Smalltalk (Programmiersprache)

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Smalltalk
Logo von Smalltalk
Basisdaten
Erscheinungsjahr: 1972 (Entwicklung ab 1969)
Designer: Alan Kay, Dan Ingalls, Adele Goldberg
Entwickler: Alan Kay, Dan Ingalls, Adele Goldberg, Ted Kaehler, Scott Wallace, Peter Deutsch
Aktuelle Version ANSI Smalltalk[1] (19. Mai 1998)
Typisierung: dynamisch
Wichtige Implementierungen: Pharo, Squeak, Cuis, Haver, GNU Smalltalk, VisualWorks, Dolphin Smalltalk, Smalltalk/X, VA Smalltalk, OOVM
Dialekte: Pharo
Beeinflusst von: Lisp, Simula
Beeinflusste: Objective-C, Java, Ruby, Self, PHP 5, Logtalk, Dylan, AppleScript, NewtonScript, Python, Groovy, Scala, Raku, Common Lisp Object System, Falcon, Io, Ioke, Fancy, Strongtalk
Betriebssystem: Windows, Linux, macOS, uvm.
Lizenz: anwendungsspezifisch
smalltalk.org

Smalltalk ist ein Sammelbegriff einerseits für eine dynamische, im Original untypisierte objektorientierte Programmiersprache und andererseits für eine vollständige Entwicklungsumgebung, die in den 1970er Jahren am Xerox PARC Forschungszentrum durch Alan Kay, Dan Ingalls, Adele Goldberg und andere entwickelt wurde. Sie wurde allgemein unter dem Namen Smalltalk-80 freigegeben und hat die Entwicklung vieler späterer Programmiersprachen, wie etwa Objective-C, Java und Ruby beeinflusst. Smalltalk wurde von Lisp mit seiner automatischen Speicherbereinigung und Simula mit seinem Klassen-Konzept beeinflusst und gilt neben Simula-67 als eine der ersten objektorientierten Programmiersprachen.

Smalltalk ist im Gegensatz zu Sprachen wie C++ oder Java eine rein objektorientierte Programmiersprache, das heißt, Daten wie Integer, Character und ähnliche, die in anderen objektorientierten Sprachen zum Teil als elementare Datentypen repräsentiert werden, sind in Smalltalk ebenfalls über Objekte und zugehörige Klassen realisiert. Die Smalltalk-Entwicklungsumgebung enthielt viele Ideen, die später mit der Macintosh- und Atari-TOS/GEM- und dann später auch Windows-Benutzeroberfläche verbreitet wurden. Verwendet wurde ein Grafikbildschirm mit verschiebbaren Fenstern, Aufklappmenüs und Schriften von verschiedener Größe. Eine Maus mit drei Tasten – rot, blau und gelb – diente erstmals als zusätzliches Eingabegerät. Das Model-View-Controller-Konzept (MVC) spielte in der Smalltalk-80-Entwicklungsumgebung eine wesentliche Rolle.

