Sterbefasten

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Das Sterbefasten (auch: FVNF Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit oder FVET Freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken) wird vielfach als eine humane Form des Suizids angesehen. Dabei hört die sterbewillige Person nacheinander oder zugleich mit dem Essen und Trinken auf, um das eigene Leben zu beenden. Im englischen Sprachraum wird dafür das Akronym VSED (Voluntary Stopping of Eating and Drinking) verwendet. Sterbefasten ist insofern umstritten, als Argumente, mit denen es aus ethischen und moralischen Bedenken abgelehnt wird, Argumenten gegenüberstehen, die von einem Recht auf Selbstbestimmung über die Beendigung des eigenen Lebens ausgehen.

Zum Begriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Palliativmedizin lautet der Begriff „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ bzw. findet dafür die Abkürzung FVNF Verwendung. Fachleute kritisieren die Verwendung dieser Abkürzung aus inhaltlichen Gründen. In der klinischen Praxis träten Fälle von Sterbefasten auf, die jeweils in einem der vier Buchstaben nicht zuträfen, etwa wenn ein Patient zwar die Nahrungsaufnahme abbräche, nicht aber die Flüssigkeitszufuhr.[1]

Statt FVNF hat Anton van Hooff den Parallel-Begriff Inedia erstmals systematisch benutzt.[2] In der antiken Literatur findet neben Inedia auch das alt-griechische Gegenstück καρτερία (kartería = Ausdauer) Verwendung. So ist in den Schriften des Hippokrates und des Galenus vom Marasmus durch ἀποκαρτερεῖν (apo-kartereîn = hungern, fasten) die Rede.[3] Cicero berichtet im 1. Buch, Abschnitt 84, seiner „Gespräche in Tusculum“ vom griechischen Philosophen Hegesias, dem sogenannten Selbstmordprediger. Dabei verwendet Cicero in seinem lateinischen Text zwei Begriffe für das Sterbefasten: in Latein „per inediam“ (durch Nahrungsentzug) und in Griechisch ἀποκαρτερεῖν (apokartereîn = fasten).[4] Das Reflexiv-Verb zu Inedia lautet: „sich inedieren“.

Im religiösen Bereich wird das Verfahren als Inedia prodigiosa oder Anorexia mirabilis beschrieben. Im Englischen wird Inedia als Fachbegriff für das esoterische oder religiöse, lebenslange Fasten, manchmal auch ohne Wasserzufuhr benutzt. Hier wird als Lebensquelle oft eine Lichtnahrung oder ein göttliches Wunder behauptet. Inedia ist auch beim Senizid eine Methode für alte Menschen, um im Opfertod still aus dem Leben zu scheiden.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gehört zum Sterbeprozess, dass häufig zunächst die Nahrungs- und später auch die Flüssigkeitsaufnahme reduziert und dann ganz eingestellt werden.[5] Die Aufnahme von auch nur geringen Mengen Flüssigkeit, beispielsweise bei der Medikamenteneinnahme, verzögert das Sterben.[6][7] Boudewijn Chabot und Christian Walther zufolge könne man bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr durch Trinken viele Wochen auf Nahrung verzichten, ohne dadurch den Tod herbeizuführen.[8] Sterbefasten beruht auf einer bewussten, freiwilligen Entscheidung. Es kann zumindest in der ersten Woche wieder beendet werden, ohne dass mit bleibenden Schäden zu rechnen ist, während andere Selbsttötungsmethoden meist den sofortigen Tod nach sich ziehen oder beim Überleben zu zum Teil massiven Einschränkungen führen können.[8]

Bei konsequenter Durchführung dieses freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit ist – abhängig von Konstitution und Grunderkrankung – in fast drei Vierteln der Fälle innerhalb von 14 Tagen mit dem Tod zu rechnen. In einigen Fällen kann es aber auch länger dauern; vor allem wenn keine tödliche oder schwere Erkrankung vorliegt.[7][9] Empirischen Untersuchungen zufolge ist der Verzicht auf Essen und Trinken bei Sterbenden in der Regel nicht leidvoll, ein längerer Sterbeprozess kann aber zu einer Belastung für Betroffene beziehungsweise auch für deren Angehörige werden.[10]

