Julius Fröbel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Süddeutsche Presse)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Julius Fröbel 1848. Kreidelithographie von Valentin Schertle

Carl Ferdinand Julius Fröbel (Pseudonym: C. Junius) (* 16. Juli 1805 in Griesheim (Thüringen); † 6. November 1893 in Zürich) war ein deutscher Geologe, Mineraloge und führender Politiker der demokratischen Bewegung bereits im Vormärz. Er war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und nach Rückkehr aus dem amerikanischen Exil Redakteur und Diplomat.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fröbel wurde zunächst an der Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt seines Onkels Friedrich Fröbel in Keilhau ausgebildet. Er studierte dann in München, Jena und Berlin Naturwissenschaften. Während seines Studiums wurde er 1830 Mitglied der Jenaischen Burschenschaft.

1833 wurde er durch Vermittlung Alexander von Humboldts an der Industrieschule in Zürich angestellt, wo einer seiner Schüler der junge Gottfried Keller war. 1836 wurde er Professor für Mineralogie an der Universität Zürich.

1840 gründete er zusammen mit Ulrich Reinhart Hegner den Verlag Literarisches Comptoir Zürich und Winterthur und betätigte sich unter dem Namen C. Junius als Verleger und Herausgeber für in Deutschland verbotene demokratische Literatur. Es erschienen dort Schriften von Bruno Bauer, Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach, Arnold Ruge, Friedrich Wilhelm Schulz und David Friedrich Strauß; ferner Gedichte von Georg Herwegh, Hoffmann von Fallersleben und Gottfried Keller.

Ende 1843 sollte die Zeitschrift Deutsch-Französische Jahrbücher, herausgegeben von Arnold Ruge und Karl Marx, in Paris erscheinen. Geldgeber sollte Julius Fröbel sein. Fröbel wollte die Zeitschrift nicht mehr finanzieren, weil Differenzen zwischen den Autoren und dem Geldgeber auftraten.[1]

Nach dem Tode von Johann Georg August Wirth wurde er ab 6. Oktober 1848 Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung (Fraktion Donnersberg). Er gehörte der Nationalversammlung bis zum Ende des Rumpfparlaments an. Er war zunächst Vertreter einer linksrepublikanischen Haltung, nahm am ersten Demokratenkongress in Frankfurt (14.–17. Juni 1848) teil und spielte eine führende Rolle im Centralmärzverein. Später nahm er einen eher gemäßigten pro-österreichischen Standpunkt ein. Als Mitglied der von Robert Blum geleiteten Delegation nach Wien beteiligte er sich mit diesem am Wiener Oktoberaufstand 1848. Nach dessen Niederschlagung durch Fürst Windisch-Graetz wurde er zunächst ebenso wie Blum zum Tode verurteilt, kurz darauf jedoch begnadigt[2], während Blum erschossen wurde. Fröbel konnte nach Amerika emigrieren, wo er gemeinsam mit Franz Heinrich Zitz eine Anwaltskanzlei betrieb. Er engagierte sich in den USA auch politisch und sagte für den Fall eines Konfliktes zwischen Nordstaaten und Südstaaten die Abschaffung der Sklaverei voraus.[3]

1857 konnte er nach einer Amnestie nach Deutschland zurückkehren. Er engagierte sich in den deutschen Einigungsbestrebungen für die Großdeutsche Lösung. Seine Denkschrift Die Leitung der großdeutschen Angelegenheiten beeinflusste die Frankfurter Reformakte von 1863.

Nach der Niederlage Österreichs im Preußisch-Österreichischen Krieg und der damit besiegelten Unmöglichkeit der großdeutschen Lösung erklärte er in der von ihm 1867 bis 1873 herausgegebenen Süddeutschen Presse Preußen zur führenden Kraft der Einigung.

Im Alter von 68 Jahren trat er in den diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches und wurde Konsul in Smyrna und später in Algier.[4] Erst 1888 trat er in den Ruhestand.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine Eltern waren Christoph Fröbel (1768–1813) und dessen Ehefrau Christiane Sophie, geb. North (1771–1813). Sein Bruder Theodor (1810–1893) war Landschaftsarchitekt in Zürich, ein anderer Bruder war Karl Friedrich Fröbel (1807–1894).

