Stephan Bodecker

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Grabplatte mit plastischer Darstellung des Bischofs Stephan im Brandenburger Dom St. Peter und Paul

Stephan Bodecker O. Praem. (* 15. November 1384 in Rathenow; † 15. Februar 1459 in Dom (Brandenburg an der Havel)) war ein deutscher Geistlicher der Lateinischen Kirche. Von 1421 bis 1459 war er als Stephan Bischof des Bistums Brandenburg und damit Fürstbischof des Hochstifts Brandenburg.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stephan Bodecker wurde als Sohn eines Fassbinders in Rathenow geboren. Samuel Buchholtz stellt 1767 in seinem Versuch einer Geschichte der Churmark… die Behauptung auf, dass der Familiennamen Bodeckers „wohl nicht von der Profeßion seines Vaters hergerühret, sondern ein Geschlechtsname gewesen“.[2] Buchholtz legt seinem Gedanken die Vermutung zugrunde, dass der zeitgleich amtierende Bischof von Schwerin, Niclas Bodecker (reg. 1444–1457) ein Verwandter Bischof Stephans gewesen sei. Der junge Bodecker schrieb sich an den Universitäten von Erfurt, Leipzig und Prag ein. Er studierte die Freien Künste, Philosophie und Rechtswissenschaft. Schon bald erwarb sich Bodecker den Ruf großer Gelehrsamkeit.

1415 wurde er nach Brandenburg berufen, wo er sechs Jahre später das Amt des Bischofs übernahm. 1422 in Dom zu Brandenburg zum Bischof geweiht, rückte er damit trotz seiner nichtadligen Geburt als Fürstbischof in den Stand eines Reichsfürsten auf.

Bischof Stephan Bodecker folgte in seinem Gedankengut nur sehr verhalten dem antisemitischen Tenor seiner Zeit. Zwangsbekehrungen und Gewalt gegen Juden lehnte er entschieden ab. Er gilt als der erste fundierte christliche Kenner der hebräischen Sprache und des jüdischen Brauchtums Brandenburgs. So wandte er sich mit folgenden Worten gegen die Verfolgung der Juden durch die Obrigkeit und ihre Ausbeutung als „Subjekte der Finanzwirtschaft“: „Schlecht handeln die Fürsten, die die Juden aus Habgier, ohne Verhör, ohne jede gerechte Ursache ihrer Güter berauben, sie erwürgen oder ins Gefängnis werfen, und selbst wenn die entrissenen Güter durch Wucher erworben waren, sind die Fürsten zum vollen Ersatz verpflichtet“.[3]

Als Bischof von Brandenburg kümmerte er sich um das verwahrloste Bistum, das er von seinen Vorgängern übernommen hatte und sanierte es. Eines seiner größten Verdienste besteht in seinen Anstrengungen, die Ausbildung der Kinder zu befördern, die im ausgehenden Mittelalter keinesfalls eine Selbstverständlichkeit war. An der Gründung der Universität Greifswald im Jahre 1456 wirkte Bischof Stephan im Auftrag des Heiligen Stuhls, indem er an der Erteilung der päpstlichen Legitimation (des sogenannten Privilegs) beteiligt war.

Bodecker gehörte dem Orden der Prämonstratenser an, wie auch das Brandenburger Domkapitel aus einem Stift regulierter Prämonstratenser-Chorherren bestand.[4]

Bodecker war ein enger Vertrauter und Rat der Brandenburger Kurfürsten Friedrich I. und Friedrich II. Da Brandenburg für die Hohenzollern ein Schlüsselbistum war, hatte Bodecker maßgeblichen Anteil an der historischen Entwicklung der Mark, die zu seiner Zeit noch immer ein instabiles politisches und wirtschaftliches Gebilde war.