Wichtige Eigenschaften von Smalltalk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alles in Smalltalk ist ein Objekt, auch Zeichenketten, Integer, boolesche Werte, Klassen(-definitionen), ausführbarer Code, Stackframes, der Speicher, Codeblöcke etc.
  • Objekte werden dadurch aktiviert, dass man ihnen Nachrichten (englisch „messages“) schickt. Dies führt dazu, dass die entsprechende Methode (Funktion) des Objekts ausgeführt wird.
  • Der gesamte Quelltext ist in der Regel offen und kann somit verändert werden. Nur sehr wenige Methoden greifen auf echte 'Primitives' der virtuellen Maschine zurück.
  • Dynamische Bindung – erst zur Laufzeit wird ermittelt, welche Methode tatsächlich aufgerufen wird. Eine frühe („statische“) Bindung, wie dies bei der statischen Typisierung vorgesehen ist, wurde in der Smalltalk-Programmiersprache bewusst ausgespart.
  • Vererbung: Jede Klasse (außer der Wurzelklasse Object) ist von genau einer Oberklasse abgeleitet, deren Verhalten sie erbt und beliebig erweitern kann (keine Mehrfachvererbung).
  • Automatische Speicherbereinigung (englisch garbage collection), die nicht durch den Programmierer beeinflusst werden kann. Ein Objekt existiert so lange, wie es von anderen Objekten referenziert wird.
  • Smalltalkprogramme werden in Bytecode kompiliert, der durch eine virtuelle Maschine übersetzt wird. Ursprünglich wurde der Bytecode zu nativem Maschinencode interpretiert; kommerzielle Umgebungen arbeiten inzwischen fast ausschließlich mit dynamischer Übersetzung.
  • Die Programmierumgebung erlaubt Änderungen im Quelltext während das Programm läuft und setzt diese unmittelbar während der Laufzeit um.
  • Die Quelltexteingabe erfolgt in einem Klassenbrowser. Moderne Refactoring-Browser setzen sich allmählich gegen einfache Klassenbrowser durch, weil sie automatisierte Refactoring-Funktionen unterstützen und damit die Produktivität nochmals erheblich steigern, ähnlich wie sich Eclipse in der Java-Welt etabliert hat.
  • Eine typische Eigenschaft im Vergleich zu nicht-objektorientierten Sprachen ist, dass die Kontrollstrukturen wie if-then-else, for, while nicht in die Sprache eingebaut sind. Zum Beispiel wird eine IF-Anweisung so ausgeführt, indem eine ifTrue: -Botschaft an ein boolesches Objekt gesandt wird. Als Parameter wird ein Block (Anweisungsfolge) übergeben. Lediglich in der Klasse True wird dieser Block ausgeführt. In der Klasse False ist diese Methode zwar auch implementiert, aber sie führt den Block nicht aus.
  • Das gesamte System (inklusive Entwicklungswerkzeugen) wird in einem Image gespeichert.

Es gibt nur drei fest integrierte ausführbare Funktionen:

  • Senden einer Botschaft an ein Objekt
  • Zuweisen eines Objekts an eine Variable
  • Ein Objekt als Rückgabewert einer Methode liefern

Geschichte und Bedeutung von Smalltalk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1970–1980[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In diese Zeit fällt die Entwicklung der ersten Versionen von Smalltalk-71, Smalltalk-72, Smalltalk-74 und Smalltalk-76[2] bis hin zum heute verbreiteten Standard Smalltalk-80 am Forschungszentrum Xerox PARC.

1980–1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Programmierung mit Klassenbrowser und die Verwendung einer virtuellen Maschine zur Ausführung stellte von Anfang an gewisse Mindestanforderungen an die Hardware. Dies geschah zu einer Zeit, in der die erschwinglichen Computer nicht über grafische Benutzeroberflächen verfügten und die Rechenleistung nicht für eine solche ausreichte. Smalltalk war seiner Zeit voraus und konnte zu Beginn nur auf Workstations effektiv eingesetzt werden. Im Ergebnis gab es daher nur wenige Smalltalk-Entwickler – dafür umso mehr C-Programmierer. Mit dem Aufkommen der grafischen Benutzeroberflächen im Mikrocomputerbereich entstand das objektorientierte C++, und da die meisten Entwickler C bereits kannten, konnte sich C++ sehr schnell verbreiten, sodass Smalltalk eine Nischenprogrammiersprache blieb. Im Gegensatz zu C und C++ legte Smalltalk auch auf hohe Ausführungsgeschwindigkeiten keinen besonderen Wert (Alan Kay: „It's still fast enough for our neurons“).

1990–2000[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang und Mitte der 1990er Jahre wurde Smalltalk in vielen Bereichen populär, in denen es auf die Beherrschung von Komplexität ankam (z. B. bei Expertensystemen). Verschiedene große Anbieter wie IBM begannen, Smalltalk stark zu unterstützen und in Großkundenprojekten einzusetzen. Es gab eine sprunghafte Zunahme verschiedener Implementierungen von Smalltalk. Mit dem Internet-Boom und dem davon profitierenden Java büßte Smalltalk Ende der 1990er Jahre seine gerade aufkommende Popularität jedoch wieder ein.

