Sebastian Münzenmaier

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sebastian Münzenmaier (* 2. Juli 1989 in Darmstadt)[1] ist ein deutscher Politiker (AfD) und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit 2023 ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion im Bundestag.[2]

Lebenslauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung und politische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abitur in Annweiler am Trifels im Jahr 2009 leistete Münzenmaier Zivildienst im MSHD und begann 2010 ein Studium der Rechtswissenschaften in Mainz. Im Jahr 2012 begann Münzenmaier parallel eine Karriere im Vertrieb von Finanzprodukten und legte die Prüfung als Versicherungs- und Finanzanlagenfachmann (IHK) ab. Das Studium der Rechtswissenschaften beendete er 2016 nach dem universitären Schwerpunktexamen[3] und somit ohne juristisches Staatsexamen. Er ist Gast der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz in der Deutschen Burschenschaft.[4]

Zunächst war Münzenmaier Mitglied der islamfeindlichen Partei Die Freiheit,[5] in Rheinland-Pfalz. 2013 trat er in die AfD ein.[6] Er ist Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Mainz. Im April 2017 wurde er zum Spitzenkandidaten (Platz 1 der Landesliste) der AfD Rheinland-Pfalz für die Bundestagswahl 2017 gewählt. Bis zur Auflösung des Arbeitsvertrages zum 1. Oktober 2017 war Münzenmaier angestellter AfD-Fraktionsgeschäftsführer im rheinland-pfälzischen Landtag. Ein Zusammenhang der Vertragsbeendigung mit dem Strafverfahren gegen Münzenmaier bestand laut Aussage des Fraktionsvorsitzenden Uwe Junge nicht. Als Nachfolger wurde Michael Büge benannt.[7]

Im Bundestagswahlkampf 2017 empfahl Münzenmaier Frauen, Karatekurse zu belegen oder Pfefferspray zu kaufen, um „Merkels Gästen nicht völlig wehrlos gegenüberzustehen“ (gemeint waren Flüchtlinge).[6]

Auf Grund eines gegen ihn laufenden Prozesses wegen der Unterstützung eines Überfalls von Fußball-Hooligans (siehe Abschnitt Strafverfahren) verweigerte die Fußballmannschaft des Bundestages Münzenmaier als einzigem von sechs AfD-Kickern die Mitgliedschaft.[8]

Am 31. Januar 2018 wurde er zum Vorsitzenden des Tourismusausschusses des Deutschen Bundestags gewählt.[9] Die Wahl war erforderlich geworden, weil mehrere Ausschussmitglieder Widerspruch gegen Münzenmaier eingelegt hatten. Im Normalfall werden die Nominierten ohne Wahl zum Vorsitzenden bestimmt.[10] Im 19. Deutschen Bundestag war Münzenmaier zudem stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.[11]

2019 wurde Münzenmaier in den Fraktionsvorstand der AfD-Bundestagsfraktion gewählt und bekleidete bis zum Ende der Legislaturperiode den Posten des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.[12]

Der Landesverband der AfD Rheinland-Pfalz wählte Sebastian Münzenmaier wie schon 2017 auch 2021 zu ihrem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.[13] Münzenmaier gelang bei der Bundestagswahl 2021 der Wiedereinzug in den Bundestag.

Im 20. Deutschen Bundestag ist Münzenmaier ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen sowie im Ausschuss für Tourismus, im Ausschuss für Arbeit und Soziales ist er stellvertretendes Mitglied.[14]

Im September 2021 wurde Münzenmaier erneut als Stellvertreter in den Fraktionsvorstand der AfD-Bundestagsfraktion gewählt.[15] Und auch die AfD Rheinland-Pfalz wählte Münzenmaier wiederholt zum stellvertretenden Vorsitzenden.[16]

Auf dem AfD-Parteitag im Juli 2023 tat sich Münzenmaier als Vermittler bei der Auswahl von Kandidaten zur Besetzung von Europawahlen-Listenplätzen hervor.[17]

Laut einem BR-Bericht beschäftigt Münzenmaier als Abgeordneter John Hoewer, den Vorstand des Vereins „Ein Prozent“, welcher vom Verfassungsschutz 2023 als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft wurde. Hoewer verfügt dem Bericht zufolge außerdem über Kontakte zur Identitären Bewegung, zu Faschisten in Italien und zur NPD; ferner liegen dem BR Aufnahmen vor, aus denen hervorgeht, dass Hoewer im Januar 2017 an handgreiflichen Auseinandersetzungen mit linken Demonstranten in einem Hörsaal der Universität Magdeburg beteiligt war.[18]

