Keusche Kuckuckshummel

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Keusche Kuckuckshummel

Keusche Kuckuckshummel (Bombus vestalis)

Systematik
Überfamilie: Apoidea
ohne Rang: Bienen (Apiformes)
Familie: Echte Bienen (Apidae)
Unterfamilie: Apinae
Gattung: Hummeln (Bombus)
Art: Keusche Kuckuckshummel
Wissenschaftlicher Name
Bombus vestalis
(Geoffroy in Forcroy, 1785)

Bombus vestalis, auch Keusche Kuckuckshummel oder Gefleckte Kuckuckshummel, ist eine Hummelart aus der Unterfamilie der Kuckuckshummeln. Sie ist ein Brutparasit, der die Nester von anderen Hummeln übernimmt. Hauptwirt ist die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris).

Weibchen von Kuckuckshummeln können von anderen Hummelarten leicht daran unterschieden werden, dass die Sammeleinrichtungen für Pollen an den Hinterbeinen, Corbicula oder Körbchen genannt (vgl. Körbchensammler), nicht ausgebildet sind. Die Kuckuckshummel-Arten sind aber untereinander in Körpergestalt und Färbung teilweise ähnlich und schwer bestimmbar.

Die Königin der Keuschen Kuckuckshummel hat eine Größe von bis zu 21 mm sowie eine Flügelspannweite von 37 mm.[1] Das Männchen ist mit 16 mm wesentlich kleiner. Die Spitze des Hinterleibs ist bei der Art nicht bauchseitig eingekrümmt (wie bei einigen anderen Kuckuckshummel-Arten). Die Hummel ist überwiegend schwarz mit einem orangefarbenen „Kragen“ (das erste Segment des Rumpfabschnitts ist orange gefärbt). Der dritte Tergit des Hinterleibs ist seitlich außen gelb behaart. Der vierte und meist auch der fünfte Tergit des freien Hinterleibs ist großteils weiß.[2] Die Drohnen sind kleiner und haben längere Fühler.[3]

Von der ebenfalls bei Erdhummeln parasitierenden Böhmischen Kuckuckshummel Bombus bohemicus kann Bombus vestalis in beiden Geschlechtern anhand der Länge der Fühlerglieder unterschieden werden. Bei ihr ist das dritte Fühlerglied nur wenig länger als das fünfte, bei Bombus bohemicus merklich länger.[4] Außerdem ist bei Bombus bohemicus das dritte Tergit des freien Hinterleibs seitlich meist heller, bis weiß, gefärbt und die gelbe Binde am Rumpfabschnitt heller.[2]

Das Verbreitungsgebiet von Bombus vestalis reicht von Südschweden[4] im Norden bis nach Nordafrika im Süden sowie von Irland im Westen bis in den Nordiran im Osten.[5] 2009 wurde die Art erstmals in Schottland gesichtet.[3] In Irland ist sie extrem selten, 2014 gelang die erste Sichtung nach 88 Jahren.[6] In Deutschland ist die Keusche Kuckuckshummel weit verbreitet und mäßig häufig.[7] In der Schweiz und Belgien gilt sie als gefährdet (vulnerable), in Ungarn als potenziell gefährdet (near threatened), im Rest ihres europäischen Verbreitungsgebiets als ungefährdet.[8]

Bombus vestalis gehört zu den wirtsspezifischen Kuckuckshummel-Arten. Als einziger Wirt wird meist Bombus terrestris angegeben, daneben gibt es nur wenige Angaben auch für die Helle Erdhummel (Bombus lucorum), den Hauptwirt von Bombus bohemicus.[7] Die überwinterten Königinnen erscheinen im zeitigen Frühling, die Drohnen folgen Ende Mai bis Anfang Juni.[9] Bevorzugt parasitiert werden früh begründete Völker nahe guter Trachtquellen.[10] Der weibliche Bombus vestalis verbleibt bis April im Winterschlaf. Die Wirtsart hat bis dahin die erste Generation von Arbeiterinnen aufgezogen.[10][11][12]

Als bevorzugte Nahrung dienen Klee, Vogel-Wicke, Flockenblumen, Taubnesseln, Weiden, Schlehdorn und Löwenzahn.[1]

Orchideen aus der Gattung der Ragwurzen der auf Sardinien endemischen Arten Ophrys chestermanii und Ophrys normanii ahmen den Geruch von paarungsbereiten Weibchen von Bombus vestalis nach. Durch den Paarungsversuch der Drohnen mit dem Labellum wird die Orchideenblüte bestäubt.[13]

