Tension and Trauma Releasing Exercises

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Tension and Trauma Releasing Exercises (TRE) wurde von David Berceli (* 19. Dezember 1953) entwickelt, um damit die körperlichen Auswirkungen von traumatischen Erfahrungen, Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und starken Stressbelastungen zu reduzieren. Dies könne dann eine wichtige Grundlage sein, um die gemachten Erfahrungen psychotherapeutisch zu verarbeiten.

Entwicklung der Methode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seiner Tätigkeit als Traumatherapeut in verschiedenen Krisengebieten machte Berceli die Erfahrung, dass es eine natürliche Reaktion des menschlichen Organismus auf Schock und traumatische Erlebnisse gebe, die sich in einem Zittern des gesamten Körpers zeige.[1][2] Durch das Studium der Forschungen von Peter A. Levine (Somatic Experiencing)[3] kam Berceli zu dem Schluss, dass das Zittern nach einem Schock, einem Trauma oder anderen sehr belastenden Ereignissen zur Grundausstattung von Säugetieren gehört. Es diene der Selbstheilung des Organismus, um sein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen.[4]

David Berceli hat daraufhin auf der Grundlage der Bioenergetischen Analyse, des Yoga, des Tai Chi und anderer östlicher Methoden eine Folge von sieben Übungen entwickelt, die einen milden klonischen Spasmus (neurogenes Zittern) hervorrufen. Dieses Zittern soll mit seiner tief entspannenden Wirkung auf den Körper das Trauma "lösen" (release).[1]

Die Funktion des Zitterns bei der Lösung traumatischer Erfahrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der linken Seite wird die Wiederholungsschleife dargestellt, die bestehen bleibt und das sympathische Nervensystem ständig aktiviert. Sie bleibt so lange bestehen, bis das Gehirn ein Signal des zentralen Nervensystems bekommt, dass die Gefahr vorüber ist. Die rechte Seite zeigt das neurogene Zittern, das die Entspannung und Traumalösung herbeiführt.

Eine zentrale Rolle im körperlichen Prozess der Traumatisierung spielen nach Berceli die Großen Lendenmuskeln. Sie liegen in der Körpermitte des Menschen (vor der unteren Lendenwirbelsäule und den Sakralwirbeln) und verbinden den Rücken mit dem Becken und den Beinen. Bei jeder traumatischen Erfahrung kontrahieren diese Muskeln. Sie ziehen den Körper zusammen und schützen so Herz, Bauch und alle weiteren inneren Organe.[5] Durch das von Berceli, Levine und anderen beobachtete Zittern lassen diese tiefsitzenden Muskelgruppen – nach Berceli – ihre schützende Spannung los und kehren zu einem entspannten Zustand zurück. Das zentrale Nervensystem sendet dann Signale an das Gehirn, dass die Gefahr vorüber sei. So werde nach Ansicht von Berceli auch auf psychischer Ebene eine Traumalösung herbeigeführt.[4]

In der Sichtweise von TRE bleibt der Körper ohne diese Entladung nach einer traumatischen Erfahrung in einem starken Stresszustand gefangen. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) bildeten sich, indem ein ständiger chemischer Erregungszustand bestehen bleibe, der den Organismus autonom dazu veranlasse, einzelne Bestandteile des traumatischen Ereignisses ständig zu wiederholen, um es doch noch irgendwann loszuwerden. Gefühle und Erinnerungen zu dem belastenden Ereignis wiederholen sich in Träumen, unwillkürlich aufkommenden Gedanken, belastenden Gefühlen und Flashbacks. Körperlich sei eine große Anspannung mehr oder weniger dauerhaft vorhanden.[4]

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich entstanden die TRE-Übungen für eine praktische Arbeit in großen Gruppen traumatisierter Menschen. Auf diesem Weg waren bis zum Jahre 2010 nach eigenen Angaben von Berceli 40.000 Menschen in 17 Ländern in Berührung mit TRE-Übungen gekommen.[6]