Positionen und Eigenwerbung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Verfassungsschutzgutachten wurde Münzenmaier erwähnt, da er dem als rechtsextremistisch eingestuften Magazin Zuerst! ein Interview gab, wobei er Sammelabschiebungen und eine „Verabschiedungskultur“ für Flüchtlinge forderte.[19]

In einem Interview zur Baupolitik plädierte Münzenmaier für eine Abschaffung sämtlicher nationaler Gesetze, die eine CO2-orientierte Bepreisung der Energie- und Wohnkosten zum Inhalt haben.[20]

Seit 2020 gibt Münzenmaier ein eigenes Hochglanzmagazin mit dem Titel Münzenmaiers Magazin – Unzensierte Nachrichten aus erster Hand heraus.[21] Neben den Printausgaben verbreitet er seine Positionen auch in einer Online-Ausgabe, welche ebenso den Namen „Münzenmaiers Magazin“ trägt.[22]

Neben dem Print- und Online-Magazinen und seiner eigenen Homepage tritt Münzenmaier auch in verschiedenen Social-Media-Kanälen wie Facebook, TikTok, Instagram oder Telegram auf.

Strafverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juli 2017 wurde gegen Münzenmaier und viele weitere Personen Anklage vor dem Amtsgericht Mainz wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Raubes von Fan-Trophäen erhoben. Er soll 2012 an einem Überfall von Angehörigen der Ultra- sowie der Hooliganszene des 1. FC Kaiserslautern auf Fans des 1. FSV Mainz 05 beteiligt gewesen sein. Vorausgegangen war eine Serie seit Jahren praktizierter Schmähungen[23] der Mainzer Ultras zur Verunglimpfung des Kaiserslauterer Idols Fritz Walter. Die vermummte Hooligan-Gruppe hatte Bussen der Mainz-Fans, in denen auch Frauen und Kinder waren, aufgelauert und diese angegriffen. Die Kaiserslauterer wurden von den wehrhaften Mainzern mit Latten und Flaschenwürfen in die Flucht geschlagen. Bei dem Handgemenge sollen Mainzer Fans Platzwunden und Fingerbrüche durch Fauststöße erlitten haben. Ein Vertreter der Mainzer Ultras sagte vor Gericht aus, der Vorgang sei eine unter Ultras typische „Abreibung“ gewesen. Die Presse hat die juristische Aufarbeitung kritisch begleitet[24]. Laut Aussage des Verteidigers von Münzenmaier sei die Wohnung des Angeklagten unmittelbar nach der Tat durchsucht worden. Die Polizei fand dabei Teleskopschlagstock, Sturmhaube sowie „Trophäen“-Fotos von vermummten Hooligans mit gegnerischen Fan-Utensilien. Drei Mitangeklagte von Münzenmaier bekannten sich bereits zu Beginn der Hauptverhandlung schuldig,[25][26] Münzenmaier bestritt die Vorwürfe.[27] Das Amtsgericht verurteilte ihn am 18. Oktober 2017 zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung bei einer Bewährungszeit von drei Jahren und einer Geldstrafe von 10.000 Euro.[28] Sowohl Münzenmaier als auch die Staatsanwaltschaft legten gegen das Urteil Berufung ein.[29][30] Im Dezember 2017 hob der Deutsche Bundestag die Immunität Münzenmaiers auf, um die Fortsetzung des Verfahrens zu ermöglichen.[31] Am 17. Dezember 2018 wurde er im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Mainz wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 16.200 Euro (90 Tagessätze von jeweils 180 Euro) verurteilt.[32]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bekanntmachung des Landeswahlleiters des Landes Rheinland-Pfalz über die zugelassenen Landeslisten für die Wahl zum Neunzehnten Deutschen Bundestag am 24. September 2017. (PDF) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. August 2017; abgerufen am 13. August 2017.
  2. Fraktion im Bundestag. In: AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Abgerufen am 2. Dezember 2023 (deutsch).
  3. Deutscher Bundestag - Sebastian Münzenmaier. Abgerufen am 30. Januar 2022.