In Java wurden einige Konzepte von Smalltalk (wie z. B. die virtuelle Maschine und der Garbage Collector) übernommen. Die Syntax war jedoch wieder an C angelehnt. Auch kamen erneut nicht-objektorientierte Mittel zum Einsatz, wie die Vermischung der Objektorientierung mit einfachen Datentypen und imperative Strukturen, geringe Selbstbezüglichkeit und der Edit-Compile-Test-Debug-Zyklus mit Quellcode als reiner Textdatei etc. Java bot dafür Normierung, Aufstiegspfade für C-Programmierer und nicht zuletzt Allianzmöglichkeiten gegen die MS-Windows-Dominanz. Zudem wurde es von Sun Microsystems kostenlos zur Verfügung gestellt.

Das Ende des kurzen Smalltalk-Booms wurde durch den Niedergang der Firma ParcPlace unterstrichen, die als Ausgründung des Xerox PARC mit VisualWorks[3] (heute bei Cincom)[4] den direkten Nachfolger der Originalimplementierung anbot, der die damals mächtigste Smalltalk-Entwicklungsumgebung darstellte: Mit VisualWorks geschaffene Anwendungen liefen bereits 1991 bitkompatibel (durch VM) unter Windows, Mac OS Classic, Solaris (und anderen Unix-Systemen) und konnte ab 1994 deren verschiedene Benutzeroberflächen mit „Camelon View“ unabhängig vom Laufzeitsystem simulieren. Ein Konkurrent zu VisualWorks war die auf Windows und OS/2 zugeschnittene Entwicklungsumgebung Smalltalk/V (später Visual Smalltalk Enterprise genannt) der Firma Digitalk,[5] die zuletzt bei Cincom erhältlich war.[6]

Obwohl Smalltalk sehr leicht zu erlernen (nur wenige Sprachkonstrukte) und zu debuggen ist (selten ist eine zeitaufwendige explizite Neukompilierung und -erstellung sowie ein Neustart des Programms erforderlich) und das Problem mit der Ausführungsgeschwindigkeit – zum Teil durch effektivere Implementierungen, zum Teil durch leistungsfähigere Hardware – inzwischen gelöst ist, wird Smalltalk heute noch immer in wenigen Bereichen eingesetzt. Einer der Gründe hierfür kann in der mangelnden Einheitlichkeit der Programmbibliotheken verschiedener Implementationen gesehen werden, von denen bisher keine eine „natürliche Dominanz“ (wie die von Sun Microsystems für Java) entwickelt hat.

Nachdem ParcPlace als Player ausgeschieden war, IBM sein Smalltalk-Engagement zugunsten von Java eingestellt hatte und verschiedene zunächst erfolgversprechende Smalltalk-Implementierungen eingestellt worden waren (z. B. Dolphin Smalltalk 2007), gab es nur noch wenige überzeugte Anhänger, die an einen großen Durchbruch glaubten. Smalltalk blieb weiter ein Insiderthema.

Seit 2000[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den letzten Jahren gibt es mit der Etablierung von freien Implementierungen eine Art Renaissance von Smalltalk. Insbesondere das von ursprünglichen Smalltalk-Erfindern entwickelte plattformübergreifende Squeak und das darauf aufbauende Croquet erhalten wachsende Unterstützung aus Wissenschaft, IT-Industrie und einer großen freien Entwickler-Community. Squeak wurde erstmals im September 1996 als erstes freies Smalltalk veröffentlicht. Dan Ingalls, Ted Kaehler, John Maloney, Scott Wallace und Alan Kay schreiben, dass hier geglückt sei, was 1980 fehlschlug.[7]

Alan Kays Konzept einer interaktiven, computer- und netzwerkvermittelten Interaktion, das Dynabook, ist Bestandteil in der Softwareentwicklung für das One Laptop per Child-Projekt.[8] Standardmäßig werden auf den Schülerlaptops EToys, auf Squeak basierende Bausteine, installiert.