Julius Fröbel war zweimal verheiratet, seine erste Frau war Kleophea Zeller im Jahr 1838 in Zürich. Nach ihrem Tod heiratete er 1856 im New Yorker Exil Karolina Mördes (1821–1888), die Tochter des ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Joseph von Armansperg und Witwe des 1850 verstorbenen Florian Mördes.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jürgen Habermas diskutierte Fröbels System der socialen Politik (1847), in dem Fröbel die normative Richtigkeit demokratischer Entscheidungen an die offene Diskussion der Beteiligten und das Mehrheitsprinzip band. Laut Habermas war Fröbel damit ein Vordenker der Diskurstheorie bzw. der deliberativen Demokratie.[5]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Über die Unterscheidung einer Erdkunde als eigentlicher Naturwissenschaft und einer historischen Erdkunde. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, Band VI, Heft 1, G. Reimer, Berlin 1832 (BSB)
  • Herausgeber (mit Oswald Heer): Mittheilungen aus dem Gebiete der theoretischen Erdkunde. Orell Füssli und Compagnie, Zürich 1834 (Google Books)
  • Herausgeber (mit Oswald Heer): Mittheilungen aus dem Gebiete der theoretischen Erdkunde., Erster Band, Orell Füssli und Compagnie, Zürich 1836 (Archive)
  • Die physische Geographie, als systematische Wissenschaft, gemeinfaßlich dargestellt. Orell Füssli und Compagnie, Zürich 1836 (Google Books)
  • Über das Wesen der Bildung überhaupt und insbesondere über das Wesen der Volksbildung. Zürich 1837
  • Die Bedeutung der Kirche und des Kultus auf der Stufe freier menschlicher Bildung. Zürich 1840
  • Das Verbrechen der Religionsstörung nach den Gesetzen des Kantons Zürich. Zürich + Winterthur 1844
  • Grundzüge eines Systems der Krystallologie oder der Naturgeschichte der unorganischen Individuen. Zürich 1843. 2. Auflage 1847 (Google Books)
  • System der socialen Politik. 2 Bde. Mannheim 1847.
  • Der Republikaner. Drama. 1847/8
  • Monarchie oder Republik? Ein Urteil von Julius Fröbel. Mannheim 1848.
  • Deutsche Zeitung. Heinrich Hoff, Mannheim 1848. Redigiert von Julius Fröbel und Eduard Pelz.[6] [Probenr. vom 29. März 1848; vom 1. April 1848 bis zum Verbot am 29. April 1848 BSB].
  • Wien, Deutschland und Europa. Wien 1848.
  • Grundzüge zu einer republikanischen Verfassung für Deutschland. Der in Frankfurt zusammengetretenen constitutionellen Versammlung vorgelegt. Mannheim 1848.
  • Aus Amerika. Erfahrungen, Reisen und Studien. 2 Bde. 1857–1858
  • Die deutsche Auswanderung und ihre culturhistorische Bedeutung. Fünfzehn Briefe an den Herausgeber der Allgemeinen Auswanderungs-Zeitung. Leipzig 1858. Digitalisat
  • Amerika, Europa und die politischen Gesichtspunkte der Gegenwart. Berlin 1859 (Digitalisat)
  • Deutschland und der Friede von Villafranca. Frankfurt a. M. 1859 (Digitalisat)
  • Theorie der Politik als Ergebnis einer erneuten Prüfung demokratischer Lehrmeinungen.
    • 1. Bd.: Die Forderungen der Gerechtigkeit und Gleichheit im Staate. Wien 1861 (Digitalisat).
    • 2. Bd.: Die Tatsachen der Natur, der Geschichte und der gegenwärtigen Weltlage als Bedingung und Beweggründe der Politik. Wien 1864.
  • Kleine politische Schriften. 2 Bände. Stuttgart 1866.
  • Die Irrthümer des Sozialismus. Leipzig, Wigand, 1871.
  • Die Wirtschaft des Menschengeschlechtes auf dem Standpunkt idealer und realer Interessen. 2 Bde., Leipzig 1870–1876 online
  • Die Gesichtspunkte und Aufgaben der Politik. Eine Streitschrift nach verschiedenen Seiten. Leipzig 1878.
  • Die realistische Weltansicht und die utilitaristische Zivilisation. Leipzig 1881.
  • Ein Lebenslauf. 2 Bde., Stuttgart 1890–1891 (Bearbeitung von Wilhard Grünewald in der Heidenheimer Verlagsanstalt, 1971)

Literatur bis 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ehrlich, Johannes Nepomuk: Randglossen zu J. Fröbels System der sozialen Politik. Krems 1849
  • Rammelmeyer, Eugenie: Bewegungen der radikal gesinnten Deutschen in der Schweiz 1838-1843. Diss Frankfurt 1922
  • Müseler, Werner: Julius Fröbels Gedanken zur Kulturphilosophie in seiner reifen Periode. Diss Berlin 1931
  • Feuz, Ernst: Julius Fröbel. Seine politische Entwicklung bis 1849. Ein Beitrag zur Geschichte des Vormärz. Diss Bern 1932
  • Lülfing, Hans: Die Entwicklung von Julius Froebels politischen Anschauungen in den Jahren 1863–1871 mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Frage. Phil. Diss. Leipzig 1931
  • Weber, Heinrich: Julius Fröbels Selbstbiographie. Band 70, Juli bis December 1892, edited by Hans Delbrück, Berlin, Boston: De Gruyter, 2021, pp. 611–635, doi:10.1515/9783112406106-035.

