Ueli Steck

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Ueli Steck (2012)

Ueli Steck (* 4. Oktober 1976 in Langnau im Emmental; † 30. April 2017 am Nuptse, Nepal; Übername: Swiss Machine) war ein Schweizer Extrembergsteiger.[1] Er galt als einer der weltbesten Solokletterer und war vor allem durch sehr schnelle Begehungen hochalpiner Routen bekannt. Der gelernte Zimmermann lebte mit seiner Ehefrau zuletzt in Ringgenberg bei Interlaken. Am 30. April 2017 kam er bei einem Bergunfall am Nuptse unweit des Mount Everest ums Leben.[2][3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Steck wurde 1976 in Langnau im Kanton Bern als jüngster von drei Brüdern geboren, von denen einer der ehemalige Eishockeyprofi Bruno Steck ist.[4] Als 12-Jähriger begann Ueli Steck mit dem Klettern, bereits als 18-Jähriger durchstieg er die Eiger-Nordwand, dann im Mont-Blanc-Massiv den berühmten Bonatti-Pfeiler.[5] Im Juni 2004 kletterte er mit Stephan Siegrist das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau innerhalb von 25 Stunden. Ein weiterer Erfolg war der sogenannte Khumbu-Express im Jahr 2005,[6] für den er vom Klettermagazin Climb! zu einem der drei besten Alpinisten Europas gewählt wurde. Dabei handelt es sich um die ersten Solodurchsteigungen der Nordwand des Cholatse (6440 m) und der Ostwand des Tawoche (6505 m).

Auf der direkten Linie über die Südflanke zum Gipfel der Annapurna im Himalaya kletternd, wurde er 2007 von einem herabfallenden Stein getroffen. Bewusstlos und mit zertrümmertem Helm rutschte Steck mehr als 200 Meter ab, blieb aber mit Prellungen und einer Gehirnerschütterung sonst unverletzt.

2008 brach er seine Besteigung der Route ab, um dem baskisch-spanischen Bergsteiger Iñaki Ochoa de Olza zu helfen. Er konnte Ochoa noch lebend erreichen, dennoch verstarb dieser kurze Zeit später im Beisein von Steck.[7][8] Steck und sein Begleiter Simon Anthamatten wurden mit dem Preis Prix Courage 2008 der Zeitschrift Beobachter ausgezeichnet, da sie ihr Leben riskierten, um andere Bergsteiger zu retten.[9]

2008 erhielt Steck für seine bergsteigerischen Leistungen den Eiger Award[10] und 2009 gemeinsam mit Simon Anthamatten den Piolet d’Or für die 2008 erfolgte Erstbegehung der Nordwand des Tengkangpoche im Alpinstil.

2013 geriet Steck am Mount Everest gemeinsam mit dem Italiener Simone Moro und dem Briten Jonathan Griffith im Lager 2 in eine einstündige handgreifliche Auseinandersetzung mit rund hundert Sherpas, in deren Folge er durch einen Steinwurf im Gesicht verletzt wurde. Aufgrund von Messerattacken und Morddrohungen mussten alle drei Bergsteiger noch vor dem Einbruch der Nacht, mit dem Nötigsten bepackt, weiter zum Basislager absteigen. Die Expedition wurde daraufhin abgebrochen. Auslöser der Streitigkeiten soll ein verärgerter Sherpaführer gewesen sein, der sich bei seinen Sicherungsarbeiten unterhalb des Lagers 3 von den aufsteigenden Bergsteigern gestört und seine Gehilfen durch herabstürzende Eisbrocken gefährdet fühlte.[11][12]

