Schwertmannit

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Schwertmannit
Schwertmannit-Kruste aus sauren Bergbauwässern, Corta Atalaya, Provinz Huelva, Andalusien, Spanien (Größe: 3 cm × 2 cm × 0,4 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1990-006[1]

IMA-Symbol

Swm[2]

Chemische Formel Fe163+[O16|(OH)10|(SO4)3]·10H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate und Verwandte (früher: Oxide und Hydroxide)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/F.06
IV/F.06-055

7.DE.15
06.04.10.01
Ähnliche Minerale Goethit, Jarosit, Akaganeit, Ferrihydrit
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol tetragonal-dipyramidal; 4/m[4]
Raumgruppe P4/m (Nr. 83)Vorlage:Raumgruppe/83[3]
Gitterparameter a = 10,66 Å; c = 6,04 Å[3]
Formeleinheiten Z = 1[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,77 bis 3,99[6]
Spaltbarkeit Bitte ergänzen!
Farbe bräunlichgelb
Strichfarbe ockergelb[6]
Transparenz durchscheinend[6] bis undurchsichtig (opak)[7]
Glanz erdig[7]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht wasserlöslich[8]

Schwertmannit (chemisch: Oxyhydroxysulphat) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate und Verwandte“ (früher: Oxide und Hydroxide, siehe Klassifikation) mit der chemischen Zusammensetzung Fe163+[O16|(OH)10|(SO4)3]·10H2O[3].

Schwertmannit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt meist nur krustige Überzüge sowie erdige bis derbe Mineral-Aggregate. Selten entwickelt er auch faserige bis schwach nadelige Kristalle bis etwa 100 μm Größe von gelbbrauner Farbe bei ockergelber Strichfarbe.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Schwertmannit 1990 in der „Pyhäsalmi-Mine“ bei Pyhäjärvi (Oulu) in Finnland und beschrieben 1994 durch Jerry Marshall Bigham, Liisa Carlson und Enver Murad, die das Mineral nach Udo Schwertmann (Emeritus an der TU München) benannten.[8][9]

Typmaterial des Minerals wird im Naturhistorischen Museum der Universität Helsinki in Finnland unter der Katalog-Nr. B8659 aufbewahrt.[6]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Schwertmannit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Hydroxide und oxidische Hydrate“, wo er zusammen mit Akaganeit, Böhmit, Diaspor, Feitknechtit, Feroxyhyt, Goethit, Groutit, Lepidokrokit, Manganit und Tsumgallit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Schwertmannit in die Klasse der „Sulfate (und Verwandte)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate, etc.) mit weiteren Anionen, mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend in der Unterabteilung „mit mittelgroßen Kationen, unklassifiziert“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.DE.15 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Schwertmannit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide“. Dort ist er einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 06.04.10 innerhalb der Unterabteilung der „Hydroxide und Hydroxy-haltigen Oxide mit verschiedenen Kationen“.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwertmannit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P4/m (Raumgruppen-Nr. 83)Vorlage:Raumgruppe/83 mit den Gitterparametern a = 10,66 Å und c = 6,04 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Erhitzen lässt sich Schwertmannit in Hämatit überführen, mit Fe2(SO4)3 als Zwischenprodukt.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwertmannit entsteht als sekundärer Niederschlag, der auf von sauren (pH 2,5 bis 4,5) Grubenabwässern überspülten Oberflächen Krusten bildet. Es wird angenommen, dass die Bildung von Schwertmannit im Zusammenhang mit der Aktivität eisenoxidierender und -reduzierender Bakterien steht.[10] Er tritt in Paragenese vor allem mit Goethit, aber auch mit Jarosit, Natrojarosit, Ferrihydrit und anderen Sulfiden auf.

Neben seiner Typlokalität „Pyhäsalmi Mine“ (Pyhäjärvi, Oulu) in Finnland wurde Schwertmannit bisher (Stand: 2010) noch an der „Jeremias Glück Mine“ (Garnsdorf, Saalfeld/Saale) und „Morassina Mine“ (Schmiedefeld) in Deutschland, in Mineralproben des in Grönland gefundenen Cape York Meteoriten, an der „Libiola Mine“ bei Sestri Levante in Italien, an der „Gunma Mine“ auf Honshū in Japan, in der „Wilhelm Mine“ bei Stara Góra im polnischen Katzbachgebirge, in mehreren Bergwerksgebieten der slowakischen Regionen Banská Bystrica, Bratislava, Košice und Prešov, bei Jáchymov und Zlaté Hory in Tschechien, an der „Grube Bányabérc“ und der „Szent Imre Mine“ im Mátra-Gebirge und bei Nagybörzsöny im Börzsöny von Ungarn, sowie in den US-amerikanischen Regionen Alabama, Colorado, Pennsylvania und Tennessee gefunden.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. M. Bigham, L. Carlson, E. Murad: Schwertmannite, a new iron oxyhydroxy-sulphate from Pyhasalmi, Finland, and other localities. In: Mineralogical Magazine. Band 58, Nr. 4, Dezember 1994, ISSN 0026-461X, S. 641–648 (arizona.edu [PDF; 537 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schwertmannite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 406.
  4. David Barthelmy: Schwertmannite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 21. Januar 2019 (englisch).
  5. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
  6. a b c d Schwertmannite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 71 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).
  7. a b Schwertmannite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Januar 2019 (englisch).
  8. a b J. M. Bigham, L. Carlson, E. Murad: Schwertmannite, a new iron oxyhydroxy-sulphate from Pyhasalmi, Finland, and other localities. In: Mineralogical Magazine. Band 58, Nr. 4, Dezember 1994, ISSN 0026-461X, S. 641–648 (arizona.edu [PDF; 537 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).
  9. Udo Schwertmann: Mitteilungen Nr. 86 Sommer 1999. Neues Mineral: Schwertmannit. In: docplayer.org. Vereinigung Weihenstephaner Universitätsabsolventen, S. 6, abgerufen am 21. Januar 2019.
  10. Simona Regenspurg, Andreas Brand, Stefan Peiffer: Formation and stability of schwertmannite in acidic mining lakes 1. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 68, Nr. 6, März 2004, ISSN 0016-7037, S. 1185–1197, doi:10.1016/j.gca.2003.07.015.
  11. Fundortliste für Schwertmannit beim Mineralienatlas und bei Mindat - Schwertmannite (englisch)