Thüringerwaldbahn

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Gotha Hbf–Tabarz
Ein Tatra KT4 der Thüringerwaldbahn
an der Endhaltestelle Bad Tabarz
Ein Tatra KT4 der Thüringerwaldbahn
an der Endhaltestelle Bad Tabarz
Strecke der Thüringerwaldbahn
Kursbuchstrecke (DB):keine, ex 981, ex 192 m
Streckenlänge:21,7 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:600 Volt =
Höchstgeschwindigkeit:60 km/h
Zweigleisigkeit:Hbf–Wagenhalle
0,0 Gotha Hauptbahnhof mit Ausweiche
Gotha Bahnhofstraße
Gotha Orangerie
Gotha Huttenstraße
Linien 2 und 3 Richtung Gotha Ostbahnhof
Gotha Gartenstraße
Gotha Bertha-von-Suttner-Platz
Gotha Myconiusplatz
Gotha 18.-März-Straße
Gotha Ernststraße
3,7 Gotha Wagenhalle
Depot
4,0 Gotha Waltershäuser Straße (ohne Verkehr)
4,1 Gotha Schöne Aussicht
Leinakanal
4,6 Gotha Inselsbergstraße (früher Am ha we ge-Markt)
5,0 Bebra–Halle
5,2 Sundhausen
Gotha Kreiskrankenhaus
6,4 Ausweiche
8,1 Boxberg
Leinakanal
9,8 A 4
Leina
9,9 Leina
11,0 Ausweiche
Badewasser
12,3 Wahlwinkel
14,0 Fröttstädt–Georgenthal
nach Waltershausen Bahnhof
14,2 Waltershausen Gleisdreieck
von Waltershausen Bahnhof
14,9 Waltershausen, Schnepfenthal
Badewasser
16,7 Reinhardsbrunner Teiche
17,5 Reinhardsbrunn Bf
18,2 Friedrichroda (TWSB)
19,3 Marienglashöhle
Badewasser
20,5 „Russenbrücke“
21,7 Bad Tabarz mit Ausweiche
22,0 Tabarz Bf Kuppelendstelle (bis 20. Dez. 1966)
Waltershausen Gleisdreieck–Waltershausen Bf
Streckenlänge:2,4 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:600 Volt =
0,0 Waltershausen Gleisdreieck mit Ausweiche
0,4 Waltershausen Ohrdrufer Straße
0,8 Waltershausen Goethestraße
1,5 Waltershausen Albrechtstraße
Waltershausen Brühl
Waltershausen Claustor
Waltershausen Bahnhofstraße
2,4 Waltershausen Bahnhof

Die Thüringerwaldbahn ist eine meterspurige Überlandstraßenbahn in Thüringen. Sie bedient von Gotha ausgehend den Nordrand des Thüringer Waldes; betrieben wird sie von der Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH (TWSB). Im engeren Sinn steht der Begriff Thüringerwaldbahn für deren Linie 4.

Streckenbeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fahrt mit der Thüringerwaldbahn beginnt am Bahnhof Gotha, der von der Straßenbahngesellschaft als Hauptbahnhof bezeichnet wird, und führt in das 21,7 Kilometer entfernte Bad Tabarz am Fuße des Großen Inselsbergs. Die Reisezeit über die Gesamtstrecke beträgt knapp eine Stunde, dabei werden 22 Haltestellen bedient. An der Zwischenstation Waltershausen Gleisdreieck beginnt eine 2,4 Kilometer lange Zweigstrecke nach Waltershausen Bahnhof, an ihr liegen weitere vier Stationen. Der Nebenast wird seit dem 30. August 2007 als Linie 6 bezeichnet.

