Stan Getz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Stan Getz in Sandvika, Norwegen (1983)

Stan Getz (* 2. Februar 1927 als Stanley Gayetzsky in Philadelphia; † 6. Juni 1991 in Malibu) war jahrzehntelang einer der einflussreichsten Saxophonisten der Welt. Getz war stilbildend im Bereich des Cool Jazz. Seine größten populärmusikalischen Erfolge gelangen ihm in seiner Latin-Phase. Später war er ein herausragender Mainstream-Saxophonist und galt als eleganter Melodiker. Er wurde mit elf Grammy Awards ausgezeichnet.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Getz wurde als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine geboren. Er spielte zu Beginn seiner Karriere Altsaxophon bei Jack Teagarden (zu dessen Band er 1943 durchbrannte und der sich – um ihn zu halten – zu seinem Vormund bestimmen ließ), mit Nat King Cole, Lionel Hampton und eigenen Gruppen, dann in den Big Bands von Stan Kenton (1944/45), Benny Goodman (der den 16-Jährigen wegen seines unreifen Verhaltens feuerte),[1] Randy Brooks (1946), Jimmy Dorsey und Woody Herman (1947–1949). Zunächst galten Getz und sein Gitarrist Jimmy Raney als bekannte Vertreter des West-Coast- oder Cool-Jazz. Der Tenorist war zunächst ein Pionier des Bebop. Die Aufnahmen, die er bereits vorher mit Horace Silver, Jimmy Raney und anderen machte, wurden erst später als relevant und bedeutend rezipiert.

Mit der Hermans Second Herd erlangte er zuerst größere Aufmerksamkeit durch sein Spiel im Four-Brothers-Sound. Bekannt wurde er 1947 durch sein Solo Early Autumn. Getz blieb bei Herman bis 1949 und arbeitete dann als Bandleader (Stan Getz Plays auf Clef), aber auch als Begleiter in Projekten von Sarah Vaughan, Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie und bei den Jazz at the Philharmonic (JatP)-Tourneen. Sein 1951[2] geschriebener Song Dear Old Stockholm wurde ein Jazzstandard.

Eine von Stan Getz’ Aufnahmen für Roost Records in den frühen 1950er Jahren: die 78er Shellack „Penny“

1954 wurde er zu einem Gefängnisaufenthalt verurteilt, nachdem er versucht hatte, mit einer Spielzeugpistole Drogen in einer Apotheke in Seattle zu rauben.[Anm 1] Danach lebte er eine Weile nach einer JatP-Europa-Tournee 1957/1958 halb zurückgezogen mit seiner schwedischen Frau in Kopenhagen. 1961 meldete er sich mit dem von Streichern begleitetem Album Focus zurück.

Weltbekannt wurde Stan Getz Anfang der 1960er Jahre durch seine Bossa-Nova-Aufnahmen. Seine Version von Desafinado (1962, auf Jazz Samba) zusammen mit dem Gitarristen Charlie Byrd wurde ein Hit. Sein größter Erfolg war aber wohl der Titel The Girl from Ipanema (1963), den er zusammen mit Astrud Gilberto, João Gilberto und Antônio Carlos Jobim auf dem Album Getz/Gilberto einspielte, das ihm einen Grammy einbrachte.

Nach seiner Bossa-Nova-Phase spielte er mit eigenen Gruppen, denen u. a. Gary Burton, Chick Corea, Joanne Brackeen, Kenny Barron, Steve Swallow, Stanley Clarke, Miroslav Vitouš, Jack DeJohnette, Tony Williams, Roy Haynes angehörten. Er spielte u. a. mit (dem Pianisten) Bill Evans, Chet Baker, Elvin Jones, Diane Schuur, Peter Herbolzheimer, der Kenny Clarke/Francy Boland Big Band. Seit 1972 produzierte er seine Platten selbst. 1977 spielte er die Filmmusik für den Thriller Der Fall Serrano ein.

Seit 1985 war er an der Stanford University als Dozent beim Aufbau des Jazz Departement tätig. Ab den 1980er Jahren gab er auch wieder Konzerte in Deutschland, das letzte 1990 in der Münchner Philharmonie. Er trat noch wenige Monate vor seinem Tod an Leberkrebs 1991 im Alter von 64 Jahren auf.

Seit Beginn seiner Karriere war der sensible und privat zu Ausfälligkeiten neigende Künstler drogensüchtig; die Karriere war durch Gefängnisaufenthalte unterbrochen. Vom Heroin konnte Getz sich zwar befreien, die Alkoholsucht überwand er jedoch nie vollständig und konnte unter Alkoholeinfluss auch ausfallend werden. Trotz seiner Drogen- und Alkoholprobleme hat er auf der Bühne niemals versagt.