Neue Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Best, Heinrich, Weege, Wilhelm: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-0919-3, S. 400, 402, 406, 499.
  • Carlin, Herbert P.: The Repentant Forty-Eighter. Julius Froebel and the Politics of Federalism. Diss., Virginia 1976. (englisch)
  • Dvorak, Helge: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 2: F–H. Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0809-X, S. 80–82.
  • Erbentraut, Philipp: Radikaldemokratisches Denken im Vormärz: zur Aktualität der Parteientheorie Julius Fröbels. In: MIP 15, 2008/09, S. 5–15.[7]
  • Rainer Koch: Demokratie und Staat bei Julius Fröbel 1805–1893. Liberales Denken zwischen Naturrecht und Sozialdarwinismus. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1978, ISBN 3-515-02694-0.
  • Koch, Rainer: Julius Fröbel. Demokratie und Staat. In: Sabine Freitag (Hrsg.): Die Achtundvierziger. Lebensbilder aus der deutschen Revolution 1848/49. Verlag C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-42770-7, S. 146–159.
  • Mommsen, Wilhelm: Julius Fröbel. Wirrnis und Weitsicht. In: Historische Zeitschrift. Bd. 181, Nr. 1, 1956, S. 497–532. München 1956.
  • Ferdinand Sander: Fröbel, Julius. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 49, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 163–172.
  • Schuler, Dietmar: Staat, Gesellschaft und Deutsche Frage bei Julius Fröbel (1805–1893). Studien zu Ursprung und Entwicklung des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert. Diss., Innsbruck 1984.
  • Schuler, Dietmar: Julius Fröbel (1805–1893). Ein Leben zwischen liberalem Anspruch und nationaler Realpolitik. In: Innsbrucker Historische Studien. Bd. 7/8. Innsbruck 1985. S. 179–261.
  • S. Schmidt: Fröbel (Carl Ferdinand Julius). In: Biographisches Lexikon zur deutschen Geschichte. Von den Anfängen bis 1945. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1970, S. 206–207
  • Wentzcke, Paul: Fröbel, Carl Ferdinand Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 644–646 (Digitalisat).
  • Zinnel, Jürgen: Julius Fröbel und die deutsche Verfassung. In: Studiengesellschaft für direkte Demokratie und sozialistische Ideen (SDS) (Hrsg.): Utopie und Zeitgeschichte. Materialien, Dokumente, Impulse, Diskussionen. Nr. 3. Basel 2000, S. 3–6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Julius Fröbel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Julius Fröbel – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung I. Band 2, Berlin 1982, S. 541–553.
  2. siehe auch hier (Beweggrund für die Begnadigung war seine österreich-freundliche Schrift „Wien, Deutschland und Europa“)
  3. Aus Amerika. Erfahrungen, Reisen and Studien (Band 1, 1857, S. 172); Daniel Nagel (2012): Von republikanischen Deutschen zu deutsch-amerikanischen Republikanern. Ein Beitrag zum Identitätswandel der deutschen Achtundvierziger in den Vereinigten Staaten 1850-1861, Röhrig Universitätsverlag (ISBN 978-3861105046), S. 278 (online)
  4. Marlene Vesper: Marx in Algier. Pahl-Rugenstein Nachfolger, Köln 1995, ISBN 3-89144-200-9
  5. Jürgen Habermas (1988), Volkssouveränität als Verfahren; als Vorstudie in: derselbe (1992), Faktizität und Geltung: Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 600–631.
  6. Heinrich Hoff: Meine Verhaftung, Einkerkerung und fortdauernde Gefangenhaltung zu Bruchsal wegen angeblichen Hochverraths durch die Presse und in einer Rede: mit fachgemäßer Beleuchtung des wieder gültigen badischen Preß-Gesetzes von 1831. Rener & Angeln, Mannheim 1848.
  7. Zeitschrift für Parteienwissenschaften – Heft 15. (PDF; 1,6 MB) Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung, 2009, abgerufen am 22. Januar 2022.