Rohr (Thüringen)

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Wappen Deutschlandkarte
Rohr (Thüringen)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Rohr hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 35′ N, 10° 30′ OKoordinaten: 50° 35′ N, 10° 30′ O
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Schmalkalden-Meiningen
Verwaltungs­gemeinschaft: Dolmar-Salzbrücke
Höhe: 340 m ü. NHN
Fläche: 13,96 km2
Einwohner: 911 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 65 Einwohner je km2
Postleitzahl: 98530
Vorwahl: 036844
Kfz-Kennzeichen: SM, MGN
Gemeindeschlüssel: 16 0 66 058
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Meininger Str. 24
98530 Rohr
Website: www.vg-dolmar-salzbruecke.de
Bürgermeister: Siegmar Kleffel (CDU)
Lage der Gemeinde Rohr im Landkreis Schmalkalden-Meiningen
KarteBelriethBirxBreitungenBrotterode-TrusetalChristesDillstädtEinhausen (Thüringen)EllingshausenErbenhausenFambachFloh-SeligenthalFrankenheim/RhönFriedelshausenGrabfeldKaltennordheimKaltennordheimKühndorfLeutersdorfMehmelsMeiningenNeubrunnOberhofObermaßfeld-GrimmenthalOberweidRhönblickRippershausenRitschenhausenRohrRosaRoßdorf (Thüringen)SchmalkaldenSchwallungenSchwarzaSteinbach-HallenbergUntermaßfeldUtendorfVachdorfWasungenWasungenZella-MehlisThüringen
Karte
Luftaufnahme von Rohr
Rohr

Rohr ist eine Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Die Gemeinde gehört zur Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke.

Blick vom Aussichtspunkt „Am Stein“ auf Rohr und den Dolmar

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Knotenpunkt der Straßen nach Suhl, Meiningen, Zella-Mehlis und Obermaßfeld liegt auf ca. 340 m ü. NN das Dorf Rohr.

Gemeindegliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum eigentlichen Dorf Rohr gehört noch die Siedlung Kloster Rohr, wo sich ein Berufsbildungszentrum und der Haltepunkt Rohr (Thür) befinden.

Nachbargemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Westen hinter dem Rohrer Berg liegt die Kreisstadt Meiningen, im Norden die Gemeinde Kühndorf, im Nordosten Schwarza, im Osten Dillstädt, südlich die Gemeinden Ellingshausen, Einhausen und Belrieth.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blick auf Rohr

Rohr wurde 815 erstmals urkundlich erwähnt mit der Gründung eines Benediktinerklosters. Während das Kloster nur kurze Zeit bestand, entwickelte sich im Ort ein Reichshof, der wiederholt Aufenthaltsort deutscher Könige war. Nach dem überraschenden Tod Kaiser Ottos II. am 7. Dezember 983 in Rom rief Willigis, der Erzbischof von Mainz, dessen Witwe Theophanu und Adelheid, Ottos II. Mutter, aus Italien nach Deutschland. Auf einem Reichstag in Rara (d. i. Rohr) übergab 984 Heinrich von Bayern (der Zänker), der nächste männliche Verwandte der herrschenden Dynastie, der deshalb Ansprüche auf die Vormundschaft und Regentschaft erhob, den schon zum König gekrönten unmündigen dreijährigen Otto III. an Theophanu.

Südlich des Dorfes entstand 1206 ein Benediktinerinnenkloster, das im Zuge der Reformation aufgehoben wurde und 1833 in Privatbesitz kam.

Rohr lag im Mittelalter an einer wichtigen Handelsstraße, die von Mainfranken über Mellrichstadt, Jüchsen an der Salzfurt, Einhausen an der Werrafurt, über die Zeller-Leube in den Thüringer Wald führte. Wichtigster Erwerbszweig war lange die Landwirtschaft, ab dem frühen 20. Jahrhundert auch das Bauhandwerk.

Der Ort zählte ursprünglich zum hennebergischen Amt Schwarza und lag zwischen 1500 und 1806 im Fränkischen Reichskreis. Er kam 1660 an Sachsen-Naumburg-Zeitz, 1680 an das Amt Kühndorf, 1718 an Kursachsen, 1815 an Preußen (ab 1816 Kreis Schleusingen) in der Provinz Sachsen.

Am 29. Apriljul. / 9. Mai 1607greg. fordert ein Unwetter in Rohr sieben Menschenleben.

