Variante (Literatur)

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Als eine Variante gilt ein Text, der einerseits einem anderen Text ähnlich und andererseits so hinreichend von diesem verschieden ist, dass die Texte nach bestimmten Kriterien als nicht identisch beurteilt werden können. In der Editionswissenschaft, einem Zweig der Literaturwissenschaft, gibt es zum Phänomen Variante theoretische und methodische Konzepte. Varianten können kontextabhängig sein und sie beeinflussen das Verständnis eines Kunstwerks.[1]

Für die englischsprachigen Begrifflichkeiten hat Christian Moraru eine Unterscheidung zwischen variant und version vorgeschlagen. Ein variant sei das Ergebnis der Frage nach dem WIE, eine version hingegen die Antwort auf die Frage WAS? Dazu zähle auch ein abgeleiteter Status oder eine Abhängigkeit von einer vorherigen Narration „which it both repeats and modifies.“[2]

Wissenschaftsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinem polemischen Essay Éloge de la variante (1989)[3] argumentiert Bernard Cerquiglini, dass Variantenbildung ein grundlegendes Kennzeichen der handschriftlich überlieferten Literatur ist.[4] Cerquiglinis Hauptthese ist, dass Varianten und Varianz zentrale Aspekte des mittelalterlichen Textes sind und dass Bearbeiter von modernen Editionen aus diesem Grund mit den Texten nicht angemessen umgehen, wenn sie Varianz als etwas ansehen, was es zu beseitigen gilt.[5] Im Zuge der ‚New Philology‘, die sich von Cerquiglinis Essay hatte inspirieren lassen, wurden variante Fassungen differenzierter betrachtet und die Variante gewann für die Werkinterpretation zunehmend an Interesse.[1]

Forschungsliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Christa Jansohn und Bodo Plachta: „Vorwort“, in: Varianten – Variants – Variantes. Herausgegeben von Christa Jansohn und Bodo Plachta. Niemeyer, Tübingen 2005, ISBN 3-484-29522-8, S. 1–6
  2. Christian Moraru: „Narrative versions“, in: Routledge Encyclopedia of Narrative Theory, Routledge, London 2005, repr. 2010, ISBN 978-0-415-28259-8 (hbk), ISBN 978-0-415-77512-0 (pbk), S. 385–386.
  3. Die englische Ausgabe von Bernard Cerquiglinis Éloge de la variante erschien zehn Jahre später in einer Übersetzung von Betsy Wing mit dem Titel In praise of the variant: A critical history of philology bei der Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-6126-8
  4. M. J. Driscoll, "The words on the page: Thoughts on philology, old and new" (open access), in: Creating the medieval saga: Versions, variability, and editorial interpretations of Old Norse saga literature, edited by Judy Quinn & Emily Lethbridge. Syddansk Universitetsforlag, Odense 2010, pp. 85–102.
  5. Melinda Menzer, In Praise of the Variant: A Critical History of Philology. (Memento des Originals vom 8. September 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.brynmawr.edu (Rezension), Bryn Mawr Review of Comparative Literature, Volume 2, Number 2, Spring 2001