  4. Barrikade. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  5. Porträt Sebastian Münzenmaier (AfD): Junges "Konsens-Kandidat". In: swr.de. Abgerufen am 26. Juli 2017.
  6. a b Alexei Makartsev: Diese AfD-Politiker haben den Sprung geschafft
  7. Markus Lachmann: Rheinland-pfälzischer AfD-Spitzenkandidat Münzenmaier gibt Job in Landtagsfraktion auf. In: Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 26. Juli 2017.
  8. FC Bundestag kontra AfD: Rechtsaußen darf nicht mitspielen. In: Spiegel Online. 18. Januar 2018, abgerufen am 19. Januar 2018.
  9. AfD leitet im Bundestag drei Ausschüsse. In: Focus online. 31. Januar 2018, abgerufen am 31. Januar 2018.
  10. Brandner, Boehringer, Münzenmaier AfD-Abgeordnete zu Vorsitzenden in drei Bundestagsausschüssen gewählt, Der Tagesspiegel, 31. Januar 2018
  11. Deutscher Bundestag - Abgeordnete. Abgerufen am 15. Oktober 2020.
  12. Weidel und Gauland behalten AfD-Fraktionsvorsitz. 31. Oktober 2019, abgerufen am 28. September 2023.
  13. Süddeutsche Zeitung: Bundestagswahl: Münzenmaier und Höchst führen AfD-Liste an. 21. November 2020, abgerufen am 28. September 2023.
  14. Deutscher Bundestag - Abgeordnete. Abgerufen am 21. März 2022.
  15. Jan Sternberg: AfD: Tino Chrupalla und Alice Weidel übernehmen Fraktionsvorsitz. 30. September 2021, abgerufen am 28. September 2023.
  16. S. W. R. Aktuell: Jan Bollinger ist neuer AfD-Landeschef in Rheinland-Pfalz. 21. Mai 2022, abgerufen am 28. September 2023.
  17. Ann-Katrin Müller: (S+) AfD: Extrem verharmlost – neue Machtnetzwerke bei der extremen Rechten. In: Der Spiegel. 4. August 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. August 2023]).
  18. Julia Barthel, Sammy Khamis, Arne Meyer-Fünffinger, Alexander Nabert, Maximilian Zierer: AfD im Bundestag: Mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter. 12. März 2024, abgerufen am 24. März 2024.
  19. Marc Röhlig: Neun AfDler im Bundestag wurden in der „Jungen Alternative“ groß. Wie extrem sind sie? www.bento.de, 2. Mai 2019
  20. Mario Thurnes: Krise am Wohnungsmarkt: „Die Bundesregierung muss Bauen wieder bezahlbar machen“. In: tichyseinblick.de. 19. Juni 2023, abgerufen am 28. September 2023 (deutsch).
  21. Eva Ellermann: Sebastian Münzenmaier (AfD): Der Joviale www.swr.de, 13. Juli 2021
  22. Münzenmaiers Magazin - Aktuelle Nachrichten | Unzensiert. Abgerufen am 28. September 2023 (deutsch).
  23. Wiederholte Schmähungen der Mainzer Ultras zur Verunglimpung von Fritz Walter. In: Der Betze brennt. FCK-Fans, 2012, abgerufen am 1. September 2020.
  24. Hartmut Rencker: Kommentare. In: www.lerchenberg-info.de. Hartmut Rencker, 2020, abgerufen am 1. September 2020.
  25. Gefährliche Körperverletzung? Mainzer Spitzenkandidat der AfD angeklagt. In: faz.net. 25. Juli 2017, abgerufen am 26. Juli 2017.
  26. Hooligan-Verdacht gegen Mainzer AfD-Politiker: Münzenmaier lehnt Bewährungsstrafe ab. In: swr.de. 25. Juli 2017, abgerufen am 26. Juli 2017.
  27. AfD-Politiker Reusch in Geheimdienst-Kontrollgremium gewählt, WeltN24, 1. Februar 2018.
  28. AfD-Politiker wegen Hooligan-Angriff verurteilt. In: Frankfurter Rundschau. 18. Oktober 2017, abgerufen am 18. Oktober 2017.
  29. Münzenmaier geht gegen "Skandalurteil" vor. SWR, 22. Oktober 2017, abgerufen am 22. Oktober 2017.
  30. Mainz: Münzenmaier: Staatsanwaltschaft will Berufung. SWR.de, 26. Oktober 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. Oktober 2017; abgerufen am 31. Oktober 2017.
  31. Markus Wehner: Bundestag hebt Immunität von AfD-Abgeordnetem Münzenmaier auf. In: FAZ.net. 13. Dezember 2017, abgerufen am 13. Dezember 2017.
  32. AfD-Abgeordneter wegen Verstrickung in Hooligan-Attacke verurteilt, Die Rheinpfalz, 17. Dezember 2018