Richard Kissling

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Richard Kissling (1848–1919) Bildhauer, Medailleur
Richard Kissling

Richard Kissling (* 15. April 1848 in Wolfwil SO; † 19. Juli 1919 in Zürich) war ein Schweizer Bildhauer und Medailleur.[1] Er gehört zu den namhaftesten Denkmalplastikern[2] der Schweiz im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Richard Kissling war ein Sohn des Wirts und Bäckers Kilian Kissling († 1875) und der Theresia, geborene Moll. Zusammen mit seinen fünf Geschwistern, von denen drei in Kinderjahren starben, wuchs Kissling in Wolfwil auf.

Nach seiner Lehre als Stuckateur lebte Kissling 13 Jahre in Rom, wo er 1872/1873 beim spätklassizistischen Schweizer Bildhauer Ferdinand Schlöth arbeitete und 1874 nach dessen Rückkehr in die Schweiz vermutlich auch das Atelier übernahm.[3] Schlöths Einfluss zeigt sich vor allem in Kisslings Frühwerk, aber auch noch im Denkmal für Benedikt Fontana in Chur (1903).[4] In Rom lernte Kissling die aus Dresden stammende Johanna Jenny Eich kennen, die er 1875 in Biel heiratete. Sechs Wochen nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Jenny Stella in Rom zog die Mutter mit der Tochter nach Dresden. 1876 wurde die Ehe geschieden. Später kehrte die Tochter zu Kissling nach Zürich zurück. Da Kissling wie sein Bruder Adolf keine Söhne hatte, endete dieser Kissling-Zweig mit ihnen.

1882 malte Frank Buchser ein Ölbild von Kissling als Soldat.[5] 1883 kehrte Kissling definitiv in die Schweiz zurück und liess sich in Zürich nieder. Im gleichen Jahr erregte der damals noch wenig bekannte Künstler an der dort durchgeführten Schweizerischen Landesausstellung mit einer Porträtbüste von Alfred Escher Aufsehen. In der Folge erhielt er den Auftrag zur Ausführung eines monumentalen Denkmalbrunnens von Escher in Bronze und Granit vor dem Triumphbogen am Hauptbahnhof Zürich. Nach dessen Aufstellung liess er sich ein eigenes Werkhaus mit grossem Atelier an der Klausstrasse 10/Ecke Bellerivestrasse in Zürcher Seefeld errichten.[6]

Richard Kissling (1848–1919) Bildhauer, Tell-Denkmal, 1892
1892, Richard Kissling im Atelier mit Telldenkmal
Brunnen zu Ehren Alfred Eschers vor dem Zürcher Hauptbahnhof
Alfred Escher Brunnen, Zürcher Hauptbahnhof

Sein ehemaliger Schüler Gustav Siber gewann den ersten Preis für den Wettbewerb des Telldenkmal in Altdorf. Da Siber als zu jung und unbekannt befunden wurde, kam Kisslings Entwurf zur Ausführung.[7]

Richard Kissling schuf im Rizal-Park in Manila ein Monument zum Gedenken an den philippinischen Nationalhelden José Rizal.[8][9] Kissling schuf 1909 für die Waffenhalle des Schweizerischen Landesmuseums Porträt-Karikaturen von Heinrich Angst, Johann Rudolf Rahn, Hans Konrad Pestalozzi und Zeller-Werdmüller.[10]

Danach war Kissling einer der am meisten beschäftigten Schweizer Bildhauer, wiewohl sein klassizistisch-heroischer Stil in seinen letzten Lebensjahren zunehmend als veraltet galt. Nach dem Tod verblasste sein Ruhm rasch. So sollen die originalen Gipsmodelle des Escherbrunnens in den Zürichsee geworfen worden sein. Auch der um 1910 in Originalgrösse entstandene, ausführungsreife Entwurf zu einem Nationaldenkmal in Schwyz fiel nach dessen Ablehnung durch eine Jury schliesslich einer unkontrollierten Zerstörung zum Opfer.[11][12]

Kissling war auch Lehrmeister bedeutender Bildhauer, so von Bildhauer Hans Gisler (1889–1969) und Werner Friedrich Kunz (1896–1981).[13] Um 1897 zählte er mit Ferdinand Hodler, Rudolf Koller, Albert Welti und anderen zur Gründungsgeneration der Künstlervereinigung Zürich.[14]

Kissling war der Grossonkel von Ernst Kissling. 1905 wurde ihm von der Universität Zürich die Würde eines Dr. h.c. verliehen; er war auch Ehrenbürger der Stadt Zürich und von Altdorf.[15]

Seit 1935 gibt es im Zürcher Quartier Fluntern einen Richard-Kissling-Weg.[16] Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof Sihlfeld.

