Städteexpress

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Städteexpress „Elbflorenz“ im Dresdner Hauptbahnhof (vermutlich 1976)
Städteexpress „Elbflorenz“ als FDJ-Jugendobjekt (vermutlich 1976)

Der Städteexpress (Zugnummer mit vorangestelltem Ex) war bis 1991 die höchstwertige Schnellverbindung der Deutschen Reichsbahn (DR). Er diente, wie auch der Städteschnellverkehr, dem Verkehr zwischen Ost-Berlin und den wichtigsten Städten der DDR. Dazu zählten mit Ausnahme von Frankfurt (Oder), Neubrandenburg und Cottbus alle Bezirksstädte. Hinzu kamen Zwickau und Meiningen.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 1960 führte die DR einen Städteschnellverkehr ein, der jeweils morgens und abends die meisten Bezirkshauptstädte mit Ost-Berlin verband und wenige Unterwegshalte aufwies. Diese Züge waren als normale D-Züge klassifiziert (Zugnummer mit vorangestelltem D) und fuhren meist täglich. In den 1970er Jahren war eine Verbesserung vor allem des Geschäfts- und Funktionärsreiseverkehrs von und nach Ost-Berlin als Hauptstadt dringend vonnöten. Es fehlte jedoch an ausreichendem Wagenmaterial, um den Verkehr bewältigen zu können. Der Export von Wagenmaterial in die RGW-Staaten genoss Priorität vor der Deckung des inländischen Bedarfes. Durch Zufall gelangte das nötige Wagenmaterial in den Bestand der DR.

Die Tschechoslowakische Staatsbahn (ČSD) konnte im Jahre 1976 eine Serie von Y/B-70-Wagen 1. Klasse aus finanziellen Gründen nicht abnehmen. Die DR übernahm dann diese 103 Wagen aus Bautzener Produktion. Damit konnte mit dem „Rennsteig“ von Meiningen nach Berlin am 25. Oktober 1976 der Städteexpress eingeführt werden. Üblicherweise fuhren die Züge frühmorgens von den Bezirkshauptstädten nach Berlin und am Nachmittag wieder zurück. Aufgrund des kleinen Wagenparks und des stark ausgelastenen Schienennetzes in der DDR konnte nur ein Zugpaar pro Tag und Relation angeboten werden. Die Städteexpresszüge fuhren nur montags bis freitags, sie ersetzten teilweise die Verbindungen des Städteschnellverkehrs. Einige dieser Züge blieben jedoch auch nach Einführung des neuen Angebots bestehen.

Der Städteexpress unterschied sich farblich von den sonstigen Zügen der DR. Die Wagen waren in orange-beige lackiert. Sowohl die erste als auch die zweite Klasse führte zunächst ausschließlich Abteile mit sechs Sitzen. Die 60 Wagen der 2. Klasse erhielten Kunstleder- statt textilen Sitzbezügen, die Wagen der 1. Klasse wurden mit Teppichen ausgestattet. Die tschechoslowakische Dako-Bremse wurde zunächst beibehalten und erst anlässlich von RAW-Untersuchungen gegen die Bremsbauart KE getauscht. Mit Einsatz der Wagen vom Typ Z2 bekam die 2. Klasse, wie in der DDR üblich, eine durchgehende Sitzbank mit vier Plätzen, also für acht Personen je Abteil.

Unter Fahrdraht verkehrte die Baureihe 211 und Baureihe 250, später die 1984 in Serie gegangene Baureihe 243.[2] Auf nicht elektrifizierten Strecken wurden die Züge standardmäßig mit Lokomotiven der Baureihe 132, welche die DDR ab 1973 in großer Stückzahl importierte, bespannt. Bei Lokomotivmangel oder Störungen kamen auf nicht elektrifizierten Strecken aber auch die Baureihe 118 oder gar Dampflokomotiven der Baureihe 01 oder 03 zum Einsatz. Die DR wählte für diese Züge üblicherweise ihre bestgepflegten Lokomotiven und als zuverlässig und bewährt bekannte Lokführer aus.[3]

