Tapezierer

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Tapezierer bei der Arbeit (1984)
Tapezierer Gewerbewappen, Wien (um 1900)

Tapezierer (von franz. tapissier) ist die Berufsbezeichnung für einen Handwerker, der, unter anderem, für die Verkleidung von Wänden mit Tapeten verantwortlich ist.

In Deutschland erfordert die Ausübung dieser Tätigkeit üblicherweise eine Ausbildung im Raumausstatterhandwerk oder im Maler- und Lackierergewerbe.[1]

In Österreich schreibt die Ausbildungsverordnung des Wirtschaftsministeriums für den Lehrberuf „Tapezierer/in und Dekorateur/in“ eine dreijährige duale Ausbildung vor.[2] Das Gewerbe ist, anders als in Deutschland, reglementiert. Das bedeutete für die Ausübung des Berufs benötigt es eine entsprechende Ausbildung und für das führen eines Tapeziererbetriebs eine Meisterprüfung.

Das Betätigungsfeld des Tapezierers ist seit dem Beginn des Berufs sehr weitreichend und umfasst unter anderem Anbringung von Wand- und Deckenverkleidungen nahezu alle Aufgaben der Drapierung, Ausstaffierung und Dekoration von Zimmern, Sälen und sonstigen Räumlichkeiten, einschließlich der Anfertigung von Fenster- und Bettvorhängen, Paravents, Kaminschirmen, Baldachinen und Betthimmeln, Polstern, Matratzen und dergleichen mehr. Das Metier entsprach in etwa dem des heutigen Raumausstatters (siehe dort). Das Amt des Hoftapezierers war an Königs- und Fürstenhäusern eine käufliche charge.

Tapezierer/in und Dekorateur/in – Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1998 ist in Österreich der offizielle Namen des Berufs – „Tapezierer/In und Dekorateur/In“[3]. Bis vor einigen Jahren noch „Tapezierer und Bettwarenerzeuger“ genannt, reflektierte die Namensänderung die Änderung im Berufsbild, da die Herstellung von Bettwaren (hierbei auch, und vor allem, Rosshaarmatratzen), zunehmend an Bedeutung verlor. Zum Vergleich: in 1952 wurden noch die folgenden Gewerbe (und Gewerke) separat geführt: „Tapezierer und Bettwarenerzeuger“, „Fahrzeugtapezierer“, „Dekorateure“, „Selbstroller- und Jalousienerzeuger“[4].

Berufsprofil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Österreich ist laut Bundesgesetzblatt[5] das Berufsprofil der „Tapezierer/in und Dekorateur/in“ wie folgt definiert:

1. Ausmessen von Räumen und Ermitteln des Materialbedarfes,

2. Beurteilen, Überprüfen der Beschaffenheit von Böden, Decken und Wänden sowie Vorbereiten der Untergründe z. B. durch Säubern, Bürsten, Schleifen, Absaugen, Ausbessern von Fehlstellen, Vorstreichen,

3. Gestalten und Anfertigen von Vorhängen und Dekorationen sowie Montieren von Karniesen- und Vorhangsystemen,

4. Anbringen von Wand- und Deckenbeschichtungsstoffen wie Tapeten, Wandbelägen, Wandbespannungs- und Wandbeschichtungsstoffen durch Spalieren, Verlegen, Verkleben, Ver- und Bespannen,

5. Verlegen von Bodenbelägen, insbesondere Teppichböden, Spannteppiche, elastische Bodenbeläge sowie Parkett- und Laminatböden,

6. Anfertigen und Montieren von Licht-, Sicht- und Sonnenschutzanlagen wie z. B. durch Bespannen von Sonnenschutzanlagen,

7. Aufbauen von klassischen und modernen Polstermöbeln sowie Reparieren von Polstermöbeln,

8. Ausführen von Arbeiten unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften sowie von Normen und Qualitätsstandards.

Zusätzliche Befähigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut § 150 GewO 1994 „Rechte einzelner reglementierter Gewerbe“ gelten die folgenden zusätzlichen Befähigungen für Tapezierer/innen und Dekorateur/innen:

(20) Tapezierer und Dekorateure (§ 94 Z 68) sind auch zum Zimmermalen und zum Verlegen von Belägen am Boden mit Ausnahme von Kunststein-, Naturstein-, Steingut- und keramischen Belägen berechtigt. Tapezierer und Dekorateure sind auch berechtigt, Parkettböden zu verlegen[6].

