Senke (Geowissenschaften)

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Geographisch betrachtet wird jede Hohlform im Bodenrelief als Senke bezeichnet, wie auch diese tiefe Kuhle im Bärenwinkel am Karstwanderweg

Eine Senke ist in den Geowissenschaften im Allgemeinen eine Hohlform im Bodenrelief; ein flaches Stück Erdoberfläche, das von Erhebungen umgeben ist.[1] In der Geologie im Besonderen ist eine Senke ein Teil der Erdoberfläche, der tektonisch bedingt gegenüber seiner Umgebung abgesunken ist.[2][3] Je nach Form, Größe oder Lage werden tektonische Senken als Kessel (rundlich, kleiner), Becken (rundlich, größer), Graben (länglich, schmal) oder Depression (Landsenke unterhalb Meeresspiegelniveau) kategorisiert.[2] Tektonische Senkungen sind eine häufig vorkommende Ursache für die großen kontinentalen und marinen Bodenunebenheiten.[4]

Die Tektonik der Erdrinde verursacht unter anderem Senken. Die Senkungsfelder werden dabei von Schicht-Brüchen oder -Verbiegungen umrandet.

Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter einer Senke können in den Geowissenschaften unterschiedliche morphologische Sachverhalte verstanden werden, je nach geographischer oder geologischer Sichtweise.[3]

Im Sinne der Geographie ist eine Senke eine größenunabhängige Hohlform im Bodenrelief, also eine negative Landform, ohne jedoch eine Aussage über deren Genese zu treffen.[3] Ebenen und Flachböden, die von Erhebungen, und seien diese noch so flach, umgeben sind, werden als Senken bezeichnet.[1] Senken bilden keine Geländeformgattung, sondern der Begriff setzt ein flaches Oberflächenstück nur zur überragenden Umgebung in Beziehung.[1]

Im Sinne der Strukturgeologie ist eine Senke eine ausschließlich tektonisch verursachte Geländevertiefung, also ein Teil der Erdoberfläche, der gegenüber seiner Umgebung durch Verschiebungen in der Erdrinde bedingt, abgesunken ist.[2][3] Die Senkungsfelder werden durch Bruchlinien oder bruchlose Verbiegungen (auch Flexur genannt) umrandet, die auch polygonal sein können.[2]

Tektonische Senkungen gehören, neben Hebung, Verschiebung, vulkanischer Aufschüttung und Korallenriffbildung, zu den gestaltenden Faktoren erster Ordnung, die die Grundlage der großen Bodenunebenheiten schaffen.[4] So kommen Senken in allen Erdregionen in unterschiedlichen Formen und Größen vor.[2]

Eine differenzierte Bezeichnung der Senken erfolgt ihrer morphologischen Struktur entsprechend.[2] Sind sie mehr oder weniger kreisförmig, werden sie als Kesselbruch bezeichnet, oder bei vorliegenden bruchlosen Verbiegungen als Verbiegungssenke, die Muldencharakter besitzt.[1][2][5] Ist die Form langgezogen und schmal, mit mehr oder weniger parallel ausgerichteten Rändern, heißen sie Grabensenke, Grabenbruch, oder Grabenversenkung.[1][6] Die größten Senken mit Ausmaßen von hunderten von Quadratkilometern, werden als Senkungsbecken bezeichnet.[2][5]

Bei den kontinentalen Senken wird unterschieden zwischen endorheischen, die allseits geschlossen und abflusslos sind, und exorheischen, die nach einer oder mehreren Seiten offen sind und deren Wasser in die Meere abfließen kann.[2] Die endorheischen Senken finden sich in Gebieten mit aridem Klima, wo sie wegen zu wenig Niederschlag und/oder zu hoher Verdunstung nicht mit Wasser aufgefüllt und zum Überlaufen gebracht werden können und so nur nach innen entwässern. Sie enthalten an ihrem Boden oft Salzsteppen und einen Salzsee oder Salzsumpf.[7]