Am 9. und 10. Oktober 2013 stieg Steck nach eigenen Angaben solo in 28 Stunden (Auf- und Abstieg) durch die Annapurna-Südwand auf den 8091 m hohen Gipfel, was als Quantensprung im Alpinismus gefeiert und am 29. März 2014 auch mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet wurde. Diese Begehung Stecks, die von Dritten nur bis in eine Höhe von 7050 m beobachtet werden konnte, wurde jedoch in diversen Publikationen angezweifelt. Steck konnte keine Fotos vorlegen, er hatte seine mitgeführte GPS-Uhr nicht eingeschaltet und bei Nachfragen zu Details ergaben sich weitere Ungereimtheiten.[13][14]

Am 24. September 2014 kamen bei einer von Benedikt Böhm und Sebastian Haag organisierten Tour, an der auch Steck teilnahm, Haag und Andrea Zambaldi bei einem Lawinenabgang am Gipfel des Shishapangma ums Leben. Der ebenfalls verschüttete, später aber gerettete Martin Maier erhob im Anschluss Vorwürfe gegen Böhm und Steck. Die beiden hätten ihn zu früh aufgegeben und nicht alle Möglichkeiten zu seiner Rettung ausgeschöpft.[15]

Zwischen 11. Juni und 11. August 2015 bestieg Ueli Steck alle 82 Viertausender der Alpen, wobei er die Strecken zwischen den Bergen nur aus eigener Kraft zurücklegte – entweder zu Fuss, mit dem Fahrrad oder dem Gleitschirm.[16] Steck hatte das Projekt zusammen mit Michael Wohlleben geplant und begonnen. Der musste jedoch nach den ersten fünf Gipfeln wegen einer Verletzung aufgeben, woraufhin Steck das Projekt alleine mit wechselnden Partnern, unter anderem einige Berge mit seiner Frau Nicole Steck, weiterführte.[17][16] Steck bewältigte bei seiner Tour in 62 Tagen insgesamt 117'450 Höhenmeter und 1'770 Kilometer Wegstrecke. Ursprünglich waren 80 Tage für das Vorhaben geplant, dank des ausgezeichneten Wetters war Steck jedoch schneller als erwartet.[18]

Am 30. April 2017 verunglückte Steck im Alter von 40 Jahren in der Nähe vom Lager 2 am Mount Everest bei einer Trainingstour am Nuptse tödlich.[2][19][20][21]

Ueli Steck wurde am 4. Mai 2017 im Kloster Tengboche, Nepal, unter Anwesenheit seiner Frau und naher Angehöriger eingeäschert und bestattet.[22][23]

