Umweltrecht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Unter Umweltrecht versteht man die Gesamtheit der Rechtsnormen, die den Schutz der natürlichen Umwelt und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme bezwecken.

Regelungsansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Umweltrecht ist kein scharf abgrenzbares Rechtsgebiet. Der Ansatzpunkt des Schutzes bedeutet den Schutz vor Beeinträchtigungen. Um diesen Schutz zu bewirken, sind verschiedene Herangehensweisen möglich:

  1. Minimierung der Einwirkungen auf das Schutzgut: Man geht vom Schutzgut und dessen Gefährdungen aus und begrenzt oder minimiert die Einwirkungen auf das Schutzgut. Dieser Ansatz liegt sehr vielen Umweltschutzgesetzen zugrunde. Bekannte Beispiele dafür sind die Naturschutzgesetze, das Wasserhaushaltsgesetz und die Landeswassergesetze.
  2. Begrenzung der schädlichen Wirkungen bekannter Umweltgefahren: Man geht von bekannten Quellen von Umweltgefährdungen oder -schädigungen aus und begrenzt die von ihnen ausgehenden schädlichen Wirkungen. Dies kann auf zwei Weisen erfolgen. Zum einen kann quellenbezogen angesetzt werden, das heißt, man regelt die von einer Gefährdungsquelle ausgehenden Emissionen. Zum anderen kann umweltbezogen angesetzt werden, wobei man eine Gesamtimmissionsbelastung festlegt, die dann durch Regelungen an den einzelnen Quellen zu unterschreiten ist. Der schlichte quellenbezogene Ansatz liegt dem deutschen Immissionsschutzrecht zu Grunde, das quasi „planlos“, das heißt ohne echte Gesamtimmissionsgrenzen die Emissionen bestimmter Emittenten regelt. Das US-amerikanische Immissionsschutzrecht setzt hingegen gesundheitsorientierte Immissionsobergrenzen (sogenannte National Ambient Air Quality Standards) fest, die dann durch verschiedenste Regelungsansätze an den Verschmutzungsquellen zu erreichen sind.
  3. Regelungen zu umweltgefährdenden Stoffen und Gegenständen: Bestimmte umweltgefährdende Stoffe oder Gegenstände werden einem Regelungsregime unterworfen, um so die von den Stoffen oder Gegenständen selbst oder vom Umgang mit ihnen ausgehenden Umweltgefahren zu minimieren. Beispielhaft sind hier insbesondere das Abfall- und das Chemikalien-, in Ansätzen das Atomrecht zu nennen.
  4. Natur als Rechtssubjekt: Ein anderer Ansatz ist in Artikel 71 der Verfassung Ecuadors konkretisiert, in dem der Natur selbst Rechte zugesprochen werden und jede Person ermächtigt wird, die Einhaltung dieser Rechte von der öffentlichen Gewalt zu verlangen.[1] Auch in anderen Staaten gibt es vergleichbare Ansätze: So wurden im Jahr 2017 vier Flüssen in Kolumbien, Indien und Neuseeland subjektive Rechte zugesprochen,[2] 2022 der spanischen Salzwasserlagune Mar Menor.[3]

Manche Umweltschutzregelungen sind nicht eindeutig einer der genannten Herangehensweisen zuzuordnen, sondern folgen einer gemischten Methode. Hierzu gehören beispielsweise Teile des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

Deutsches Umweltrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfassungsrechtlicher Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1994 verpflichtet das deutsche Verfassungsrecht in Artikel 20a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland den Staat dazu, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Dies ist kein Grundrecht, sondern eine so genannte Staatszielbestimmung, das heißt ein Programmauftrag für die öffentliche Gewalt. Gesetzgeber und Verwaltung werden dadurch zwar allgemein verpflichtet, ein bestimmtes gesetzgeberisches oder verwaltungsmäßiges Handeln ist aber nur in Einzelfällen gerichtlich einklagbar.

