Torburg

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Torburg Porte Saint-Denis in Paris, die Stadtmauer Karls V. wurde abgerissen

Eine Torburg ist ein architektonisch relativ eigenständiger Torbau einer Burg oder einer Stadtmauer, durch deren Tore man in die Stadt gelangte und früher der Verteidigung diente.[1] Der viereckige Torbau, der leicht vor die Mauerfront vorgerückt oder mauerbündig in die Ringmauer eingepasst war, kam erstmals im 11. Jahrhundert auf. War er mehrere Geschosse hoch, handelt es sich um einen Torturm.[2] Torburgen sind heute oft freistehend ohne eine anschließende Burg- oder Stadtmauer, was daran liegt, dass die Stadtmauern abgetragen wurden. Sie überspannen zumeist eine Fahrbahn.

Eine häufige Form ist die mit Türmen versehene Turmtorburg. Dazu gehören die oft monumentalen Formen der Halbrundturm-Torburg, der von Doppelhalbrundtürmen flankierten Torburg oder der Torburg mit Zentralturm. Im Falle eines Burgtors sind die Torburgen meist vorgelagert; sie liegen jenseits des Burggrabens. In diesen Fällen spricht man auch von Barbakanen.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Abgrenzung zu befestigten Brückenburgen, Burg-, Brücken- und Stadttoren, Torhäusern, Torbauten oder Tortürmen ist fließend. Allen gemeinsam ist eine Befestigung durch starkes Mauerwerk. Es gibt unterschiedliche Bauformen, die sowohl viereckige als auch runder Grundform aufweisen.

In der Regel wurden Tortürme oder -burgen in die Wehrgänge einbezogen; eine Ausnahme ist für die Stadtmauer Köln belegt, wo man die Torburgen erst durch spätere Mauereinbrüche mit dem Wehrgang verband.[3]

Ursprünglich waren die Torburgen größerer Städte aus Doppeltore angelegt zwischen denen sich ein Torhof befand, der vollständig von Wehrgängen auf hohen, starken Mauern umgeben war,[4] um die Feinde, die das erste Tor durchbrochen hatten, auch von der Seite angreifen zu können. Im späten Mittelalter wurden die Verteidigungsanlagen zu Statussymbolen ausgebaut, die Torburgen an den Eingängen der Städte immer prachtvoller gestaltet. Das berühmte Holstentor in Lübeck ist eigens zur Repräsentation und niemals zur Verteidigung errichtet worden.[5]

Torburgen in Europa (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Stadt Gent überspannt die Rabottorbrug[6] als befestigte Brückentorburg den Lievekanal und war ein Teil der Stadtbefestigung. Die Stadt Köln hatte insgesamt 12 Torburgen, die teil der Stadtmauer waren und dem „himmlischen Jerusalem“ nachempfunden waren sowie zusätzlich 52 Wehrtürme zwölf weitere zum Rheinufer gewandte Tore. Von den Torburgen sind die Eigelsteintorburg, die Hahnentorburg, die Ulrepforte, die Severinstorburg und der Bayenturm noch vorhanden.[7]

Der Rheingau, der sich vom 12. bis ins 18. Jahrhundert selbst verteidigen und schützen musste, umschloss das Gebiet mit dem sogenannten Rheingauer Gebück. Diese dichte, lebendige, 50 Schritt breite Hecke bestand aus einem undurchdringlichen Baumdickicht, die notwendigen Straßendurchlässe waren durch befestigte Torburgen geschützt, von denen lediglich die Ruinen der „Mapper Schanze“ erhalten blieben.[8]

Die Stadt Görlitz hatte zur Verteidigung vier Turmburgen, die den Zugang zur Stadt sicherten. Die Wehranlage bestand aus einem Hauptgraben, einem zweiten Graben und einem Vortor. Es folgte ein weiteres Tor und anschließend das eigentliche Stadttor. Alle Tore waren mit Zugbrücken und Fallgattern ausgestattet.[9]

Die mächtigsten Torburgen hat Nürnberg in seinen vier großen Toren Laufer-, Frauen-, Spittler- und Neutor aufzuweisen.[10] Weitere Beispiele sind

Stadtwappen mit einer Torburg (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Dehio: Stadttore – Kölner Torburgen. In: Geschichte der deutschen Kunst. W. de Gruyter, Berlin 1921, S. 378–380, Abbildung 558–560 (Textarchiv – Internet Archive – Sowie weitere Abbildungen von Stadttoren und Stadttürmen in Anschluss bis S. 389).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Glossarium artis: Burgen und feste Plätze. Band 1. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-097269-6, S. 136 (books.google.de [abgerufen am 20. Dezember 2021]).
  2. Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen. Europäisches Burgeninstitut – Einrichtung der Deutschen Burgenvereinigung e. V., abgerufen am 20. Dezember 2021.
  3. Michael Matheus: Stadt und Wehrbau im Mittelrheingebiet. Franz Steiner Verlag, 2003, ISBN 978-3-515-08228-0, S. 54.
  4. H. Bens: Allerlei vom Bauen unserer Vorfahren nach Stegreifnotizen meines Merkbuches. In: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk. 25. Jahrgang, Nr. 4. Selbstverleg, Berlin April 1912 (Textarchiv – Internet Archive – Beiblatt).
  5. Christoph Parry: Menschen, Werke, Epochen: eine Einführung in die deutsche Kulturgeschichte. Hueber Verlag, 1993, ISBN 978-3-19-001498-9, S. 32.
  6. Karl Braun-Wiesbaden: Von der hansischen Flanderfahrt II. Amsterdam. Antwerpen. Gent. In: Die Gartenlaube. Heft 41, 1884, S. 676–680, hier S. 680 (Volltext [Wikisource] – Rabot-Thor in Gent – Originalzeichnung von Hermann Schlittgen).
  7. Geschichte der Stadtmauer. koeln.de, abgerufen am 9. November 2021.
  8. Ferdinand Luthmer: Rheingau. In: Nassau: Wanderungen durch Kunst und Geschichte. Heinrich Staadt, Wiesbaden 1917, S. 51 ff., hier S. 52 (Textarchiv – Internet Archive).
  9. Bernhard Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter. VDI-Verlag, Berlin 1928, S. 381, 388, 391 (Textarchiv – Internet Archive).
  10. Heinrich Berger: Handbuch der bürgerlichen Kunstaltertümer in Deutschland. Leipzig, Seemann, 1906, S. 138.
  11. Paul Clemen: Profane Denkmäler – Stadtbefestigungen. In: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 5: Stadt Bonn, S. 439–450 (Textarchiv – Internet Archive).