toten verhört worden sei und dass er von der israelischen Grenzpolizei ermordet worden sei.[18] Dreieinhalb Wochen nach Armilats Ermordung, am 19. Mai, wurden in Rafah fünf Zivilisten, darunter eine 50-jährige Frau und ein 13-jähriger Junge, von israelischen Soldaten mit Plastikgeschossen getötet. Zwei der zwölf weiteren Opfer starben später an ihren Verletzungen.[19]

Im Mai 2004 genehmigte die israelische Regierung unter dem damaligen Premierminister Ariel Scharon eine weitere Massenzerstörung von Häusern in Rafah.[20]

Im September 2005 zog sich Israel aus dem Gazastreifen zurück, doch Rafah blieb geteilt, wobei ein Teil davon auf der ägyptischen Seite der Grenze unter ägyptischer Herrschaft stand. Es wurde behauptet, dass Schmuggler, um mit der Teilung der Stadt fertig zu werden, Tunnel unter der Grenze gebaut hätten, die die beiden Teile verbanden und den Schmuggel von Gütern und Personen ermöglichten.[21]

Hannibal-Direktive im Gazakrieg 2014[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gazakrieg 2014 sollte eine geplante 72-stündige Waffenruhe am 1. August die Kämpfe im Gazastreifen unterbrechen. Diese wurde jedoch durch die Eskalation der Ereignisse nach der Gefangennahme eines israelischen Soldaten durch palästinensische Kräfte beeinträchtigt. Infolgedessen griff Israel auf die Hannibal-Direktive zurück, eine umstrittene Militärstrategie, die darauf abzielt, Kameraden vor der Gefangennahme zu schützen, auch wenn dies das Risiko für den Tod des betroffenen Soldaten erhöht.

Der tragische Wendepunkt ereignete sich im südlichen Gazastreifen, als ein israelischer Trupp, der offenbar nach Tunneln suchte, von einer palästinensischen Einheit angegriffen wurde. Bei diesem Zwischenfall kamen drei Soldaten ums Leben, darunter der 23-jährige Hadar Goldin. Anfangs hieß es, er sei den palästinensischen Kämpfern verletzt, aber lebend in die Hände gefallen. Die darauf folgende Anwendung der Hannibal-Direktive führte zu massiven Bombardierungen in Rafah, wodurch die eigentlich geplante Waffenruhe scheiterte. Die Situation verschärfte sich weiter, und Berichte über Kämpfe und Todesfälle im Gazastreifen häuften sich.

Amnesty International beschuldigte Israel schwerer Kriegsverbrechen und prangerte die massive Feuerkraft und Bombardierung von Rafah an. Am „Schwarzen Freitag“ starben mindestens 135 palästinensische Zivilisten. Der Bericht von Amnesty stützte sich auf umfangreiche Materialien, darunter Fotos, Videos, Satellitenbilder und Augenzeugenberichte, die ein Jahr lang gesammelt wurden.[22]

Ziel der Bodenoffensive der IDF 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Bodenoffensive der IDF im Gazastreifen, der zweiten Phase der Militäroperation „Eiserne Schwerter“, flohen tausende Palästinenser aus dem Norden und der Mitte Gazas in den Süden des dort an Ägypten grenzenden palästinensische Autonomiegebiet, um vor den Kämpfen sicher zu sein.[23] Während israelische Bodentruppen zunächst die Stadt Chan Yunis angriffen, blieb Rafah weitgehend verschont. Anfang Februar 2024 kündigte der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant das Ausweiten der Bodenoffensive auf die unmittelbar an der ägyptischen Grenze gelegene Stadt Rafah an. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich in Rafah und Umgebung mehr als die Hälfte der 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens auf.[24]

Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Rafah durch die Militäroperation Regenbogen der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) im Mai des Jahres 2004 bekannt. Der Ort wurde wegen seiner Nähe zur ägyptischen Grenze für den Waffenschmuggel genutzt. Aufgrund der Isolierung des Gazastreifens durch Israel wurde die Grenze zu Israel an vielen Stellen untertunnelt. Die Tunnel wurden nicht nur für den Waffenschmuggel, sondern auch für den Transfer andere Güter in den Gazastreifen genutzt. Im Rahmen der israelischen Militäroperation „Regenbogen“ wurde eine große Zahl Wohnhäuser zerstört, was mit der Tunnelsuche begründet wurde. Auf Seiten der Palästinenser kam es zu Verlusten. Tausende palästinensische Familien waren ohne Unterkunft. Der UN-Sicherheitsrat missbilligte die Aktion, wobei sich die Vereinigten Staaten ihrer Stimme enthielten.