Mit Croquet wird, mit dem Hintergrund des heutigen Wissensstands, erneut eine Antwort auf die generelle Frage nach der optimalen Computer-Mensch-Schnittstelle gesucht. In den 1980er Jahren war dies die – erstmals mit Smalltalk implementierte – zweidimensionale grafische Benutzeroberfläche, die ihre Verbreitung durch Apple und Microsoft fand. Heute sehen Alan Kay und andere darin eine dreidimensionale, plattformunabhängige, vernetzte Multibenutzerumgebung, in der Objekte fließend zwischen den verschiedenen teilnehmenden Rechnern ausgetauscht werden können. Die dazu notwendigen Eigenschaften besitzt nach Auffassung der Mitglieder des 2001 gestarteten und 2007 veröffentlichten Croquet-Projektes speziell Squeak Smalltalk, welches das ursprünglich zur Implementierung vorgesehene Java daher ersetzte.

2008 startete das Pharo-Projekt, das auf der Basis von Squeak eine freie, stabile Smalltalk-Plattform bietet, um weitere Anwendungsbereiche mit freiem Smalltalk zu erreichen.

Am 15. April 2019 wurde VisualWorks 8.3.2 von Cincom Systems veröffentlicht. Cincom übernahm VisualWorks 1999 von Objectshare.[9]

Image-Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während die meisten Programmiersprachen ihren Quellcode in Dateien verwalten, die direkt über einen Editor bzw. eine Entwicklungsumgebung bearbeitet werden, wurde das ursprüngliche Smalltalk-80 von Xerox PARC mit einem Image-Konzept[10] aufgebaut. Dabei bildet die Virtuelle Maschine mit einer Source-Datei und einer Image-Datei nicht nur Quellcode, sondern auch den gesamten Systemzustand (Objekte mit Zustandsinformation) ab. Die Image-Datei enthält hierzu einen Snapshot des gesamten Systems. Für Einsteiger etwas verwirrend ist, dass auch die Entwicklungsumgebung (Compiler, Editor, Debugger) in ihrem aktuellen Zustand gespeichert wird. Beim erneuten Starten des Systems wird aus der Image-Datei dann der Systemzustand der letzten Sitzung restauriert. Image- und Source-Datei bilden ein festes Tandem, welches auch immer gemeinsam gespeichert werden muss. Die endgültige Auslieferung einer Anwendung wird dadurch etwas komplizierter, da aus dem Image durch den Vorgang des Strippens alle nicht laufzeitrelevanten Anteile (z. B. der Debugger) entfernt werden müssen.

Moderne Varianten von Smalltalk weichen hiervon leicht ab, indem z. B. bei ENVY eine eigene Verwaltung der Systemelemente dazwischen geschaltet wurde oder in Pharo der Quellcode mit Git verwaltet werden kann.

Der Umfang der Klassenbibliothek und die Komplexität des Gesamtsystems (welches durch das Image-Konzept noch gesteigert wird) erschwert den Einstieg für Anfänger, was ein Zitat von Joe Armstrong drastisch beschreibt: “You wanted a banana but what you got was a gorilla holding the banana and the entire jungle.”[11]

Typisierte Variante von Smalltalk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Smalltalk verfügt nicht über ein statisches Typsystem. Insbesondere findet man dort keine Typdefinitionen und Typannotationen an Variablen oder für die Ein-/Ausgabeparameter von Methoden. Demgemäß finden auch keinerlei Typprüfungen bei Wertzuweisungen statt, wie dies für typisierte Sprachen üblich ist, und zwar weder dynamisch (zur Laufzeit) noch statisch (zur Übersetzungszeit). Die Klassenhierarchie von Smalltalk darf nicht mit einer Subtypenhierarchie verwechselt werden – auch wenn moderne objektorientierte Programmiersprachen oftmals Typ- und Klassendefinitionen als einen einzigen Vorgang betrachten, handelt es sich hier um unterschiedliche Konzepte und auch unterschiedliche Komponenten des Übersetzers und des Laufzeitsystems einer Sprache. Smalltalk verfügt hinsichtlich der Bildung und Prüfung von Typen über keine solche Komponente.