Rand- und Überschneidungsbereiche des Umweltrechts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele planerische Vorschriften kann man zum Umweltrecht zählen, weil sie – neben anderen Zielsetzungen – in mehr oder weniger großem Umfang dem Umweltschutz dienen. Ihr Ansatzpunkt ist sozusagen vorverlagert, indem sie schon im Planungsstadium sicherstellen sollen, dass bestimmte Umweltbeeinträchtigungen vermieden werden. Beispiele hierfür sind vor allem das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, aber auch das Baugesetzbuch und das Raumordnungsgesetz.

Weiter existieren zahlreiche Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände, die dem Umweltschutz dienen sollen. Die schweren Umweltschutzdelikte sind im 29. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (§§ 324–330d) selbst geregelt; in den meisten Umweltschutzgesetzen sind zusätzliche, auf die jeweilige spezielle Materie bezogene Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften enthalten. Viele dieser Vorschriften werden kritisiert, weil die Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens oft von behördlichen Vorgaben abhängt.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass der strafrechtliche Schutz der Umwelt für sich allein betrachtet wenig effektiv ist. Gründe dafür sind u. a. Probleme beim eindeutigen Nachweis der Verursachung von Umweltschäden. Wie in anderen Bereichen des Strafrechts ist die abschreckende Wirkung der Strafandrohung auch hier gering.

Schließlich gibt es einen Bereich der Überschneidung mit dem allgemeinen Gesundheitsschutz und dem besonderen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Viele Regelungen mit diesen Zielsetzungen bewirken sozusagen nebenbei einen Schutz vor Umweltbeeinträchtigungen; manche werden jedoch auch parallel auf beide Zielsetzungen hin formuliert.

Forderung nach der Vereinheitlichung durch ein Umweltgesetzbuch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Umweltrecht ist verstreut in vielen Gesetzen. Wenn beispielsweise eine europarechtliche Vorgabe in nationales Recht umzusetzen ist, die Gesetzgebungskompetenzen der Länder berührt (z. B. Wasserrecht, Naturschutzrecht), werden in Deutschland insgesamt 17 verschiedene Rechtsakte verfahrenswirksam, zunächst vom Bund und dann von den Bundesländern. Strafzahlungen wegen stark verspäteter Umsetzung von EU-Richtlinien durch einzelne Bundesländer (Beispiel: die Pflicht zur Ausweisung von Fauna-Flora-Habitat-Gebieten in Niedersachsen) mussten aufgrund der Außenverantwortlichkeit des Bundes dann vom Bundesumweltministerium geleistet bzw. vorgelegt werden. Deswegen wird von Umweltwissenschaftlern und Umweltjuristen seit vielen Jahren gefordert, das Umweltrecht in einem Umweltgesetzbuch (UGB) kodifiziert zusammenzufassen und im Interesse eines besseren Gesetzesvollzuges die Einzelvorschriften besser aufeinander abzustimmen. Obwohl ausgearbeitete und teilweise schon kommentierte Entwürfe (UGB-ProfE, SK-UGB; der letzte Entwurf stammt von 1997) dafür vorliegen, fehlte bisher auf Seiten der deutschen Bundesländer der politische Wille, dieses Vorhaben mitzutragen und in die Tat umzusetzen. Nach dem Scheitern der sog. Föderalismuskommission ist das Thema Umweltgesetzbuch wieder im Rahmen des Koalitionsvertrages der Großen Koalition auf die politische Agenda gekommen. Seit März 2006 gibt es einen ersten Entwurf des Bundesrates zur Änderung der Gesetzgebungskompetenzen im Umweltbereich; ein solches Gesetz würde eine Voraussetzung für die Einführung eines Umweltgesetzbuches schaffen.

Neue Strategien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bisher geltenden Gesetze verfolgen einen administrativen Ansatz, d. h. bestimmte Zweige der Verwaltung werden zur Durchführung von Umweltschutzaufgaben oder auch nur zur Berücksichtigung von Anliegen des Umweltschutzes bei der Durchführung ihrer eigenen Aufgaben verpflichtet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Kontrollaufwand sehr groß ist. Deswegen werden seit einigen Jahren neue Strategien angewendet, die über den traditionellen Bereich des Umweltschutzrechts weit hinausgehen und Aspekte des Umweltschutzes in andere Fachgesetze und andere Politikbereiche hineintragen. Das ist deswegen konsequent, weil Umweltschutz ein bereichs- und fachübergreifendes Thema ist. Oft wird dabei die Strategie verfolgt, dass wirtschaftliche Vorteile gewährt werden, wenn jemand über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus umweltschonende Technik einsetzt. Doch dürfen Begriffe wie „Ökonomische Strategien“ nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Einhaltung dieser ökonomisch orientierten „Spielregeln“ einer Kontrolle bedarf.