Avanciert zum FDJ-Jugendobjekt „Städteexpress“ stellten diese Züge ein gehobenes Reisezugangebot für den Geschäfts-, Partei- und Funktionärsverkehr der DDR dar. Dies brachte ihnen den Spitznamen „Bonzenschleuder“ ein. Hauptgrund war, dass für diesen Personenkreis ab Ende der 1970er Jahre wegen der Rohstoff- und Energie-Krise die Benutzung von Dienst-PKWs stark eingeschränkt wurde. Auch die so genannte Bauarbeiterheranführung nach Ost-Berlin mit diesen Zügen hatte eine große Bedeutung. Gab es in den ersten Jahren im Städteexpress-Verkehr nur Frühverbindungen nach und Nachmittagsverbindungen von Berlin, so wurden im Laufe der Zeit mit Wagenneulieferungen auf den Strecken nach Erfurt, Leipzig und Dresden auch Züge geführt, die morgens Berlin verließen und abends dort wieder ankamen. Alle Städteexpress-Züge führten einen Mitropa-Speisewagen aus dem Rekowagen-Programm mit. Alkoholmissbrauch in den Speisewagen führte teilweise zu einem Abgabeverbot von Bier in den Morgenstunden.[2]

Im Gegensatz zum Intercity der Deutschen Bundesbahn hatte der DDR-Schnellverkehr nie einen regelmäßigen Takt und keine korrespondierenden Verbindungen bzw. Anschlüsse untereinander. Das Angebot bestand lediglich aus einzelnen Zugpaaren. So kann auch nicht von einem Netz gesprochen werden. Zwar war Mitte der 1980er Jahre angedacht, auch verschiedene Bezirksstädte der DDR untereinander durch Städteexpress-Züge zu verbinden, dies wurde aber aus Kapazitätsgründen nie umgesetzt. Auch bezüglich der Fahrgeschwindigkeit unterschied er sich vom westlichen Intercity. Die generell höchste zulässige Geschwindigkeit im Netz der Deutschen Reichsbahn betrug ohnehin nur 120 km/h. So hatte der schnellste Städteexpress (Berlin–Schwerin) eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 98,55 km/h, der langsamste (Berlin–Meiningen) 66 km/h. Diese Züge wurden aber operativ bevorzugt und wiesen deshalb eine relativ hohe Pünktlichkeitsrate auf.[2] Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden mit dem gemeinsamen DB/DR-Jahresfahrplan 1991/92 die meisten Städteexpress-Züge teils als Schnellzüge (D) geführt oder ganz abgeschafft.

Im internationalen Verkehr führten die Eisenbahnen der DDR, Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns als hochwertiges Produkt ab 1986 den Interexpress ein. Diese Züge fuhren ebenfalls bis 1991.

Tarif[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Benutzung der Städteexpresszüge war zuschlagpflichtig. Der Zuschlag betrug in der 2. Klasse und Zone I (bis 300 Kilometer) 5 Mark, in Zone II (über 300 km) 8 Mark. In der 1. Klasse war der Expresszuschlag für beide Entfernungszonen jeweils doppelt so hoch wie in der zweiten. Grundsätzlich war ein Schnellzugzuschlag im Ex-Zuschlag enthalten.[4]

Laufwege und Wagenreihung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Übersicht basiert im Wesentlichen auf Literaturquelle 2.

