Rheinstahl

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Logo der Rheinstahl AG, sogenannter „Rheinstahl-Bogen“, inspiriert von der Form des Rheinstahl-Pavillons auf der Hannover Messe 1955
1975 Rheinstahl Medaillen

Die Rheinische Stahlwerke AG (Rheinstahl-Konzern) war ein Unternehmen der Stahlindustrie sowie des Maschinen- und Anlagenbaus.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Gründung bis 1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Grundstein des Unternehmens wurde 1870 durch die Gründung der Société Anonyme Aciéries du Rhin in Paris durch Barthold Suermondt gelegt, die 1872 in Rheinische Stahlwerke umfirmierte. Suermondt setzte als technische Direktoren seinen Sohn William Suermondt und seinen Vetter George Oktave Pastor ein. Im Jahr 1879 gelang es durch die Vermittlung des neuen Technischen Direktors Gustave Léon Pastor, einem Bruder von George Oktave und seit 1878 auch sein Nachfolger, sowohl für die Rheinischen Stahlwerke als auch für den Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein, welche bisher beide nach dem Bessemer-Verfahren arbeiteten, als Erste auf deutschen Zollgebiet eine Lizenz von Sidney Gilchrist Thomas für das neue Thomas-Verfahren zu erwerben. Diese Innovation aber auch die Verteilung von Unterlizenzen führte während der Laufzeit des Patentschutzes in den nächsten 15 Jahren zu einer rasanten Unternehmenssteigerung. Dafür wurden die Rheinischen Stahlwerke auf der Rheinisch-Westfälischen Industrie- und Gewerbeausstellung im Jahre 1880 in Düsseldorf mit der silbernen Staatsmedaille geehrt. Im Jahr 1881/1882 wurde ein neues Schienenwalzwerk errichtet, auf dem bis zu 20 m lange Schienen an einem Stück ausgewalzt werden konnten, die Belegschaft beläuft sich auf 1331 Personen. Im selben Jahr wurde die Minette (Erz)-Grube Alringen in Lothringen erworben, um Zugriff auf Erze für den Thomasprozess zu bekommen. (Wegen der hohen Frachtkosten per Bahn wurde allerdings erst ab 1901 das Erz auch wirklich im eigenen Konverter verwendet.)

In Duisburg wurde 1884/1885 mit dem Bau eines Siemens-Martin-Stahlwerks und 1887/1888 zweier Hochöfen ein Integriertes Hüttenwerk errichtet, 1891 arbeiten 2100 Menschen bei den Rheinischen Stahlwerken. Bereits 1896/1897 wird ein dritter Hochofen errichtet und durch den Erwerb der Zeche Centrum 1899/1900 auch ein Bergwerk zu den Eisen- und Stahlverarbeitungsbetrieben angegliedert, die Belegschaft wächst von 3843 auf 7387. 1903/1904 werden die Duisburger Eisen- und Stahlwerke in Meiderich mit rund 1500 Arbeitern integriert und das Produktprogramm damit in Richtung verfeinerter Produkte erweitert. 1904 und 1908 werden ein vierter und fünfter Hochofen errichtet – die Roheisenerzeugung wird auf 400.000 t/a gesteigert. 1910/1911 wird die Ilsenburger Hütte erworben und kurz darauf stillgelegt, um die Beteiligungsziffern des Stahlwerksverbandes auf die Duisburger Stahlwerke zu übertragen. 1911/1912 werden durch den Kauf der Vereinigte Walz- und Röhrenwerke AG nochmals die Weiterverarbeitungskapazitäten erweitert – die Belegschaft wächst auf 11.697 Personen.

1918–1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aktie über 1000 Mark der Rheinischen Stahlwerke zu Duisburg-Meiderich vom März 1921

1922 fusioniert die Arenbergsche AG für Bergbau und Hüttenbetrieb mit der Zeche Prosper auf die Rheinischen Stahlwerke. Ferner wurde 1924 eine Interessengemeinschaft mit der I.G. Farben geschlossen, die bis 1945 bestand. Ziel der Interessengemeinschaft war es, den Kohlenbedarf der I.G. Farben zu sichern.

1926 brachte die Rheinische Stahlwerke AG ihre Erzgruben und Stahlbetriebe in die neu gegründete Vereinigte Stahlwerke AG ein, führten den Zechenbesitz und Kohlenhandel aber in Eigenregie weiter. Im Gegenzug für die Einbringung der Beteiligungen erhielt das Unternehmen eine Aktienbeteiligung an der Vereinigte Stahlwerke AG. Bis Kriegsende gehörte die Rheinische Stahlwerke AG zu den Großaktionären des Stahlkonzerns.