Drei Beispiele für derartige „ökonomische Instrumente“ im Umweltschutz, die den herkömmlichen Regelungsbereich des Umweltrechts überschreiten:

  1. Kraftfahrzeug-Besteuerung
    Wie alle Steuern dient diese in erster Linie der staatlichen Einnahmenerzielung. In den letzten Jahren wurde das Kraftfahrzeugsteuergesetz so umgestaltet, dass es auch Anreize dafür bietet, die jeweils neuesten Techniken zur Schadstoffreduzierung einzusetzen. Diese Vorschriften stehen in einem bestimmten Zusammenhang mit jenen über die Kfz-Zulassung. Die Zulassungsvorschriften hinken den jeweiligen technischen Standards stets um einige Jahre hinterher. Die KfzSt ist jedoch so ausgestaltet, dass für Fahrzeuge mit dem jeweils modernsten Standard spürbare Steuervergünstigungen eingeräumt werden. Dadurch wird für die Verbraucher ein Anreiz geschaffen, bei Neuanschaffungen möglichst schadstoffarme Fahrzeuge zu wählen. Siehe auch Ökosteuer, Umweltsteuer.
  2. Umweltmanagement und Umwelt-Betriebsprüfung
    Die Erfahrung im industriellen Bereich hat gezeigt, dass der administrative Umweltschutz immer den technischen Entwicklungen hinterherhinkt und kaum mehr gewährleisten kann, als dass nach der Identifikation neuer Umweltprobleme z. B. Rückhalte- oder Filtertechnologien entwickelt und – langsam und mit hohen Kosten – durchgesetzt werden. Wesentlich effizienter ist es, wenn neue industrielle Prozesse schon mit Blick auf die Umweltauswirkungen entwickelt werden und die Betriebsorganisation Erfordernisse des Umweltschutzes in ihre alltäglichen Abläufe integriert. Dieser Gedanke liegt der EG-Verordnung „über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung“ zugrunde,[4] im deutschsprachigen Raum meist nach der englischen Abkürzung EMAS für Eco Management and Audit Scheme genannt. Mit ihr sollen für Betriebe Anreize geschaffen werden, über die bloße Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen hinaus Umweltschutzziele zu setzen, ihre betrieblichen Abläufe unter Umweltaspekten zu optimieren und dies werbewirksam zu veröffentlichen. Ob dies jedoch ausreichende Ansätze sind, ist zweifelhaft, denn unter Umweltmanagement wird schon verstanden, wenn ein Unternehmen ein Organisationssystem etabliert, das die Einhaltung aller umweltrelevanten Vorschriften sicherstellen soll; ob dies auch tatsächlich eintritt, bleibt dabei außerhalb der Betrachtung.
  3. Emissionsrechtehandel
    Dieses Instrument entstammt dem Umweltschutzrecht der USA und besteht darin, dass im Wege des sog. Bubblings für alle beteiligten Emittenten innerhalb eines bestimmten Gebietes ein Gesamtemissionsbetrag gebildet wird, es wird bildhaft über alle Emittenten eine große Blase gebildet und deren Gesamtemission fixiert. In Höhe dieses Emissionsbetrages werden vom Staat Emissionsrechte geschaffen und an alle Emittenten unter der Blase nach einem bestimmten Schlüssel verteilt. Es liegt nun an den Emittenten, ob sie diese Verteilung beibehalten oder durch (entgeltliche) Übertragung der Rechte untereinander verändern, es darf jedenfalls insgesamt nicht mehr emittiert werden als es Emissionsrechte gibt. Dieses System kann mit einer degressiven Komponente verbunden werden, das heißt, der Gesamtbetrag an Emissionsrechten und damit an Emissionen wird mit fortschreitender Zeit verringert, sodass die beteiligten Emittenten insgesamt gezwungen sind, weniger zu emittieren als zuvor. So marktorientiert das vorgezeichnete System scheinen mag, so sehr bedarf es auch hier intensiver administrativer Kontrollen. Denn nur wenn sichergestellt ist, dass jeder Emittent nur so viel emittiert, wie er nach den von ihm gehaltenen Emissionsrechten befugt ist, kann das System erfolgreich sein. Die genaue Kontrolle ist hier deshalb erschwert, weil die Emissionsrechte durch den Handel, der mit ihnen zwischen den Emittenten getrieben wird, fluktuiert und so die Feststellung über den Bestand an Emissionsrechten bei einzelnen Emittenten erschwert wird.

