Spermarche

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Die Spermarche (altgriechisch σπέρμα spérma „Same“ und ἀρχή archḗ „Anfang“) ist der medizinische Fachausdruck für den Beginn der Spermienproduktion in den Hoden eines heranwachsenden männlichen Jugendlichen während der Pubertät, damit zugleich dem Zeitraum des ersten Samenergusses (Ejakularche)[1] und dem Beginn der Geschlechtsreife. Oft wird der Begriff im Grunde unpräzise mit dem erstmaligen Samenerguss gleichgesetzt.[2][3]

Physiologische Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl die männlichen Geschlechtsorgane zum Zeitpunkt der Geburt bereits vollständig angelegt sind, findet die weitere Ausdifferenzierung erst im Verlaufe der Pubertät unter dem Einfluss der Geschlechtshormone statt. Unter dem Anstieg des Testosteronspiegels im Blut erreichen auch die Hoden ihre volle Funktionalität einschließlich der Fähigkeit zur Produktion von befruchtungsfähigen Spermien. Nach der Spermarche erfolgt bei einem durch sexuelle Aktivität willkürlich ausgelösten Orgasmus gegebenenfalls nicht mehr nur eine mehr oder weniger geringe Ausschüttung von Sekreten, sondern ein Samenerguss (Ejakulation). Bei sexuell weniger aktiven oder völlig abstinenten Jugendlichen wird früher oder später eine erstmalige Pollution mit Samenerguss stattfinden (Polluarche). Mit all diesen möglichen Ereignissen wird zugleich auch der Beginn der Geschlechtsreife angezeigt; sie sind anscheinend dem Begriff Menarche, besser der Ovularche (erstmalige Ovulation), nachgebildet und deshalb durchaus als „männliches Äquivalent“ gegenüber der Menarche und der in einem mehr oder weniger großen Zeitabstand nachfolgenden erstmaligen Ovulation zu sehen, die bei einem Mädchen das Erreichen der Geschlechtsreife anzeigt, obwohl erstmalige Menstruation, bzw. erstmalige Ovulation, und erstmalige Bildung und Ejakulation von Spermien im physiologischen Sinne völlig unterschiedliche Erscheinungen darstellen.

Nach der Spermarche besteht das Ejakulat (Sperma) aus zellulären (Spermien, Epithelzellen der Hodenkanälchen) und flüssigen (Seminalplasma) Bestandteilen. In der Regel sind im Ejakulat zunächst nur vereinzelte Spermien minderer Qualität vorhanden, welche oft nicht befruchtungsfähig sind. Erst in darauffolgender Zeit erhöht sich die Zahl und Qualität der Spermien, so dass spätestens dann eine Zeugungsfähigkeit eintritt.
Das Seminalplasma setzt sich zusammen aus Sekreten der sogenannten akzessorischen Geschlechtsdrüsen: Samenleiterampulle (Ampulla ductus deferentis), Samenblasendrüse (Glandula vesicularis), Vorsteherdrüse (Prostata), Bulbourethraldrüse (Glandula bulbourethralis), zu geringen Teilen auch der Hoden und Nebenhoden.

Zeitpunkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Jungen mit häufiger sexueller Aktivität einschließlich des Erreichens eines Orgasmus zumeist bei Masturbation findet in der Regel vor und während der Pubertät ein Übergang vom trockenen Orgasmus über den feuchten Orgasmus mit nur geringfügiger Absonderung von Sekret ohne Spermien bis hin zum erstmaligen Samenerguss (Ejakularche) mit anfänglich noch relativ geringer Spermienanzahl statt. Wie bei allen physiologischen Wachstumsveränderungen geschieht dies über eine mehr oder minder große Zeitspanne. In solchen Fällen ist der genaue Zeitpunkt der Spermarche wie auch der Ejakularche allein per Augenschein (einfache Beobachtung ohne Hilfsmittel) nicht eindeutig feststellbar.

Sollte jedoch bei einem männlichen Heranwachsenden vor und im Verlauf der Pubertät niemals ein Orgasmus durch eigene sexuelle Aktivität ausgelöst werden, dann wird eine Ejakularche in Form einer erstmaligen Pollution (Polluarche) auftreten. Der Zeitpunkt der Spermarche kann in diesem Fall nur indirekt in zeitlicher Nähe vor dieser Polluarche angesetzt werden.

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen findet heutzutage die Spermarche in der Regel mit durchschnittlich 13,4 Jahren (Nielsen et al., 1986)[4] oder nach anderen Quellen mit 13,8 Jahren[5][6][7][8] statt.

Nachweismethoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer wissenschaftlichen Studie wurde zum Nachweis der erfolgten Spermarche die Anwesenheit von Spermien im Urin der Pubertierenden gemessen.[9] Dies ist möglich, da zumindest nach jedem bewusst oder unbewusst ausgelöstem Orgasmus mit Ejakulation einige Spermien in der Harnröhre verbleiben und beim nächsten Urinieren mit ausgespült werden. Damit kann der Zeitpunkt der Spermarche ebenfalls nur indirekt in zeitlicher Nähe vor dem erstmaligen Auftauchen von Spermien im Urin erschlossen werden, jedoch ohne dabei in die Intimsphäre der Beteiligten einzudringen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. D. Keidel: Kurzgefasstes Lehrbuch der Physiologie. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 1970.
  • E. J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen. de Gruyter, Berlin 1983, ISBN 3-11-008753-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Duden - Das große Fremdwörterbuch: Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. Dudenverlag, Mannheim/ Leipzig/ Wien/ Zürich 2003.
  2. John W. Santrock: Spermarche. In: Adolescence, 9/e: Biological Development. Key Terms. highered.mcgraw-hill.com, 2003; abgerufen am 20. März 2016.
  3. Holle Greil: Frühentwickler - Spätentwickler: Sexuelle Reifungszeichen als Marker für das biologische Alter. In: korasion, Nr. 1, Februar 2007; kindergynaekologie.de, abgerufen am 29. März 2016.
  4. C. Nielsen u. a.: Onset of the release of spermatozoa (spermarche) in boys in relation to age, testicular growth, pubic hair and height. In: The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism (J Clin Endocrinol Metab), 1986, Band 62, Nr. 3, S. 532–535, doi:10.1210/jcem-62-3-532.
  5. H. Kahl, A. Schaffrath Rosario, M. Schlaud (Robert Koch-Institut, Berlin, BRD): Sexuelle Reifung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). In: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung & Gesundheitsschutz. Mai - Juni 2007, Nr. 50, S. 677–685, doi:10.1007/s00103-007-0229-3; Volltext (PDF).
  6. H. Kahl, J. Richter, K. Sommer: Wachstum und sexuelle Reifung bei Kindern und Jugendlichen in der DDR. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin, Reihe Medizin. 1988, Band 37, S. 185–186.
  7. B. Willers, L. Engelhardt, L. Pelz: Sexual maturation in East German boys. In: Acta Pediatr. Nr. 85, 1996, S. 785–788
  8. H. Greil, H. Kahl: Assessment of development age: cross-sectional analysis of secondary sexual characteristics. In: Anthropologischer Anzeiger, 2005, S. 63–75.
  9. M. Jørgensen, N. Keiding, N. E. Skakkebaek: Estimation of spermarche from longitudinal spermaturia data. In: Biometrics. Band 47, Nummer 1, März 1991, S. 177–193, ISSN 0006-341X, PMID 2049498.