1991 wurde in Wolfwil vor dem Haus, das Kisslings Grossvater Josef Kissling 1814 erbaute, ein Gedenkstein für Richard Kissling errichtet.

Arbeiten und Entwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Melchthal-Gruppe. In: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 21, 1893, S. 75–76.
  • Das Fontana-Denkmal in Chur. In: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 41, 1903, doi:10.5169/seals-23997#1797, S. 257.
  • Entwurf Skizzen von Richard Kissling. In: Schweizerisches Nationalmuseum, 2002 – 2003. doi:10.5169/seals-381904#27, S. 22–23.
  • Werner F. Kunz: Richard Kissling, der Reiter. Zum 100. Geburtstag. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 790, 15. April 1948, Morgenausgabe, Bl. 1.
  • Werner F. Kunz: Ein Meisterwerk Richard Kisslings zerstört. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 592, 18. März 1951.
  • Werner F. Kunz: Ein unbekanntes Werk Richard Kisslings. In: Neue Zürcher Zeitung, 25. September 1954.
  • Werner F. Kunz: Muss Richard Kisslings Werkhaus verschwinden? In: Tages-Anzeiger, Nr. 78, 6. April 1970.
  • Wilhelm Ludwig Lehmann: Richard Kissling. In: Neujahrsblatt der Zürcher Kunstgesellschaft, 1920.
  • Franz Niggli: Die Vorfahren des Bildhauers Richard Kissling in Wolfwil. In: Jurablätter: Monatsschrift für Heimat- und Volkskunde, Bd. 59, 1997, S. 17–22 (Digitalisat).
  • Marianne Matta: Richard Kissling (1848-1919), der schweizerische «Nationalbildhauer» im 19. Jahrhundert. ETH Zürich, Bd. 38, 1981, doi:10.5169/seals-167642#161, S. 151–162.
  • Jean Pierre Simmen: Der berühmte und vergessene Wolfwiler Künstler Richard Kissling. In: Solothurner Kalender, 1991
  • Hans Trog: Richard Kissling. In: Die Schweiz, Bd. 8, 1904, doi:10.5169/seals-575437#435, S. 393–399.
  • Otto Waser: Richard Kissling zum 70. Geburtstag. In: Die Schweiz, Nr. 22, 1918, S. 156–158.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Richard Kissling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kissling, Richard. Bildhauer. Vollplastische Figuren und Porträtbüsten. Denkmal, Relief und Bauplastik. Hauptvertreter der Schweizer Bildhauerei der Gründerzeit. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, abgerufen am 4. Oktober 2015.
  2. Denkmäler und Skulpturen von Richard Kissling, doi:10.5169/seals-575437#427, S. 386–401
  3. Stefan Hess: Zwischen Winckelmann und Winkelried. Der Basler Bildhauer Ferdinand Schlöth (1818–1891). Berlin 2010, S. 65 f. und 70.
  4. Stefan Hess, Stephan E. Hauser: Schlöth, Ferdinand. In: Sikart.
  5. 1882, Oelbild, Kissling als Soldat
  6. Werner F. Kunz: Muss Richard Kisslings Werkhaus verschwinden? In: Tages-Anzeiger, Nr. 78, 6. April 1970.
  7. Elizabeth Siber: Mein Grossvater Gustav Siber. In: Ortsgeschichte Küsnacht, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  8. Denkmal für José Rizal
  9. Fotografie des Denkmals für José Rizal
  10. 1909, Porträt-Karikaturen von Richard Kissling
  11. Werner F. Kunz: Ein Meisterwerk Richard Kisslings zerstört. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 592, 18. März 1951.
  12. Nationaldenkmal in Schwyz
  13. SIKART – Lexikon zur Kunst in der Schweiz. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft Zürich, abgerufen am 25. November 2015.
  14. www.kuenstlervereinigung.ch
  15. Erich Schenker: Richard Kissling. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 13. August 2007, abgerufen am 14. Juni 2019.
  16. Webseite von Alt-Züri [1], abgerufen am 11. Februar 2016.
  17. 1891, Die Melchtalgruppe
  18. 1897, Ehren-Medaillen für den schweizerischen Schützenverein
  19. Richard Kissling (1848-1919): «Helvetia und Merkur», 1899. Abgerufen am 13. Mai 2023.
  20. Zeitgeist Figurengruppe, doi:10.5169/seals-571584#583
  21. Zeitgeist,, Fruchbarkeit und Gastfreundschaft, doi:10.5169/seals-571584#584
  22. Schweizerisches Nationaldenkmal in Schwyz