Tapezierer als reglementiertes Gewerbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Österreich, anders als in Deutschland, ist das Gewerbe Tapezierer/in und Dekorateur/in laut § 94 der Gewerbeordnung 1994 ein reglementiertes Gewerbe[7] und benötigt daher für die Führung eines selbstständigen Gewerbebetriebes eine einschlägige Meisterprüfung.

Gesetzliche Berufsvertretung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Österreichische Bundesinnung der der Maler und Tapezierer[8] ist die gesetzliche Interessenvertretung der selbständig ausübenden Gewerbebetriebe Österreichs. Sie ist im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich eine selbständige Fachorganisation mit eigenem Wirkungsbereich und vertritt die Mitglieder aus der Branche Maler und Tapezierer.

Geschichte der Wiener Tapezierer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Generell ist die Geschichte der Tapezierer auch mit der historischen Entwicklung von Materialien und Techniken verbunden.

1625 - die erste urkundliche Erwähnung der Tapezierer in Wien unter der Bezeichnung „Deckenmacher“.

1627 - Ferdinand II bestätigt das Tapeziererhandwerk.

1696 - Leopold I erteilt Schutzpatent für die bürgerlichen Tapezierer.

1698 - im Ständebuch von Christoph Weigel wird das Tapeziererhandwerk den Taschnern zugeordnet, da diese „Es überziehen die Taschner nicht nur allerley Sessel und Stühle mit Leder / Tuch / Sammet / Goldgesticktem Brocard / sondern beschlagen sie auch mit messingen / silbern / und verguldeten Nägeln / auch kostbaren Borten und Franzen. Sie tapezieren auch je zuweilen in Ermangelung der ordentlichen Tapezierer / Grosser Herren Audienzsäle und andere prächtige Zimmer / mit allerley verguldetem Leder und sehr kunst/reich/gewirkten hochschätzbaren Tapeten“

1725 - Tapezierermeister Sigismund Johann Hipp, gründet die Meisterlade der Tapezierer und legt das erste „Maisterbuch deren pürgerlichen Tapezieren“ an

1738 - Tapeziererstatuten werden erlassen und der Innung das „Groses Insigel der pürgerlichen Tappeziren“ verliehen. Damit findet, höchstwahrscheinlich, eine strenge Abgrenzung des Handwerks statt

1773 - . 28. August. Maria Theresia erlässt eine neue Handwerksordnung der Tapezierer, die die Organisation der Innung, sowie die Meisterstücke festlegt. Verlangt wurden als Meisterstücke: 1 Caprioloetsessel mit Armlehnen, 1 rundes Canapé, 1 Schirm (Paravant) von Papier auf Leinwand, und 1 Pavillonbett nach französischer Art. Lehrzeit dauert zwischen 4 und 5 Jahren.[9]

Nationalsozialismus - Arisierte Wiener Tapezierer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgenden Tapezierer des 3. Wiener Gemeindebezirks wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten arisiert[10]:

Titel Vorname Name Wohnadresse Letzte Adresse Beruf Geburtsdatum Schicksal Anmerkung Stein d. Ged. seit Aktenzahl Quelle Z-Nr.(*) Erläuterung
Heinrich Bauer Custozzagasse 10 2, Zirkusgasse 21/11 Tapezierer 17. Januar 1885 15. Oktober 1941 Lodz, gest. 26. Januar 1942 Im Restaurant S. Litmann fand 1931 eine Tagung der 'Vereinigung werktätiger Juden', Bezirksorganisation III/XI statt, für die Adolf Flaster, wohnhaft Rennweg 77 und Heinrich Bauer, wohnhaft Löwengasse 26 verantwortlich waren // Geschäft: Löweng.26 und 32 DÖW (Exenberger), Hann
Josef Eckstein Kölblgasse 6 2, Hollandstraße 14 Tapezierer 15. Dezember 1883 11. Januar 1942 Riga Geschäft Kölblg.6 arisiert DÖW z8665 Firmenarisierung Info des DÖW
Jacques Falticzek Neulinggasse 16 Tapezierer unbekannt Flucht, Schicksal unbekannt Geschäft 2, Harkortstr.9 arisiert DÖW
Friedrich Friedmann Lissagasse 3 Tapezierermeister 26. März 1885 Flucht, Schicksal unbekannt Seeböck, IKW
Franz Glaser Apostelgasse 25–27 2, Floßgasse 2/6 Tapezierer 5. Juni 1883 23. November 1941 Kowno, gest. 29. November 1941 Mus, IKG
David Grünspan Dietrichgasse 59–63/Stg 19 Tapezierermeister unbekannt gest. 12. 4. 1938 Kündigungsgrund Nichtarier IKG, Kment
Moritz Hirschler Kolonitzgasse 2a 2, Schiffamtsgasse 17/4 Tapezierer 6. Juni 1883 6. Februar 1942 Riga J, DÖW, IKG
Oskar Kalman Esteplatz 7 Tapezierer 11. August 1889 Flucht, Schicksal unbekannt S-Afrika 2018 J, Curtin, IKG
Paul Mayer Landstraßer Hauptstraße 70 2, Herminengasse 19 Tapezierer 13. Februar 1891 20. Mai 1942 Maly Trostinec/Minsk, ermordet 26. Mai 1942 J, DÖW
Elia Mohl Baumgasse 37–41/Stg 24 2, Novaragasse 40 Tapezierer 13. November 1876 26. Februar 1941 Opole IKG
Leo Oser Dapontegasse 5 Tapezierer unbekannt Flucht Australien Tapezierergesch. Daponteg.5 arisiert W, DÖW z8665 Firmenarisierung Info des DÖW
Samuel Spassmacher Obere Weißgerberlände 10–12 Tapezierer unbekannt 2. Oktober 1939 KZ Buchenwald, ermordet 5. Januar 1940 J,IKG,DÖW, Hann
Emanuel Spielmann Rudolf-von-Alt-Platz 6 1, Biberstraße 14/7 Tapezierer 30. Juni 1882 10. Februar 1942 - 8. Oktober 1942 Arbeitslager Sandhof - 9. Oktober 1942 KZ Theresienstadt (überlebt) DÖW
Jean Teltsch Göschlgasse 7/29 1, Passauerplatz 6 Tapezierermeister 25. Dezember 1881 26. Januar 1942 Riga IKG
Gerson Weihs Kollergasse 6 2, Novaragasse 46 Tapezierer 6. November 1878 26. Januar 1942 Riga J, IKG, Hann

Nachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Maler/in und Tapezierer/in in der Webpräsenz der Bundesagentur für Arbeit.
  2. Tapezierer/in und Dekorateur/in, Ausbildungsvorschriften und Berufsprofil in der Webpräsenz des österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (abgerufen am 6. Dezember 2014)
  3. Tapezierer und Dekorateur-Ausbildungsordnung. (PDF) Rechtsinformation des Bundes, 30. Juni 1998, abgerufen am 13. Oktober 2019.
  4. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich-. (PDF) In: Bundesgesetz: Gewerberechtsnovelle 1952. Bundeskanzleramt, 3. September 1952, abgerufen am 13. Oktober 2019.
  5. Bundeskanzleramt: Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich: Tapezierer/in und Dekorateur/in-Ausbildungsordnung. Bundeskanzleramt, 28. April 2011, abgerufen am 13. Oktober 2019.
  6. ADVOKAT Unternehmensberatung: § 150 GewO 1994 (Gewerbeordnung 1994), Rechte einzelner reglementierter Gewerbe - JUSLINE Österreich. Abgerufen am 13. Oktober 2019.
  7. m63mul: Reglementierten Gewerbe - Überblick in alphabetischer Reihenfolge. Gewerberecht, Datenschutz und Personenstand (Magistratsabteilung 63), abgerufen am 13. Oktober 2019.
  8. Österreichische Innung der Maler und Tapezierer
  9. Johann Jakob Heinrich Czikann, Franz Gräffer: Oesterreichische National-Encyklopädie, oder, Alphabetische Darlegung der wissenswürdigsten Eigenthümlichkeiten des österreichischen Kaiserthumes: in Rücksicht auf Natur, Leben und Institutionen ... (Vorzüglich der neuern und neuesten Zeit.). Auf Kosten der beyden Herausgeber, in Commission der F. Beck'schen Universitäts-Buchhandlung, 1836 (google.at [abgerufen am 20. Oktober 2019]).
  10. Jüdische Bevölkerung von Wien Landstrasse Datenbank Abfrage. Abgerufen am 20. Oktober 2019.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]