Von Außenstehenden wird das Sterben durch konsequentes Vermeiden einer Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme überwiegend als sanfter Vorgang empfunden. Eine Befragung von Pflegenden aus Hospiz- und Palliativeinrichtungen 2001 in Oregon, die ein solches Sterben begleitet hatten, ergab, dass sie den Sterbeprozess im Durchschnitt als sehr gut und friedlich erlebt hatten.[11] In den Fragebögen für die 126 Krankenschwestern waren unterschiedliche Kategorien („suffering, pain, peacefulness“) abgefragt worden. Insgesamt beurteilten sie auf einer Punkteskala von null bis neun („schrecklich“ bis „friedlich“) den letzten halben Monat des individuellen Sterbeverlaufs mit acht Punkten.[12]

Eine FAZ-Rezension des Buches Ausweg am Lebensende: Sterbefasten von Chabot und Walther setzt sich hingegen kritisch mit dem propagierten Konzept des sogenannten Sterbefastens auseinander: So seien „Magersüchtige und Hungerstreikende“ gemäß dem Buch vom Sterbefasten ausgenommen, da das Konzept „für junge Menschen unerträgliche Qualen bedeute“, während den „Alten“ ein Sterben angeboten werde, welches „nicht ganz frei von Leiden“ sei.[13]

Voraussetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sterbefasten kann durch drei Bedingungen definiert werden:

  1. Ein Patient entscheidet sich, in einem Zustand, in dem er zur Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme fähig ist, weder das eine noch das andere zu sich zu nehmen.
  2. Er beabsichtigt damit, den Eintritt des Todes zu beschleunigen.
  3. Er trifft die Entscheidung dazu im Zustand der Einsichtsfähigkeit, ohne äußeren Druck und im Wissen um die Tragweite seiner Entscheidung.[9][14]

Um zu gewährleisten, dass der Betroffene sein Vorhaben jederzeit abbrechen kann, falls er sich doch noch anders entscheidet, sollte sich in seiner Reichweite ein Getränk oder auch eine Kleinigkeit zu essen befinden.[10]

Physiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die körperlichen Erscheinungen beim Verzicht auf Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr verlaufen folgendermaßen:[10] Wenn dem Körper keine Nahrung zugeführt wird, kommt es nach ein bis zwei Tagen zum sogenannten Hungerstoffwechsel, bei dem so wenig Energie wie möglich verbraucht wird. Gleichzeitig legt sich das Hungergefühl. Die Eiweiß- und Fettreserven des Körpers werden allmählich aufgelöst; es kommt zum Muskelschwund. Bei diesen Stoffwechselvorgängen bilden sich Ketonkörper wie Aceton. Bei längerem Fasten schüttet der Körper Endorphine aus, was das Hungern erträglicher macht und zu euphorischen Gefühlszuständen führen kann. Pro Tag verlieren Fastende im Durchschnitt etwa 400 Gramm Gewicht; anfangs vor allem Wasser, später dann Eiweiß (und damit Muskelsubstanz).

Bei Verzicht auf die zum Erhalt der Stoffwechselfunktionen nötigen ca. 25 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag kommt es zur Austrocknung, die sich ab einem Wasserverlust von drei Prozent als Durst äußert. Ab ca. zehn Prozent können Sprach- und Gangstörungen auftreten. Eine gute Mund- und Schleimhautpflege, z. B. durch halbstündiges Mundausspülen, kann Symptome wie Durstgefühl und Mundtrockenheit (Xerostomie) lindern. Hingegen führt eine Flüssigkeitszufuhr über eine Infusion nicht zwangsläufig zu einer Minderung des Durstgefühls.[15]

Schwerkranke, deren Immunsystem durch die Erkrankung oder deren Behandlung (z. B. Therapie mit Zytostatika) beeinträchtigt ist, neigen zusätzlich zu Entzündungen und Pilzinfektionen wie Mukositis und Soor. Durch die Austrocknung haben die Nieren zu wenig Flüssigkeit, um ihre Ausscheidungsfunktion aufrechtzuerhalten. Es kommt zum akuten Nierenversagen mit einer Erhöhung des Harnstoffs im Blut, was mit der Zeit schläfrig macht. Der Tod tritt dann in der Regel im Schlaf durch Herzstillstand ein.