Es gibt allerdings Varianten von Smalltalk, die über ein statisches Typsystem verfügen, so etwa Strongtalk. Strongtalk ermöglicht die klassenunabhängige Definition von Typen in einer eigenen Typhierarchie und in der Folge auch die Annotation solcher Typen an Variablen und Methoden.

Ausdrücke (Expressions)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausdrücke haben folgende Form:

   objekt nachricht

Das heißt, man sendet einem Objekt eine Nachricht. Das Objekt antwortet mit einem Antwortobjekt. Ausdrücke müssen mit einem Punkt getrennt werden.

Es gibt drei Arten von Nachrichten, unäre Nachrichten, binäre Nachrichten und Schlüsselwort-Nachrichten.

Unäre Nachrichten haben keinen Parameter und bestehen aus einem Bezeichner:

  objekt nachricht

Eine binäre Nachricht hat genau einen Parameter und besteht aus einem oder mehreren Sonderzeichen. Vier Beispiele:

  1 + 3
  100 @ 200
  vorname , nachname
  10 // 3

Die meisten arithmetischen Operationen sind in Smalltalk als binäre Nachrichten implementiert.

Eine Schlüsselwort-Nachricht hat einen oder mehrere Parameter, wobei vor den Parametern Doppelpunkte stehen.

  objekt nachricht: parameter

Diese Schlüsselwort-Nachricht heißt nachricht: und hat einen Parameter parameter.

  objekt nachricht: parameter1 nachricht: parameter2

Diese Schlüsselwort-Nachricht heißt nachricht:nachricht: und hat zwei Parameter. D. h. Parameter können bei Schlüsselwort-Nachrichten mitten in die Nachricht eingefügt werden. Diese Besonderheit macht es möglich, in Smalltalk besonders leicht lesbare Programme zu schreiben:

  collection copyFrom: 1 to: 10

Das klingt wie ein Satz. In Java würde man das folgendermaßen schreiben:

  collection.copyFromTo(1, 10);

Ausdrücke können kombiniert und mit Klammern geschachtelt werden. Ohne Klammern werden Ausdrücke in folgender Reihenfolge ausgeführt: Unäre Nachrichten vor binären Nachrichten vor Schlüsselwort-Nachrichten. Bei „gleichrangigen“ Nachrichten erfolgt die Auswertung von links nach rechts.

Sollen einem Objekt in Folge mehrere Nachrichten geschickt werden, besteht die Möglichkeit, diese Nachrichten mit einem Semikolon (;) zu verketten:

  objekt
    nachricht1;
    nachricht2;
    nachricht3

Zuweisungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Zuweisung hat folgende Form:

  variable := ausdruck

Zugewiesen wird in Smalltalk nur die Referenz auf ein Objekt.

Blöcke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blöcke sind Sequenzen von Zuweisungsanweisungen und Ausdrücken. Sie werden durch eckige Klammern eingeschlossen. Blöcke können parameterlos sein oder auch Parameter aufweisen.

  blockEins := [ Anweisungen ]
  blockZwei := [ :einParameter | Transcript show: einParameter ]

Blöcke sind First Class Objekte. Sie können als Argument übergeben werden, oder als Rückgabewert eines Methodenaufrufs oder einer Blockevaluierung zurückgeliefert werden. Blöcke halten eine Referenz auf ihren Kontext, so dass bei deren Ausführung umgebende Variablen erreichbar sind (entsprechend ihrer statischen Sichtbarkeit). Blöcke entsprechen damit den Closures, wie sie aus vielen funktionalen Sprachen (z. B. Scheme) bekannt sind. Zur Ausführung eines Blocks wird diesem eine Variante der value-Nachricht geschickt, wobei die Anzahl der mitgegebenen Parameter der Anzahl der Blockargumente entsprechen muss:

  blockEins value
  blockZwei value: 'Test'

Kontrollstrukturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kontrollstrukturen werden mit booleschen Ausdrücken und Blöcken implementiert. Ein boolescher Ausdruck liefert nach der Auswertung ein boolesches Objekt. Diesem wird dann eine Message zugesandt, die als Parameter einen ausführbaren Block hat. Der Programmtext sieht aber ähnlich wie bei anderen Programmiersprachen aus, so dass man wie dort einfach gewisse Kontrollstrukturen als gegeben anwenden kann.