Die Große Moschee in Rafah, wurde am 12. Januar 2009 durch einen IDF-Luftangriff zerstört

Während der Gaza-Kriege, die in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und im frühen 21. Jahrhundert stattfanden, erlebte Rafah intensive Kämpfe und erhebliche Zerstörung. Der erste Gaza-Krieg im Jahr 2008-2009, auch als Operation Gegossenes Blei bekannt, führte zu erheblichen Schäden in der Stadt. Israel führte diese Militäroperation als Reaktion auf Raketenangriffe aus dem Gazastreifen durch. Rafah war besonders betroffen, da es an der Grenze zu Ägypten liegt und eine wichtige Schmuggelroute für Waffen und Güter war.

Der zweite Gaza-Krieg im Jahr 2012 und der dritte Gaza-Krieg im Jahr 2014, führten zu weiteren Zerstörungen in Rafah. Die Zivilbevölkerung litt unter den Auswirkungen der Kämpfe und viele Infrastruktureinrichtungen wurden schwer beschädigt oder zerstört.

Seit Anfang 2015 plant Ägypten den ägyptischen Stadtteil Rafahs aus Sicherheitsgründen und zur Bekämpfung des für das Land wirtschaftlich schädlichen Schmuggels mit subventioniertem Benzin vollständig abzureißen und eine fünf Kilometer breite Pufferzone zu errichten.

Stadt und Gouvernement Rafah, die Stadt befindet sich im Süden des Gazastreifens

Flüchtlingslager Rafah und Tall as-Sultan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Rafah-Flüchtlingslager (arabisch مخيم رفح) ist eines von acht palästinensischen Flüchtlingslagern im Gazastreifen und liegt direkt an der ägyptischen Grenze. Bei seiner Gründung 1949 war es das größte Flüchtlingslager im Gazastreifen. Die Bewohner stammten aus arabischen Orten der Negev-Wüste und der Küstenebene. Zwischen 1949 und 1967, als der Gazastreifen unter ägyptischer Verwaltung stand, wurde die Integration der Flüchtlinge in die Bevölkerung unterbunden. Als im Verlauf des Sechstagekriegs (5.–10. Juni 1967) Rafah unter israelische Kontrolle kam, zählte das Flüchtlingslager rund 55.000 Einwohner, während die Stadt selbst nur 11.000 zählte. Seit damals wurde das Flüchtlingslager zu einer Stadt ausgebaut.

1971 wurden unter dem Kommando von General Ariel Scharon, damals Befehlshaber des Südkommandos, für den Bau und die Verbreiterung von Patrouillenstraßen etwa 500 Häuser im Flüchtlingslager zerstört. Den rund 4000 betroffenen Bewohnern wurden südlich von Rafah Ersatzwohnungen zur Verfügung gestellt. Nach der Rückgabe der Sinai-Halbinsel an Ägypten wurden diese Menschen gemäß dem Camp-David-Abkommen in das Flüchtlingslager Tall as-Sultan, das nordwestlich von Rafah im Gazastreifen liegt, umgesiedelt. Durch die neue Grenzziehung wurde Rafah geteilt, wobei der südliche Teil unter ägyptische Staatshoheit kam.

Das Flüchtlingslager grenzt inzwischen direkt an die Stadt. Durch den Bau des Tall as-Sultan-Flüchtlingslagers nahm die Zahl der Bewohner ab, was aber durch die Aufnahme von Umsiedlern aus dem Kanada-Flüchtlingslager ausgeglichen wurde. Laut Auskunft des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) lebten 95.187 Bewohner 2005 im Flüchtlingslager.[25] Diese Zahl steht im Widerspruch zur Zahl des Palästinensischen Amts für Statistik, das für dasselbe Jahr eine durchschnittliche Zahl von 58.000 Bewohnern angibt.[26] Die UNRWA betreibt im Flüchtlingslager 31 Schulen (20 der Primar- und 11 der Sekundarstufe).[25]

Grenzübergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Rafah befindet sich der einzige Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. Er wurde 1979 nach der Unterzeichnung des israelisch-ägyptischen Friedensvertrags, der Israels Rückzug von der Sinai-Halbinsel vorsah, errichtet. Auf israelischer Seite war die Israel Airports Authority für den Grenzübergang verantwortlich. Nach dem Rückzug der israelischen Armee aus den israelisch besetzten Gebieten im Rahmen des „Scharon-Plans“ im September 2005 wurde die Verantwortung für die Grenzkontrollen an die Palästinensische Autonomiebehörde abgegeben.[27] Um israelische Sicherheitsinteressen zu wahren, wurde der ägyptische Sicherheitsposten in Rafah verstärkt, zusätzlich sicherte die Europäische Union mit einer Kontrollmission den Grenzübergang.