Auswahl des Wirtsnests

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Kuckuckshummeln finden ihre Wirtvölker anhand der Pheromonspur von Arbeiterinnen, die sie bei der Pollensuche hinterlassen. Bombus-vestalis-Weibchen können anhand des Geruches der Wirtsarbeiterinnen deren Alter und den Zeitpunkt für die Übernahme des Nestes erkennen. Nur bei einer bestimmten Größe des Wirtsnestes ist der Übernahmeversuch von Bombus vestalis erfolgreich, ansonsten wird die Angreiferin meist getötet. Sobald sie in das Nest eindringt, wird sie von den Arbeiterinnen untersucht und häufig angegriffen.[14] Wenn in der Wirtskolonie erst fünf Arbeiterinnen geschlüpft sind, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit 100 Prozent, bei 20 Arbeiterinnen liegt sie bei etwa 30 Prozent und bei 50 Arbeiterinnen werden alle Parasitenweibchen beim Eindringen getötet.[12] Die Eierproduktion der Arbeiterinnen der Wirtsart wird durch die Kuckuckshummel in der Regel unterdrückt.[15] Beim Eindringen kann es aber nach dem Abtöten der Wirtskönigin dazu kommen, dass ältere Arbeiterinnen mit dem Eierlegen beginnen; da sie unverpaart sind, schlüpfen dann nur Männchen der Wirtsart.[16]

Das Kuckuckshummel-Weibchen greift öfters ältere Arbeiterinnen der Wirtsart an, da sie eine Bedrohung für sie und ihre Eier darstellen.[12][14] Sie identifiziert diese Arbeiterinnen anhand von Pheromonen. Je älter eine Biene ist, desto mehr Pheromone scheidet sie aus. Drohnen der Kuckuckshummel sind durch ein Allomon gegenüber den Wirtsarbeiterinnen geschützt.[17]

Taxonomie und Phylogenie

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Die Art wurde als Apis vestalis (Geoffroy in Fourcroy, 1785) erstbeschrieben. Sie wurde lange Zeit in eine eigenständige Gattung Psithyrus eingeordnet und dann Psithyrus vestalis (Geoffroy, 1785) genannt, heute gilt Psithyrus als Untergattung von Bombus. Ein alter synonymer Name ist Bremus aestivalis Panzer, 1805.

Die Art ist nahe verwandt mit Bombus bohemicus; die Artengruppe wurde formal als Untergattung Ashtonipsithyrus beschrieben. Es werden, noch unter dem Gattungsnamen Psithyrus beschrieben, drei Unterarten unterschieden, die von vielen Autoren als eigenständige Arten aufgefasst werden. Zwei davon kommen endemisch auf Inseln im Mittelmeer vor:

  • Bombus vestalis perezi (Schulthess-Rechberg, 1886). Endemit der Inseln Korsika[18] und Elba[19].
  • Bombus vestalis sorgonis (Strand, 1917). Endemit der Insel Sardinien.[19]
  • Psithyrus vestalis obenbergeri (May, 1944) soll im Mittelmeergebiet, unter anderem in Spanien, weiter verbreitet sein. Diese Unterart wird aber vielfach nicht mehr anerkannt.