Einige Beispiele.

IF-Anweisung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

   aBoolean ifTrue: [ "ein Block mit Anweisungen" ]

oder

   ( einAusdruck ) ifTrue: [ "ein Block mit Anweisungen" ]

Das aus anderen Programmiersprachen bekannte else sieht folgendermaßen aus:

   aBoolean ifTrue: [ ... ] ifFalse: [ ... ]

Schleifen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

   10 timesRepeat: [ Transcript show: '.' ].
   1 to: 10 do: [ :i | Transcript show: i printString ].
   [ "ein Block, der ein boolesches Objekt zurückgibt" ] whileTrue.
   [ "ein Block, der ein boolesches Objekt zurückgibt" ] whileFalse.
   [ "ein Block, der ein boolesches Objekt zurückgibt" ] whileTrue: [ "Block mit Schleifenrumpf" ].
   [ "ein Block, der ein boolesches Objekt zurückgibt" ] whileFalse: [ "Block mit Schleifenrumpf" ]

Collections[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Smalltalkumgebungen sind mit einer großen Klassenbibliothek ausgestattet. Ein wichtiger allgemeiner Objekttyp (Klasse) sind die Collections, d. h. Sammlungen von Objekten. Die Klasse Collection steht an der Wurzel einer ganzen Hierarchie von Klassen.

Eine wichtige Arbeit, die man mit einem Collection-Objekt durchführen kann, ist für jedes Element der Collection einen Block von Anweisungen auszuführen. Andere Programmiersprachen brauchen hierfür spezielle Konstrukte (Iteratoren).

   aCollection do: [ :einElement | einElement auszuführendeArbeitFürDiesesElement ]

Es hat sich eingebürgert, den Parameter als each zu bezeichnen, sodass direkt klar ist, was hierbei gemeint ist. Bei Verwendung von mehreren Collections sollte man dem noch eine genaue Bezeichnung nachsetzten. Iteriert man bspw. über alle x und y Werte aus zwei unterschiedlichen Collections:

   xWerte do: [:eachX | yWerte do: [:eachY | map addPoint: eachX withY: eachY]]

Programmbeispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das HelloWorld-Beispiel sieht wie folgt aus:

 Transcript show: 'Hello World!'.

Transcript ist eine in jeder Smalltalkumgebung vordefinierte globale Variable, die ein Objekt enthält, auf dem man Dinge protokollieren kann (ein Ausgabefenster).

Diesem Objekt wird die folgende Nachricht geschickt:

    show: aString

Ein bereits etwas komplexeres Beispiel:

 'Hello World' do: [ :eachChar|
     Transcript show: eachChar asString; cr.
 ].

gibt den Text „Hello World“ vertikal aus. 'Hello World' ist ein String (Zeichenkette). Die Klasse dieses Objektes ist eine Unterklasse von Collection. Ein String ist also eine Collection (= Sammlung) von Zeichen. Indem wir dem Objekt String die Nachricht

   aString do: [ :eachChar | OperationenMitDiesemBuchstaben ]

senden, gehen wir alle Buchstaben (Elemente) des Strings einzeln durch.

Das Dictionary (in Perl Hash, in Java Map) ist eine in Smalltalk häufig verwendete Datenstruktur:

    d := Dictionary new.
    d at: 'grün' put: 'green'.
    d at: 'blau' put: 'blue'.
    d at: 'rot'  put: 'red'.

    Transcript show: (d at: 'blau').

