Sulfonierung

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Die Sulfonierung ist eine Reaktion, bei der eine Sulfonsäuregruppe (–SO2-OH-Gruppe, auch –SO3H-Gruppe), oder auch Sulfogruppe, in eine organische Verbindung eingeführt wird.[1] Die Reaktionsprodukte werden als Sulfonsäuren bezeichnet, Zwischenprodukte können Sultone oder Anhydride sein.

Sulfonierungen können an Alkanen, Alkenen oder Aromaten erfolgen.

Im Gegensatz zu Schwefelsäureestern ist bei den Sulfonsäuren das Schwefelatom direkt an ein Kohlenstoffatom gebunden.

Im Allgemeinen verwendet man zur Sulfonierung:

Indirekt lässt sich eine Sulfogruppe einführen mit

Die im technischen Prozess hergestellten Produkte finden nach Hydrolyse und Neutralisation mit Ammoniak oder Natronlauge vor allem als Tenside in Wasch- und Reinigungsmitteln Verwendung.

Sulfonierung von Aromaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Synthese von Benzolsulfonsäure aus Benzol und konz. Schwefelsäure.

Bei der Sulfonierung von Aromaten ist das Elektrophil Schwefeltrioxid (SO3) in Schwefelsäure, Pyridin oder Dioxan oder das durch Protonierung in Schwefelsäure gebildete Kation HSO3+:[4]

Die Reaktion lässt sich beschleunigen, wenn man Schwefeltrioxid in konzentrierter Schwefelsäure löst (Oleum). Für die Reaktion ist das Schwefeltrioxid von maßgeblicher Bedeutung, die Schwefelsäure dient als Trägermedium für das Schwefeltrioxid. Schwefeltrioxid erweist sich als starkes Elektrophil, da das Schwefelatom durch den starken Elektronenzug der Sauerstoffatome (Elektronegativitätsdifferenz: 1,2) sehr stark positiv polarisiert ist.

Mesomere Grenzstrukturen von Schwefeltrioxid.
Mesomere Grenzstrukturen von Schwefeltrioxid.

Die Reaktion der Sulfonierung von Aromaten ist eine elektrophile aromatische Substitution.

Bei der Sulfonierung von Aromaten wirkt das Schwefeltrioxid (SO3) als das elektrophile Agens.

Alle Zwischenschritte sind reversibel. Die Reaktion mit Schwefeltrioxid führt zu der Ausbildung eines π- und dann eines σ-Komplexes, bei dem die Aromatizität aufgehoben ist. Die nachfolgende Abstraktion eines Protons regeneriert das aromatische System wieder. Das entstandene Produkt, die Benzolsulfonsäure, kann mit verdünnter Schwefelsäure behandelt werden, so dass die Sulfonsäuregruppe wieder abgespalten wird. Dieser Mechanismus reagiert dann nach dem Prinzip der ipso-Substitution; die Sulfonsäuregruppe ist wegen ihrer hohen Elektrophilie auch eine gute Abgangsgruppe.[5] Bei der Sulfonierung mit SO3 können in einer Nebenreaktion auch Sulfonsäure-Anhydride entstehen, die vor der Weiterverarbeitung der Produkte zu Tensiden hydrolysiert werden müssen. Als weitere Nebenprodukte können Sulfone entstehen.

Sulfonierung von Alkenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sulfonierung von Alkenen liefert eine breite Produktpalette von Alkensulfonsäuren [α-Alkensulfonate (AOS)], über 1,3- und 1,4-Sultone, Alkendisulfonsäuren sowie Sulton-Sulfonsäuren.

Bei der Bildung der Sultone wird als erster Reaktionsschritt eine [2+2]-Cycloaddition der S=O-Doppelbindung des SO3 mit der C=C-Doppelbindung des Alkens vermutet, die dann durch Umlagerung die 1,3- und 1,4-Sultone bildet. Die Sultone müssen vor der Weiterverarbeitung der AOS zu Tensiden hydrolysiert werden.

Chlorsulfonierung von Aromaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über eine Chlorsulfonierung lässt sich indirekt ebenfalls eine Sulfogruppe einführen. Siehe dort.

Sulfochlorierung von Alkanen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Sulfochlorierung bezeichnet man den Austausch (Substitution) von Wasserstoff durch die Sulfonylchloridgruppe (SO2Cl) in Alkanen. Diese Reaktion ist eine radikalische Substitution und wird auch als Reed-Reaktion bezeichnet.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 5: Pl–S. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1987, ISBN 3-440-04515-3, S. 4053–4054.
  2. Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 1366.
  3. Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 1364.
  4. Autorenkollektiv, Organikum, 16. Aufl., VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1986, S. 307f.
  5. Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier und Helmut Alfons Klein: Organische Chemie. Springer, Berlin; Auflage: 6., vollständig überarbeitete Auflage 2008; ISBN 3-540-77106-9; S. 112.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Sykes: Wie funktionieren organische Reaktionen? 2. Auflage, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30305-7
  • Marye Anne Fox/James K. Whitesell: Organische Chemie, Grundlagen, Mechanismen, bioorganische Anwendungen, Spektrum, Akad. Verl., 1995, ISBN 3-86025-249-6
  • Industrielle Organische Chemie: Bedeutende Vor- und Zwischenprodukte, von Hans-Jürgen Arpe, 552 Seiten, Wiley-VCH; Auflage: 6., vollst. überarb. A. (Januar 2007), ISBN 3-527-31540-3, ISBN 978-3-527-31540-6 (als Google-Book)