Ralf Steudel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ralf Steudel
Das Grab von Ralf Steudel auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin

Ralf Steudel (* 25. März 1937 in Dresden; † 12. Februar 2021 in Berlin[1]) war ein deutscher Chemiker und Hochschullehrer. Steudel forschte vor allem über die Chemie der Nichtmetalle und des Schwefels und verfasste – neben wissenschaftlichen Originalveröffentlichungen – ein mehrfach aufgelegtes und übersetztes Lehrbuch Chemie der Nichtmetalle.[2][3][4][5]

Ralf Steudel stammte aus einer Unternehmerfamilie. Der Großvater väterlicherseits war Horst Steudel (1872–1959), Gründer der Steudel-Werke, Hersteller von Automobilen und Motoren in Kamenz/Sachsen, die von 1940 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von dessen Sohn Arno Steudel (1907–1981) geleitet wurden, der an der TH Dresden Maschinenbau studiert hatte.[6] Großvater mütterlicherseits war der wohlhabende Kamenzer Textilkaufmann Curt Gierisch (1877–1947), dessen ältere Tochter Elfriede (1909–1994) im Jahre 1932 die Ehe mit Arno Steudel einging. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor: Renate (* 1933), Ralf (* 1937), Ingrid (* 1939) und Gert (* 1942).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ralf Steudel floh 1954 aus der DDR nach Berlin (West), begann im Sommersemester 1957 sein Chemiestudium an der Freien Universität Berlin und erlangte das Diplom im Fach Chemie im Sommer 1963. Im Frühjahr 1965 wurde er an der Technischen Universität Berlin im Arbeitskreis von Peter W. Schenk promoviert,[7][8] wo er 1969 auch habilitierte; Schenk war seinerseits ein Schüler von Robert Schwarz (1887–1963) und Max Bodenstein (1871–1942). Von 1969 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2003 war Steudel Professor für Anorganische Chemie an der TU Berlin.[7] Ab 2003 war er Professor emeritus.[9] Vom September 1973 bis Juli 1974 war er als Gast von Richard C. Lord (1910–1989) „Visiting Professor“ am Spectroscopy Laboratory des Massachusetts Institute of Technology. Von 1974 bis 1978 erhielt er ein Karl-Winnacker-Stipendium und 2002 ein Stipendium der Japanese Society for the Promotion of Science (JSPS). Außerdem erhielt er Rufe auf Lehrstühle für Anorganische Chemie an den Universitäten Stuttgart (1980) und Köln (1987), die er ablehnte.

Wissenschaftliche Arbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus den langjährigen Forschungsarbeiten resultierten über 300 Publikationen, von denen die meisten der anorganischen und organischen Schwefelchemie zuzuordnen sind. Diese Publikationen wurden bis 2020 mehr als 7500 mal zitiert. Die drei meistzitierten Arbeiten von Steudel sind:

  • Eigenschaften von Schwefel-Schwefel-Bindungen. In: Angewandte Chemie 87, 1975, S. 683–692, doi:10.1002/ange.19750871903; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 14, 1975, S. 655–664.
  • Homocyclic Sulfur Molecules. In: Top. Curr. Chem. 102, 1982, S. 149–176, doi:10.1007/3-540-11345-2_10.
  • (Hrsg.): Elemental Sulfur and Sulfur-Rich Compounds. In: Top. Curr. Chem. 230, 2003, S. 1–134.

Daneben beschäftigte sich Steudel mit der Selen-Chemie, besonders elementarem Selen, selenhaltigen Verbindungen und deren Charakterisierung mittels 77Se-NMR-Spektroskopie. Hinzu kommen Arbeiten zur Fluor-Chemie und der (auch anwendungsbezogenen) Zink-Chemie.

Neben experimentell-synthetischen Arbeiten zur anorganischen und organischen Schwefelchemie forschte Ralf Steudel an theoretisch-chemischen Fragestellungen; zu den letztgenannten trug insbesondere auch seine Ehefrau Yana in entscheidendem Maße bei.

Der Hirsch-Index von Ralf Steudel ist 40 (Stand: 2021). Damit zählt Steudel zu den weit überdurchschnittlich häufig in der Fachliteratur zitierten Wissenschaftlern.

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine besondere Auszeichnung erhielt Steudel durch die International Mineralogical Association. Ein Alumosilikat-Mineral der Cancrinit-Gruppe mit einer SO3-reichen Beimischung von Sulfit und Sulfat heißt seither Steudelit.[7]

Wissenschaftliche Kooperationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Steudel pflegte wissenschaftliche Kooperationen mit 40 in- und ausländischen Forschern, die zu gemeinsamen Publikationen führten, unter anderem mit:

Veröffentlichungen (Lehrbücher)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • (mit Ingo Krossing und Yana Steudel): Chemie der Nichtmetalle : Synthesen – Strukturen – Bindung – Verwendung, 4., vollständig neu bearbeitete Auflage, Berlin ; Boston, Mass. : De Gruyter 2014, ISBN 978-3-11-030439-8 (erste Auflage 1974, englische Ausgaben 1977 und 2020).
  • (als Übersetzer und Herausgeber): Anorganische Chemie : Prinzipien von Struktur und Reaktivität, Autoren: James E. Huheey, Ellen A. Keiter, Richard L. Keiter, 5., vollständig überarbeitete Auflage, Berlin; Boston, Mass.: De Gruyter 2014, ISBN 978-3-11-030433-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Traueranzeige Ralf Steudel
  2. Ralf Steudel: Chemie der Nichtmetalle: Synthesen – Strukturen – Bindung – Verwendung. Walter de Gruyter, 2014, ISBN 978-3-11-030439-8.
  3. Ralf Steudel, David Scheschkewitz: Chemistry of the Non-Metals. Walter de Gruyter, Berlin/Boston, 2020, ISBN 978-3-11-057805-8.
  4. Ralf Steudel (Hrsg.): Elemental Sulfur and Sulfur-Rich Compounds. Teil 1: Topics in Current Chemistry. Springer, 2003, ISBN 978-3-540-40191-9.
  5. Ralf Steudel (Hrsg.): Elemental Sulfur and Sulfur-Rich Compounds. Teil 2: Topics in Current Chemistry. Springer, 2003, ISBN 978-3-540-40378-4.
  6. Rolf Bräunig, Mathias Vogel: Horst Steudel – Von der Saturn-Fahrradfabrik zum Dieselmotorenwerk Kamenz i. Sa. Druckerei billig, Mittweida, 2020.
  7. a b c Matthias Driess: Nachruf: Ralf Steudel (1937–2021), Nachrichten aus der Chemie 69 (Mai 2021), S. 94.
  8. Informationen zu und akademischer Stammbaum von Ralf Steudel bei academictree.org, abgerufen am 11. Januar 2021.
  9. Website der Schwefelforschung der Technischen Universität Berlin, abgerufen am 15. August 2010.
  10. siehe Meldung in Analytik NEWS