Die geschilderte Entwicklung bewirkt, dass das Umweltrecht im engeren Sinne zwar nicht an Bedeutung verliert, aber kaum noch eindeutig abzugrenzen ist. Belange des Umweltschutzes „sickern“ in andere Rechtsbereiche ein. Dadurch wird die Übersicht insgesamt erschwert.

Österreichisches Umweltrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch in Österreich sind die rechtlichen Grundlagen in zahlreiche Rechtsnormen aufgesplittert, so dass manche von einer Normenflut sprechen.[5] Von seiner Rechtsnatur her ist das Umweltrecht überwiegend öffentlich-rechtlich geprägt und zählt daher zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht, teilweise auch zum Strafrecht. Daneben gibt es auch das Umweltprivatrecht.[6]

Öffentliches Umweltrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfassungsrechtlich gesehen bildet es eine Querschnittsmaterie, die Gesetzgebungs- und die Vollziehungskompetenz fallen also dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zu. Entsprechend gibt es auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene eine Umweltverwaltungsorganisation, wobei viele und wichtige Kompetenzen insbesondere des Anlagenrechts bei den Bezirksverwaltungsbehörden konzentriert sind.

Instrumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben klassisch-ordnungsrechtlichen Instrumenten der direkten Verhaltenssteuerung wie Bewilligungspflichten, Auflagen oder behördlichen Überwachungsmaßnahmen, insbesondere im Anlagenrecht nach der Gewerbeordnung[7][8] und im Recht der Abfallwirtschaft hat das Umweltrecht auch Instrumente zielorientierter Verhaltenssteuerung im Umweltplanungsrecht, Umweltprüfungen nach dem UVP-Gesetz sowie Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung wie Umweltabgaben, das Ökoaudit oder Umweltinformationssysteme (UIG) entwickelt.

Einzelne Regelungsgegenstände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Atom- und Strahlenschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich von 1999 dürfen Anlagen, die dem Zweck der Energiegewinnung durch Kernspaltung dienen, in Österreich weder errichtet noch in Betrieb genommen werden. Das Strahlenschutzgesetz (StrSchG) regelt den Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch ionisierende Strahlung, beispielsweise bei medizinischer Anwendung oder am Arbeitsplatz.

Österreich ist weder dem Wiener- noch dem Pariser Atomhaftungsübereinkommen beigetreten. Diese Abkommen enthalten Bestimmungen zu Haftungsobergrenzen und legen als Gerichtsort den Sitz des Schädigers fest. Das österreichische Atomhaftungsgesetz (AtomHG) legt als Gerichtsort den Ort des schädigenden Ereignisses fest, es gibt keine Haftungsobergrenze. Es ist für Geschädigte deshalb günstiger als das internationale Nuklearhaftungsregime.[10]

Gerichtsbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 hat auch das Rechtsschutzsystem im österreichischen Umweltverwaltungsrecht tiefgreifend umgestaltet, so die Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit und weitgehende Abschaffung verwaltungsbehördlicher Instanzenzüge sowie entsprechender Berufungsbehörden, unter anderen der unabhängigen Verwaltungssenate und des Umweltsenats.[11]

Umweltstrafrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die „Gemeingefährlichen strafbaren Handlungen und strafbare Handlungen gegen die Umwelt“ finden sich im 7. Abschnitt des Strafgesetzbuches (§§ 169–187 StGB). Das Artenhandelsgesetz (ArtHG) bestraft den unerlaubten Handel mit bestimmten wildlebenden Tier- und Pflanzenarten.[12]

Umweltprivatrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Umweltprivatrecht zeigt einen unmittelbaren und typischen Bezug zu den Umweltmedien Boden, Luft, Wasser und Lärm auf. Es umfasst jene zivilrechtlichen Normen (insb. §§ 364 ff. ABGB), die bei umweltrechtlichen Streitigkeiten zwischen Personen des Privatrechts zur Anwendung kommen.[13] Betroffen sind davon insbesondere das Immissionsschutzrecht (Nachbarrecht), Umweltvereinbarungen (auch Umweltmediation), Umweltmanagement (EMAS), nationales und internationales Umwelthaftungsrecht sowie die Schnittstellen, Grenzbereiche zwischen privatem und öffentlichem Umweltrecht. Zunehmend rücken auch zivilrechtliche Fragen des Energie- und Verkehrsrecht in das Blickfeld.[14]

Schweizerisches Umweltrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundlage der Umweltschutzgesetzgebung der Schweiz ist der Artikel 74 der Bundesverfassung. Absatz 1 dieses Artikels lautet: Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.

Gestützt darauf wurde das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG) erlassen. Der Gewässerschutz ist in einem separaten Gesetz geregelt: Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 (Gewässerschutzgesetz, GSchG).

Gestützt auf diese Gesetze gibt es eine ganze Reihe von Verordnungen (Auswahl):

  • Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV)
  • Verordnung vom 19. Oktober 1988 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV)
  • Verordnung vom 27. Februar 1991 über den Schutz vor Störfällen (Störfallverordnung, StFV)
  • Verordnung vom 15. Dezember 2006 zum Register über die Freisetzung von Schadstoffen sowie den Transfer von Abfällen und von Schadstoffen in Abwasser (PRTR-V)
  • Verordnung vom 1. Juli 1998 über Belastungen des Bodens (VBBo)
  • Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV)
  • Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV)
  • Technische Verordnung vom 10. Dezember 1990 über Abfälle (TVA)
  • Verordnung vom 22. Juni 2005 über den Verkehr mit Abfällen (VeVA)
  • Altlasten-Verordnung
  • Verordnung vom 18. Mai 2005 zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV)
  • Einschließungs-Verordnung und Freisetzungs-Verordnung (für bio- und gentechnologische Organismen)

(alle Verordnungen sind als Volltext auffindbar in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts[15])

Die Kernenergie- und Strahlenschutzgesetzgebung ist eine Spezialgesetzgebung außerhalb des Umweltrechtes.

Entstehungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Entstehung des USG war ein langwieriger Vorgang, der von einem anfänglichen politischen Widerwillen zeugt. 1965 wurde im Bundesparlament ein Vorstoß zum Thema eingereicht. Erst fünf Jahre später befürwortete dieses die Schaffung des oben genannten Verfassungs-Artikels, der in der Folge durch Volksabstimmung mit über 90 % Ja angenommen wurde. Dann dauerte es volle 10 Jahre, bis der Gesetzesentwurf im Nationalrat beratungsbereit war. Aufgrund eines negativen Vernehmlassungs-Verfahrens war in dieser Zeit von der Verwaltung ein grundsätzlich neuer Entwurf ausgearbeitet worden. Die Beratung im Parlament erstreckte sich wiederum über fast drei Jahre bis 1983. In Kraft trat das Gesetz dann im Jahr 1985.[16]

EU-Umweltrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtsquellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Umweltschutz gehörte ursprünglich nicht zu den Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft. Die Römischen Verträge enthielten dazu keine Bestimmungen. Seit den 1970er Jahren mehrte sich die Kritik daran, dass die europäische Handels- und Wirtschaftspolitik im Hinblick auf Umweltschutzgesichtspunkte „blind“ sei, nicht zuletzt nach dem Bericht des Club of Rome über Die Grenzen des Wachstums von 1972. In Reaktion darauf wurden zunächst mit dem Vertrag von Maastricht 1992 die Aufgaben der Gemeinschaft um den Umweltschutz und eine Verbesserung der Umweltqualität erweitert.