Weitere Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie häufig auch beim krankheitsbedingten Sterben treten bei fortschreitender Abmagerung und Austrocknung (Exsikkose, Dehydrierung) weitere Symptome auf. Dazu zählt zunehmende Schwäche, die letztendlich in die Bettlägerigkeit führt, mit den damit einhergehenden Risiken des Wundliegens und von Kontrakturen. Beim Aufstehen kommt es vermehrt zu einem Schwindelgefühl (Orthostase), da sich der Blutkreislauf auf die wichtigen Organe zurückzieht und die periphere Durchblutung nachlässt. Füße, Arme und Hände werden kalt und können sich verfärben, insbesondere die Beine erscheinen „marmoriert“. Die Urinmenge ist reduziert (Oligurie), die Kontrolle über die Ausscheidung geht eventuell verloren (Inkontinenz); in selteneren Fällen kommt es zu schmerzhaftem Harnverhalt, was durch Anlage eines Blasenkatheters behoben werden kann.

Müdigkeit und Teilnahmslosigkeit steigern sich bis zur Apathie, Schlafphasen werden häufiger und verlängern sich (Somnolenz), die seltener werdenden Wachphasen können von Verwirrtheit und Unruhe geprägt sein.[16] Daneben können, vor allem im Zusammenhang mit fieberhaften Infektionen, Muskelkrämpfe auftreten.[17]

Diese Symptome lassen sich in der Regel durch palliativmedizinische und -pflegerische Therapie und Unterstützung lindern. Andere Symptome beruhen auf eventuell vorhandenen Grunderkrankungen und müssen unter Umständen entsprechend weiter palliativ behandelt werden.

Ethische Bewertungen und gesellschaftliche Akzeptanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit ist unabhängig von der Hilfe anderer und gilt meist als eine Form der unnatürlichen Selbsttötung oder des passiven Senizids[18]. Von anderer Seite wird geltend gemacht, dass es sich um keinen gewalttätigen Suizid, sondern um eine autonome, gewaltfreie und natürliche Tötungsart sui generis handelt.[19][20] Die Zuordnung des Sterbefastens zum unnatürlichen passiven Suizid oder zu einer natürlichen Selbsttötung oder dritten Art der Selbsttötung sui generis ist von weitreichender Bedeutung für die Behandlung des Toten, etwa weil bei einem unnatürlichen Tod die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden muss, mit den entsprechend belastenden Folgen für die Angehörigen.

Hintergrund ist, dass der Verzichtende sein nahendes Lebensende akzeptiert oder aber eine dezidierte Suizidabsicht verfolgt. Abhängig davon fällt das Geschehen unter Begrenzung lebenserhaltender Maßnahmen oder unter den Aspekt der Suizidhilfe. Die Arbeitsgruppe „Ethik am Lebensende“ in der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. (AEM) plädiert, ungeachtet der Zuordnung im Einzelfall, für die Anwendung derselben Entscheidungskriterien, die für die Suizidhilfe erarbeitet wurden.[21] Das Sterbefasten kann als passiver Suizid eingestuft werden, da dabei keine aktive Handlung ausgeführt wird. Es ist ein autonomes Gestalten des Sterbeprozesses, das im Unterlassen der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme besteht.[9]

Das gesellschaftliche Verhältnis zu Themen der Sterbehilfe ist gespalten;[22] ebenso besteht kein Konsens darüber, wie frei der freie Wille wirklich ist und wie die Forderung nach Autonomie in diesem Zusammenhang zu bewerten ist.

Rechtliche Einordnung und Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verzicht bzw. die Ablehnung von lebenserhaltenden Maßnahmen ist spätestens seit dem Erlass des Patientenverfügungsparagraphen (§ 1901a BGB) in Deutschland rechtens. Dazu zählt auch der Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit, solange dies von einer einwilligungsfähigen Person getan wird, die ihren Willen glaubhaft und nachhaltig äußert. Der nachhaltige Wille wird hier schon durch die fortgesetzte Ablehnung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme dokumentiert. Allerdings ist vorher zu klären, ob behandelbare Ursachen (Krankheiten wie Magersucht oder Depression) dazu geführt haben, dass die Nahrungsaufnahme abgelehnt wird. Können solche Gründe bei selbstbestimmter Einsichtsfähigkeit des Betroffenen ausgeschlossen werden, ist dessen Wille zu respektieren.[10][23]

Hilfreich ist das Vorliegen einer entsprechenden Patientenverfügung und einer dokumentierten Modifizierung der Garantenpflicht. Letzteres, um den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung abweisen zu können, der gelegentlich erhoben wird, wenn der Fastende am Ende das Bewusstsein verliert.