Die Strecke ist im Stadtgebiet Gotha bis zur Wendeschleife Waltershäuser Straße in Höhe der Wagenhalle zweigleisig, ansonsten eingleisig. Auf dem eingleisigen Abschnitt bestehen Ausweichmöglichkeiten an den Haltestellen Inselsbergstraße, Boxberg (hier befindet sich auch eine Wendeschleife), Reinhardsbrunn Bahnhof und Marienglashöhle sowie zwischen den Haltestellen Leina und Wahlwinkel. Die Haltestellen im Gleisdreieck Waltershausen sind ebenfalls alle zweigleisig mit Richtungsbetrieb angelegt. Außerdem besteht eine Möglichkeit zum Überholen in der Wendeschleife in Bad Tabarz sowie durch Nichtbefahren der Stichstrecke zum Krankenhaus.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fahrplan im Kursbuch der Deutschen Reichsbahn von 1989

1897 wurde zwischen der Landesregierung des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha und der Gothaer Straßenbahn eine Vereinbarung zum Bau einer Überlandbahn geschlossen. Drei Jahre später erhielt die Elektrizitäts-AG vormals W. Lahmeyer & Co. (EAG) in Frankfurt am Main, die auch die Straßenbahn Gotha betrieb, die Konzession für diese Bahn. Insgesamt waren neun Strecken geplant, die aber zunächst nicht realisiert wurden. Am 21. November 1911 wurde zwischen dem Herzogtum und der AEG ein Vertrag über den Bau eines Überlandelektrizitätswerkes sowie der Thüringerwaldbahn abgeschlossen. 1912 übernahm die Thüringer Elektrizitäts-Lieferungsgesellschaft Gotha, kurz ThELG, eine Tochtergesellschaft der AEG, die EAG. Am 4. Juni 1914 begannen die Arbeiten. Sie wurden durch den Ersten Weltkrieg und die Inflation unterbrochen und erst ab dem 28. Juni 1928 fortgesetzt. Mündlicher Überlieferung zufolge soll der Bau 1915 zwischenzeitlich unter Einsatz russischer Kriegsgefangener noch einmal weitergeführt worden sein, eine damals errichtete Überführung über die Strecke wird heute noch von den Einheimischen als „Russenbrücke“ bezeichnet, da an ihrem Bau russische Gefangene beteiligt gewesen sein sollen.[1]

Am 17. Juli 1929, dem Einweihungstag der Strecke, gehörten zehn Triebwagen, sieben Beiwagen und ein Gepäckwagen zum Fahrzeugbestand. Es wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h festgelegt. Die Fahrdrahtspannung betrug 600 V Gleichspannung.

In den 1930er Jahren erfreute sich die Bahn so großer Beliebtheit, dass bis 22 Fahrten täglich durchgeführt wurden. Sie wurde dabei sowohl für den Berufs- als auch für den Ausflugsverkehr rege genutzt. Der Zweite Weltkrieg verschonte die Bahn lange Zeit. Erst die Luftangriffe am 6. Februar 1945 führten zur Einstellung des Betriebs. Nachdem im April die Autobahnbrücke über die Leina gesprengt worden war, kam es zu einer Teilung in zwei Abschnitte. Der Betrieb auf den beiden Abschnitten der Strecke konnte erst im Juli 1946 wieder aufgenommen werden. Durchgehend befahrbar war sie erst ab dem 30. Oktober 1947, nachdem man die Brücke der Autobahn wieder errichtet hatte.

1951 wurde aus der Straßenbahn Gotha der VEB (K) Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha. Am 1. Oktober 1958 wurden Liniennummern eingeführt und die Strecke wurde zur Linie 4. Am 15. Mai 1964 wurde die Wendeschleife am Hauptbahnhof in Gotha in Betrieb genommen, eineinhalb Jahre später, am 20. Dezember 1966, folgte die Schleife in Tabarz am anderen Ende der Strecke. Am 1. November 1971 wurde die neue Strecke in der Innenstadt von Waltershausen eingeweiht. Ein Weiterbau über Fischbach bis Winterstein wurde verworfen.

Die heutige Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH (TWSB Gotha) wurde am 15. Januar 1991 gegründet. Am 23. März 2002 wurde der Abzweig zum Krankenhaus in Sundhausen in Betrieb genommen. Einige Züge der Waldbahn verkehren auch über diesen neuen Abschnitt der Linie 1. Anlässlich Sonderveranstaltungen wie Schwimmbadpartys oder Boxberg-Festivals (unter anderem Freakstock) werden gesondert Verstärkungszüge und ein Nachtverkehr eingerichtet. Die Pendellinie vom Gleisdreieck nach Waltershausen trägt seit August 2007 die Liniennummer 6.

