Tzipi Livni

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Tzipi Livni, 2018

Tzipora „Tzipi“ Malka Livni (hebräisch צפורה (ציפי) לבני; * 8. Juli 1958 in Tel Aviv; der Vorname wird gelegentlich auch Zipi, der Nachname manchmal Liwni geschrieben) ist eine ehemalige israelische Politikerin. Von September 2008 bis März 2012 war sie Vorsitzende der Kadima-Partei, von Januar 2006 bis März 2009 Außenministerin ihres Landes. 2013 unterschrieb Livni den Koalitionsvertrag mit Likud-Beitenu und war von März 2013 bis Dezember 2014 Justizministerin.[1] Im Februar 2019 gab sie ihren Rückzug aus der Politik bekannt.

Leben und politische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Livni ist die Tochter von Eitan Livni, einem in Grodno (Polen, heute Belarus) geborenen führenden Mitglied der Untergrundorganisation Irgun Tzwai Le’umi (Etzel),[2][3] der selbst Abgeordneter der Likud-Partei war, und Sara Livni, geb. Rosenberg, ebenfalls einer Etzel-Kämpferin. Tzipi Livni diente als Leutnant in den israelischen Streitkräften und arbeitete von 1980 bis 1984 für den Auslandsgeheimdienst Mossad. Livni hat die Juristische Fakultät der Bar-Ilan-Universität absolviert und mehrjährige Berufserfahrung als auf öffentliches Recht und Handelsrecht spezialisierte Rechtsanwältin.[4]

Mitarbeit im Mossad und erste Regierungsämter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 29. Juli 2008 sagte Livni dem israelischen Militärrundfunk: „Ich habe vier Jahre lang beim Mossad gearbeitet. Ich habe auch Weiterbildungsseminare besucht und war auf Auslandsmissionen.“[5] Nach ihrer Heirat hat sie den Dienst quittiert, weil sie laut eigener Aussage „nicht mehr dieses Leben“[6] habe führen wollen. Details über ihre Missionen wollte Livni nicht preisgeben. Medien hatten bereits über ihre Zeit beim Mossad berichtet.

Seitdem sie im Jahr 2000 als Likud-Mitglied in die Knesset gewählt worden war, hatte sie verschiedene Regierungsämter inne. So war sie Ministerin für regionale Zusammenarbeit, Landwirtschaftsministerin und Ministerin für Einwanderungsfragen. Sie wird sowohl von rechten als auch von linken Israelis geschätzt und erhielt die „Quality of Governance“-Auszeichnung für das Jahr 2004.

Am 10. Januar 2005 wurde sie zur Justizministerin ernannt. Livni unterstützte 2004 die Räumung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen[7] und galt als eines der zentralen Mitglieder der „Taubenfraktion“ innerhalb der Likudpartei. Oft trat sie als Vermittlerin zwischen den „Tauben“ und „Falken“ in der Partei auf und erlangte Bekanntheit durch ihre erfolgreichen Bemühungen, eine Mehrheit für den Rückzug aus Gaza zu organisieren.[8] Am 12. November 2005 war sie das erste Mitglied der israelischen Rechten, das bei den offiziellen Gedenkfeiern anlässlich der Ermordung Jitzchak Rabins sprach. Am 20. November 2005 folgte Livni dem aus dem Likud ausgetretenen Ariel Scharon und trat dessen neuer Partei Kadima bei.

Außenministerin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tzipi Livni im Gespräch mit Dick Cheney

Als Außenminister Silvan Schalom im Januar 2006 zurücktrat, wurde Livni am 18. Januar 2006 als zweite Frau nach Golda Meir zur Außenministerin ernannt. Gleichzeitig behielt sie ihre Posten als Justizministerin und als Ministerin für Einwanderung und Integration. Als sich der Gesundheitszustand von Ariel Scharon verschlechterte, wurde spekuliert, ob Livni seine Nachfolge an der Spitze der Kadima antrete, von anderen aber bezweifelt, ob sie die dafür ausreichende Erfahrung habe. Allerdings erklärte sie schnell ihre Unterstützung für Ehud Olmert als Parteichef der Kadima und als amtierenden Premierminister. Bei den vorzeitigen Wahlen zur Knesset am 28. März stand Livni auf Platz 3 der Kadima-Wahlliste und hatte somit einen Sitz im Parlament sicher.

Livni war das erste Kabinettsmitglied, das Attacken palästinensischer Aktivisten auf israelische Soldaten von Terroranschlägen auf Zivilisten differenzierte. In einem Interview für das amerikanische Fernsehen sagte sie am 28. März 2006 in der Sendung Nightline:

„Jemand, der gegen israelische Soldaten kämpft, ist ein Feind, und wir werden uns wehren, aber ich glaube, dass das nicht unter die Definition des Terrorismus fällt, wenn das Ziel ein Soldat ist.“[3]

Livni wurde am 4. Mai 2006 bei der Amtseinführung des 31. israelischen Kabinetts erneut als Außenministerin vereidigt, wurde gleichzeitig stellvertretende Premierministerin und gab alle weiteren Ministerien ab. Das Amt des Justizministers ging zunächst an Chaim Ramon, doch bereits am 29. November 2006 übernahm sie erneut das Justizministerium (von Ehud Olmert) und amtierte bis zur Vereidigung Daniel Friedmanns am 7. Februar 2007. Als Außenministerin wurde sie am 31. März 2009 abgelöst.