Getz gilt als einer der renommiertesten Jazzmusiker, der auch von seinen Musikerkollegen anerkannt war. Die Ursachen dafür liegen in seinem großen melodischen Gespür und seinem oft exquisiten Ton begründet. Getz ist sowohl durch seine individuelle Tonbildung als auch durch seine spezifische Phrasierung sofort identifizierbar. Beim Spiel wirkte er immer sehr kühl, fast teilnahmslos; seine Musik war trotzdem hoch emotional, konzentriert und technisch absolut perfekt. Er spielte niemals ekstatisch, aber trotz aller Verhaltenheit immer mit höchster Intensität – der Inbegriff des Cool-Jazz-Improvisators.

Getz heiratete 1946 Beverly Byrne, eine Sängerin in der Band von Gene Krupa, und bekam mit ihr drei Kinder. In zweiter Ehe heiratete er 1956 die Schwedin Monica Silfverskiöld, Tochter des Turners und Arztes Nils Silfverskiöld, mit der er weitere zwei Kinder hatte. 1964 hatte er eine Affäre mit der Bossa Nova-Sängerin Astrud Gilberto. Nach jahrelangem vergeblichen Kampf gegen seine Drogensucht wurde die Ehe 1987 geschieden, die Vormundschaften über seine Kinder aus erster und zweiter Ehe behielten seine Exfrauen.

1987 wurde bei Stan Getz Leberkrebs diagnostiziert. Er starb daran am 6. Juni 1991 in Malibu.[3]

Diskografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stan Getz mit Enkeltochter (Lincoln Center, 1987)

Alben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel
Musiklabel
Höchstplatzierung, Gesamtwochen/​‑monate, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[4][5]Template:Charttabelle/Wartung/Monatsdaten
(Jahr, Titel, Musiklabel, Plat­zie­rungen, Wo­chen/Mo­nate, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE  CH  UK  USTemplate:Charttabelle/Wartung/Charts inexistent
1962 Jazz Samba
Verve
DE16
(8 Mt.)DE
UK15
(7 Wo.)UK
US1
(70 Wo.)US
mit Charlie Byrd
Big Band Bossa Nova
Verve/Polygram
US13
(22 Wo.)US
1963 Jazz Samba Encore
Verve
US88
(11 Wo.)US
1964 Reflections
Verve
US122
(6 Wo.)US
Getz/Gilberto
Verve
CH49
(1 Wo.)CH
UK
Silber
Silber
UK
US2
Gold
Gold

(96 Wo.)US
mit João Gilberto, Astrud Gilberto und Antônio Carlos Jobim
Charteinstieg CH: 14. Juli 2019
1967 Sweet Rain
Verve
US195
(2 Wo.)US
1974 Captain Marvel
Columbia Records
US191
(1 Wo.)US

grau schraffiert: keine Chartdaten aus diesem Jahr verfügbar

Weitere Alben

Sammlung

Singles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen/​‑monate, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[4]Template:Charttabelle/Wartung/Monatsdaten
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen/Mo­nate, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE  UK  US
1962 Desafinado
Jazz Samba
DE16
(4 Mt.)DE
UK11
(13 Wo.)UK
US15
(16 Wo.)US
mit Charlie Byrd
1964 The Girl From Ipanema
Getz/Gilberto
UK29
(10 Wo.)UK
US5
(12 Wo.)US
mit Astrud Gilberto

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Grammy Award für die Best Jazz Performance, Soloist or Small Group (Instrumental) "Desafinado," Stan Getz. 1962
  • Grammy Award für die Record of the Year, "The Girl From Ipanema," 1964
  • Grammy Award für das Album of the Year, Getz/Gilberto, Stan Getz and João Gilberto (Verve) 1964
  • Grammy Award für die Best Instrumental Jazz Performance, Small Group or Soloist With Small Group, Getz/Gilberto, Stan Getz 1964
  • Grammy Award für die Best Jazz Solo Performance, "I Remember You" Stan Getz 1991

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stan Getz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ein Brief von Getz dazu ist in Hentoff/Shapiro loc.cit., S. 359f. abgedruckt. Er hatte keine Pistole und wurde von der Ladenbesitzerin ausgelacht. Als er – zurück im Hotel – anrief, um sich zu entschuldigen, wurde das Gespräch zurückverfolgt (so Getz). Auf dem Weg ins Gefängnis versuchte er, mit Barbituraten Suizid zu begehen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nat Shapiro, Nat Hentoff: Popsie Randolph. In: Hear Me Talkin’ to Ya – The Story of Jazz as Told by the Men who Made it. Neue Auflage. Courier Corporation, 1966, ISBN 0-486-21726-4, S. 372 f. (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Stan Getz Discography. In: jazzdisco.org. Abgerufen am 26. April 2023 (englisch).
  3. Joseph Hooper: Stan Getz Through the Years. In: The New York Times Magazine. 9. Juni 1991, S. 30 (englisch, Volltext [abgerufen am 11. März 2024]).
  4. a b Chartquellen: DE CH UK US US (vor 17. August 1963)
  5. Auszeichnungen für Musikverkäufe: UK US