Selegilin

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Strukturformel
Strukturformel von Selegilin
Allgemeines
Freiname Selegilin
Andere Namen
  • (R)-N-Methyl-N-[1-methyl-2-phenylethyl]prop-2-in-1-amin (IUPAC)
  • L-Deprenyl
  • Selegilinum (Latein)
Summenformel C13H17N
Kurzbeschreibung

Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver (Hydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 604-507-3
ECHA-InfoCard 100.109.269
PubChem 26757
ChemSpider 24930
DrugBank DB01037
Wikidata Q47495783
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N04BD01

Wirkstoffklasse

MAO-B-Hemmer, Antiparkinsonmittel

Wirkmechanismus

Enzymhemmung der Monoaminooxidase–B

Eigenschaften
Molare Masse 187,28 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

141–142 °C (Hydrochlorid)[1]

Siedepunkt

92–93 °C (1,07 kPa)[2]

Löslichkeit

Leicht löslich in Wasser, Chloroform und Methanol, schwer löslich in Aceton (Hydrochlorid)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Hydrochlorid

keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Selegilin ist ein Arzneistoff, der in Deutschland vorrangig zur symptomatischen Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird, im Ausland aber auch als Antidepressivum Verwendung findet. Seine Wirkung vermittelt diese Substanz über eine irreversible Hemmung des Enzyms Monoaminooxidase B (MAO-B-Hemmer) und damit einer Hemmung des Dopamin-Abbaus im Gehirn. Selegilin wird in Deutschland unter den Markennamen Movergan, Antiparkin und Xilopar sowie unter generischer Bezeichnung vertrieben. Selegilin unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht.

Selegilin wurde von József Knoll entdeckt.

Stereoisomerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

N-Methyl-N-(1-methyl-2-phenylethyl)prop-2-in-1-amin hat ein Stereozentrum und ist folglich eine chirale Verbindung, von der es zwei Isomere gibt. Als Selegilin bezeichnet man die (R)-Form (auch L-Selegilin oder (−)-Selegilin). Pharmazeutisch eingesetzt wird auch das Hydrochlorid.[4]

Das Racemat, ein 1:1-Gemisch aus (R)- und (S)-Form, wird auch als Deprenyl[5] bezeichnet. Auch hier kommt das Hydrochlorid[6] zur Verwendung.

(+)- bzw. (S)-Selegilin[7] hat dagegen keine Bedeutung.

Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anwendungsgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Kombination mit Levodopa wird Selegilin zur symptomatischen Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt. In erster Linie findet Selegilin dabei Einsatz bei Patienten mit einem fluktuierenden Krankheitsbild (Dyskinesien, End-of-Dose-Fluktuationen, On-off-Phänomene). Darüber hinaus ist Selegilin als Monotherapeutikum zur Behandlung früher Stadien der Parkinson-Krankheit zugelassen.

In den USA wird Selegilin unter dem Handelsnamen Emsam zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Es wird dabei transdermal durch ein Pflaster verwendet. In Deutschland besteht jedoch keine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet. Auch sind Emsam Patches vergleichsweise hochpreisig.

Eine diskutierte mögliche Wirksamkeit von Selegilin zur Verbesserung der Symptome der Alzheimer-Krankheit wurde nach einer Metaanalyse von Patientendaten negativ beurteilt.[8]

Auch ist der experimentelle Gebrauch von Selegilin in der Nootropicszene relativ verbreitet, wobei es hier meistens in geringdosierter Tropfenform Anwendung findet, und ähnlich zu Piracetam und seinen Derivaten die Hirnleistung steigern soll. Auch wurden Studien zu einem möglichen Anti-Aging Effekt publiziert, da Selegilin nachgewiesene neuroprotektive Potenziale aufweist.[9][10]

In der Tiermedizin wird Selegilin zur Behandlung von Verhaltensstörungen emotionalen oder geriatrischen Ursprungs bei Hunden verwendet.[11]

Wirkmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als MAO-B-Hemmer ist Selegilin ein Hemmstoff des Enzyms Monoaminooxidase B. Die Hemmung dieses Enzyms führt zu einer Hemmung des Abbaus von Dopamin und somit zu einer Erhöhung der pathologisch erniedrigten Dopaminkonzentration im Gehirn.