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Entflechtung der Vereinigten Stahlwerke nach dem Zweiten Weltkrieg behielt die Rheinstahl neben den Bergwerken auch die Weiterverarbeitungsbetriebe in Form der Rheinstahl Union Maschinen- und Stahlbau AG sowie Beteiligungen an der Ruhrstahl AG mit der Henrichshütte, die Rheinisch-Westfälische Eisen- und Stahlwerke AG in Essen sowie dem Bochumer Verein. Der Rheinstahl-Anteil an der I.G. Farben wurde durch die Entflechtung in eine Mehrheitsbeteiligung an der Firma Dynamit Nobel, die in der I.G. Farben aufgegangen war, umgewandelt. Diese Mehrheitsbeteiligung stieß Rheinstahl 1959 an Friedrich Flick ab.[1] Der Konzern wurde 1952 durch die Übernahme der Hanomag und 1964 durch den Kauf der Kasseler Henschel-Werke nochmals bedeutend erweitert. Die LKW-Sparten der beiden Unternehmen wurden 1969 zur Hanomag-Henschel Fahrzeugwerke GmbH (HHF) fusioniert und 1971 von der Daimler-Benz AG übernommen.

Der Rheinstahl-Konzern geriet Ende der 1960er-Jahre jedoch in finanzielle Bedrängnis, die auch durch eine Umstrukturierung Anfang der 1970er-Jahre nicht entscheidend verändert werden konnte. Am 21. Februar 1973 wurde dann einvernehmlich bekanntgegeben, dass die August Thyssen-Hütte AG (ATH) eine Mehrheitsbeteiligung an der Rheinstahl AG anstrebt – bereits am 14. März 1973 befand sich die Mehrheit der Anteile im Besitz der ATH. Die Weiterverarbeitungs- und Maschinenbaubetriebe wurden in die Rheinstahl AG überführt, die Stahlerzeugung auf die August Thyssen-Hütte übertragen. Im Laufe des Jahres 1976 wurde der Name „Rheinstahl“ dann aufgegeben und der gesamte Konzern unter dem neuen Markenzeichen, bestehend aus dem Rheinstahl-Bogen und dem Schriftzug Thyssen, zusammengefasst.

Bekannt wurde insbesondere die Rheinstahl Union Brückenbau AG, durch Bauwerke wie den Assuan-Staudamm in Ägypten und die Zoobrücke in Köln.

Heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die noch existenten Teilunternehmen des Konzerns Rheinstahl gehören heute entsprechend zu ThyssenKrupp, auch das Firmenlogo des früheren Rheinstahl-Konzerns, der sogenannte Rheinstahl-Bogen, bildet heute noch einen Teil des Logos der ThyssenKrupp AG.[2]

Die ehemalige Konzernzentrale im Essener Südviertel westlich des Hauptbahnhofs unmittelbar auf der Südseite der Eisenbahntrasse beherbergte die Zentrale der ThyssenKrupp-Sparte „Technologies“, steht aber inzwischen leer.

Das ehemalige Verwaltungsgebäude der Rheinischen Stahlwerke, das Haus Ruhrort, befindet sich in Duisburg-Ruhrort.

Rheinstahl Stiftung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name Rheinstahl lebt heute weiter in der rechtsfähigen, gemeinnützigen „Rheinstahl Stiftung“, die seit ihrer Gründung am 15. November 1960 Stipendien an leistungsbereite, ehrenamtlich engagierte Studierende der Ingenieur-, Wirtschaftswissenschaften und MINT-Studienfächer vergibt. Bis heute hat die Stiftung rund 8.000 Stipendiaten und Stipendiatinnen gefördert.

Die Stiftung unterstützt ihre Stipendiatinnen und Stipendiaten durch die finanzielle Förderung und stipendienbegleitende Angebote, hervorragende Studienleistungen zu erreichen, gesellschaftliches Engagement auszuüben, Verantwortung zu übernehmen sowie ein aktives Interesse an der Industrie weiterzuentwickeln.

Die Rheinstahl Stiftung fördert pro Jahr bis zu 50 Studierende sowohl an Universitäten und an Fach-/ Hochschulen als auch an anderen Ausbildungsinstitutionen im Inland und im Ausland. Die Vergabe der Stipendien erfolgt einmal pro Jahr.[3]

Galerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tochterfirmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexander Donges: Die Vereinigte Stahlwerke AG im Nationalsozialismus. Konzernpolitik zwischen Marktwirtschaft und Staatswirtschaft. Reihe: Familie – Unternehmen – Öffentlichkeit: Thyssen im 20. Jahrhundert, Bd. 1. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-76628-1.
  • Helmut Uebbing: Wege und Wegmarken. 100 Jahre Thyssen. Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-417-8. (insbesondere Kapitel „Rheinstahl-Erwerb“)
  • Wilfried Feldenkirchen: "Die Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrgebiets 1879–1914", Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1982, insbesondere Zeittafel S. 347 ff. und Belegschaftszahlen in Tabelle 104a
  • Manfred Rasch: Söhngen, Werner. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 527 f. (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rheinstahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. o. V.: „Dynamit Nobel - vom Lack zu Flick“, in: Der Spiegel, 29/1965, 14. Juli 1965 online (Abgerufen am 24. August 2010)
  2. Die Firmenzeichen Offizielle Website ThyssenKrupp zur Entstehung des Firmenlogos
  3. Rheinstahl Stiftung. Abgerufen am 20. September 2023.