World Computer Chess Championship

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Die World Computer Chess Championship (kurz: WCCC, deutsch „Computerschachweltmeisterschaft“) ist ein seit 1974 zunächst alle drei Jahre und inzwischen jährlich stattfindendes Schachturnier, zu dem sowohl Computer-Schachprogramme als auch Schachcomputer zugelassen sind. Die WCCC wird durch die International Computer Games Association (kurz: ICGA, deutsch „Internationale Computerspielevereinigung“) organisiert und häufig zusammen mit der Computer Olympiad durchgeführt.

Seit 1989 wird dem Titelgewinner traditionell die Shannon Trophy überreicht. Diese „Shannon-Trophäe“ (Foto unter Weblinks), halb scherzhaft auch als Shanny bezeichnet, hat die Form eines Schach-Springers. Sie ist benannt nach dem amerikanischen Computerpionier Claude Elwood Shannon (1916–2001), der auch selbst Schachprogramme entwickelte und als „der Vater des Computerschachs“ (englisch the father of computer chess) gilt.[1] Beim ersten Mal übergab Claude Shannon persönlich die Trophäe an Feng-hsiung Hsu, den Entwickler des Siegers Deep Thought (siehe Foto unter Weblinks).

Geschichte der World Computer Chess Championship (WCCC)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem in den ersten Jahren Spezialrechner mit besonderer Hardware, wie Belle, Cray Blitz und Deep Thought die Meisterschaft beherrschten, gelang es 1995 mit Fritz 3 zum ersten Mal, einer auf einem handelsüblichen PC laufenden Software den WM-Titel zu erringen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Die folgende Tabelle zeigt die vergangenen Computerschachweltmeisterschaften und die jeweiligen Titelträger:

Nr. Termin Austragungsort Siegerprogramm Entwickler Herkunftsland Hardware
1. 5.–8. Aug. 1974 Stockholm, Schweden Kaissa Mikhail Donskoy Russland British ICL 4/70 |
2. 7.–9. Aug. 1977 Toronto, Kanada Chess 4.6 David Slate, Larry Atkin USA CDC Cyber 176
3. 25.–29. Sept. 1980 Linz, Österreich Belle Ken Thompson USA DEC PDP-11/23 + 1700 Spezialchips, entwickelt von Ken Thompson
4. 22.–25. Okt. 1983 New York, USA Cray Blitz Robert Hyatt USA Cray X-MP
5. 11.–15. Juni 1986 Köln, Deutschland Cray Blitz Robert Hyatt USA Cray X-MP
6. 28.–31. Mai 1989 Edmonton, Kanada Deep Thought Feng-hsiung Hsu, Thomas Anantharaman, Murray Campbell, Andreas Nowatzyk, Mike Browne USA Dual-Prozessor-Spezialchips, entwickelt von Feng-hsiung Hsu
7. 23.–27. Nov. 1992 Madrid, Spanien ChessMachine (Rebel) Ed Schröder Niederlande Archimedes RISC
8. 25.–29. Mai 1995 Hong Kong Fritz 3 Frans Morsch Niederlande Pentium 90 MHz
9. 14.–19. Juni 1999 Paderborn, Deutschland Shredder Stefan Meyer-Kahlen Deutschland Pentium III 550 MHz
10. 6.–11. Juni 2002 Maastricht, Niederlande Deep Junior 7 Amir Ban, Shay Bushinsky Israel 2 Pentium 4 2.2 GHz
11. 22.–29. Nov. 2003 Graz, Österreich Shredder Stefan Meyer-Kahlen Deutschland Dual Intel Xeon 3 GHz
12. 4.–12. Juli 2004 Ramat-Gan, Israel Junior Amir Ban, Shay Bushinsky Israel 4 CPUs 2,2 GHz, Proliant HP
13. 13.–21. Aug. 2005 Reykjavík, Island Zappa Anthony Cozzie USA 2 AMD-Opteron-Dualcore-CPUs 2,2 GHz
14. 25. Mai – 1. Juni 2006 Turin, Italien Junior Amir Ban, Shay Bushinsky Israel 2 Intel-Woodcrest-Dualcore-CPUs 3 GHz
15. 11.–18. Juni 2007 Amsterdam, Niederlande Rybka Vasik Rajlich USA / Tschechien 2 Intel Xeon X5355
16. 28. Sept. – 4. Okt. 2008 Peking, China Rybka Vasik Rajlich USA / Tschechien Cluster, 40 cores
17. 10.–18. Mai 2009 Pamplona, Spanien Rybka Vasik Rajlich USA / Tschechien Intel Xeon W5580 @ 3,2 GHz x 8
18. 24. Sept. – 1. Okt. 2010 Kanazawa, Japan Rybka Vasik Rajlich USA / Tschechien 200 Nehalem EP Westmere, 2.93-3.6 GHz
19. 19.–23. Nov. 2011 Tilburg, Niederlande Junior Amir Ban, Shay Bushinsky Israel Intel Xeon W5580 @ 3,2 GHz x 8
20. 12.–17. Aug. 2013 Yokohama, Japan Junior Amir Ban, Shay Bushinsky Israel Dual Intel Xeon i5, 2,7 GHz
21. 29. Juni – 3. Juli 2015 Leiden, Niederlande Jonny Johannes Zwanzger Deutschland 2400 cores, AMD x86-64 @ 2,8 GHz
22. 27. Juni – 1. Juli 2016 Leiden, Niederlande Komodo Don Dailey, Larry Kaufman, Mark Lefler USA 48 cores, Intel i7 @ 2,8 GHz
23. 3. Juli – 7. Juli 2017 Leiden, Niederlande Komodo Don Dailey, Larry Kaufman, Mark Lefler USA 60 cores, Intel Xeon E7-8890 v2 @ 2,8 GHz[2]
24. 12. Juli – 20. Juli 2018 Stockholm, Schweden Komodo Don Dailey, Larry Kaufman, Mark Lefler USA 60 cores, Intel Xeon E7-8890 v2.2 4x15 cores @ 2.8 GHz[3]
25. 13.–16. Aug. 2019 Macao, China Komodo Don Dailey, Larry Kaufman, Mark Lefler USA 128 cores used, 8 x Intel Xeon Platinum 8168 CPU @ 2.7 GHz, 32 GB RAM[4]

Rybka und Entwickler Vasik Rajlich verloren aufgrund von Plagiatsvorwürfen alle seit 2006 erworbenen Titel und wurden von allen kommenden Weltmeisterschaften ausgeschlossen.

Top Chess Engine Championship (TCEC)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Top Chess Engine Championship wurde im Jahr 2010 (zunächst noch nach dem Namen ihres ursprünglichen Organisators Martin Thoresen benannt als Thoresen Computer Engines Competition) ins Leben gerufen. Die TCEC wird inzwischen auch als Unofficial World Computer Chess Championship (deutsch „Inoffizielle Computer-Schach-Weltmeisterschaft“) bezeichnet,[5][6] da im Gegensatz zur WCCC auch freie Schachprogramme teilnehmen, wie beispielsweise der bisherige Rekordsieger Stockfish.

North American Computer Chess Championship (NACCC)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste – noch vor der World Computer Chess Championship stattfindende – große Computerschachmeisterschaft war die erstmals 1970 organisierte Nordamerikameisterschaft. Sie wurde von der Association for Computing Machinery (ACM) ausgerichtet und fand bis 1994 zumeist jährlich statt.

World Microcomputer Chess Championship (WMCCC)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Zeit von 1980 bis 2001 gab es darüber hinaus eine parallel laufende Weltmeisterschaft, zu der nur auf Mikroprozessoren (und nicht auf Großrechnern) laufende Schachprogramme zugelassen waren, die „Mikrocomputer-Schachweltmeisterschaft“ (kurz „Mikro-WM“). Ebenso wie bei der „großen“ WCCC beherrschten auch die WMCCC zunächst die Spezialrechner, wie Mephisto. Ab 1992 wandelte sich auch hier das Bild und die auf PC laufenden Schachprogramme gewannen den WM-Titel.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Meisterschaft in Dallas in Computerschach International (CSI), Nr. 2, 1983, S. 23–29.
  • Weltmeisterschaft in New York in CSI, Nr. 4, 1983, S. 10–11.
  • Rekordbeteiligung bei der Computerschach-WM in Computerschach & Spiele (CSS), Nr. 3, 1986, S. 18/I–18/XII.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • WCCC 2018 auf der Seite der ICGA (englisch)
  • Foto von „Shanny“
  • Foto Feng-hsiung Hsu erhält die Trophäe aus der Hand von Claude Shannon (1989)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. T. Anthony Marsland, Jonathan Schaeffer: Computers, Chess, and Cognition. Springer, 1990, S. 36, ISBN 978-1-4613-9082-4.
  2. WCCC 2017 abgerufen 30. Oktober 2017
  3. WCCC 2018 | ICGA. Abgerufen am 25. Oktober 2018 (amerikanisches Englisch).
  4. WCCC 2019 | ICGA. Abgerufen am 13. November 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. Andrew Soltis: Engine Super Bowl. New York Post, abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
  6. A new age in computer chess? Lc0 beats Stockfish! Abgerufen am 30. August 2020 (englisch).