Einzelnachweise

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  1. a b Benton, Ted, 1942-: Bumblebees: the natural history & identification of the species found in Britain. Collins, London 2006, ISBN 978-0-00-717450-8, S. 403–406.
  2. a b Joseph F. Gokcezade, Barbara-Amina Gereben-Krenn, Johann Neumayer, Harald W. Krenn: Feldbestimmungsschlüssel für die Hummeln Österreichs, Deutschlands und der Schweiz (Hymenoptera, Apidae). In: Linzer biologische Beiträge. 42. Jahrgang, Heft 1, S. 5-42 (zobodat.at [PDF]).
  3. a b Cuckoo bumblebees. Bumblebee.org, abgerufen am 5. Januar 2013.
  4. a b Astrid Løken (1984): Scandinavian species of the genus Psithyrus Lepeletier (Hymenoptera: Apidae). Entomologica scandinavica Supplement 23: 45 Seiten.
  5. Pierre Rasmont: Bombus (Psithyrus) vestalis (Fourcroy, 1785). Université de Mons, abgerufen am 5. Januar 2013.
  6. Cliodhna Russell: Rare bumblebee rediscovered in Ireland after 88 years. Abgerufen am 22. April 2020 (englisch).
  7. a b Paul Westrich: Die Wildbienen Deutschlands. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-8186-0123-2, S. 718–719.
  8. Andrzej Kosior, Waldemar Celary, Paweł Olejniczak, Jan Fijał, Wiesław Król, Wojciech Solarz, Piotr Płonka (2007): The decline of the bumble bees and cuckoo bees (Hymenoptera: Apidae: Bombini) of Western and Central Europe. Oryx 41 (1): 79-88.
  9. S Erler, H. M. G. Lattorff: The degree of parasitism of the bumblebee (Bombus terrestris) by cuckoo bumblebees (Bombus (Psithyrus) vestalis). In: Insectes Sociaux. 57. Jahrgang, 22. September 2010, S. 371–377, doi:10.1007/s00040-010-0093-2 (researchgate.net).
  10. a b Claire Carvell, Peter Rothery, Richard F. Pywell, Matthew S. Heard: Effects of resource availability and social parasite invasion on field colonies of Bombus terrestris. In: Ecological Entomology. 33. Jahrgang, Nr. 3, 1. Juni 2008, ISSN 1365-2311, S. 321–327, doi:10.1111/j.1365-2311.2007.00961.x.
  11. Kirsten Kreuter, Robert Twele, Wittko Francke, Manfred Ayasse: Specialist Bombus vestalis and generalist Bombus bohemicus use different odour cues to find their host Bombus terrestris. In: Animal Behaviour. 80. Jahrgang, Nr. 2, 1. August 2010, S. 297–302, doi:10.1016/j.anbehav.2010.05.010.
  12. a b c A. Sramkova, M. Ayasse: Chemical ecology involved in invasion success of the cuckoo bumblebee Psithyrus vestalis and in survival of workers of its host Bombus terrestris. In: Chemoecology. 19. Jahrgang, Nr. 1, 3. März 2009, ISSN 0937-7409, S. 55–62, doi:10.1007/s00049-009-0009-7.
  13. Julia Gögler, Johannes Stökl, Anna Sramkova, Robert Twele, Wittko Francke, Pierluigi Cortis, Antonio Scrugli, Cesario Giotta, Marcello Piccitto, Manfred Ayasse (2008): The role of pollinator attracting scent in the sexually deceptive orchids Ophrys chestermanii, O. normanii and O. tenthredinifera. Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie 16: 175-178.
  14. a b Cor Van Honk, Peter-Frank Roseler: The Conquest of a Bombus Terrestris Colony by a Psithyrus Vestalis Female. In: Apidologie. 12. Jahrgang, 1981, S. 57–67, doi:10.1051/apido:19810105.
  15. Carlos Vergara, Stefan Schoder, Maria Almanza, Dieter Wittmann: Suppression of ovarian development of Bombus terrestris workers by B. terrestris queens, Psithyrus vestalis and Psithyrus bohemicus females. In: Apidologie. 34. Jahrgang, Nr. 6, 1. Januar 2003, S. 563–568, doi:10.1051/apido:2003056.
  16. Erika Frehn, Karl-Heinz Schwammberger (2001): Social parasitism of Psithyrus vestalis in Free-foraging Colonies of Bombus terrestris (Hymenoptera: Apidae). Entomologica Generalis 25(2): 103 - 105.
  17. Patrick Lhomme, Manfred Ayasse, Irena Valterova, Thomas Lecocq, Pierre Rasmont (2015): A scent shield to survive: identification of the repellent compounds secreted by the male offspring of the cuckoo bumblebee Bombus vestalis. Entomologia Experimentalis et Applicata 157: 263–270. doi:10.1111/eea.12366
  18. T. Lecocq, N. Brasero, T. De Meulemeester, D. Michez, S. Dellicour, P. Lhomme, R. de Jonghe, I. Valterová, K. Urbanová, P. Rasmont (2014): An integrative taxonomic approach to assess the status of Corsican bumblebees: implications for conservation. Animal Conservation 18: 236–248. doi:10.1111/acv.12164
  19. a b F. Intoppa, M.G. Piazza, G. Bolchi Serini, M. Cornalba: I Bombi. Guida al riconoscimento delle specie italiane. CRA - Unità di Ricerca di Apicoltura e Bachicoltura, Bologna 2009.