Aphthe

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Klassifikation nach ICD-10
K12.0 Rezidivierende orale Aphthen
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Drei Aphthen auf der Unterlippen-Innenseite

Eine Aphthe [ˈaftə] (Transliteration von altgriechisch ἄφθη, vom Verb ἅπτω haptō, deutsch ‚entfachen‘) ist eine schmerzhafte, von einem entzündlichen Randsaum umgebene Schädigung der Schleimhaut des Zahnfleischs, der Mundhöhle einschließlich der Lippen, der Tonsillen oder der Zunge. Es handelt sich dabei um ein Ulcus mit weißlichem Fibrinbelag. Beim gleichzeitigen Auftreten mehrerer solcher Stellen im Rahmen einer Primärinfektion spricht man vom Krankheitsbild der Stomatitis aphthosa (auch Gingivostomatitis herpetica oder Mundfäule).[1] Treten Aphthen häufig wiederkehrend (rezidivierend) auf, spricht man von chronisch rezidivierender Aphthose.

Ursachen rezidivierender Aphthose

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Ursachen (Ätiologie) und Entstehungsmechanismus (Pathogenese) der rezidivierenden Aphthose sind weitgehend unklar. Diskutiert wurden als Auslöser Bakterien, insbesondere Streptokokken, die jedoch als unwahrscheinlich eingestuft wurden. Ebenso wurden Viren als Ursache diskutiert, insbesondere Adenoviren und Herpesviren Typ 1 bis 6, jedoch konnten hier bisher keine Zusammenhänge nachgewiesen werden.[2]

Eine Entstehung aufgrund mehrerer Einflussfaktoren, unter anderem genetischer Natur, wird angenommen.[3] Eine familiäre Häufung rezidivierender Aphthen wird bei 30–40 % der Patienten beobachtet.[4] Sicher ist jedoch, dass bei einer bestehenden Zöliakie Gluten ein Auslöser sein kann.[5][3]

Mögliche mit Aphthen in Zusammenhang stehende Faktoren sind:

  • Verletzungen der Mundschleimhaut
  • verminderter Säuregehalt des Magensaftes (Subazidität)
  • Veränderungen des Hormonhaushaltes
  • Nahrungsdefizite (Vitamin-B12-, Eisen- oder Folsäuremangel)
  • verschiedene Nahrungsmittel, vor allem solche, die Histamin enthalten[1]
    • Walnüsse, Haselnüsse, Nussschokolade
    • Tomaten
    • (Blauschimmel-)Käse
    • scharf gewürzte Speisen
    • Zitrusfrüchte
    • alkoholische Getränke

In schweren Fällen können Systemische Erkrankungen wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Morbus Behçet oder HIV-Infektionen zu Grunde liegen.[5][3]

Es wird keine Verbindung zu Menstruationszyklus, Schwangerschaft oder Menopause gesehen.[6] Stress als Ursache wird seit Jahrzehnten diskutiert[7] und ist mittlerweile als ein Einflussfaktor unter vielen nachgewiesen.[8] Chemische Irritation durch Inhaltsstoffe wie beispielsweise Natriumlaurylsulfat (SLS), das häufig in Zahnpasta enthalten ist, wird als möglicher Auslöser diskutiert.[9] Raucher sind seltener betroffen als Nichtraucher; als eine mögliche Ursache wird die Verhornung der Haut (Hyperkeratose) durch das Rauchen angesehen.[10]

Aphthe auf der Unterlippen-Innenseite
Mehrere große Aphthen am Gaumensegel
Aphthen auf der Zunge

Kleinere Aphthen (Minor-Form) haben einen Durchmesser von unter einem Zentimeter, sie heilen innerhalb von ein bis zwei Wochen aus. Es wird aber auch von seltenen Aphthen mit einem Durchmesser von über einem Zentimeter bis etwa 30 mm und mehr berichtet. Bei diesen größeren Aphthen, die Wochen bis Monate persistieren können und unter Narbenbildung abheilen, wird von der Major-Form gesprochen. Bei herpetiformen Ulcera tritt eine große Zahl kleiner Aphthen auf, diese Form ist jedoch selten.[3][11] Es tritt akut auf und rezidiviert sehr selten.

Wie schmerzhaft Aphthen sind, ist individuell stark unterschiedlich. Aphthen können sehr schmerzhaft sein, bei stärkerem Befall ist oft die tägliche Lebensführung deutlich beeinträchtigt. Das Sprechen, Essen, Schlucken von Wasser oder Speichel ist schmerzhaft. Die Größe von Aphthen ist oft nicht ausschlaggebend für das Ausmaß an Schmerzen[12], das sie verursachen. Vielmehr ist die Stelle im Mund, an der die Aphthe auftritt, entscheidend. So kann etwa eine relativ kleine Aphthe mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern, die auf der Zungenspitze auftritt, wesentlich schmerzhafter sein als eine größere, die an einer mechanisch weniger beanspruchten Stelle im Mund (z. B. im zentralen Wangengewebe) entsteht. In wenigen Fällen treten auch nahezu nicht schmerzende Aphthen auf.