Infolge des innerpalästinensischen Konflikts um Gaza im Juni 2007 verfügte Ägypten noch vor der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen die permanente Schließung des Grenzübergangs. Rafah wurde fortan zum Brennpunkt palästinensischer Bemühungen, die Abschottung des Gazastreifens durch Israel und Ägypten zu umgehen. Am 23. Januar 2008 sprengten militante Palästinenser die Grenzbefestigungen in Rafah, in den folgenden Tagen nutzten Zehntausende die Möglichkeit des freien Übergangs nach Ägypten.

Im Juni 2010 lockerte Ägypten die Abriegelung des Grenzüberganges als Reaktion auf den Ship-to-Gaza-Zwischenfall.[28] Die Öffnung des Übergangs ermöglichte die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern, allerdings blieb der Übergang streng bewacht. Personen konnten die Grenze nur mit Visa oder ausländischen Pässen passieren.[29]

Nach dem Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 und der durch Ägypten vermittelten Annäherung zwischen Hamas und Fatah kündigte der damalige ägyptische Außenminister Nabil Elaraby die vollständige Öffnung des Grenzüberganges in Rafah an.[30] Am 28. Mai 2011 wurde schließlich der Übergang für den Personenverkehr geöffnet, allerdings können nur Frauen und Kinder ohne Sondergenehmigung aus dem Gazastreifen ausreisen.[31]

Im Verlauf des Krieges in Israel und Gaza 2023 wurde der Grenzübergang ab dem 1. November 2023 für eine begrenzte Zahl von Menschen geöffnet. Schwerverletzten sowie Menschen mit ausländischem Pass soll so die Ausreise aus Gaza ermöglicht werden.[32]

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Internationaler Flughafen Gaza[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruinen des Flughafens Gaza (2008)

Im Süden von Rafah befand sich der Internationale Flughafen Jassir Arafat. Der Flughafen war der einzige für Verkehrsflugzeuge in den palästinensischen Autonomiegebieten. Die Einrichtung wurde am 24. November 1998 eröffnet und der Flughafen wurde von der Palästinensischen Zivilluftfahrtbehörde unter Aufsicht der israelischen Regierung betrieben. Es konnten 700.000 Passagiere pro Jahr abgefertigt werden und seine Gesamtfläche betrug 450 Hektar. Der Flugplatz diente als Basis der Palästinensischen Fluggesellschaft.

Alle Passagierflüge wurden im Februar 2001 während der Zweiten Intifada eingestellt. Israel bombardierte am 4. Dezember 2001 die Radarstation und den Kontrollturm und am 10. Januar 2002 schnitten Bulldozer die Landebahn ab, wodurch der Flughafen funktionsunfähig wurde.

Eisenbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rafah war bis 1916 die nördliche Endstation der Sinai-Bahn und lag dann an der über Lod verlängerten Eisenbahnstrecke (Ostbahn), die 1920 Haifa und dann 1942 Beirut und Tripoli erreichte. 1948–1967 war die Verbindung Richtung Israel gekappt, seither jene Richtung Kairo. Die Britischen Militärbahnen in Palästina errichteten ab 1917 von Rafah aus eine 59,5 km lange Militärbahn in den Negev, wobei sie im Zuge des Vortriebs ab südlich von Abu ʿIrqaiyiq die Strecke der osmanischen Militärbahn Maṣʿūdiyya–Sinai nutzten und auf Normalspur umspurten und so am 3. Mai 1918 Be’er Scheva erreichten.[33] Die Strecke wurde nach Ende der Kampfhandlungen auch für zivilen Fracht- und Passagierverkehr genutzt, mangels Wirtschaftlichkeit aber 1928 eingestellt.[34] Heute sind die Gleise der Eisenbahn im Gazastreifen größtenteils abgebaut.