Besondere alpinistische Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1995 Eiger-Nordwand, Heckmair-Route, (1800 m AS)
  • 1998 Mönch Hastoncouloir, Solo in 3,5 Std. (1000 m AS-)
  • 1999 Eiger Lauper-Route, Solo in 5 Std. (1800 m AS-)
  • 2000 Eiger-Nordwand, Yetiroute Zweitbegehung (7c/A0)
  • 2000 Mönch-Nordwand, Direttissima Erstbegehung (1000 m M5/Wi5)
Erstbegehungsroute der Pumori-Westseite von Bühler/Steck 2001
  • 2001 Grandes Jorasses Walkerpfeiler, Winterbegehung (1200 m AS)
  • 2001 Pumori, Erstbegehung Westroute (1400 m M4/80 Grad Eis) mit Ueli Bühler
  • 2001 Erstbegehung der Route The Young Spider in der Eiger-Nordwand (1800 m M7/Wi6; 7a/A2)
  • 2002 Mount Dickey, Alaska Erstbegehung (1700 m M7+ AI6 5.9/A1)
  • 2002/03 Zwei Versuche Jannu-Nordwand (7710 m) Nepal, zusammen mit Erhard Loretan
  • 2003 Punta Heron (Patagonien)
  • 2003 Rotpunktbegehung La vida es silbar (Eigernordwand 900 m 7c)
  • 2004 Trilogie Eiger, Mönch und Jungfrau (Nordwände) in 25 Stunden
  • 2005 Erste Solobegehungen der Tawoche-Ostwand (6515 m) und der Cholatse-Nordwand (6440 Meter) (Khumbu-Express)
  • 2006 Solobegehung der Matterhorn-Nordwand
  • 2006 Eiger-Nordwand, Winter-Solobegehung von The Young Spider
  • 2006 Erstdurchsteigung der Nordwand des Gasherbrum II mit Gipfelerfolg am Gasherbrum II Ost (7772 m)
  • 2007 Eiger-Nordwand, Geschwindigkeitsrekord Heckmair-Route in 3:54 Std., solo
  • 2008 Eiger-Nordwand, Geschwindigkeitsrekord Heckmair-Route in 2:47:33 Std., solo und ohne jegliche Benützung von vorhandenen Seilen und Fixpunkten[24]
  • 2008 Grandes-Jorasses-Nordwand, Geschwindigkeitsrekord Colton-McIntyre-Route in 2:21 Std., solo[25]
  • 2008 Tengkampoche-Nordwand (6500 m, Nepal) Erstbegehung mit Simon Anthamatten im Alpinstil (keine Bohrhaken, keine Fixseile, vier Tage für Auf- und Abstieg), ausgezeichnet mit dem Piolet d’Or.[26]
  • 2009 Matterhorn-Nordwand, Geschwindigkeitsrekord klassische Schmid-Route in 1:56 Std., solo[27]
  • 2009 Solo-Besteigung des Gasherbrum II (8034 m)
  • 2009 Makalu (8485 m), Normalroute
  • 2011 Shishapangma (8027 m): Solobegehung der Südwestwand
  • 2011 Cho Oyu (8188 m): In Seilschaft mit Don Bowie, Begehung der Westwand, 18 Tage nach dem Gipfel des Shishapangma
  • 2012 Mount Everest, zusammen mit dem 21-jährigen Sherpa Tenji[28]
  • 2013 Annapurna (8091 m): Erste Solobegehung der Südwand, 28 Stunden für Auf- und Abstieg (unbelegt).[29][13][14] Für diese Leistung erhielt er 2014 seinen zweiten Piolet d’Or.[30]
  • 2015 Besteigung aller 82 Viertausender der Alpen in 61 Tagen unter Verzicht auf jegliche motorisierte Fortbewegung zwischen den einzelnen Bergen.[31]
  • 2015 Eiger-Nordwand, neuerlicher Geschwindigkeitsrekord Heckmair-Route in 2:22:50 Std., solo[32][33] Damit holte er sich den Rekord zurück, nachdem zwischenzeitlich Dani Arnold 2011 Stecks alten Rekord mit 2 Stunden 28 Minuten unterboten hatte.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ueli Steck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karin Steinbach Tarnutzer: Stecks Absturz im Himalaja - «Ich wäre nicht zufrieden, wenn ich nicht bergsteigen könnte» In: Neue Zürcher Zeitung vom 1. Mai 2017
  2. a b Rajan Pokhrel: ‘Swiss Machine’ Ueli Steck killed in Mt Everest accident. In: The Himalayan Times. 30. April 2017, abgerufen am 30. April 2017 (englisch).
  3. Stephanie Geiger: „Scheitern heißt für mich: wenn ich sterbe“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. April 2017, abgerufen am 30. April 2017.