In Deutschland sind 2–10 Prozent der Menschen von Aphthen betroffen. Davon weisen rund 85 Prozent Minor-Aphthen auf, die oft nach wenigen Tagen abheilen und nach wenigen Wochen ganz verschwinden. Major-Aphthen treten seltener auf und heilen erst nach Wochen oder Monaten aus. Betroffen sind alle Altersklassen, wobei Männer seltener zu Aphthenbildung neigen als Frauen.[13]

Die Diagnose der rezidivierenden Aphthose basiert auf Anamnese und klinischem Bild, da spezifische Labortests nicht zur Verfügung stehen. Zur Erkennung zugrunde liegender Erkrankungen (Immunerkrankungen, Infektionen, Mangelzustände) können neben der Krankengeschichte auch verschiedene Laborparameter weiterhelfen.[3]

Neben der lokalen Behandlung steht bei systemischen Erkrankungen deren Behandlung im Vordergrund. Eine ursächliche Therapie rezidivierender Aphthen ohne zugrunde liegender systemischer Grunderkrankung ist bislang nicht bekannt. Antibiotika, Virostatika oder die Gabe von Gammaglobulinen zeigten keine Wirkung.[1]

Zur symptomatischen Behandlung von Aphthen werden schmerzstillende Wirkstoffe wie beispielsweise Lidocain, Polidocanol oder Benzydamin eingesetzt; es stehen Sprays, Gurgellösungen und Gele bzw. Salben (Haftsalben für die Mundschleimhaut) für die Therapie zur Verfügung. Auch adstringierende Mittel wie Rhabarberwurzelextrakt, Myrrhentinktur, Silbernitrat,[14] Phenolsulfonsäureverbindungen und das Kresolsulfonsäure-Polykondensat Policresulen kommen zur Anwendung; ihre zusammenziehende bzw. ätzende Wirkung soll durch Abstoßung von abgestorbenem Gewebe die Heilung beschleunigen. Einen ähnlichen Effekt haben Zinksulfat und verdünnte Wasserstoffperoxidlösung, letztere wirkt zudem leicht antiseptisch. Bei Ausschluss einer infektiösen Ursache kann das entzündungshemmende, verschreibungspflichtige Triamcinolonacetonid, etwa als Haftsalbe, verwendet werden.

Volksheilkundlich werden entzündungshemmende Mittel wie Teebaumöl, Melissenextrakt sowie Spülungen mit Kamillen- und Salbeitee angewendet. Ein weiteres Mittel ist eine Alkoholtinktur aus Propolis (Bienenkittharz).[15]

Eine Mischung aus sulfonierten Phenolen und Schwefelsäure reduziert die durch Aphthen ausgelösten Beschwerden durch Auflösung des Biofilms mittels Dehydratisierung. Sie wird durch den Zahnarzt mittels einer stumpfen Kanüle lokal appliziert.[16][17][18] Es sind auch Applikatoren zur Selbstanwendung verfügbar.

Als Bednar-Aphthen (benannt nach dem österreichischen Arzt Alois Bednar, 1816–1888) bezeichnet man bei Säuglingen die während der ersten Lebensmonate auftretenden Ulzerationen der Mundschleimhaut, die meist am harten Gaumen auftreten. Auch Sauggeschwüre durch Auswischen des Mundes fallen darunter. Sie entstehen durch Mikrotraumata. Bednar-Aphthen heilen spontan ab.[1] Es handelt sich um unechte Aphthen, die den Aphthen ähneln.[19]

(chronologisch geordnet)

  • Julius Basch: Die Aphthenkrankheit und ihre Behandlung. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 54. Jahrgang. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1928, ISSN 0012-0472, S. 1206–1208.
  • Rudolf Haensch: Chronisch rezidivierende Aphthosis. In: Archiv für Dermatologie und Syphilis. Band 195. Springer, Heidelberg 1953, ISSN 0365-6020, S. 362–381.
  • Pierluigi Coli, Mats Jontell, Magnus Hakeberg: The Effect of a Dentifrice in the Prevention of Recurrent Aphthous Stomatitis. In: Oral Health Prev Dent. Band 2, Nr. 2, 2004, S. 133–142 (PDF, englisch).
  • Andreas Altenburg, Nadine El-Haj, Christiana Micheli u. a.: Behandlung chronisch-rezidivierender oraler Aphthen. In: Deutsches Ärzteblatt. Jahrgang 111, Heft 40. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2014, ISSN 0012-1207, S. 665–673 (Online; PDF).
  • Aphthöse Schleimhauterkrankungen. In: Atlas der Pädiatrischen Dermatologie. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2018, ISBN 978-3-527-33774-3, S. 479–485.
Commons: Aphthe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Aphthe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b c d Konrad Bork, Walter Burgdorf, Nikolaus Hoede: Mundschleimhaut- und Lippenkrankheiten: Klinik, Diagnostik und Therapie; Atlas und Handbuch; mit 37 Tabellen. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2486-0, S. 60–.
  2. Peter A. Reichart: Chronisch rezidivierende Aphthen. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 60, Nr. 6, 2015 (dgzmk.de – Wissenschaftliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde).
  3. a b c d e Crispian Scully, Meir Gorsky, Francina Lozada-Nur: The diagnosis and management of recurrent aphthous stomatitis: a consensus approach. In: Journal of the American Dental Association. Nr. 134, Februar 2003, S. 200–207 (grahamazon.com [PDF; abgerufen am 16. Februar 2016]).
  4. Aphthen und aphtoide Läsionen der Mundschleimhaut: Diagnostik und Therapieoptionen. Angemeldetes Leitlinienvorhaben, AWMF; abgerufen am 4. August 2015.
  5. a b W. C Gonsalves, A. C Chi, B. W Neville: Common oral lesions: Part I. Superficial mucosal lesions. In: Am Fam Physician. Band 75, Nr. 4, 2007, S. 501–507, PMID 17323710 (aafp.org – Review).
  6. B. E. McCartan, A. Sullivan: The association of menstrual cycle, pregnancy, and menopause with recurrent oral aphthous stomatitis: a review and critique. In: Obstet Gynecol. 80(3 Pt 1), Sep 1992, S. 455–458. PMID 1495706.
  7. A. Pedersen: Psychologic stress and recurrent aphthous ulceration. In: J Oral Pathol Med. 18(2), 1989, S. 119–22. PMID 2746521.
  8. R. Handa: A study to evaluate the impact of examination stress on recurrent aphthous ulceration in professional college students in Jaipur district. In: Minerva Stomatol. 61(11-12), 2012, S. 499–507. PMID 23207675.
  9. S. L. Zunt: Recurrent aphthous stomatitis. In: Dermatologic Clinics. Band 21, Nummer 1, Januar 2003, S. 33–39, ISSN 0733-8635. PMID 12622266.
  10. Zuzanna Ślebioda, Elżbieta Szponar, Anna Kowalska: Etiopathogenesis of Recurrent Aphthous Stomatitis and the Role of Immunologic Aspects: Literature Review. In: Arch Immunol Ther Exp (Warsz), 2014, 62(3), S. 205–215, PMC 4024130 (freier Volltext).
  11. R. S. Rogers: Recurrent aphthous stomatitis: clinical characteristics and associated systemic disorders. In: Semin Cutan Med Surg. 16(4), Dec 1997, S. 278–283. PMID 9421219.
  12. netdoktor.at GmbH (Hrsg.): Rezidivierende orale Aphthen. (netdoktor.at [abgerufen am 26. April 2017]).
  13. Aphte. Abgerufen am 18. Januar 2020.
  14. M. R. Alidaee, A. Taheri, P. Mansoori, S. Z. Ghodsi: Silver nitrate cautery in aphthous stomatitis: a randomized controlled trial. In: Br J Dermatol. 153(3), Sep 2005, S. 521–525. PMID 16120136.
  15. Detmar Jobst: Facharztprüfung Allgemeinmedizin: in Fällen, Fragen und Antworten. Elsevier Health Sciences, 2020, ISBN 978-3-437-09961-8, S. 193 (google.de [abgerufen am 26. Januar 2021]).
  16. S. R. Porter, K. Al-Johani u. a.: Randomised controlled trial of the efficacy of HybenX in the symptomatic treatment of recurrent aphthous stomatitis. In: Oral diseases. Band 15, Nummer 2, März 2009, S. 155–161, ISSN 1601-0825. doi:10.1111/j.1601-0825.2008.01503.x. PMID 19207485.
  17. Patent EP1587477B1: Geruchlose Formulierung zur Behandlung von Schleimhautdiskontinuitäten. Angemeldet am 5. Januar 2004, veröffentlicht am 26. Oktober 2011, Anmelder: Epien Medical Inc, Erfinder: Michael Basara.
  18. Sicherheitsdatenblatt HybenX (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive) (PDF)
  19. Norbert Schwenzer: Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde: Zahnärztliche Chirurgie. Georg Thieme Verlag, 2000, ISBN 3-13-116963-X, S. 234–.