Rohr war 1602–ca. 1628 von Hexenverfolgungen betroffen: Sieben Frauen und ein Mann gerieten in Hexenprozesse, drei Frauen wurden verbrannt. Das erste Opfer 1605 wurde Barbara, Wolf Krechs Frau.[2]

Während des Zweiten Weltkrieges mussten etwa 100 Kriegsgefangene aus Frankreich sowie Frauen und Männer aus Polen und der Sowjetunion Zwangsarbeit verrichten: auf dem Klostergut, im Forst und im Sägewerk. Opfer der Zwangsarbeit einschließlich ihrer Kinder wurden auf dem Friedhof begraben.[3]

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Siedlung hat in den alten Urkunden des Mittelalters vier Namen: rara, rora, rore und ror. Das Große Deutsche Ortsbuch listet im deutschsprachigen Raum siebzehn Ortschaften gleichen Namens auf. Der Ortsname leitet sich von dem Schilfrohr ab, das in den Flussniederungen noch heute reichlich wächst. Das Schilfrohr erscheint auch im Wappen des Dorfes und zwar neben dem Benediktinerkreuz als Hinweis auf die Klostergeschichte, sowie der Henne, dem Wappentier der ehemaligen Grafschaft Henneberg.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entwicklung der Einwohnerzahl (31. Dezember):

  • 1994: 986
  • 1995: 1.032
  • 1996: 1.050
  • 1997: 1.080
  • 1998: 1.085
  • 1999: 1.084
  • 2000: 1.089
  • 2001: 1.077
  • 2002: 1.062
  • 2003: 1.062
  • 2004: 1.046
  • 2005: 1.044
  • 2006: 1.028
  • 2007: 1.008
  • 2008: 992
  • 2009: 990
  • 2010: 986
  • 2011: 972
  • 2012: 979
  • 2013: 978
  • 2014: 975
  • 2015: 980
  • 2016: 960
  • 2017: 951
  • 2018: 946
  • 2019: 925
  • 2020: 921
  • 2021: 911
  • 2022: 911
Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Haselbrücke
  • Die alte Wehrkirche Michaeliskirche wurde als Klosterkirche eines Benediktinerklosters zwischen 815 und 820 erbaut. Die heutige Dorfkirche mit der Krypta ist der einzige in großen Teilen aus karolingischer Zeit erhaltene Monumentalbau im östlichen Deutschland.
  • Im gut erhaltenen historischen Ortskern stehen Fachwerkhäuser im fränkischen Fachwerkstil und nahe der Kirchenburg eine Heimatstube.
  • Nahe dem Bahnhaltepunkt befindet sich das ehemalige Kloster Rohr, von dem Reste der ehemaligen Klostermauer und das Gebäude der Johanniskirche erhalten sind.
  • Die Steinbogenbrücke (Haselbrücke) überspannt das Flüsschen Hasel (Nebenfluss der Werra) in der Nähe des Ortsteils Kloster. Die Brücke soll mit ca. 500 Jahren eine der ältesten Steinbogenbrücken im Landkreis Schmalkalden-Meiningen sein.

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Siedlung Kloster Rohr befindet sich das Hotel zu Kloster.

Das Gewerbegebiet Rotes Tal umfasst die Autoverwertung Schleicher, Abschlepp- und Bergedienst Sascha Paes, IHP Stefan Döll Paletten/Verpackung, EZM Profilbearbeitungs GmbH, Rohrer Getränkevertrieb, AiR Abfall ist Rohstoff GmbH und den Hundeplatz Charakterpfoten.

Ortskern aus Fachwerkhäusern

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Personen, die mit dem Ort in Verbindung stehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rohr (Thüringen) hat einen Haltepunkt an der Bahnstrecke Neudietendorf–Ritschenhausen mit Zugverbindungen nach Erfurt, Schweinfurt und Meiningen. Zwei Kilometer westlich befindet sich die Anschlussstelle Meiningen-Nord der Bundesautobahn 71.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gunther Mai: Die 'Friedenswallfahrt' in Rohr 1983. Zum Verhältnis von Staat und Kirchen in der DDR. In: Stefan Gerber, Werner Greiling, Tobias Kaiser, Klaus Ries (Hrsg.): Zwischen Stadt, Staat und Nation. Bürgertum in Deutschland. Teil 2. Göttingen 2014, S. 695–711.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rohr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
  2. Kai Lehmann: Unschuldig. Hexenverfolgung südlich des Thüringer Waldes. Über 500 recherchierte Fälle aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Wehry-Verlag, Untermaßfeld 2012, ISBN 978-3-9813902-8-5, S. 295 f.; Kai Lehmann: Ausstellung „Luther und die Hexen“. Bereich Rohr, Bibliothek Museum Schloss Wilhelmsburg Schmalkalden, 2012; Ronald Füssel: Die Hexenverfolgungen im Thüringer Raum (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland. Bd. 2). DOBU-Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-934632-03-3, S. 253, (Zugleich: Marburg, Universität, Dissertation, 2000); Manfred Wilde: Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen. Böhlau, Köln u. a. 2003, S. 518–522, ISBN 3-412-10602-X (Zugleich: Chemnitz, Technische Universität, Habilitations-Schrift, 2002).
  3. Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Band 8: Thüringen. VAS – Verlag für Akademische Schriften, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-88864-343-0, S. 256.