Die Gothaer Industriebahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Industriebahn Gotha war ein Betriebsteil der Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha. Die Industrieanschlussbahn erstreckte sich links und rechts der Bahnstrecke Gotha–Leinefelde zwischen Gotha Hauptbahnhof und Gotha Ost. Die Lokomotiven der Baureihen V 10, V 15 Kaluga TGK 2 und V 22B bedienten die Fabriken und Betriebe in der Gothaer Oststadt im Bereich der Friemarer Straße, Oststraße sowie entlang der Kindleber Straße. Übergabebahnhof zur Deutschen Reichsbahn war der Bahnhof Gotha Ost. Nach Schließung von vielen Fabriken und Betrieben beziehungsweise Rückgang des Güterverkehrs ab 1990 bei der ehemaligen Deutschen Reichsbahn wurde die Industriebahn Gotha eingestellt.[2]

Lokomotiven der Gothaer Industriebahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Fahrzeuge waren direkt an den VEB Thüringerwaldbahn, Betriebsteil Industriebahn Gotha ausgeliefert worden, weitere Fahrzeuge wurden an Betriebe am Netz der Gothaer Industriebahn geliefert. Eingesetzt wurden die Fahrzeuge jedoch von der Industriebahn, von der auch das jeweilige Personal stammte. Die letzten beiden Lokomotiven ließ die Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH mangels Interessenten im Jahr 1998 verschrotten.

Loknummer Typ Hersteller Baujahr Bemerkung
unbekannt V 10 B LKM Babelsberg 1962/252307 1985 an agrochemisches Zentrum Mühlhausen
3I V 10 B LKM Babelsberg 1962/252342 Auslieferung an VEB Spanplattenwerk Gotha, Einsatz durch Industriebahn Gotha
4 V 18 B /
V 22 B
LKM Babelsberg 1963/261266 1983 Umbau in V22 B „1“; 1991 zum Betriebsvermögen der Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH; 1996 an Heyl-Mühlen Bad Langensalza; 2010 verschrottet
3 V 10 B LKM Babelsberg 1965/252433 Auslieferung für Lager der Roten Armee im Raum Berlin, später verschiedene Industriebetriebe, anschließend Großhandelsgesellschaft Lebensmittel Gotha – eingesetzt durch Industriebahn Gotha, 1991 an Metallrohstoffe Wöhlsdorf, 1992 dort vorhanden, Verbleib unbekannt.
5 V 22 B LKM Babelsberg 1971/262284 spätere Umzeichnung in Lok 2; 1991 zum Betriebsvermögen der Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH; 1998 in Gotha Ost verschrottet
3II V 22 B LKM Babelsberg 1975/262586 Auslieferung 1975 an VEB Förderwagen und Beschlagteile Mühlhausen „2“, 1985 an VEB Thüringerwaldbahn, Betriebsteil Industriebahn; 1991 zum Betriebsvermögen der Thüringerwaldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH; 1998 in Gotha Ost verschrottet
1I TGK 2-E 1 Kaluga 1979/043 1989 ausgemustert, Ersatz durch 1 II; Ebenfalls TGK 2-E 1
1II TGK 2-E 1 Kaluga 1989/175 Ersatz für Kaluga 043; ausgeliefert an VEB Spanplattenwerk Gotha, eingesetzt durch die Gothaer Industriebahn; Verbleib unbekannt, vmtl. verschrottet

Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bernd Blickensdorf: Die Thüringerwaldbahn. Transpress Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-344-00310-0.
  • Bernd Blickensdorf u. a.: 75 Jahre Thüringerwaldbahn, 110 Jahre Straßenbahn Gotha. Festschrift. Gotha 2004.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Thüringerwaldbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Video u. A. über die Thüringerwaldbahn, bei 28:27 die „Russenbrücke“: https://www.youtube.com/watch?v=pVXaPDBccb0
  2. Informationen zur Gothaer Industriebahn (PDF; 1,4 MiB)