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter der Anwendung von Selegilin sind insbesondere folgende Nebenwirkungen beschrieben worden: Mundtrockenheit, Appetitverlust, Schwindel, Schlafstörungen, Verwirrtheit, Angst, Halluzinationen, Transaminasenanstieg, orthostatische Hypotonie und Herzrhythmusstörungen.

Wechselwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Abbau von Arzneistoffen, der über die Monoaminooxidasen abläuft, kann durch Selegilin verlangsamt werden. Keine unerwünschten Wirkungen sind hingegen durch die kombinierte Einnahme von Selegilin (max. 10 mg/Tag) mit tyraminhaltigen Nahrungsmitteln zu erwarten, da durch die MAO-B-Selektivität noch die Monoaminooxidase A für den Abbau von Tyramin zur Verfügung steht.[12]

Selegilin kann die Wirkungen und Nebenwirkungen von Sympathomimetika, Psychostimulanzien, Nasentropfen, Antihypotonika, Antihypertonika, Sedativa und Ethanol verstärken.

Die gleichzeitige Einnahme von Selegilin und Antidepressiva (insbesondere SSRI) kann zu schwerwiegenden Reaktionen, wie z. B. Flush, Hyperthermie, Krampfanfällen, Herz-Kreislauf-Störungen, psychischen Störungen (Verwirrtheit, Halluzinationen) bis hin zum Koma führen.

Selegilin verstärkt darüber hinaus die MAO-hemmenden Nebenwirkungen von Linezolid.

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine mehrstufige Synthese für Selegilin, ausgehend von (RS)-Methamphetamin, ist in der Literatur beschrieben.[13]

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monopräparate
Amboneural (A), Antiparkin (D), Cognitiv (A), Jumex (A), Jutagilin (D), Movergan (D), Selepark (D), Xilopar (D, A), zahlreiche Generika (D, A)

Tiermedizin
Selgian

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Selegilin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): Europäische Pharmakopöe 5. Band 5.0 - 5.7, 2006.
  2. a b c Eintrag zu Selegilin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. Mai 2014.
  3. a b Datenblatt R-(−)-Deprenyl hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 4. Januar 2012 (PDF).
  4. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (−)-Selegilin-Hydrochlorid: CAS-Nummer: 14611-52-0, EG-Nummer: 604-508-9, ECHA-InfoCard: 100.109.608, PubChem: 26758, ChemSpider: 24931, DrugBank: DBSALT000260, Wikidata: Q27108267.
  5. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Deprenyl: CAS-Nummer: 2323-36-6, PubChem: 5195, ChemSpider: 5007, Wikidata: Q402633.
  6. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Deprenyl-Hydrochlorid: CAS-Nummer: 2079-54-1, EG-Nummer: 643-087-6, ECHA-InfoCard: 100.171.140, PubChem: 92913, ChemSpider: 83874, Wikidata: Q27263610.
  7. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (+)-Selegilin: CAS-Nummer: 4528-51-2, PubChem: 199605, ChemSpider: 172774, Wikidata: Q5203251.
  8. J. Birks, L. Flicker: Selegiline for Alzheimer’s disease. In: Cochrane Database Syst. Rev. 2003, S. CD000442, PMID 12535396.
  9. Theodore Lidsky, Jay Schneider: Brain Candy: Boost Your Brain Power with Vitamins, Supplements, Drugs, and Other Substance. Simon and Schuster, 2010, ISBN 978-0-7432-1843-6 (google.com [abgerufen am 23. Januar 2023]).
  10. Maija Haavisto: Reviving the Broken Marionette: Treatments for CFS/ME and Fibromyalgia. Lulu.com, 2008, ISBN 978-1-4092-0335-3 (google.com [abgerufen am 23. Januar 2023]).
  11. Eintrag zu Selegilin bei Vetpharm, abgerufen am 7. November 2019.
  12. Tyramin und MAO-Hemmer. Pharmama
  13. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher, Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances. 4. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 1-58890-031-2.