Die Grabplatte Bodeckers findet sich in der nordöstlichen Ecke des Südchores des Domes St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel, seiner Bischofskirche. Der Bischof ist auf dieser Platte lebensecht und porträthaft authentisch im Lebensalter von 30 Jahren dargestellt. Er trägt Kasel und Mitra. Als Zeichen seiner Gelehrsamkeit steht er neben einem mit Büchern und Folianten bestückten Schreib- und Lesepult.

Zählungsdivergenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Auflistung der Brandenburger Bischöfe auf der Bischofsresidenz Burg Ziesar führt Stephan Bodecker als 36. und seinen Nachfolger Dietrich von Stechow als 37. Bischof, weil Exil-Bischof Ezilo (1018–1022) (Nr. 5 in der Liste der Bischöfe von Brandenburg) aus einem unbekannten Grunde unbestätigt blieb. Dabei bezieht sich Ziesar auf die Germania Sacra. Darüber hinaus argumentiert die bischöfliche Residenz mit der Zählungsangabe auf dem sich auf der Burg Ziesar befindlichen Epitaph des Nachfolgers Bischof Stephans, Dietrich IV. (1459–1472), der bereits in der Zeit seines Episkopats als 37. Brandenburger Bischof benannt wurde. Dennoch wird das Episkopat Ezilos mit einer Dauer von vier Jahren angegeben, so dass es ungerechtfertigt erscheint, Ezilo aus der Zählung auszuschließen. Kinder und Porada schließen sich in ihrer landesgeschichtlichen Bestandsaufnahme der Zählung Bodeckers als 37. Bischof Brandenburgs an.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerda Arndt: Stephan Bodecker – Dompropst. In: Marcus Alert; Wolfgang Kusior (Hrsg.): 45 namhafte Brandenburger. Neddermeyer, Berlin 2002, S. 11f., ISBN 3-933254-34-5
  • Peter Aufgebauer: Zwischen Schutz und Verfolgung. Zur Judenpolitik der Brandenburger Bischöfe im 15. und frühen 16. Jahrhundert. In: Roderich Schmidt (Hrsg.): Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter. Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg 1988, S. 94–114.
  • Otto Groß: Bodeker (Bodecker), Stephan. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 350 (Digitalisat).
  • Erika Guthjahr: "Ein Rathenower im Bischofsamt, Vor 600 Jahren: Bischof Bodecker warb für Toleranz und forderte Bildung für alle", erschienen in BRAWO – Brandenburger Wochenblatt, 20. Februar 2002, S. 25
  • Rudolf SchwarzeBodeker, Stephan. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 71.
  • Annette Wigger. Stephan Bodeker, O. Praem, Bischof von Brandenburg (1421-1459), Leben, Wirken und ausgewählte Werke. Frankfurt, Peter Lang 1992.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joachim Fait: Dom und Domschatz zu Brandenburg. In: Das christliche Denkmal, Heft 20/20A, Hrsg. Fritz Löffler, Union Verlag (VOB), 1. Auflage Berlin 1975, S. 52
  2. Samuel Buchholtz: Versuch einer Geschichte der Churmark Brandenburg von der ersten Erscheinung der deutschen Sennonen an bis auf jetzige Zeit. Dritter Teil: neue Geschichte, Friedrich Wilhelm Birnstiel, Berlin 1767, S. 159.
  3. Otto Tschirch: Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg an der Havel. Zwei Bände, Buch- und Kunstdruckerei J. Wiesike, Brandenburg an der Havel 1928, Bd. I, S. 148.
  4. Stahl und Brennabor - Die Stadt Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert, Autorenkollektiv, Bibliothek der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Band 3, Verlag für Berlin-Brandenburg, 1. Aufl. 1998, ISBN 3-932981-22-7, S. 634
  5. Brandenburg an der Havel und Umgebung - Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz, Hrsg. Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada im Auftrag des Leibniz-Instituts für Länderkunde und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Band 69, Böhlau Verlag Köln und Weimar 2006, ISBN 978-3-412-09103-3.
VorgängerAmtNachfolger
Johannes II.Bischof von Brandenburg
1421–1459
Dietrich III.