Kontinentale Senken, die mit ihrem tiefsten Punkt unterhalb des Meeresspiegelniveaus liegen, werden als Depression bezeichnet.[1][2][8][9] Je nach ihrer Entfernung zum Meer wird zwischen Küsten- und Binnendepressionen unterschieden.[7][9] Eine Küstendepression ist ein eingedeichtes, landfestes Gebiet im Küstenbereich.[2][9] Die Binnendepressionen liegen naturgemäß in sehr trockenen Gebieten, denen es an dem nötigen Niederschlag fehlt, um eine Füllung des Beckens mit Wasser zu bewirken. Sie werden daher gewöhnlich von Wüsten oder Steppen, meist Salzsteppen, in ihrem tiefsten Teil häufig von Salzseen oder Salzsümpfen eingenommen.[7] Wenn bei einer Depression auch der Wasserspiegel unter Meeresspiegelniveau liegt zählt sie zu den offenen Senken.[2] Befindet sie sich aber in Gebieten mit ausreichenden Niederschlägen und übersteigt der Wasserspiegel das Meeresspiegelniveau, wird von einer Kryptodepression (κρυπτός kryptos, deutsch ‚verborgen‘) gesprochen, also einer Depression die oberflächlich betrachtet im Verborgenen liegt.[2][9][10]

Abweichend vom allgemeinen Erscheinungsbild zeigt sich nicht jede abgesunkene Scholle auch morphologisch als Senke. Das Oberflächenbild kann im Widerspruch zum tektonischen Bau stehen. Wenn die abgesunkenen Gesteine widerstandsfähiger gegen Abtragung sind als die umgebenden Gesteine, kommt es durch Erosion zu einer Reliefumkehr und das Senkungsfeld überragt schließlich seine Umgebung.[11][12]

Geologisch-tektonische Senken
Kategorie Beispiel Boden
m ü. M.
Wasserniveau
m ü. M.
Kesselbruch Hala-See-Becken
in der chinesischen Provinz Qinghai.
Wassergefüllte, endorheische Senke, tief eingebettet im Qilian-Shan-Gebirge in der Tibet-Hochebene. Der Wasserspiegel des Endsees müsste um fast 200 m (auf 4267 m ü. M.) steigen, um den niedrigsten Überlaufpunkt zu erreichen.[13]
4013[13] 4078[13]
Verbiegungssenke Neckarbecken
zwischen Stuttgart und Heilbronn.
Exorheische Senke mit Abfluss über den Neckar, umgeben von großräumigen Schichtverbiegungen.[14][15]
170[16]
Senkungsbecken Karpatenbecken (Pannonisches Becken)
im südlichen Ostmitteleuropa (Ungarn und sechs weitere Staaten).
Mit einer Ausdehnung von 250.000 km² Europas größte kontinentale Senke, exorheisch, mit Abfluss über die Donau. Umrandet von den Karpaten, den Dinariden und den Alpen. Entstanden unter Beteiligung großer Kesselbrüche.[4][17][18]
65[16]
Grabensenke
Grabenbruch
Oberrheingraben (Oberrheinische Tiefebene)
zwischen Basel und Frankfurt am Main.
Aufgrund seiner langgezogenen Form mit 300 km in Nord-Süd-Richtung und mit in etwa parallel ausgerichteten Rändern im Abstand von 30 bis 40 km, heißt die Senke Graben.[1][19]
80[16]
Hohenzollerngraben
in Baden-Württemberg
Ein Grabenbruch (30 km lang, 1,5 km breit) mit Reliefumkehr. Die tektonische Senke zeigt sich nicht als morphologische Senke, sondern als Bergkette.[12]
- - - - - -
Depression Turpan-Becken
in der chinesischen Provinz Xinjiang.
Eine Binnendepression, endorheisches Senkungsbecken mit einer Fläche von 40.000 km² unter Meeresspiegelniveau, im Zentrum des eurasischen Kontinents. Klimatisch bedingt, gibt es an seinem Boden keinen See, sondern einen Salzsumpf.[20]
- 154[20] - - -
Kryptodepression Baikalsee-Becken
Im südlichen Sibirien, Russland.
Exorheische Grabensenke mit dem Baikalsee, dem größten, tiefsten und ältesten Süsswasserreservoir der Erde. Der Wasserspiegel liegt über Meeresniveau und der Boden der Senke verborgen tief unter Meeresniveau.[10][21]
- 1186[22] + 455[22]