Seit dem Vertrag von Lissabon und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) enthält das europäische Primärrecht im EU-Vertrag verschiedene umweltbezogene Bestimmungen. Ziel ist die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums (Art. 3 AEUV). Art. 11 AEUV enthält das Integrationsprinzip[17] und den Nachhaltigkeitsgrundsatz, Art. 191 AEUV den Vorsorgegrundsatz, das Verursacherprinzip und das Ursprungsprinzip. 2007 wurden die Ziele um die Bekämpfung des Klimawandels ergänzt. Selbständige Ziele der Energiepolitik sind die Förderung der Energieeffizienz, von Energieeinsparungen sowie die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen (Art. 194 AEUV).[18]

Ursprünglich wurde das europäische Umweltrecht stark vom deutschen Umweltrecht beeinflusst. In dieser Anfangsphase verfolgte das europäische Umweltrecht noch einen sektoralen Ansatz, das heißt Umweltschutzmaßnahmen wurden in abgegrenzten Bereichen (z. B. nur Bodenschutz) geregelt.

Das aktuelle europäische Umweltrecht verfolgt einen sogenannten integrativen Ansatz, das heißt, dass die Umwelt als ein System verstanden, für dessen Schutz sektorübergreifende Regelungen (also für Wasser, Boden und Luft zusammen) notwendig sind. Die IVU-Richtlinie ist ein Beispiel für diesen integrativen Ansatz. Weiter findet eine verstärkte Integration der Umweltschutz-Regelungen in zahlreiche andere Vorschriften, die meist wirtschaftspolitisch motiviert sind, statt. Eine im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellte Studie kam 2021 zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen an unabhängige wissenschaftliche Bewertungen in bestimmten Genehmigungsregelungen nach EU-Recht gestärkt werden müssten.[19]

Sekundäre Rechtsquellen sind auch im Umweltrecht vor allem Richtlinien und Verordnungen. Außerdem gibt es eine Vielzahl von Beihilfen, die von der Kommission nach bestimmten Kriterien vergeben werden, geregelt in den Umweltbeihilfeleitlinien. Die 2014 erneuerten Leitlinien dienen insbesondere zur Erreichung der Klimaziele 2020 und sollen Marktverzerrungen entgegenwirken, die aufgrund der Förderung der erneuerbaren Energien entstehen können.[20]

Verhältnis zur Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das europäische Umweltrecht hat großen Einfluss auf das Umweltrecht der Mitgliedsstaaten und seine Weiterentwicklung.

Die EU-Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde überprüfen die Umsetzung und Einhaltung der EU-rechtlichen Vorgaben in den Mitgliedstaaten.[21]

Umweltvölkerrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Genau wie in anderen Bereichen des internationalen Rechts geht es auch im Umweltvölkerrecht vorrangig um vertragliche Beziehungen zwischen Staaten, in denen diese Staaten bestimmte Verpflichtungen eingehen, wie z. B. in der Aarhus-Konvention. Deutschland ist Vertragspartner zahlreicher internationaler Umweltschutzabkommen. Zu den bekanntesten gehören das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen von 1992 und das dazugehörige Kyoto-Protokoll. Das auf der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 erzielte Übereinkommen bezieht außer den Industriestaaten auch die Schwellen- und Entwicklungsländer ein.

Die Vereinten Nationen unterhalten ein eigenes Umweltprogramm (UNEP). Eine Weltumweltorganisation hat sich noch nicht etabliert.

Im Climate Action Network sind weltweit rund 850 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit umweltpolitischer Zielsetzung zusammengeschlossen.

