Ulrich Haberland

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Ulrich Klaus Walther Werner Haberland (* 6. Dezember 1900 in Sollstedt; † 10. September 1961 bei Antweiler, heute zu Mechernich) war ein deutscher Chemiker und Industrie-Manager. In der Zeit des Nationalsozialismus machte er Karriere bei der IG Farben. Er war von 1951 bis 1961 Vorstandsvorsitzender der Bayer AG.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Studium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulrich Haberland entstammte einer evangelischen Pfarrersfamilie aus Sachsen; mütterlicherseits waren seine Vorfahren Fabrikbesitzer. Er besuchte nach dem Tod der Eltern ab 1911 die Lateinische Hauptschule der Franckeschen Stiftungen zu Halle (Saale) (1918 unterbrochen durch einen Kriegseinsatz). An der Universität Halle-Wittenberg studierte er nach dem Abitur von 1919 bis 1924 Naturwissenschaften mit dem Hauptfach Chemie. Ab 1923 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Chemie, wo er 1924 bei Daniel Vorländer mit der Dissertation Mikrobestimmung von Schmelz- und Übergangspunkten zum Dr. phil. promoviert wurde. Er war seit seinem Studium in der Turnerschaft Saxo-Thuringia Halle zu Gießen im Coburger Convent korporiert.[1] Um sich sein Studium zu finanzieren, war er Werkstudent bei der I.G. Farben.

Karriere bei der I.G. Farben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulrich Haberland während der Nürnberger Prozesse (vermutlich als Zeuge)

Nach seinem Abschluss nahm er eine Anstellung bei der Firma Meyer & Riemann, die Schwefelsäure, Superphosphate und Mineralfarben herstellte, in Linden bei Hannover an. 1928 wechselte er zum Werk Uerdingen der I.G. Farben, wo er 1931 Abteilungsleiter wurde. 1938 stieg er zum Werksleiter auf. 1943 erhielt er die Leitung des Werks Leverkusen sowie der Betriebsgemeinschaft Niederrhein, in der die Werke Elberfeld (Stammwerk), Dormagen, Uerdingen und Leverkusen zusammengefasst waren. In den 1930er Jahren entwickelte er aus den Nebenprodukten der Anilinherstellung mehrere Eisenoxidpigmente, die patentiert wurden.

Noch zur Zeit des Nationalsozialismus wurde er in den Vorstand der I.G. Farben berufen. Da die Ernennung allerdings nur mündlich erfolgte und keine Aktennotiz vorhanden war, klagten ihn die Alliierten nicht wie andere Vorstandsmitglieder bei den I.G.-Farben-Prozessen an.[2][3] Außerdem galt er der britischen Besatzungsmacht als zukünftige Führungsfigur.[4]

Neuaufbau der Bayer AG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entscheidenden Einfluss nahm Haberland dann nach dem Zweiten Weltkrieg, als er sich mit seinem Verhandlungsgeschick bei den Besatzungsmächten für den Fortbestand der Bayer AG einsetzte und diesen erreichte.[4] Daraufhin wurde er mit der Neugründung der Bayer AG im Jahr 1951 deren Vorstandsvorsitzender. Als solcher forcierte er die Entwicklungs- und Forschungsaktivitäten, woraufhin sehr bald Produkte den halben Umsatz ausmachten, die das Vorgängerunternehmen noch gar nicht im Angebot hielt.

Schon 1953, zwei Jahre nach der Neugründung der Bayer AG, startete Haberland ein Modell, um einerseits die Aktienanlage populärer zu machen und andererseits die Mitarbeiter noch mehr an das Unternehmen zu binden. Spätere Formen solcher Belegschaftsaktien wurden in der deutschen Industrie durch Kapitalerhöhungen oder Investivlohnmodelle verwirklicht. Er ließ durch eine eigens geschaffene Treuhandgesellschaft, die Corona, Bayer-Aktien an der Börse kaufen und dann zu einem Vorzugspreis (anfangs zum Kurs 100 statt 120) an Mitarbeiter verkaufen. Jeder konnte drei Aktien erwerben, die er 15 Monate behalten musste. Steuerliche Abgaben übernahm die Treuhand. Auch nach dieser Frist wurden die Aktien zumeist behalten. Als später Missbräuche aufkamen, reagierte Haberland hart.[5]

Honorarprofessur und Verbandsfunktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1953 erhielt Haberland eine Honorarprofessur an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Haberland hatte verschiedene Funktionen inne: Er war Vorsitzender der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Mitglied des Vorstands des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, Mitglied der Deutschen Atomkommission und Senator der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften sowie Vorsitzender des Außenhandelsbeirats beim Bundesministerium für Wirtschaft. Er setzte sich wirtschaftspolitisch für einen einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum ein.

Von 1960 bis 1961 war er Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1961 starb Haberland an Herzversagen in seinem Landhaus in der Eifel.[6] Er wurde auf dem Friedhof von Leverkusen-Manfort begraben. Er war verheiratet mit Ilse, geborene Koennecke (1905–1982).[7] Das Paar hatte fünf Kinder, darunter Gert Lothar Haberland.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachruhm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach ihm war noch zu seinen Lebzeiten das Ulrich-Haberland-Stadion in Leverkusen benannt, das heute BayArena heißt. Der Name wurde daraufhin von der kleineren Arena übernommen, die die zweite Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen nutzte und in der nun die U-19-Mannschaft der Herren sowie die Profi-Frauen ihre Heimspiele austragen. Nach Haberland sind Straßen in Leverkusen, Bergisch Gladbach, Bonn und Dormagen benannt.[8]

Mit einer Spende von einer Million DM initiierte Haberland kurz vor seinem Tode den Bau des Studentendorfes Efferen der Universität zu Köln (1963–1965). Die ersten vier Gebäude erhielten den Namen „Ulrich-Haberland-Häuser“. Eine weitere Spende ging an die Universität Bonn zum Bau des dortigen Haberland-Hauses.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. manager magazin 6/1975, S. 75–77
  2. Thomas A. Schröder (Hrsg.): Bombenkrieg und Kriegsende in Leverkusen. 1943–1945. Opladener Geschichtsverein von 1979, Leverkusen 2004, S. 50.
  3. vgl. Klaus Tenfelde (Hrsg.): Stimmt die Chemie? Mitbestimmung und Sozialpolitik in der Geschichte des Bayer-Konzerns. Klartext, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-888-5.
  4. a b Nina Grunenberg: Die Wundertäter. Netzwerke der deutschen Wirtschaft 1942 bis 1966. Siedler, München 2006, ISBN 978-3-88680-765-9, S. 94.
  5. Nero und die Strohmänner. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1961 (online).
  6. Vita nach Bayerwebseite, Zugriff zuletzt am 4. Juli 2008.
  7. Nach who´s who Leverkusen (Links).
  8. Nach Webseite whoiswho in Leverkusen, Zugriff am 28. Juni 2017.
VorgängerAmtNachfolger
Carl DuisbergVorstandsvorsitzende der Bayer AG
1951–1961
Kurt Hansen