Im Februar 2006 sagte Livni bei einer Konferenz in Österreich in Hinblick auf den Stopp des vertraglich festgelegten Transfers von Zolleinnahmen und Steuergeldern an die palästinensische Autonomiebehörde bzw. die Hamas: „Wenn sie unsere Existenz nicht akzeptieren, können sie auch nicht unsere Schecks akzeptieren.“[9]

Sie begrüßte die UN-Resolution 1701 als „gut für Israel“.[10]

Als ehemaliges Mitglied des Kriegskabinetts während der Operation Gegossenes Blei erging an sie ein Haftbefehl eines britischen Gerichts aufgrund einer Klage von Opfern aus dem Gazastreifen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen; der Haftbefehl wurde zurückgezogen, nachdem bekannt wurde, dass sie Großbritannien nicht betreten werde.[11] Dies führte zu Verstimmungen zwischen London und Jerusalem.[12] Als sich Livni Mitte 2016 in London aufhielt, lud Scotland Yard sie deshalb zu einem Gespräch vor, was Proteste aus Israel hervorrief.[13]

Kritikerin von Premierminister Olmert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tzipi Livni, 2008

Als Ende April/Anfang Mai 2007 die von der israelischen Regierung einberufene Winograd-Kommission[14] in ihrem Abschlussbericht Ministerpräsident Olmert „schwerwiegendes Versagen“ im Libanonkrieg 2006 vorwarf, da er die Truppen ohne ausreichende Vorbereitung und die Erwägung anderer Alternativen in den Krieg geschickt habe, stellte sich die Außenministerin Livni als populärste und einflussreichste Kritikerin aus den Reihen der Kadima demonstrativ gegen die Politik Olmerts. Dabei betonte sie, dass es ihr rein um die Sachfrage gehe.[15]

Im April 2008 sagte Livni, dass Israel bei Gesprächen zum Nahostkonflikt niemals seine „Roten Linien“ überschreiten werde.[16] Am 17. September 2008 wurde sie bei einer Urabstimmung als Nachfolgerin Olmerts zur Parteivorsitzenden der Kadima gewählt. Mit 43,1 Prozent der abgegebenen Stimmen setzte sie sich nur knapp gegen den als Hardliner geltenden Verkehrsminister Schaul Mofas durch, obwohl Meinungsumfragen ihr einen zehnprozentigen Vorsprung prognostiziert hatten.

Nach dem Rücktritt Olmerts am 22. September 2008 beauftragte Staatspräsident Schimon Peres Livni mit der Regierungsbildung. Am 13. Oktober 2008 erreichte sie einen ersten Erfolg mit der Einigung auf einen Koalitionsvertrag mit der Arbeitspartei Awoda. Zur Fortsetzung der Koalition musste Livni aber Zugeständnisse an Verteidigungsminister Ehud Barak machen; so wurde dem Awoda-Vorsitzenden beispielsweise ein Mitspracherecht bei den Friedensgesprächen mit Syrien eingeräumt. Zur Sicherung der Parlamentsmehrheit hätte Livni aber neben der Awoda die Unterstützung kleinerer Parteien benötigt.[17]

Tzipi Livni, 2009

Am 26. Oktober erklärte sie die Regierungsbildung für gescheitert, woraufhin von Peres Neuwahlen ausgerufen wurden, die am 10. Februar 2009 stattfanden.[18] Bei den Neuwahlen trat sie als Spitzenkandidatin der Kadima an. Zwar wurde die Kadima mit 28 von 120 Sitzen stärkste Kraft vor dem Likud. Jedoch gelang es dessen Spitzenkandidat Benjamin Netanjahu eine Regierung zu bilden, so dass die Kadima in die Opposition gehen musste. Livni blieb vorerst Oppositionsführerin, unterlag aber im März 2012 bei der Neuwahl des Parteivorsitzenden ihrem Herausforderer Schaul Mofas.

Rückkehr in die Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im November 2012 rief Livni zur Gründung der Mitte-links-Partei Ha-Tnu’a (dt. Die Bewegung) auf, mit der sie zur Knessetwahl 2013 antrat.[19] Hatnua erreichte 4,99 % und sechs Sitze.[20] Seit März 2013 gehörte sie der Regierung unter der Führung von Benjamin Netanjahu als Justizministerin an. Nach einer Regierungskrise wurde sie am 2. Dezember 2014 durch Premierminister Netanjahu ihres Amtes enthoben, der ihr vorwarf, die Regierung öffentlich zu kritisieren. Daraufhin schloss Livni ihre Partei Ha-Tnu’a Mitte Dezember 2014 mit der Arbeitspartei Awoda zur gemeinsamen Wahlliste Zionistische Union zusammen, die in Umfragen zwischenzeitlich etwa gleichauf mit dem rechtsnationalen Lager von Netanjahus Likud lag. Das Ziel der Regierungsübernahme bei der vorgezogenen Neuwahl im März 2015 gelang nicht. Livni, die auf dem zweiten Listenplatz der Union stand, sollte nach zwei Jahren des Awoda-Vorsitzenden Jitzchak Herzog im Amt des Premierministers mit diesem rotieren (israelisches Modell).