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rafah – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b There are eight refugee camps in Gaza — five have reportedly been struck since war with Israel began. In: ABC News. 8. November 2023 (net.au [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  2. a b A ‘forest of tents’ in Rafah. In: al-Ahram. 9. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  3. Palestinian Population by Locality, Sex and Age Groups in Years. Palestinian Central Bureau of Statistics, 1997, abgerufen am 11. Januar 2024 (englisch).
  4. Gaza, PS Climate Zone, Monthly Weather Averages and Historical Data. Abgerufen am 11. Januar 2024.
  5. Climate: Rafah - Climate graph, Temperature graph, Climate table. 23. Februar 2014, abgerufen am 11. Januar 2024.
  6. Polybios Historien V.79–86; Raphia (Memento vom 21. Februar 2012 im Internet Archive) bei Franciscan Cyberspot
  7. E02524: The so-called Madaba Mosaic Map shows a number of labelled places of cult of saints in the Holy Land (mainly monasteries). Found in Madaba (Roman province of Arabia/Jordan). Probably mid-6th c. 8. März 2017, abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  8. Gaza's archaeological treasures at risk from war and neglect. In: BBC News. 27. Dezember 2012 (bbc.com [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  9. Vgl. al-Balāḏurī: Kitāb Futūḥ al-Buldān. Ed. Michael Jan de Goeje. Brill, Leiden, 1866. S. 138. - Deutsche Übers. Oskar Rescher. S. 141.
  10. a b G. (Guy) Le Strange: Palestine under the Moslems; a description of Syria and the Holy Land from A.D. 650 to 1500. Translated from the works of the mediaeval Arab geographers. London A.P. Watt, 1890 (archive.org [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  11. a b Brandon Marlon: Rafah: A Brief History. In: timesofisrael. 1. Dezember 2023, abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  12. Hütteroth und Abdulfattah 1977, S. 150
  13. Palestine Census ( 1922). (archive.org [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  14. 1931 Census of Palestine - Population of Villages, Towns and Administrative Areas. Abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  15. Village statistics, April, 1945 | Palestine (1917-1948). Department of Statistics | | The National Library of Israel. Abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  16. A Thin Black Line. In: Haaretz. (haaretz.com [abgerufen am 11. Januar 2024]).
  17. Henry Cattan: Palestine, the Arabs and Israel: The Search for Justice. Longmans, 1969, ISBN 978-0-582-78000-2, S. 111 (google.de [abgerufen am 11. Januar 2024]).
  18. Talmor, Ronny: the-use-of-firearms-by-the-security-forces-in-the-occupied-territories-july-1990-88-pp. B'Tselem, abgerufen am 11. Januar 2024 (englisch).
  19. information-sheet-update-june-1-1989-12-pp. B'Tselem, 1989, abgerufen am 11. Januar 2024 (englisch).
  20. Razing Rafah: Mass Home Demolitions in the Gaza Strip: Map 2: Rafah Features. In: HRW. Human Rights Watch, 2004, abgerufen am 11. Januar 2024 (englisch).
  21. n-tv NACHRICHTEN: Hunderte Schmuggel-Tunnel. Abgerufen am 11. Januar 2024.
  22. Bettina Marx: Gazakrieg - Das blutige Ende einer Waffenruhe. In: deutschlandfunk.de. deutschlandfunk, 1. August 2015, abgerufen am 11. Januar 2024.
  23. "Intensive Gefechte in Chan Yunis - Fluchtaufruf für Zivilisten. In: tagesschau. 28. Januar 2024, abgerufen am 3. Februar 2024.
  24. tagesschau.de: Israel will Offensive bis nach Rafah ausweiten. Abgerufen am 3. Februar 2024.
  25. a b Rafah Camp UNRWA
  26. Palästinensisches Zentralbüro für Statistik: Projected Mid -Year Population for Rafah Governorate by Locality 2004–2006 (Memento vom 7. Februar 2012 im Internet Archive)
  27. Israeli flag lowered over Gaza, CNN, 12. September 2005.
  28. Reuters: Ägypten öffnet Grenze zum Gazastreifen, 1. Juni 2010.
  29. Redaktion: Hamas, EU hail Egypt plan to open Rafah border. In: The Daily News Egypt, 26. Mai 2011.
  30. Martin Gehlen: Ägypten Außenpolitische Kehrtwenden in Kairo. In: Die Zeit, 4. Mai 2011.
  31. Redaktion/Deutsche Presse-Agentur: Ägypten öffnet Grenze zum Gazastreifen. In: Focus, 15. November 2013.
  32. Israel: Hundert weitere Ausländer verlassen Gazastreifen über Grenzübergang Rafah. In: unternehmen-heute.de. 2. November 2023, abgerufen am 2. November 2023.
  33. Walter Rothschild: Arthur Kirby and the last years of Palestine Railways: 1945–1948, Berlin: Selbstverlag, 2009, zugl. King’s College London Diss., 2009, Fußnote 611, S. 146. OCLC 495751217
  34. Walter Rothschild: Arthur Kirby and the last years of Palestine Railways: 1945–1948, Berlin: Selbstverlag, 2009, zugl. King's College London Diss., 2009, Fußnote 78, S. 27. OCLC 495751217