Name Startbahnhof Laufweg Zielbahnhof erster Verkehrstag Zug-
nummern
Wagenreihung
ab 1. Tag Bme/WRge/Ame
Wagenreihung
ab 1981/82 Bmhe/ Bme/WRge/Ame
Wagenreihung
Jahresfahrplan 1989/90 Bm(z)/WRg/A
Elstertal Gera Hbf Leipzig HbfFlughafen Berlin-Schönefeld Berlin Ostbahnhof ab 23.05.1977: Berlin-Lichtenberg 01.11.1976 Ex 100/107 Mo: 7/1/5
Di: 6/1/5
Mi: 6/1/5
Do: 6/1/5
Fr: 7/1/5
6/1/6
Stoltera Rostock Hbf Oranienburg Berlin-Lichtenberg 15.11.1976 Ex 121/126 Mo: 6/1/3
Di: 5/1/3
Mi: 5/1/3
Do: 6/1/3
Fr: 6/1/3
6/1/5
Petermännchen Schwerin (Meckl) Hbf Berlin-Lichtenberg 06.12.1976 Ex 131/136 Mo: 5/1/3
Di: 5/1/3
Mi: 5/1/3
Do: 6/1/3
Fr: 6/1/3
Mo: 2/5/1/3
Di: 0/5/1/3
Mi: 0/5/1/3
Do: 0/6/1/3
Fr: 2/6/1/3
6/1/5
Börde Magdeburg Hbf seit 25.09.1977:
Halt in Potsdam Hbf
Berlin-Lichtenberg 23.05.1977 bis 27.05.1978: Berlin Ostbahnhof 29.11.1976 Ex 141/146 Mo: 7/1/3
Di: 6/1/3
Mi: 6/1/3
Do: 6/1/3
Fr: 7/1/3
7/1/5
Rennsteig Meiningen (ab 03.45 Uhr !) Suhlseit 15.05.1984
Arnstadt Hbf (Lokwechsel/Zusatzwagen)
Erfurt HbfHalle (Saale) Hbf – Flughafen Berlin-Schönefeld
Berlin-Lichtenberg 25.10.1976 Ex 150/157 Mo: 7/1/5
Di: 6/1/5
Mi: 6/1/5
Do: 7/1/5:
Fr: 7/1/5
Mo: 1/7/1/5
Di: 0/6/1/5
Mi: 0/6/1/5
Do: 1/7/1/5
Fr: 0/7/1/5
10/1/4
2 A + 1 Bm Mo–Do nur Berlin–Arnstadt Di–Fr Arnstadt–Berlin, Fr Berlin–Meiningen, Mo Meiningen–Berlin
3 Bm täglich nur zwischen Berlin–Arnstadt
Elbflorenz Dresden Hbf Dresden-Neustadt Berlin Ostbahnhof ab 23.05.1977: Berlin-Lichtenberg 08.11.1976 Ex 170/177 Mo: 7/1/5
Di: 6/1/5
Mi: 6/1/5
Do: 6/1/5
Fr: 6/1/5
Mo: 1/7/1/5
Di: 1/6/1/5
Mi: 1/6/1/5
Do: 1/6/1/5
Fr: 1/6/1/5
7/1/6
Sachsenring Zwickau (Sachs) Hbf Karl-Marx-Stadt Hbf – Flughafen Berlin-Schönefeld
ab 3.06.1984:
Leipzig Hbf
Berlin-Lichtenberg 22.11.1976 Ex 172/175
ab 03.06.1984: Ex 160/167
Mo: 6/1/3
Di: 6/1/3
Mi: 6/1/3
Do: 6/1/3
Fr: 6/1/3
Mo: 3/6/1/3
Di: 0/6/1/3
Mi: 0/6/1/3
Do: 1/6/1/3
Fr: 3/6/1/3
6/1/5
Fichtelberg Karl-Marx-Stadt Hbf bis 29.05.1989:
Dresden-Neustadt
Berlin-Lichtenberg 03.06.1984 Ex 172/175 unbek. 6/1/6
Lipsia Berlin-Lichtenberg Leipzig Hbf 27.05.1979 Ex 161/166 unbek. mindestens
ein Bmhe
5/1/6
Berlin-Express Berlin-Lichtenberg Dresden Hbf 02.06.1985 Ex 171/176 unbek. 5/1/5
Einsatz von Komfort-Wagen möglich
Berliner Bär Berlin-Lichtenberg Halle (Saale) Hbf Erfurt Hbf 01.06.1986 Ex 151/156 Mo: 5/1/5
Di: 5/1/5
Mi: 5/1/5
Do: 5/1/5:
Fr: 7/1/5
5/1/3
Thomaner Berlin-Lichtenberg Leipzig Hbf 27.05.1990 Ex 162/163 unbek.

(Stand: 31. Mai 1991)[5][6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Thielmann, Peter Knaack: Schnelle Züge nach Berlin: Die Geschichte der ‚Paradezüge‘ der DR 1960–1990. Städteschnellverkehr und Städteexpreß. Wachsenburg-Verlag, Arnstadt 2004; ISBN 3-935795-08-4.
  • Erich Preuß: Der Städte-Express der Deutschen Reichsbahn, 1. Auflage, transpress Verlag, Stuttgart 2003; ISBN 3-613-71222-9.
  • Zugbildungsplan A für Schnell- und Eilzüge des Binnenverkehrs 1989/90, Ministerium für Verkehrswesen, Hauptstab für die operative Betriebsleitung der Deutsche Reichsbahn, Drucksachenverlag der DR

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vergleiche zur Geschichte dieser Expressverbindung der Deutschen Reichsbahn die Webseite: Die Städteexpresszüge der DR - Das InterCity-System der Deutschen Reichsbahn.
  2. a b c mdr.de: Städte-Express war der schnellste Zug der DDR | MDR.DE. Abgerufen am 11. November 2021.
  3. Franz Rittig, Manfred Weisbrod: Baureihe 232 – Die berühmte Ludmilla (= Eisenbahn Journal Extra. Ausgabe 2 / 2012). Verlagsgruppe Bahn, Fürstenfeldbruck 2012, ISBN 978-3-89610-363-5
  4. Reiseinformationen für den Binnenverkehr. Abgerufen am 15. November 2021.
  5. Step's Waggon-Archiv
  6. Erich Preuß: Der Städte-Express der Deutschen Reichsbahn.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Städteexpress – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien