Wilhelm Lütgert

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Wilhelm Lütgert (* 9. April 1867 in Heiligengrabe; † 21. Februar 1938 in Berlin) war ein deutscher protestantischer Theologe, Schüler von Hermann Cremer und Adolf Schlatter und Mitglied der so genannten Greifswalder Schule.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abitur begann Lütgert im Frühjahr 1886 ein Studium der Evangelischen Theologie an der Universität Greifswald u. a. bei Hermann Cremer und trat dort auch der christlichen Studentenverbindung Wingolf (vgl. Wingolfsbund) bei. Im März 1888 verließ er Greifswald und immatrikulierte sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, wo er Vorlesungen von Franz Ludwig Steinmeyer und Adolf von Harnack besuchte. In Berlin absolvierte er 1890 sein erstes theologisches Examen. Sein Ziel war, als Pastor in den Kirchendienst einzutreten. Da Hermann Cremer ihn jedoch zu einer akademischen Laufbahn ermutigte und unbekannte Wohltäter ihm die Promotion ermöglichen wollten, kehrte er an die Universität Greifswald zurück. Am 26. Oktober 1892 wurde er dort mit der Arbeit Die Methode des dogmatischen Beweises in ihrer Entwicklung unter dem Einfluss Schleiermachers zum Lic. theol. promoviert. Bereits zwei Tage darauf wurde seine Habilitation vollzogen. Seine Habilitationsschrift Das Reich Gottes nach den synoptischen Evangelien – Eine Untersuchung zur neutestamentlichen Theologie erschien 1895 in Gütersloh. Im selben Jahr wurde er zum außerordentlichen Professor für Neues Testament in Greifswald berufen.

Während seiner Greifswalder Zeit heiratete er am 3. Juni 1898 Martha Sellschopp (* 7. April 1878; † 12. Februar 1946 in Berlin) in Groß Stove bei Rostock, womit er Schwager von Erich Schaeder wurde. Aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor. 1901 nahm er den Ruf der Universität Halle an die dortige Theologische Fakultät, als Extraordinarius für neutestamentliche Theologie und Exegese in Nachfolge von Willibald Beyschlag, an. Im Sommer 1913 wechselte er hier nach dem Tod von Martin Kähler auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie. 1918 gründete er mit anderen Doktoren der Universität die Akademische Speiseanstalt, dessen erster Vorsitzender er bis 1927 blieb. 1929 schließlich folgte er dem Ruf der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, wo Dietrich Bonhoeffer sein Assistent gewesen ist.

Lütgert stand dem Biblizismus Schlatters und dem deutschen Idealismus nahe. Die Dialektische Theologie um Karl Barth lehnte er ab. In seinem Aufsatz Mission und Nation von 1928 vertrat er die unter liberalen und deutschnationalen Theologen damals verbreitete These:[1]

Das Evangelium der Reformation ist nicht nur die Wiederentdeckung des Paulinismus
sondern es ist Deutsches Christentum.

Andererseits grenzte er sich ab 1933 gegen die Deutschen Christen ab und zählte sich innerlich zur Bekennenden Kirche, in die er jedoch nicht eintrat. 1935 wurde er vorzeitig seines Lehramtes enthoben und mit einem Vortragsverbot belegt.

Wilhelm Lütgert starb 1938 im Alter von 70 Jahren in Berlin und wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem beigesetzt. Das Grab ist nicht erhalten.[2]

Sein Bruder Gerhard Lütgert (1871–1962), ebenfalls Theologe, war Pfarrer an der Lutherkirche und von 1928 bis 1938 Lehrbeauftragter für Systematische Theologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Sparn: Art. Lütgert, Wilhelm (1867–1938). TRE XXI, S. 497–500.
  • Werner Neuer: Einführung in: Lütgert, Wilhelm: Schöpfung und Offenbarung. Gießen 21984, S. 3–16.
  • Thomas Schirrmacher: Wilhelm Lütgert und seine Studien zu den Gegnern der Apostel. in: JETh 19 (2005), S. 139–166.
  • Gregor Heidbrink: Wilhelm Lütgerts theologische Kritik des Deutschen Idealismus. Saarbrücken 2008.
  • Peter Müller: Alle Gotteserkenntnis entsteht aus Vernunft und Offenbarung. Wilhelm Lütgerts Beitrag zur theologischen Erkenntnistheorie, Münster (Westfalen) 2011.
  • Walter Sparn: Lütgert, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 479 (Digitalisat).
  • Jochen Eber: Lütgert, Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Bautz, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 870–874.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. zitiert nach J.C. Hoekendijk: Kirche und Volk in der deutschen Missionswissenschaft, Amsterdam 1948, neu aufgelegt München 1967, S. 133
  2. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 585.