Tarim (Jemen)

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تريم / Tarīm
Tarim
Tarim (Jemen)
Tarim (Jemen)
Tarim
Koordinaten 16° 3′ N, 49° 0′ OKoordinaten: 16° 3′ N, 49° 0′ O
Basisdaten
Staat Jemen
Gouvernement Hadramaut
Höhe 615 m
Einwohner 48.079 (Zensus 2004[1])
Minarett der al-Mihdar-Moschee in Tarim, mit der imposanten Höhe von 53 Metern
Minarett der al-Mihdar-Moschee in Tarim, mit der imposanten Höhe von 53 Metern
Minarett der al-Mihdar-Moschee in Tarim, mit der imposanten Höhe von 53 Metern

Tarim, auch Terim, (arabisch تريم, DMG Tarīm) ist eine Stadt im Hadramaut im Südosten des Jemen. Die Bedeutung Tarims lag einst darin, dass sie eine Stadt der Seyids war und diese das Sultanat Kathiri beherrschten.[2] Heute ist die Stadt wissenschaftliches, rechtliches und religiöses Zentrum der Region. Hier leben vermutlich die weltweit meisten Nachkommen des Propheten Muhammad, weshalb der Stadt weitere historische Bedeutung zukommt.[3] Diverse islamische Gelehrte entstammen der Stadt, wie Imam al-Haddad oder Umar bin Hafiz.

Im Durchschnitt liegt das Hadramaut in einer Höhe von 1370 Metern. Tarim liegt knapp halb so hoch auf über 600 Metern. 176 km südlich liegt die Küste zur Arabischen See. Sai'ūn liegt 35 km nordwestlich. Felsplateaus prägen das Umland von Tarim. Diese weisen Höhen bis 900 Meter auf und sind durchschnitten von zahlreichen Tälern.

Als eine der größten Städte im Jemen ist Tarim Kreuzungspunkt mehrerer alter Handelsrouten. Es finden sich folglich viele Moscheen und Paläste. Diese sind häufig geprägt von fernöstlichen Elementen. In der Blütezeit dieser Stadt standen hier jeweils über 300 Moscheen und Koranschulen.[4]

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tarim hat eine vielfältige kulturelle Vergangenheit. Die Bauten zeigen neben ausländischen Einflüssen auch detailverliebte dekorative Elemente. Die Architekturgeschichte Tarims vermittelt zwischen den Kulturen inner- und außerhalb des modernen Nationalstaats. Tarim ist eine nach außen vollkommen offene Stadt, ohne Stadtmauern oder sonstige Befestigungsanlagen.

Moscheen und Bibliotheken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

365 Moscheen sollen während der Blütezeiten Tarims in der Stadt gestanden haben. Eine Moschee, die Sirjis-Moschee, datiert aus dem 7. Jahrhundert. Ebenso soll es um eine zweite Moschee, die Bā ʿAlawī bestellt sein. Stilistische Merkmale deuten darauf hin, dass die heutigen Bauten aus dem 15. beziehungsweise 16. Jahrhundert stammen müssten; jedenfalls lassen sich die Bauelemente nicht den frühen islamischen Jahren zuordnen.[5] Zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert waren die Moscheen von bedeutendem Einfluss auf die islamische Gelehrsamkeit in der Region. Die berühmte Al-Mihdar-Moschee wird von einem 53 m hohen Minarett, dem höchsten im Jemen, überragt. Konzipiert wurde es von den einheimischen Baumeistern Abu Bakr bin Shihab und Alawi Al Mash'hūr. Alle großen Gebäude der Stadt haben einen quadratischen Grundriss und stehen in gleichmäßigen Reihen. Im Detail trifft man auf die traditionellen Handelsbeziehungen der Stadt, die durch eingebaute Tore beispielsweise aus Singapur und diverse Türspitzen aus Indien offenbar werden.[6]

Tarim verfügt zudem über eine riesige Bibliothek, die Awqaf-Bibliothek. In dieser werden mehr als 5000 Handschriften aus der Region verwaltet. Themen der Zeiten sind verewigt, wie die Lehren des Propheten, des islamischen Rechts, des Sufismus, der Medizin, der Astronomie und der Landwirtschaft. Geschichtsbiographien, Lehrbücher zur Mathematik, Philosophie, Logik und die acht Bände des Abu Muhammad al-Hasan al-Hamdanis al-Iklil, einem bedeutenden muslimischen Gelehrten, sind hier eingestellt. Zwischen 300 und 400 der (einzigartigen) Manuskripte werden allein dem Gelehrten Abd al-Qader Sabban zugeordnet.

Paläste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tarim ist überdies bekannt für seine unzähligen Paläste. Zwischen den 1870er und 1930er Jahren entstanden allein dreißig Paläste. In dieser Zeit erlangten etliche hadramitische Kaufmannsfamilien erheblichen Reichtum durch Handel und Investitionen. Die Awqaf-Familie galt als dabei als die einflussreichste. Viele Familienmitglieder waren von den Religionsgelehrten anerkannt und respektiert. Viele öffentliche Bauprojekte unterlagen dem Zeitgeist der Modernisierung des Landes. Die Paläste überdauerten die koloniale Periode als Leistungsnachweis für Familienwohlstand und Modernisierung. Der Baustil enthielt Einflüsse aus der Mogul-Architektur, der viktorianischen Architektur, der Art Nouveau, Art déco, Rokoko, Neoklassizismus und sonstigen modernen jemenitischen Stilen, umgesetzt durch die traditionsreiche jemenitische Bauweise mit Lehmziegeln und Kalkverputz („malas“).

Der Qasr-al-ʿIschscha-Komplex[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein hervorstechendes Beispiel der Architektur des Kalkverputzes stellt der Qasr-al-ʿIschscha-Komplex dar.

In der Zeit von 1970 bis 1991 wurde der Qasr-al-ʿIschscha-Komplex durch die Volksdemokratische Republik Jemen enteignet und als Vielfamilienhaustrakt parzelliert. Nachfahren erhielten den Gebäudekomplex später zurück. 1997 mietete sich die Historical Society for the Preservation of Tarim ein, um die Anlage Museumszwecken zuzuführen.[7]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Flughafen von Tarim liegt 30 km entfernt in Sai'ūn. Internationale Flüge gehen nach Dschidda in Saudi-Arabien, Dubai und Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Binnenflüge gehen nach Sanaa.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Salma Samar Damluij: The Valley of Mudbrick Architecture: Shibam, Tarim & Wadi Hadramaut. Reading, 1992.
  • Werner Daum: Jemen. Umschau-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-7016-2251-5.
  • Wendell Phillips: Kataba und Saba. Entdeckung der verschollenen Königreiche an den biblischen Gewürzstraßen Arabiens. S. Fischer Verlag, Berlin u. a. 1955.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tarim (Jemen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zensus 16. Dezember 2004
  2. Wendell Phillips: Kataba und Saba. Entdeckung der verschollenen Königreiche an den biblischen Gewürzstraßen Arabiens. S. Fischer Verlag, Berlin u. a. 1955, S. 32.
  3. Sam Alexandroni: No room at the inn Abgerufen am 17. Juli 2011.
  4. Atlantica: der neue grosse Satelliten-Weltatlas
  5. Ronald Lewcock: Jemenitische Architektur im Mittelalter, in: Werner Daum: Jemen. Umschau-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-7016-2251-5, S. 202.
  6. Jean-François Breton: Manhattan in the Hadramaut abgerufen am 17. Mai 2019.
  7. Conservation Project (Memento des Originals vom 1. Dezember 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.learn.columbia.edu (PDF; 46 kB)