Reißinsel

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Naturschutzgebiet Reißinsel
Reißinsel (Deutschland)
Reißinsel (Deutschland)
Koordinaten: 49° 27′ 18″ N, 8° 26′ 53″ O
Lage: Baden-Württemberg, Deutschland
Nächste Stadt: Mannheim
Fläche: 1,00 km²
Gründung: 1950
Lage der Reißinsel und des Waldparks (grün).
Lage der Reißinsel und des Waldparks (grün).
Lage der Reißinsel und des Waldparks (grün).
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Die Reißinsel ist ein Naturschutzgebiet und ein Bannwald in Mannheim.[1]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Reißinsel ist keine wirkliche Insel, sondern liegt westlich des Stadtteils Neckarau in einem Rheinbogen, der nicht in die Rheinbegradigung des Ingenieurs Tulla einbezogen wurde. Sie wird im Westen vom Rhein zwischen Stromkilometer 420,050 und 422,220 umrahmt und nach Osten zum Landschaftsschutzgebiet Waldpark durch den schmalen Rheinarm „Bellenkrappen“ („mit Pappeln bewachsener, gebogener Wasserarm“[2]) begrenzt. Gemeinsam mit dem Waldpark bildet sie eine 275 Hektar große Fläche, die nicht durch Dämme geschützt ist und somit regelmäßig vom Rhein bei Hochwasser je nach Wasserstand überflutet wird.

Der etwa 1,7 km lange Bellenkrappen ist Teil des Naturschutzgebiets. Er war ursprünglich ein offener Rheinarm, dessen südlicher Zufluss aber im 19. Jahrhundert bei Korrekturen im Rahmen der Rheinbegradigung geschlossen wurde. Im Süden endet er nun mit einer Schleife um die „Kuckucksinsel“. Sein Wasserstand wird durch den Pegel des Rheins mit Zufluss am Nordende der Reißinsel bestimmt.

Charakteristik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Naturschutzgebiet Reißinsel am Bellenkrappen
Bannwald entlang des Rheins
Streuobstwiese
Streuobstwiese auf der Reißinsel

Das 100 Hektar große Gebiet ist einer der bedeutendsten Vogelruheplätze in der Rheinebene. Der nördliche Bereich hat den Status eines Bannwalds, das heißt, es findet kein forstwirtschaftlicher Eingriff statt und der Wald bleibt sich selbst überlassen. Der Rest der Reißinsel ist als Schonwald eingestuft.[3] In der Weichholzaue wachsen überwiegend Silber-Weiden und Pappeln und auf der höhergelegenen Hartholzaue Stieleichen, Eschen und Hainbuchen. Innerhalb des Waldes liegen wasserführende Hochwasserrinnen mit Schilf-Röhricht an den Ufern. In den Auwiesen kommen seltene Pflanzenarten wie Natternzungen, Kanten-Lauch oder Esels-Wolfsmilch vor. Im Mittelteil der Insel befindet sich eine große Streuobstwiese. Ungestörte Naturnähe und Vielfalt begünstigen den Artenreichtum. Etwa 60 Vogelarten brüten auf der Reißinsel, u. a. Eisvogel, Mittelspecht, Schwarzmilan, Steinkauz und Teichrohrsänger.[4]

Reißinsel
Im Bannwald
Rundweg am Rhein im Winter

Über die Reißinsel führt ein 4,3 km langer Rundweg, auf dem Besucher die Nähe zur Tier- und Pflanzenwelt erleben können. Während der Brutzeit ist die Reißinsel vom 1. März bis zum 30. Juni für Besucher gesperrt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Reiß (1843–1914) erwarb 1881 die zu dieser Zeit noch Fasaneninsel genannte Halbinsel zur Ausbeute von Ton für Ziegeleien. Die Schönheit der Natur bewog ihn dann aber, die Insel den Bürgern der Stadt Mannheim zur Verfügung zu stellen. Ab 1900 veranstaltete er Spielfeste für die Kinder der Stadt.

