Schulp

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Ventral-, Dorsal- und seitliche Ansicht des Schulps einer Sepia (Jan Adrianus Herklots, 1859)
Dorsalansicht des Schulps einer Sepia

Der Schulp (mittelniederdeutsch schulp(e) ‚Muschel(schale)‘[1]), lateinisch Os sepium („Sepiaknochen, Sepienbein“), oder Rückenschulp ist als „Rückenknochen“ ein kompressionsstabiler innerer Auftriebskörper der zu den Zehnarmigen Tintenfischen gehörenden Sepien.[2] Stammesgeschichtlich ist er ein Innenskelett, zurückzuführen auf das Außenskelett beschalter Kopffüßer (Cephalopoda).

Schulpe vom Gewöhnlichen Tintenfisch (Sepia officinalis) am Strand von Hengistbury Head, England
Gewöhnlicher Tintenfisch (Sepia officinalis) mit stützendem Schulp (Innenskelett) im Rückenbereich

Schulpe (lateinisch Ossa sepia) finden sich oft als angeschwemmtes Treibgut an Meeresküsten, sie stammen von verendeten Sepien. Diese können auch fossilieren.

Fossilierter Schulp von Trachyteuthis hastiformis (Jura-Museum Eichstätt)

Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Hauptmaterial des Schulps ist Aragonit (chemisch ein Calciumcarbonat, also Kalk).[3] Mikroskopisch besteht der Schulp aus dünnen Aragonitplatten, die über zahlreiche Minisäulen gegeneinander abgestützt sind. Die Ausbildung der feinen Kalkstrukturen wird ermöglicht, indem die mineralischen Komponenten an formgebenden Chitinstrukturen angelagert werden (insofern der Schmetterlingsschuppe nicht unähnlich).[4] Die Calcifizierung erfolgt insbesondere bei erhöhtem Kohlenstoffdioxid (CO2)-Partialdruck im Meerwasser.[5] Der Aufbau des Schulps erfolgt bei jungen Sepien relativ zeitkonstant, sodass das Abzählen der Lamellen altersabhängige Untersuchungen ermöglicht; ein fester Zeitbezug (wie ein Tag pro Lamelle) besteht jedoch nicht.[6]

Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schulp wird durch Gaseinlagerung für den statischen Auftrieb genutzt. Er ist gekammert und je nach Bedarf teilweise gas- und teilweise flüssigkeitsgefüllt.[7] Die Gasversorgung erfolgt aus der Lymphe über den Siphunculus, welcher ventral unter dem Schulp verläuft. Die lamelläre Konstruktion aus vielfach abgestützten Schichten macht den Schulp zu einem druckstabilen Auftriebskörper, dessen Inhalt und damit seine relative Dichte kontrolliert wird.[2] Die Form des Schulps bestimmt, welche Meerestiefen von seinem Träger erreicht werden können und in welchen er sich länger aufhalten kann.[2]

Phylogenese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ursprünglichen Kopffüßer waren beschalte Organismen (Papierboote und Ammoniten) mit einer gekammerten äußeren Schale, wie sie Nautilus noch heute besitzt. Diese Schale ist im Laufe der Evolution erst in den Körper eingelagert worden (Phragmokon der Coleoidea) und in späteren Schritten mehr und mehr reduziert worden. So besaßen die Belemniten noch eine große gekammerte innere Schale, die als Auftriebsorgan genutzt werden konnte und am hinteren Ende mit einem Rostrum beschwert war.

Diese gekammerte Schale existiert bei den Zehnarmigen Tintenfischen auch heute noch, allerdings in reduzierter Form. Während das Posthörnchen (Spirula spirula) noch einen deutlich gekammerten Phragmokon besitzt, ist der Schulp der Sepien (Sepiida) schon deutlich verkleinert, eine Kammerung ist jedoch unter dem Mikroskop noch zu erkennen.

Die Kalmare besitzen von der ursprünglichen Schale nur noch einen als Gladius bezeichneten flachen Chitinstab, der als inneres Skelettelement dient. Die Bezeichnung erfolgte aufgrund der Form der Struktur in Anlehnung an das römische Kurzschwert Gladius.

Bei den Achtarmigen Tintenfischen und dem Vampirtintenfisch sind die Hartteile der ursprünglichen Schale vollständig verschwunden.

Sepiaschale aus dem Tierhandel mit Klammer für einen Vogelkäfig

Wirtschaftliche Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tierhandel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schulp, früher auch als „Fischbein“[8] oder Sepia[9] bezeichnet, wird im Tierhandel als Schnabelwetzstein für Käfigvögel und Kalklieferant für Reptilien (z. B. Landschildkröten) in der Terrarien- und Freilandhaltung angeboten.

Handwerk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außerdem wird er von Steinmetzen verwendet, um angetrocknete Farbe von polierten Steinen zu entfernen, und dient als Material für Gussformen bei Goldschmiedearbeiten. Diese Schulpe stammen aus angeschwemmtem Treibgut oder aus Abfällen der Tintenfisch-Verarbeitung.

Landschildkröte mit Schulp

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schulp bei Duden online, mit weiterführenden Links zur Etymologie. Abgerufen am 15. Mai 2013.
  2. a b c Kristin M. Sherrard: Cuttlebone morphology limits habitat depth in eleven species of Sepia (Cephalopoda: Sepiidae). (PDF) In: The Biological Bulletin, Band 198, Nr. 3, 2000, S. 404–414.
  3. A. Rexfort, J. Mutterlose: Stable isotope records from Sepia officinalis – a key to understanding the ecology of belemnites? In: Earth and Planetary Science Letters, Band 247, Nr. 3–4, 30. Juli 2006, S. 212–221. doi:10.1016/j.epsl.2006.04.025.
  4. Wataru Ogasawara, Wayne Shenton, Sean A. Davis, Stephen Mann: Template mineralization of ordered macroporous chitin-silica composites using a cuttlebone-derived organic matrix. In: Chemistry of materials, Band 12, Nr. 10, 2000, S. 2835–2837. doi:10.1021/cm0004376.
  5. Magdalena A. Gutowska, Frank Melzner, Hans O. Pörtner, Sebastian Meier: Cuttlebone calcification increases during exposure to elevated seawater pCO2 in the cephalopod Sepia officinalis. In: Marine Biology, Band 157, Nr. 7, 2010, S. 1653–1663.
  6. Pedro Ré, Luis Narciso: Growth and cuttlebone microstructure of juvenile cuttlefish, Sepia Qfficinalis L., under controlled conditions. In: Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 177, Nr. 1, 1994, S. 73–78. doi:10.1016/0022-0981(94)90144-9
  7. E. J. Denton, J. B. Gilpin-Brown: The distribution of gas and liquid within the cuttlebone. In: Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom, Band 41, Nr. 02, 1961, S. 365–381. doi:10.1017/S0025315400023973.
  8. Thomas Gleinser: Anna von Diesbachs Berner ‚Arzneibüchlein‘ in der Erlacher Fassung Daniel von Werdts (1658), Teil II: Glossar. (Medizinische Dissertation Würzburg), jetzt bei Königshausen & Neumann, Würzburg 1989 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 46), S. 104 („fischbein, wie sy die goldschmid brauchen“).
  9. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 155 (Sepia: Sepia officinalis L., Sepienbein (Rückenschulpe des Tintenfisches)).