  4. Alles, was du jetzt nicht machst, kannst nie mehr aufholen. jungfrauzeitung.ch, 25. Mai 2020, abgerufen am 21. November 2021.
  5. Porträt. In: 82summits.com. Abgerufen am 6. September 2015.
  6. Vinicio Stefanello: Ueli Steck - Khumbu Express - Piolet d'Or 2005 In: planetmountain.com Abgerufen am 1. Januar 2019.
  7. Bericht von Ueli Steck zum Tod Ochoas (Memento vom 19. April 2010 im Internet Archive), 24. Mai 2008.
  8. Bericht zum Tod Ochoas auf www.mounteverest.net (Memento vom 25. Mai 2011 im Internet Archive).
  9. Die Sieger heissen Ueli Steck und Simon Anthamatten. In: Beobachter. 26. September 2008.
  10. Eiger Award 2008: Laudatio Ueli Steck von Röbi Bösch (PDF).
  11. Stephan Orth: Schlägerei am Mount Everest: „Die wären fast getötet worden“. In: Spiegel Online. 29. April 2013, abgerufen am 30. April 2013.
  12. Ueli Steck und seine Kollegen wurden mit dem Tod bedroht. In: Neue Zürcher Zeitung. Abgerufen am 24. Juli 2013.
  13. a b Ungereimtheiten bei Stecks Annapurna Solo. auf: bergsteigen.com Abgerufen am 31. März 2014.
  14. a b Dominik Osswald: Was geschah in jener Nacht? Ueli Stecks Ersteigung des Annapurna über die Südwand ist die alpinistische Leistung des Jahrhunderts. Es gibt nur ein Problem: Ein Beweis fehlt. (Memento vom 13. März 2015 im Internet Archive) In: Das Magazin N° 10, Tamedia, Zürich 7. März 2015, S. 12–19 (PDF).
  15. Fabienne Riklin: Drama in der Todeszone. In: Schweiz am Sonntag. 9. Juli 2016.
  16. a b 82 Summits vollendet. In: uelisteck.ch. Abgerufen am 6. September 2015 (Archiv)
  17. Bruno Petroni: Ueli Steck jetzt allein auf Tour. In: Berner Zeitung. 24. Juni 2015.
  18. Extrembergsteiger Ueli Steck „Das Gefühl, ich könnte immer weiter laufen“. In: Süddeutsche Zeitung 13. August 2015.
  19. Unglück im Himalaya: Extrembergsteiger Ueli Steck stirbt bei Rekordversuch. In: Süddeutsche Zeitung. 30. April 2017.
  20. Alexandra Kohler: Zum Tod von Ueli Steck: Er wollte etwas erreichen, das vor ihm noch keiner geschafft hat – Dieser Versuch kostete ihn das Leben. In: NZZ am Sonntag. 30. April 2017.
  21. Natascha Knecht: Nachruf auf Ueli Steck: „Gescheitert bin ich, wenn ich nicht mehr nach Hause komme“. In: Spiegel Online. 1. Mai 2017.
  22. Extrembergsteiger Ueli Steck in Nepal bestattet orf.at, 4. Mai 2017, abgerufen am 4. Mai 2017.
  23. In diesem Tempel soll Ueli Steck seine letzte Ruhe finden. In: Tages-Anzeiger. 1. Mai 2017.
  24. Bericht auf www.bergsteigen.com und Bericht in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens vom 16. Februar 2008.
  25. Bericht des Tagesanzeigers (Memento vom 4. März 2011 im Internet Archive).
  26. Expeditionsbericht 2008 (Memento vom 19. April 2010 im Internet Archive)
  27. Bericht in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens (Memento vom 20. Januar 2009 im Internet Archive).
  28. Gipfelerfolg am Everest ohne Flaschensauerstoff (Memento vom 15. Januar 2013 im Webarchiv archive.today) auf uelisteck.ch. Abgerufen am 19. Mai 2012.
  29. Ueli Steck durchklettert Annapurna-Südwand auf nzz.ch. Abgerufen am 12. Oktober 2013.
  30. Würdigung auf pioletsdor.com (Memento vom 1. April 2015 im Webarchiv archive.today).
  31. Ueli Steck schafft alle Alpen-Viertausender in 62 Tagen spiegel.de, 12. August 2015.
  32. Sechs Minuten schneller: Ueli Steck holt sich Eiger-Rekord zurück. blick.ch, abgerufen am 18. November 2015.
  33. ‘Swiss machine’ Ueli Steck reclaims Eiger record. SWI swissinfo.ch, abgerufen am 18. November 2015.