Streetwork

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Streetwork [ˈstriːtˌwəːk] (oder: Straßensozialarbeit) ist ein eigenes Arbeitsfeld in der sozialen Arbeit, um problembelastete Zielgruppen zu unterstützen, die nicht mehr von herkömmlichen sozialen Hilfeeinrichtungen erreicht werden. Streetworker (von englisch street worker)[1][2] sind in der Regel diplomierte Sozialarbeiter, die mittels Streetwork versuchen, Zugang zu diesen Zielgruppen herzustellen („Geh-Struktur“).

Zur typischen Zielgruppe von Streetworkern zählen vor allem Personengruppen mit selbst- oder fremdgefährdenden Verhaltensweisen, wie Obdachlose, Drogenabhängige, Prostituierte und delinquente Jugendgruppen.

Grundsätzlich ist für den Zugang zur Tätigkeit als Streetworker der Abschluss eines Hochschulstudiums in den Studienrichtungen Sozialarbeit, Soziokultur oder Sozialpädagogik erforderlich. Daneben können auch Psychologen, Pädagogen sowie Sozialwissenschaftler, die eine entsprechende Berufserfahrung mitbringen, als Streetworker arbeiten.

Allgemein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Streetwork ist ein eigenständiges Arbeitsfeld innerhalb von Sozialer Arbeit und eine spezifische Form aufsuchender psychosozialer und gesundheitsbezogener Dienstleistung. Es unterscheidet sich in den Methoden des Kontaktaufbaus und der Beziehungsarbeit von der traditionellen Einzelfallhilfe. Die Idee dazu wurde ab den 1970er Jahren als offene Sozialarbeit entwickelt[3] und als mobile Jugendarbeit zunächst auf eine bestimmte Altersgruppe konzentriert.[4]

Dabei geht es in erster Linie darum, einen Zugang zu Zielgruppen herzustellen, die sonst von keinem anderen institutionalisierten psychosozialen Hilfsangebot mehr erreicht werden. Grundlegend sind der Aufbau von Vertrauen und einer verlässlichen Beziehung zwischen Klienten und Streetworkern, damit später Hilfsangebote (Ressourcenerschließung) überhaupt angenommen werden können und gemeinsam mit den Klienten eine Lebensperspektive aufgebaut werden kann, die mit weniger selbst- oder fremdgefährdenden Verhaltensweisen verbunden ist. Unerlässlich für Streetworker sind daher bestimmte Arbeitsprinzipien wie Lebensweltorientierung, Niedrigschwelligkeit, Vertraulichkeit (Schweigepflicht), Freiwilligkeit und Parteilichkeit.

Zielgruppen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Streetworker kümmern sich um Obdachlose, Nichtsesshafte, Prostituierte, Drogengefährdete und Drogenabhängige, Mitglieder jugendlicher Banden oder ehemalige Strafgefangene. Für die Arbeit mit den sozial benachteiligten Personengruppen gibt es neben der Straße auch spezielle Anlaufstellen wie Notwohnungen oder inoffizielle Treffs. Aufgabe der Streetworker ist es auch, Sozialstrategien zu planen und zu organisieren, um den betroffenen Menschen die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Wiedereingliederung an die Hand zu geben.

Dazu gehören Menschen deren zentraler Sozialisationsort der Lebensraum Straße darstellt, daher kann man auch sagen, dass eine mehr oder weniger stark ausgeprägte subkulturelle Orientierung besteht. Ebenso sind die Zielgruppen oft von sozialer Benachteiligung, Marginalisierung, Diskriminierung, Kriminalisierung oder Ähnlichem betroffen:

  • junge Arbeitslose und Ausbildungslose
  • Soziale Randgruppen und Wohnungslose
  • Jugendliche und Heranwachsende aus Jugendszenen (Punks, Skins etc.)
  • andere „Auffällige“ im öffentlichen Raum (Bahnhöfe, Einkaufsviertel oder zentrale Plätze …)