Rückzug aus der Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 18. Februar 2019 erklärte Livni, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen. Als Begründung gab sie das schlechte Abschneiden ihrer Partei Ha-Tnu’a in den Vorwahlumfragen zur Knesset-Wahl 2019 an.[21] Livni warnte vor dem Ende der Demokratie in Israel, sollte Premierminister Netanjahu seine bisherige Politik fortführen können.

Privatleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Livni lebt in Tel Aviv. Die Hobby-Schlagzeugerin ist verheiratet und Mutter zweier Kinder.[22] Seit früher Jugend ist sie engagierte Tierschützerin und Vegetarierin.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tzipi Livni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Yuval Karni, Omri Efraim: Coalition deal: Livni to serve as justice minister; head peace talks. Nearly month after elections, PM finalizes first coalition deal; Hatnua leader to get justice portfolio, be in charge of peace talks with Palestinians. In: y net news.com. 19. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2015 (englisch).
  2. Israel celebrates Irgun hotel bombers The Daily Telegraph, 21. Juli 2006
  3. a b c Tzipi Livni: Die kühle Sauberfrau aus dem Mossad Die Presse, 16. September 2008
  4. Golda Meirs Enkelin Cicero, Juni 2006
  5. Israels Außenministerin Livni: „Ich war Mossad-Agentin“. Die Presse, 29. Juli 2008
  6. Livni war Mossad-Agentin. (Memento vom 17. August 2008 im Internet Archive) Süddeutsche Zeitung, 29. Juli 2008
  7. Q & A: Tzipi Livni, Israeli Foreign Minister. The Washington Post, 22. Januar 2006
  8. Bewährungsprobe für Golda Meirs Erbin. Spiegel Online, 20. Juli 2006
  9. Israelische Außenministerin Tzipi Livni zu Besuch in Wien: „Hamas muss sich ändern“. News Networld Internetservice, 1. März 2006, abgerufen am 18. November 2012.
  10. Mideast battles rage ahead of cease-fire China Daily, 14. August 2006
  11. Ian Black, Ian Cobain: British court issued Gaza arrest warrant for former Israeli minister Tzipi Livni The Guardian 14. Dezember 2009.
  12. Nach britischem Haftbefehl. Livni: „Der Krieg war nötig“ FAZ 15. Dezember 2009.
  13. Barak Ravid: In Unprecedented Move, British Police Summoned Tzipi Livni Over Suspected Gaza War Crimes. In: Haaretz, 3. Juli 2016 (englisch).
  14. Olmert wegen ‚planloser Kriegsführung‘ unter Druck (Memento vom 3. Mai 2007 im Internet Archive) Financial Times Deutschland, 30. April 2007
  15. Livni legt Regierungschef Olmert Rücktritt nahe (tagesschau.de-Archiv) Tagesschau, 2. Mai 2007
  16. Liwni zieht Grenzen n-tv, 7. April 2008
  17. Kadima und Arbeiterpartei vereinbaren Koalitionsvertrag (Memento vom 15. Dezember 2008 im Internet Archive) Süddeutsche Zeitung, 13. Oktober 2008
  18. Elections in Israel – February 2009 Israelisches Außenministerium
  19. Sabine Brandes: Reise nach Jerusalem. Zipi Livni gründet eine Partei Jüdische Allgemeine online, 29. November 2012
  20. Final official results of the Elections for the Nineteenth Knesset. National-scale results. Abgerufen am 7. Mai 2015 (englisch).
  21. Raoul Wootliff, T. O. I. staff: Leaving politics, Livni warns this election may be last gasp of democracy. Abgerufen am 18. Februar 2019 (amerikanisches Englisch).
  22. Neuanfang in Israel mit Livni. (Memento vom 23. September 2008 im Internet Archive) Rheinische Post, 19. September 2008
VorgängerAmtNachfolger
?

Meir Schitrit

Jaakov Neeman
Israelischer Justizminister
5. Dezember 2004 bis 10. Januar 2005 (amt.)
10. Januar 2005 bis 6. Mai 2006
29. November 2006 bis 7. Februar 2007
18. März 2013 bis 2. Dezember 2014

Chaim Ramon
Daniel Friedmann

Ajelet Schaked
Schimon PeresMinister für regionale Kooperation
7. März 2001 bis 29. August 2001
Roni Milo
Shalom SimhonMinister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
17. Dezember 2002 bis 28. Februar 2003
Israel Katz
Ariel ScharonMinister für Einwanderung
28. Februar 2003 bis 4. Mai 2006
Ze'ev Boim
?Minister für Integration
18. Januar 2006 bis 4. Mai 2006
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