Die geltenden bilateralen und multilateralen Umweltübereinkommen, an denen die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei beteiligt ist, werden im Bundesgesetzblatt Teil II veröffentlicht. Eine Übersicht über alle für die Bundesrepublik Deutschland geltenden und veröffentlichten Verträge, einschließlich der Umweltübereinkommen, gibt der so genannte Fundstellennachweis B zum Bundesgesetzblatt Teil II, der jährlich auf neuen Stand gebracht vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben wird.[22]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufsätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Umweltrecht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Gutmann: Pachamama als Rechtssubjekt? Rechte der Natur und indigenes Denken in Ecuador. In: ZUR 11/2019. S. 611–617 (nomos.de [PDF; abgerufen am 6. Juni 2022]): „Die Natur oder Pachamama, in der sich das Leben realisiert und reproduziert, hat das Recht, dass ihre Existenz, der Erhalt und die Regenerierung ihrer Lebenszyklen, Struktur, Funktionen und Entwicklungsprozesse umfassend respektiert werden. Jede Person […] kann von der öffentlichen Gewalt die Einhaltung der Rechte der Natur verlangen. […].“ (Übersetzt durch Andreas Gutmann basierend auf einer englischsprachigen Übersetzung.)
  2. Michaela Haas: Der Fluss, der gegen seine Verschmutzung klagt. In: sz-magazin.sueddeutsche.de. 1. Juni 2022, abgerufen am 6. Juni 2022.
  3. Als erstes Ökosystem Europas: Spanien verleiht Lagune Mar Menor Personenstatus. Der Spiegel, 21. September 2022.
  4. Verordnung (EG) Nr. 761/2001, ersetzt durch Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 (PDF) vom 25. November 2009
  5. Benedikt Kommenda: „Chaos im Umweltrecht“ Die Presse, 20. September 2015
  6. Gerhard Schnedl: Umweltrecht im Überblick 2. Aufl., Wien 2014, S. 42 f.
  7. Gewerbliches Umweltrecht Webseite des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, abgerufen am 28. März 2017
  8. Liste umweltschutzrelevanter Verordnungen auf Grund der Gewerbeordnung 1994 Stand 1. Mai 2016
  9. Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) Webseite des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich, 5. Juni 2012
  10. Atomhaftung Webseite des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich, 4. August 2015
  11. Johannes Kresbach: Abschied vom Umweltsenat, Neubeginn beim Bundesverwaltungsgericht. Zur Umgestaltung und Neuregelung der Rechtsmittelverfahren bei Umweltverträglichkeitsprüfungen in Österreich EIA-Portal, 2013
  12. Bundesgesetz über die Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten (Artenhandelsgesetz 2009 – ArtHG 2009)
  13. J. Simon: Umweltprivatrecht, in: Edmund Brandt (Hrsg.): Rechtswissenschaften, 2001, S. 185–199. ISBN 978-3-540-67891-5
  14. Abteilung für Umweltprivatrecht/Selbstverständnis Universität Linz, abgerufen am 28. März 2017
  15. auf der Webseite admin.ch
  16. Bundesamt für Umweltschutz: Erläuterungen zum USG, 1988
  17. Das umweltpolitische Integrationsprinzip in: Die Europäische Kommission als lernende Organisation? Verlag für Sozialwissenschaften 2009, S. 53–68
  18. Europäisches Umweltverfassungsrecht Webseite des Umweltbundesamts, 19. Februar 2016
  19. Europäisches Parlament: Kann der Natur Rechtspersönlichkeit zuerkannt werden? Eine Studie zu den Rechten der Natur im Kontext der EU. Zusammenfassung der Studie für den Rechtsausschuss mit Link zum Volltext der Studie in englischer Sprache, abgerufen am 22. September 2022.
  20. Staatliche Beihilfen: Kommission verabschiedet neue Regeln für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen Pressemitteilung der EU-Kommission vom 9. April 2014
  21. Wie EU-Umweltrecht funktioniert Webseite der EU-Kommission, 14. Oktober 2015
  22. Links zu den Umweltübereinkommen (Memento vom 31. August 2012 im Internet Archive) Webseite des Bundesumweltministeriums, abgerufen am 28. März 2017
  23. Umweltrecht in der Praxis (URP) Webseite der Vereinigung für Umweltrecht (VUR)
  24. Schriftenreihe "Recht der Umwelt" Webseite der Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Umweltrecht