Bis 2015 handelte ein Arzt, der einen Patienten beim Sterbefasten palliativmedizinisch betreut, im Einklang mit deutschem Recht und seiner Standesethik, denn er trägt nicht zum Sterben bei, sondern begleitet das Sterben. In den 2011 von der Bundesärztekammer novellierten Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung heißt es:

„Das Sterben darf durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung ermöglicht werden, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht. Dies gilt auch für die künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr.“[24]

Kontroverse um § 217 StGB[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 10. Dezember 2015, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung,[25] war jedoch mit § 217 StGB die zuvor straffreie Förderung der Selbsttötung eines Dritten unter Strafe gestellt worden, soweit dies geschäftsmäßig geschehe. Die strafrechtliche Wissenschaft kommt überwiegend zu dem Ergebnis, dass damit eine geschäftsmäßige Hilfe beim Sterbefasten durch Hospize, Pflegeheime und Ärzte strafbewehrt und rechtswidrig war.[26][27] Eine konsequente Umsetzung dieser Interpretation würde nach Ansicht des Rechtstheoretikers Eric Hilgendorf „die Hospiz- und Palliativarbeit im bisherigen Sinne unmöglich machen“.[28] Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) sah im § 217 hingegen keine Gefahr für die Palliativversorgung; würden bestimmte Behandlungsmaßnahmen beendet, sei das „zwar auch eine Form der ‚Sterbehilfe‘“, in erster Linie stellten sie aber einen „Abbruch einer vom Patientenwillen nicht mehr getragenen ärztlichen Behandlung dar“; das „sogenannte Sterbefasten […] medizinisch zu begleiten – und gegebenenfalls die erforderliche Basisversorgung zur Linderung von Durst- und Hungergefühlen zu leisten“, sei ebenfalls keine strafbare Handlung gewesen. Die behandelnden Ärzte unterließen hier eine „[…] ausdrücklich abgelehnte medizinische Behandlung (Ernährung über Sonde oder durch Infusionslösungen). Es werde keine Beihilfe zum Suizid geleistet, sondern es würden insbesondere belastende Symptome gelindert.“[29]
Zum Umgang mit geäußerten Sterbewünschen von Patienten empfahl die DGP unter anderem, den freiwilligen Verzicht auf Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme dem Patienten als „mögliche Alternative“ zuzugestehen.[30]

Der § 217 StGB wurde durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 26. Februar 2020 für verfassungswidrig und somit für nichtig erklärt.[31]

Position der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin legte 2019 ein Positionspapier zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken (FVET) vor. Darin wird der Standpunkt vertreten, dass FVET nicht als Suizid, aber auch nicht als Therapieverzicht zu bewerten sei. Essen und Trinken seien keine Behandlungen im medizinischen Sinne, damit wäre auch der FVET kein Unterlassen der Behandelnden.[32] Der FVET wird eher als eigene Handlungskategorie (Sui generis) betrachtet.[33] Die Inhalte des Positionspapiers beschränkten sich aber auf Patienten mit „lebensbedrohlichen oder lebenslimitierenden“ Erkrankungen und seien „nicht ohne weiteres auf andere Gruppen übertragbar, zum Beispiel auf alte, multimorbide oder gebrechliche Menschen ohne schwere Erkrankungen oder gesunde Menschen, die des Lebens müde sind.“ Ein schwerkranker Mensch, der durch Verzicht auf Essen und Trinken seinen Tod herbeiführen möchte, sollte nicht gegen seinen Willen ernährt werden.[34]