2011 arbeitete Berceli mit den Traumaopfern der Anschläge in Norwegen,[2] im Februar 2013 bekam er den Auftrag, mit den traumatisierten Menschen in Newtown, Connecticut zu arbeiten – Menschen, die vom dortigen Schulmassaker direkt oder indirekt betroffen waren.[7]

2011 wurde im Rahmen einer Dissertation eine Quasi-Experiment-Pilotstudie vorgestellt, die TRE eine signifikante Reduktion von Angst und die Förderung eines besseren Allgemeinbefindens bei gesunden erwachsenen TRE-Kursteilnehmenden attestiert.[8] Im selben Jahr bescheinigte eine Vergleichsstudie des US-Verteidigungsministeriums zu verschiedenen Methoden zur Stressreduktion der TRE-Methode Entspannungswirkungen und eine einfache Erlernbarkeit.[9] Im September 2014 erschienen in der Zeitschrift Global Advances in Health and Medicine die Ergebnisse einer Pilotstudie, die in einem südafrikanischen SOS-Kinderdorf in Kapstadt mit den dortigen Mitarbeitern durchgeführt wurde. Sie bescheinigen TRE eine gewisse Wirksamkeit in der Stressreduktion.[10]

In Deutschland wurde im Februar 2014 vom Norddeutschen Institut für bioenergetische Analyse ein Forschungsvorhaben (Online-Befragung) zu Auswirkungen von TRE gestartet,[11] dessen Ergebnisse im Frühjahr 2015 veröffentlicht wurden.[12] Erste Klinische Studien zur Wirksamkeit bei traumatisierten Menschen und Menschen mit PTBS wurden inzwischen in der Ukraine durchgeführt.

Im Rahmen der Militärseelsorge der deutschen Bundeswehr am Bundeswehrkrankenhaus Berlin werden TRE-Übungen eingesetzt.[13]