Auszug aus Carl Reiß’ Testament von 1911:

„Ich setze die Stadtgemeinde Mannheim zu meiner Universalerbin ein. […] Zu meinem Nachlaß gehört die Fasaneninsel in Neckarau. […] Die Insel ist möglichst in dem jetzigen Zustand zu erhalten und der öffentlichen, allgemeinen Benützung unentgeltlich zu übergeben. Die Insel soll auf ewige Zeiten erhalten bleiben und den Einwohnern meiner Vaterstadt zur Erholung dienen. […] Ich gebe der Stadtgemeinde anheim, Spielplätze für die Jugend im weitesten Umfange einzurichten, auch sonstige Veranstaltungen nach dem Ermessen des Herrn Oberbürgermeisters zu treffen. Die Insel hat, solange sie besteht, den Namen ‚Reiß-Insel‘ zu führen.“

Wassergraben mit Bäumen und Boot
Bellenkrappen

1927 setzte die Stadt Reiß’ Wunsch um, einerseits Spiel, Sport und Erholung für die Bevölkerung zu ermöglichen und andererseits die Natur in ihrem ursprünglichen Zustand zu bewahren, in dem sie einen Teil der Fläche abtrennte und ein Strandbad einrichtete und zum anderen Teil weitestgehend den Zugang versperrte. 1950 wurde die Reißinsel unter Naturschutz gestellt.

In den 1970er Jahren war auch die Hartholzaue vom großen Ulmensterben betroffen, dem die meisten der Ulmen dort zum Opfer fielen. Ihren Platz nahmen zunächst Brennnesseln, dann Büsche und Hecken und schließlich andere Baumarten ein.

Nachdem die Reißinsel bis dahin nur sonntags über einen Zugang für die Bevölkerung geöffnet war, begann 1970 eine größere Erschließung. Vier neue Zugänge wurden geschaffen, darunter eine hölzerne Fußgängerbrücke über den Bellenkrappen in der Nähe des Stephanienufers. Die Folge war ein großer Druck auf die sensible Pflanzen- und Tierwelt. 1982 wurden die Bann- und Schonwaldbereiche eingerichtet. 1990 folgte die dauerhafte Schließung von vier der fünf Zugänge und zwei Jahre später die komplette Sperre der Insel für die Bevölkerung während der Brutzeit. Die Fußgängerbrücke wurde abgerissen. Einzig am südlichen Ende des Bellenkrappens verblieb ein Zugang.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Naturschutzgebiet Reißinsel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinz Baumann: Mannheimer Perspektiven. Festschrift für Hans Reschke. Mannheimer Morgen, Mannheim 1974.
  • Thomas Breunig, Siegfried Demuth: Naturführer Mannheim. Entdeckungen im Quadrat. Hrsg.: Stadt Mannheim, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Karlsruhe. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2000, ISBN 3-89735-132-3.
  • Wilhelm Föhner im Auftrag des Landesvereins Badische Heimat: Die Reißinsel als Naturschutzgebiet. Dokumentation „Mannheim“, Jahresheft der Badischen Heimat. Hrsg.: Eris Busse. 1927, S. 65–77

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stadt Mannheim: Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Naturschutzgebiet „Reißinsel“ vom 30. November 1983 (GBl. v. 13.01.1984, S. 11). (PDF; 224 kB) Abgerufen am 5. April 2014.
  2. Hansjörg Probst: Seckenheim. Geschichte eines Kurpfälzer Dorfes. Südwestdeutsche Verlagsanstalt, Mannheim 1981, ISBN 3-87804-101-2, S. 99, Ziffer 189 (Digitalisat).
  3. Steckbrief des Schonwaldes im Schutzgebietsverzeichnis der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg
  4. Stadt Mannheim: Naturschutzgebiete. (PDF; 4 MB) S. 86–87, abgerufen am 5. April 2014.