Kirchliche Einordnungen und Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die römisch-katholische Kirche bezeichnet den Suizid als eine schwere Verfehlung sowohl gegen die Eigenliebe als auch die Nächstenliebe. Zudem stehe er im Widerspruch gegen die Liebe Gottes, da der Mensch verpflichtet sei, sein Leben dankbar entgegenzunehmen und zu bewahren. Der Mensch sei nur Verwalter, nicht Eigentümer des anvertrauten Lebens, er dürfe darüber nicht verfügen. Die freiwillige Beihilfe zum Selbstmord verstoße gegen das sittliche Gesetz.[35]

Anlässlich der Debatte über die Gesetzesinitiative zum Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung äußerte sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland im November 2012 dahingehend, dass die Selbsttötung eines Menschen aus christlicher Perspektive grundsätzlich abzulehnen sei, weil das Leben als eine Gabe verstanden werde, über die der Mensch nicht eigenmächtig verfügen solle. Allerdings schließe „die generelle Ablehnung nicht aus, dass Menschen in einer extremen Not- und Ausnahmesituation zu einer anderen Entscheidung kommen können“, die ein Außenstehender nicht ermessen könne und die es zu respektieren gelte.[36] Jede Form organisierter Suizidbeihilfe sei allerdings abzulehnen.[37]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. Zimmermann, R. Zimmermann (2022). Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) – Ein Sonderfall des Assistierten Suizids? Begleitung des Sterbefastens: Rechtliche Beurteilung und ethisch-diakonische Implikationen, in: : Matthias Pulte/Josef Ruthig (Hg.), Assistierter Suizid. Ethische Fragen und rechtliche Entwicklungen angesichts fortschreitend pluralisierender Lebenswelten, Würzburg: Echter 2022, 211–255, ISBN 978-3-429-05668-1.
  • P. Kaufmann, M. Trachsel, Ch. Walther (2022). Sterbefasten – Fallbeispiele zur Diskussion über den Freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Stuttgart: Kohlhammer. 2. erweiterte und aktualisierte Auflage. ISBN 978-3-17-042415-9.
  • B. Chabot, Ch. Walther (2021). Ausweg am Lebensende: Selbstbestimmtes Sterben durch freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. 6., aktualisierte Auflage. Reinhardt, München 2021, ISBN 978-3-497-02706-4.
  • M. Coors, A. Simon, B. Alt-Epping (Hrsg.) (2019): Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Medizinische und pflegerische Grundlagen – ethische und rechtliche Bewertungen. Kohlhammer, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17-034194-4.
  • Ch. zur Nieden (2016). Sterbefasten: Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Eine Fallbeschreibung. Mabuse, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-86321-287-2.
  • J. Bickhardt, R. M. Hanke (2014). Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit: Eine ganz eigene Handlungsweise. In: Deutsches Ärzteblatt. 111(14), 2014, S. A-590 / B-504 / C-484.
  • W. Putz, B. Steldinger (2014). Patientenrechte am Ende des Lebens. Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Selbstbestimmtes Sterben. Beck im dtv, München 2014, ISBN 978-3-406-65397-1.
  • B. Chabot (2014). Taking Control of your Death by Stopping Eating and Drinking. 2014, ISBN 978-90-816194-3-1.
  • R. J. Jox (2013). Sterben lassen – Über Entscheidungen am Ende des Lebens. rororo, 2013, ISBN 978-3-499-63032-3.
  • Peter Godzik (2011): 36 Jahre nach „Gramp“: Die Sterbebehinderer haben ausgespielt. In: ders.: Hospizlich engagiert. Erfahrungen und Impulse aus drei Jahrzehnten. Steinmann Verlag, Rosengarten b. Hamburg 2011, ISBN 978-3-927043-44-2, S. 153–167.
  • J. K. Schwarz (2011). Death by voluntary dehydration: Suicide or the right to refuse a life-prolonging measure? In: Widener Law Review. 2011, Vol. 17, S. 251–361.
  • M. Kloke (2009). Anorexie, Kachexie, Nutrition und Hydratation. In: M. Kloke, K. Reckinger, O. Kloke (Hrsg.): Grundwissen Palliativmedizin. Begleitbuch zum Grundkurs Palliativmedizin, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7691-1222-1.
