Wolfgang Liebeneiner

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Wolfgang Georg Louis Liebeneiner (* 6. Oktober 1905 in Liebau, Provinz Schlesien; † 28. November 1987 in Wien) war ein deutscher Schauspieler und Regisseur.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolfgang Liebeneiner, Sohn des Leinenfabrikanten Georg Liebeneiner und dessen Ehefrau Erna Liebeneiner, geborene Ungefroren, avancierte während seines Studiums der Philosophie, Germanistik und Geschichte an den Universitäten von Innsbruck, Berlin und München zum Leiter der Akademischen Spielschar in München. Im Jahr 1928 bekam er von Otto Falckenberg, dem Direktor der Münchner Kammerspiele, Schauspiel- und Regieunterricht. Im selben Jahr debütierte er dort in Wedekinds Frühlings Erwachen und widmete sich von nun an ganz der Schauspielkunst.

Im Jahr 1931 gab er sein Debüt als Theaterregisseur und erhielt im selben Jahr seine erste Filmrolle in Die andere Seite, worin er einen englischen Leutnant spielte. Er war auf feinsinnige, öfters auch tragische Liebhaber abonniert. Er wirkte an den Reinhardt-Bühnen und ab 1933 am Preußischen Staatstheater in Berlin. Im Jahr 1936 wurde er Mitglied des Staatstheaters Berlin und 1938 künstlerischer Leiter der Deutschen Filmakademie Babelsberg. Bereits im Jahr 1937 hatte er seinen ersten Film als Regisseur gedreht; zwei Jahre später wurde er Leiter der Fachschaft Film der Reichsfilmkammer. Nach einigen Unterhaltungsfilmen wurden ihm von Joseph Goebbels bald auch propagandistische Projekte anvertraut: mit Bismarck (1940) schuf er dem „Eisernen Kanzler“ ein filmisches Denkmal. Im Jahr 1941 führte er in enger Zusammenarbeit mit dem NS-Propagandaministerium Regie im Film Ich klage an, der die Tötung auf Verlangen einer Multiple-Sklerose-Patientin thematisiert. Dieser Film gilt nicht zuletzt aufgrund seiner manipulativen Meinungsbildung pro Tötung auf Verlangen als „Euthanasiefilm“, der die Patientenmorde der Aktion T4 rechtfertigen sollte. Der Film Die Entlassung (1942) stellte wieder Bismarck in den Mittelpunkt. Im selben Jahr wurde Liebeneiner Produktionschef der UFA und Mitglied des Präsidialrats der Reichstheaterkammer. Ein Jahr später (1943) zeichnete ihn Goebbels mit einem Professorentitel aus.

Trotz seiner umstrittenen Produktionen für die Nazi-Propaganda konnte Liebeneiner schon im Herbst des Jahres 1945 seine Theaterarbeit wiederaufnehmen, als ihm der Kulturausschuss eine Arbeitserlaubnis ausstellte, die 1947 von einer Entnazifizierungskommission bestätigt wurde.[1] Die britischen Besatzungsbehörden stuften ihn als „unbedenklich“ ein, weil er durch Aussagen jüdischer Mitarbeiter entlastet wurde, die bestätigten, er habe ihnen still und diskret geholfen.[2] Dass er Kollegen geholfen habe, die während der Diktatur unter Berufsverbot standen, erwähnt auch die jüdische Theaterleiterin Ida Ehre in ihren Memoiren.[3] Ehre holte ihn 1945 an ihre Hamburger Kammerspiele, wo er im Jahr 1947 die Uraufführung von Wolfgang Borcherts Draußen vor der Tür inszenierte, das er unter dem Titel Liebe 47 auch verfilmte. 1953 kam er als Regisseur ana Theater in der Josefstadt Wien. In der Ära Adenauer führte Liebeneiner Regie bei einigen Filmen, in denen wiederholt Ruth Leuwerik die Hauptrolle spielte, wie Die Trapp-Familie und Königin Luise. In den 1960er Jahren wandte er sich mehr und mehr dem Fernsehen zu, für das er schwerpunktmäßig Theaterstücke, Romane und Erzählungen verfilmte – so in der Adventszeit der Jahre 1966 und 1968 für das ZDF die Abenteuervierteiler Die Schatzinsel nach dem Roman von Robert Louis Stevenson bzw. Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer nach den Romanen von Mark Twain. Außerhalb des Fernsehens verlegte er sich besonders auf die Inszenierung von Opern und Operetten an verschiedenen Opernhäusern.

Grabstätte von Wolfgang Liebeneiner

Liebeneiner lebte unter anderem im 1. Wiener Bezirk, war zweimal verheiratet, ab 1933 mit der Schauspielerin Ruth Hellberg (Tochter von Fritz Holl) und nach der Scheidung ab 1944 mit der Schauspielerin Hilde Krahl. Die Tochter Johanna Liebeneiner aus letzter Ehe wurde selbst eine bekannte Schauspielerin. Aus einer Verbindung mit der Regieassistentin Ursula Pohle stammt die gemeinsame Tochter Micaëla Kreißler, die ebenfalls Schauspielerin war.[4] Nach langer schwerer Krankheit starb Wolfgang Liebeneiner am 28. November 1987 in Wien und wurde auf dem Sieveringer Friedhof im 19. Wiener Bezirk beerdigt. Das Grab ist bereits aufgelassen.

Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[5]

Inszenierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gestern und Heute
  • Firmian und Christine
  • Die Neuberin
  • Versprich mir nichts
  • Kirschen für Rom
  • Lauter Lügen
  • Pygmalion
  • Traumulus
  • Tochter der Kathedrale
  • Der zerbrochene Krug
  • Das Leben ist Traum
  • Die Zaubergeige (auch im Fernsehen)
  • Sodom und Gomorrha (auch im Fernsehen)
  • Mittagswende (auch im Fernsehen)
  • Die Walküre
  • Valpone

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darsteller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Regie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1965 inszenierte er für den HR eine aus insgesamt acht Teilen bestehende Adaption des Romans Buddenbrooks von Thomas Mann, in der er auch eine der Hauptrollen (Thomas Buddenbrook) sprach. Zu den weiteren Hauptsprechern gehörten u. a. Gert Westphal (Erzähler), Hans Tügel (Johann Buddenbrook der Ältere), Dieter Borsche (Konsul Johann Buddenbrook), Lil Dagover (Konsulin Elisabeth Buddenbrook) und Horst Tappert (Christian Buddenbrook).

Bereits zwei Jahre zuvor führte er ebenfalls beim HR die Regie im Hörspiel Reineke Fuchs nach dem gleichnamigen Epos von Johann Wolfgang von Goethe. Auch hier war er als Sprecher (Erzähler) selbst zu hören. Seine Partner waren hier u. a. Hans Georg Laubenthal, Volker von Collande, Eric Schildkraut, Hanns Ernst Jäger und Hans Korte.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1938 Ernennung zum Staatsschauspieler
  • 1942 Ehrenring des deutschen Films für Die Entlassung
  • 1943 Ernennung zum Professor
  • 1951 Sascha-Pokal für Der Weibsteufel
  • 1952 Sascha-Pokal für 1. April 2000
  • 1958 Bambi (geschäftlich erfolgreichster Film 1957) für Die Trapp-Familie
  • 1967 Perla-TV der Internationalen Film- und Fernsehmesse Mailand für Die Schatzinsel
  • 1968 Perla-TV für Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerke Dunkhase: Wolfgang Liebeneiner – Regisseur, Autor, Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Lieferung 10, 1988.
  • Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 762.
  • Jonathan Schilling: Noch einmal Preußen im Film. Zu Preußenbildern in Filmen mit Ruth Leuwerik. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Neue Folge, Band 29, 2019, Heft 1–2, S. 201–221. (Aufsatz über mehrere Filme Liebeneiners)
  • Jonathan Schilling: Mehr als Heimatfilm. Ruth Leuwerik, „Die Trapp-Familie“ und der Publikumsgeschmack der Adenauer-Zeit. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 71, 2023, S. 75–109.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 431.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 26 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Filmportal, Kurzbiografie Wolfgang Liebeneiner [1]
  2. WDR Stichtag 28. November 2007 – Vor 20 Jahren: Wolfgang Liebeneiner stirbt in Wien [2]
  3. Ulrike Weckel: Spielarten der Vergangenheitsbewältigung. In: Institut für deutsche Geschichte Universität Tel Aviv (Hrsg.): Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 2003. Wallstein-Verlag Göttingen 2003, ISBN 3-89244-657-1, S. 151 f.
  4. Was ist Scho-ko-lade?. In: Junge Welt. Dienstag, 22. August 2017. S. 11. Abgerufen am 9. März 2024.
  5. Wolfgang-Liebeneiner-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.