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Hermann Wagner: Lehrbuch der Geographie. Zweiter Teil Physikalische Geographie. Hahnsche Buchhandlung, 1921. (books.google.de)
  2. a b c d e f g h i j k l m Georg Schulz: Lexikon zur Bestimmung der Geländeformen in Karten. (= Berliner Geographische Schriften. Band 28). Institut für Geographie der Technischen Universität Berlin, Berlin 1989, ISBN 3-7983-1283-4. (books.google.de)
  3. a b c d Stephanie Grim: Abflusslose Senken-Instrumente in der Landschaftsanalyse und Indikatoren rezenter Krustenbewegungen. Diss. Universitätsbibliothek Mainz, 2012. (pdf; 17,5 MB)
  4. a b c R. Lehmann: Die Hauptvorgänge der Gestaltung der Erdoberfläche. In: Die Gestaltung der Erdoberfläche. Vieweg+Teubner Verlag, 1925. doi:10.1007/978-3-663-20242-4. (books.google.de)
  5. a b Hans Murawski, Wilhelm Meyer (Hrsg.): Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage. Springer 2017, ISBN 978-3-662-54049-7, doi:10.1007/978-3-662-54050-3 (books.google.de)
  6. John Grotzinger, Thomas Jordan: Press/Siever Allgemeine Geologie. Springer, 2016, ISBN 978-3-662-48342-8, doi:10.1007/978-3-662-48342-8, (books.google.de)
  7. a b c Franz Linke, Fritz Möller: Handbuch der Geophysik. Band 2, Gebrüder Borntraeger, 1974.
  8. Klaus-Peter Konerding, Andrea Lehr (Hrsg.): Linguistische Theorie und lexikographische Praxis: Symposiumsvorträge, Heidelberg 1996. Max Niemeyer Verlag, 1997. doi:10.1075/babel.44.4.17cla (books.google.de)
  9. a b c d Alexander Supan. Grundzüge der physischen Erdkunde. Veit & Comp., 1884. (books.google.de)
  10. a b Willi Ule: Grundriss der allgemeinen Erdkunde. 2. Auflage. S. Hirzel, 1915. (pdf)
  11. Herbert Louis: Allgemeine Geomorphologie: Textteil und gesonderter Bilderteil. Vol. 1, Walter de Gruyter, 2013. (books.google.de)
  12. a b Dieter Richter: Allgemeine Geologie. Walter de Gruyter, 2013. (books.google.de)
  13. a b c Bernd Wünnemann u. a.: Implications of diverse sedimentation patterns in Hala Lake, Qinghai Province, China for reconstructing Late Quaternary climate. In: Journal of Paleolimnology. Band 48.4, 2012, S. 725–749. doi:10.1007/s10933-012-9641-2 (pdf)
  14. Wuerttemberg, Statistisches Landesamt: Allgemeiner Teil und Neckarkreis. (= Das Koenigreich Wuerttemberg: eine Beschreibung nach Kreisen, Oberaemtern und Gemeinden. Band 1). 1904. (books.google.de)
  15. Georg Burgmeier, Manfred Schöttle. Geotope im Regierungsbezirk Stuttgart (= Bodenschutz. 12). Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, 2002. (online)
  16. a b c Maßzahl abgeschätzt mit Hilfe von Google Earth 2019.
  17. G. Uherkovich: Übersicht über das Potamophytoplankton der Tisza (Theiss) in Ungarn. In: Hydrobiologia. Band 28.2, 1966, S. 252–280.
  18. Miklós Kázmér: Birth, life and death of the Pannonian Lake. In: Palaeogeography, palaeoclimatology, palaeoecology. Band 79.1-2, 1990, S. 171–188. (pdf)
  19. C. Clauser, H. Villinger: Analysis of conductive and convective heat transfer in a sedimentary basin, demonstrated for the Rheingraben. In: Geophysical Journal International. Band 100.3, 1990, S. 393–414. (pdf)
  20. a b M. B. Allen, B. F. Windley, Z. Chi, G. Jinghui: Evolution of the Turfan Basin. In: Tectonics. Band 12, Nr. 4, 1993, S. 889–896. doi:10.1029/93TC00598 (pdf)
  21. Rebecka Törnqvist u. a.: Evolution of the hydro-climate system in the Lake Baikal basin. In: Journal of Hydrology. 519, 2014, S. 1953–1962. (online)
  22. a b P. P. Sherstyankin u. a.: Computer-based bathymetric map of Lake Baikal. In: Doklady earth sciences. Vol. 408, No. 1, MAIK Nauka/Interperiodica, 2006. doi:10.1134/S1028334X06040131 (pdf)