  • J. K. Schwarz (2007). Exploring the Option of Voluntarily Stopping Eating and Drinking within the Context of a Suffering Patient's Request for a Hastened Death. In: Journal of Palliative Medicine. Vol. 10, No. 6, Dezember 2007, S. 1288–1297.
  • S. A. Terman (2007). The Best Way to Say Goodbye: A Legal Peaceful Choice At the End of Life. 2007, ISBN 978-1-933418-03-2.
  • E. R. Goy, L. L. Miller, T. A. Harvath, A. Jackson, M. A. Delorit (2003). Nurses’ Experiences with Hospice Patients who refuse Food and Fluids to hasten Death. In: The New England Journal of Medicine. Band 349, 2003, S. 359–365.
  • J. Jacobs (2003). Death by Voluntary Dehydration: What Caregivers say. In: The New England Journal of Medicine. 2003, S. 325–326.
  • T. E. Quill, B. Lo, D. W. Brock (1997). Palliative options of last resort: A comparison of voluntary stopping eating and drinking, terminal sedation, physician-assisted suicide, and voluntary active euthanasia. In: Journal of the American Medical Association. 278, 1997, S. 2099–2104.
  • C. Justice (1995). The “Natural” Death While Not Eating: A Type of Palliative Care in Banaras, India. In: Journal of Palliative Care. 11(1), 1995, S. 38–42.
  • B. L. Bernat, B. Gert, R. P. Mogielnicki (1993). Patient refusal of hydration and nutrition. An alternative to physician-assisted suicide or active euthanasia. In: Archives of Internal Medicine. 153, 1993, S. 2723–2728.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Sterbefasten – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sabrina Fehn, André Fringer: A Facetten des freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit. Notwendigkeit, Sterbefasten differenzierter zu betrachten. In: Schweizerische Ärztezeitung; 98(36), 1161–1163 doi:10.4414/saez.2017.05863.
  2. Anton van Hooff: From autothanasia to suicide. Self-killing in classical antiquity. Routledge, London 1990.
  3. Hartwin Brandt: Am Ende des Lebens. Alter, Tod und Suizid in der Antike. Zetemata, Heft 136. München: C.H. Beck 2010. http://books.openedition.org/chbeck/1334
  4. Cicero: Vom Wesen der Götter / De natura deorum: Lateinisch – Deutsch (Sammlung Tusculum , übersetzt von Olof Gigon). Berlin: de Gruyter 2011.
  5. C. Rayment, J. Ward: Care of the dying patient in hospital. In: Br J Hosp Med, London. 8, 2011, S. 451–455.
  6. Stanley A. Terman (Medical und Executive Director bei Caring Advocates) im Interview, S. 8. abgerufen am 9. Dezember 2014.
  7. a b KNMG Royal Dutch Medical Association and V&VN Dutch Nurses’ Association Guide: Caring for people who consciously choose not to eat and drink so as to hasten the end of life. Empirical data. 2015, Tabelle 3.4, S. 17 (englisch).
  8. a b Boudewijn Chabot, Christian Walther: Ausweg am Lebensende. 2012, S. 49.
  9. a b c Dieter Birnbacher: Sterbefasten – eine ethische Bewertung. Humanistischer Pressedienst, Oktober 2014.
  10. a b c d J. Bickhardt, R. M. Hanke: Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit: Eine ganz eigene Handlungsweise. In: Deutsches Ärzteblatt. 111(14), 2014, S. A-590 / B-504 / C-484; abgerufen am 9. Dezember 2014.
  11. Ralf J. Jox: Sterben lassen – Über Entscheidungen am Ende des Lebens. rororo, Reinbek 2013, S. 197.
  12. Linda Ganzini, Elizabeth Goy u. a.: Nurses' Experiences with Hospice Patients Who Refuse Food and Fluids to Hasten Death. In: The New England Journal of Medicine. 24. Juli 2003.
  13. Heilsterben. faz.net, 20. Juli 2012.
  14. KNMG Royal Dutch Medical Association and V&VN Dutch Nurses’ Association Guide: Caring for people who consciously choose not to eat and drink so as to hasten the end of life. Characteristics and definitions. 2015, S. 10 und 11.
  15. F. Oehmichen u. a.: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) – Ethische und rechtliche Gesichtspunkte der Künstlichen Ernährung. (Memento des Originals vom 17. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.awmf.org In: Aktuel Ernahrungsmed. 38, 2013, S. 112–117, Abschnitt 4.3, abgerufen am 9. Dezember 2014.