Alternativ können die Nachrichten auch wie bereits beschrieben verkettet werden:

    d := Dictionary new.
    d at: 'grün' put: 'green';
      at: 'blau' put: 'blue';
      at: 'rot'  put: 'red'.

    Transcript show: (d at: 'blau').

Auch das Dictionary ist eine Unterklasse von Collection. Diese Datenstruktur entspricht dem assoziativen Array in anderen Programmiersprachen.

Schreibweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Smalltalk wird mit kleinem t geschrieben. Häufig findet sich die falsche Schreibweise SmallTalk, selbst auf den offiziellen IBM-Webseiten, wenn auch nicht durchgehend.

Implementierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adele Goldberg: Smalltalk-80, The Interactive Programming Environment. Addison-Wesley, 1983, ISBN 0-201-11372-4.
  • Glen Krasner: Smalltalk-80, Bits of History, Words of Advice. Addison-Wesley, 1983, ISBN 0-201-11669-3.
  • Johannes Brauer: Grundkurs Smalltalk · Objektorientierung von Anfang an. Eine Einführung in die Programmierung. 4. Auflage. Springer Vieweg, 2014, ISBN 978-3-658-00630-3.
  • Sherman R. Alpert, Kyle Brown, Bobby Woolf: The Design Patterns Smalltalk Companion. Addison-Wesley Professional, 1998, ISBN 0-201-18462-1.
  • Mark J. Guzdial: Squeak: Object-Oriented Design with Multimedia Applications. Prentice Hall, 2000, ISBN 0-13-028028-3.
  • Mark J. Guzdial, Kimberly M. Rose: Squeak: Open Personal Computing and Multimedia. Prentice Hall, 2001, ISBN 0-13-028091-7.
  • Günther Vinek: Objektorientierte Softwareentwicklung mit Smalltalk. Springer Verlag, 1997, ISBN 3-540-62558-5.
  • Simon Lewis: The Art and Science of Smalltalk. Prentice Hall, 1995, ISBN 0-13-371345-8.
  • Chamond Liu: Smalltalk, Objects and Design. iUniverse, 2000, ISBN 1-58348-490-6.
  • Peter P. Bothner, Wolf-Michael Kähler: Smalltalk: Einführung in die objekt-orientierte Programmierung. Vieweg+Teubner, 1998, ISBN 3-528-05700-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. wiki.squeak.org.
  2. Vgl. Alan C. Kay: The early history of Smalltalk. In: »ACM SIGPLAN notices« (Tagungsjournal), Band 28, No. 3, März 1993, Association for Computing Machinery, New York, S. 69 ff. – 2004-0924-2355 (1999-0802-2121) (Memento vom 5. Februar 2012 im Internet Archive) (PDF; 3,9 MB).
  3. VisualWorks in der englischsprachigen Wikipedia
  4. Cincom in der englischsprachigen Wikipedia
  5. Thomas Brey, Heiko Wagner: A moribund Smalltalk still alive and kicking. (PDF) In: vs-kb.apis.de. 29. August 2008, abgerufen am 12. Januar 2023 (englisch, Informationen zu einem Vortrag auf der 16. ESUG-Konferenz, Amsterdam).
  6. The Premiere Component-Based Development Environment for Windows 9X and Windows NT (Memento vom 23. Juli 2011 im Internet Archive) auf cincomsmalltalk.com (englisch)
  7. Back to the Future: The Story of Squeak (Memento vom 27. Januar 2007 im Internet Archive)
  8. Alan Kay: The $100 Laptop and Powerful Ideas, Windleys Technometria, 23. Februar 2006.
  9. computerwoche.de
  10. terminology – What is a Smalltalk "image"? Abgerufen am 11. August 2022 (englisch).
  11. Crystal Villanueva: The Banana and the Gorilla Problem. In: Medium. 18. Februar 2021, abgerufen am 11. August 2022 (englisch).
  12. 008 JSJ V8 and Dart with Lars Bak and Kasper Lund (Memento vom 15. März 2014 im Internet Archive), WOODY2SHOES am 14. März 2012.