TRE-Übungen werden von Befürwortern der Methode bei Menschen, die in ihrem Alltag starken beruflichen oder privaten Belastungen und ungesundem Stress ausgesetzt sind, angewendet.[11] Speziell für die professionelle Arbeit in sozialen Arbeitsfeldern entwickelte Berceli (in Zusammenarbeit mit Maria Napoli) einige weitere kurze Einleitungsübungen, die TRE um Elemente aus dem Achtsamkeitstraining ergänzen.[14][15][16][17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Levine: Trauma-Heilung: Das Erwachen des Tigers. Unsere Fähigkeit, traumatische Erfahrung zu transformieren. 2. Auflage. Synthesis, Essen 1999, ISBN 3-922026-91-5.
  • David Berceli: Körperübungen für die Traumaheilung. Norddeutsches Institut für Bioenergetische Analyse, Elsfleth 2007, DNB 989843203, S. 28 f.
  • Bernd Patczowsky: Körperfokussierte Stress- und Traumalösung durch „Tension and Trauma Releasing Exercises“ (TRE). In: Körper, Tanz, Bewegung. Zeitschrift für Körperpsychotherapie und Kreativtherapie. Heft 3/2014, S. 102–108.
  • Susanne Winkler: Neurogenes Zittern als neuer Baustein in der Traumabehandlung? Praktische Erfahrungen und theoretische Erläuterungen. In: Psychotherapeutenjournal. Heft 3/2018, S. 244–250.
  • Hildegard Nibel, Kathrin Fischer: Neurogenes Zittern. Die Original-TRE-Übungen. Trias, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-432-11198-8.
  • Thomas Thiel: Frei-Sprechen und Wahr-Sagen. Seelsorgliche Begleitung traumatisierter Menschen im Kontext von Scham, Schuld, Macht und Gewalt. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2023, ISBN 978-3-525-40008-1, S. 411–416.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b David Berceli: Körperübungen für die Traumaheilung. Norddeutsches Institut für Bioenergetische Analyse, Elsfleth 2007, S. 28 f.
  2. a b Valerie Prassl, Elisabeth Riedl: Durch Zittern zur Tiefenentspannung. In: Ursache und Wirkung. Heft 79, Wien 2012.
  3. Peter Levine: Trauma-Heilung: Das Erwachen des Tigers. Unsere Fähigkeit, traumatische Erfahrung zu transformieren. 2. Auflage. Synthesis, Essen 1999, ISBN 3-922026-91-5.
  4. a b c Vita Heinrich-Clauer, Arist von Schlippe: … dem Körper zu erlauben, sich laufend selbst zu heilen. In: PiD – Psychotherapie im Dialog. Band 07, Nr. 02, Juni 2006, ISSN 1438-7026, S. 215–219, doi:10.1055/s-2006-932637.
  5. Unwinding The Knots In Our Muscles and Fascia. Evolutionary Life Architecture, 12. Dezember 2013; abgerufen am 28. Dezember 2014.
  6. David Berceli: Neurogenes Zittern. Eine körperorientierte Behandlungsmethode für Traumata in großen Bevölkerungsgruppen. In: Trauma und Gewalt. Heft 2-2010, Klett-Cotta.
  7. traumaprevention.com (Memento des Originals vom 2. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/traumaprevention.com
  8. Taryn McCann: An Evaluation of the Effects of a Training Programme in Trauma Release Exercises on Quality of Life. Dissertation, University of Cape Town, 2011.
  9. United States Department of Defense: Mind-Body Skills for Regulating the Autonomic Nervous System. (Memento des Originals vom 20. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dcoe.mil Juni 2011, gesehen am 28. Januar 2015.
  10. David Berceli, Melanie Salmon, Robin Bonifas, Nkem Ndefo: Effects of Self-induced Unclassified Therapeutic Tremors on Quality of Life among Non-professional Caregivers: A Pilot Study. In: Global Advances in Health and Medicine. Band 3, Nr. 5, 2014, S. 45–48 doi:10.7453/gahmj.2014.032.
  11. a b Bernd Patczowsky: Körperfokussierte Stress- und Traumalösung durch "Tension and Trauma Releasing Exercises" (TRE). In: körper - tanz - bewegung, Zeitschrift für Körperpsychotherapie und Kreativtherapie. Band 9, Nr. 3. Ernst Reinhart, 2014, ISSN 2195-4909, S. 102–108 (reinhardt-journals.de [abgerufen am 30. April 2023] Paywall).
  12. Hildegard Nibel: Shake it up baby! Trauma and Tension Releasing Exercises (TRE®) as a new promising offering in promoting occupational health – GfA Frühjahrskonferenz Karlsruhe. Gesellschaft für Arbeitswissenschaft, 27. Februar 2015, abgerufen am 30. April 2023.
  13. Claudia und Thomas Thiel: Der Tempel des Heiligen Geistes. Seelsorge als Leibsorge. In: Wege zum Menschen (WzM). 72. Jahrgang. Vandenhoeck & Ruprecht, 2020, ISSN 0043-2040, S. 507–521.
  14. David Berceli, Maria Napoli: A Proposal for a Mindfulness-Based Trauma-Prevention Program for Social Work Professionals (Memento vom 28. September 2015 im Internet Archive; PDF) DIN-A4-Übungstabelle auf S. 7.
  15. Hildegard Nibel, Andreas Herold: Körperorientiertes Coaching für ressourcenschonendes Auflösen chronischer Stressreaktionen. In: Jutta Heller (Hrsg.): Resilienz für die VUCA-Welt. Individuelle und organisationale Resilienz entwickeln. Springer, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-21043-4, Kap. 12, S. 169–183 (Kongressband mit Beiträgen des Coaching-Kongresses in Erding, 16.–17. Februar 2017).
  16. Hildegard Nibel, Andreas Herold: Evaluation eines ressourcenschonenden traumatherapeutischen Verfahrens TRE Tension and trauma Releasing Exercises. Gladbeck (48. Kongress der DGWMP Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Pharmazie, Gladbeck 26.-28. Oktober 2017.).
  17. Andreas Herold, Hildegard Nibel: TRE trauma releasing exercises zur ressourcenschonenden Auflösung von Stressverarbeitungsstörungen. Bremen 22. Juni 2019 (Workshop W066 bei der Tagung „Reden reicht nicht!“ am 22. Juni 2019 in Bremen).