  16. M. Kern, F. Nauck: Letzte Lebensphase. In: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (Hrsg.): Handreichung Palliative Care und Hospizarbeit. Stand 11/2006
  17. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie – Crampi/Muskelkrampf. September 2016, S. 4.
  18. Dieter Birnbacher: Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit = „passiver“ Suizid – was folgt? In: Michael Coors, Alfred Simon, Bernd Alt-Epping (Hrsg.): Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Stuttgart: Kohlhammer 2019.
  19. J. Bickhardt, R. M. Hanke: Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit: Eine ganz eigene Handlungsweise. In: Deutsches Ärzteblatt. 111(14), 2014, S. A-590 / B-504 / C-484.
  20. Oliver Tolmein: Warum der Freiwillie Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit nicht als Selbstötung im Sinne des § 217 StGB zu sehen ist. In: Michael Coors et al. (Hrsg.): Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Stuttgart: Kohlhammer 2019.
  21. G. Neitzke, M. Coors, W. Diemer, P. Holtappels, J. F. Spittler, D. Wördehoff: Empfehlungen zum Umgang mit dem Wunsch nach Suizidhilfe. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2013. doi:10.1007/s00481-013-0256-6
  22. S. Schäfer: Fasten als letzte Lösung. In: Zeit online. Nr. 16, 2014, S. 1. (www.zeit.de, abgerufen am 9. Dezember 2014)
  23. KNMG Royal Dutch Medical Association and V&VN Dutch Nurses’ Association Guide: Caring for people who consciously choose not to eat and drink so as to hasten the end of life. Legal and ethical aspects. 2015, S. 19–22.
  24. F. Nauck, Ch. Ostgathe, L. Radbruch: Ärztlich assistierter Suizid: Hilfe beim Sterben – keine Hilfe zum Sterben. In: Deutsches Ärzteblatt. 111(3), 2014, S. A-67 / B-61 / C-57]. (aerzteblatt.de abgerufen am 3. Dezember 2014.
  25. BGBl. 2015 I S. 2177
  26. Frank Saliger: StGB § 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung. In: U. Kindhäuser, U. Neumann, H.-U. Paeffgen (Hrsg.): Strafgesetzbuch. (= NomosKommentar). 5. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2017, Rn. 31.
  27. Torsten Verrel: Suizidbeihilfe – geschäftsmäßig verboten, im Einzelfall erlaubt? Kritische Anmerkungen zu § 217 StGB. In: Gesundheit und Pflege. 2016, S. 45, 48.
  28. Eric Hilgendorf: Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 23. September 2015. S. 14. (bundestag.de abgerufen am 8. August 2017)
  29. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) unterstreicht: § 217 ist keine Gefahr für die Palliativversorgung! dgpalliativmedizin.de, 17. Februar 2017 (Memento vom 8. August 2017 im Internet Archive); abgerufen am 8. August 2017.
  30. Ärztlich assistierter Suizid – Reflexionen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Januar 2014, S. 11–12. (dgpalliativmedizin.de)
  31. 2 Senat Bundesverfassungsgericht: Bundesverfassungsgericht – Entscheidungen – Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig. 26. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020.
  32. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. Stand 7. Februar 2019, S. 5. PDF, auf Dgpalliativmedizin.de; abgerufen am 10. Januar 2024.
  33. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. Stand 7. Februar 2019, S. 2. PDF, auf Dgpalliativmedizin.de; abgerufen am 10. Januar 2024.
  34. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. Stand 7. Februar 2019, S. 3. PDF, auf Dgpalliativmedizin.de; abgerufen am 10. Januar 2024.
  35. Katechismus der Katholischen Kirche KKK, 2280–2283@1@2Vorlage:Toter Link/www.vatican.va (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2023. Suche in Webarchiven)
  36. Wenn Menschen sterben wollen – Eine Orientierungshilfe zum Problem der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung. (www.ekd.de)
  37. Jede Form organisierter Suizidbeihilfe ist abzulehnen! (www.ekd.de)