Gesundheitsförderung als ein wichtiger Handlungsschwerpunkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andere Handlungsschwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zielgruppenkontakt herstellen in den jeweiligen Lebensmilieus
  • gemeinsame Planung und Durchführung von Projekten und sportlich/kulturellen Maßnahmen im Rahmen der Gruppenarbeit
  • Institutionelles Kontaktnetz aufbauen: Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern und Einrichtungen (soziale Dienste, Beratungsstellen, Therapiezentren, Behörden …)
  • psychosoziale Unterstützung/Beratung in schwierigen Lebenslagen (oder einfach mal zuhören)
  • Förderung von persönlichen Ressourcen und Steigerung der Sozialkompetenz im Einzelfall
  • Interessenvertretung für unterprivilegierte Gruppen oder Einzelne
  • Fachliche Innovation, d. h. Offenheit und Flexibilität der Streetworker für neue Konzepte, Ideen oder Projekte.

Bezug zur sozialen Arbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da es Ziel von Streetwork ist, soziale Probleme zu lindern, lösen oder zu verhindern, ist die theoretische Verortung von Streetwork innerhalb der sozialen Arbeit sinnvoll, hilfreich und auch professionsgeschichtlich begründet. Die Weiterentwicklung von Streetwork als methodische Vorgehensweise ist damit mit der wissenschaftlichen Weiterentwicklung von sozialer Arbeit verbunden. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Legitimität eines professionellen Angebots von Streetwork gegenüber den Leistungsträgern (öffentliche und freie Träger) und der Öffentlichkeit könnten (sollten) die Menschenrechte sein, auf die sich auch soziale Arbeit beruft.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Aufsuchende Sozialarbeit in der AIDS-Prävention. Das Streetworker-Modell. In: Burkhard Gusy, G. M. Krauss, G. Schrott-Ben Redjeb, W. Heckmann, Sozialpädagogisches Institut Berlin (Hrsg.): Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit. Band 21. Nomos, Baden-Baden 1994, ISBN 978-3-7890-3303-2.
  • Gerd Becker, Titus Simon (Hrsg.): Handbuch Aufsuchende Jugend- und Sozialarbeit. Theoretische Grundlagen, Arbeitsfelder, Praxishilfen. Juventa, Weinheim / München 1995, ISBN 3-7799-0805-0.
  • Gangway e. V. (Hrsg.): Streetwork und Professionalität. Berlin 1997. Dokumentation: @1@2Vorlage:Toter Link/www.gangway.deEntwicklung einer Sozialen Gruppenarbeit aus dem Arbeitsfeld der Streetwork (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (PDF; 222 kB)
  • Bruder Bruno Kehl: Gott ist gratis, aber nicht umsonst. Ein franziskanischer Streetworker unterwegs. 1. Auflage. Diederichs, 2008, ISBN 978-3-7205-3066-8.
  • Andreas Klose, Werner Steffan (Hrsg.): Streetwork und mobile Jugendarbeit in Europa. Europäische Streetwork-Explorationsstudie. Votum, Münster 1997, ISBN 3-930405-74-1.
  • Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit Baden-Württemberg e.V. (Hrsg.): Praxishandbuch Mobile Jugendarbeit. Luchterhand, Neuwied / Darmstadt 1997, ISBN 3-472-02977-3.
  • Walter Specht: Jugendkriminalität und Mobile Jugendarbeit. Ein stadtteilbezogenes Konzept von Street work. Luchterhand, Neuwied / Darmstadt 1979, ISBN 3-472-58043-7.
  • Werner Steffan: Streetwork in der Drogenszene. Lambertus, Freiburg in Breisgau 1988, ISBN 3-7841-0409-6.
  • Werner Steffan: Straßensozialarbeit, eine Methode für heiße Praxisfelder. 1. Auflage. Beltz, Weinheim / Basel 1989, ISBN 3-407-55733-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Duden Online
  2. Pons Online
  3. Horst Schüler-Springorum in: Jugendgerichtsbarkeit und Sozialarbeit, Bericht der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Selbstverlag, Hamburg 1975, Seite 233
  4. Uli Meyer: 50 Jahre Mobile Jugendarbeit in Stuttgart: Sozialarbeit auf die Straße gebracht. Stuttgarter Nachrichten, 20. Oktober 2017, abgerufen am 23. März 2024.