Dicyan

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Strukturformel
Struktur von Dicyan
Allgemeines
Name Dicyan
Andere Namen
  • Cyan
  • Cyanogen
  • Oxalsäuredinitril
  • Oxalyldinitril
  • Ethandinitril
  • Zyan
Summenformel (CN)2
Kurzbeschreibung

farbloses, stechend bittermandelartig riechendes Gas[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 460-19-5
EG-Nummer 207-306-5
ECHA-InfoCard 100.006.643
PubChem 9999
ChemSpider 9605
Wikidata Q421724
Eigenschaften
Molare Masse 52,04 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig[2]

Dichte

0,95 g·cm−3 (flüssig, −21 °C)[2]
2,38 g·l−1 (Gas, 0 °C, 1013 mbar)[2]

Schmelzpunkt

−27,83 °C[2]

Siedepunkt

−21,15 °C[2]

Dampfdruck

0,49 MPa (20 °C)[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 220​‐​280​‐​330​‐​319​‐​335​‐​410
P: 210​‐​260​‐​284​‐​377​‐​381​‐​304+340​‐​315​‐​403​‐​405[2]
MAK

DFG/Schweiz: 5 ml·m−3 bzw. 11 mg·m−3[2][4]

Toxikologische Daten

350 ppm·60 min−1 (LC50Ratteinh.)[5]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

306,7 kJ/mol[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Dicyan ist eine giftige, gasförmige chemische Verbindung. Sie besteht aus zwei durch eine Einfachbindung verbundenen Cyanid-Gruppen. Kurz wird sie auch als Cyan oder Zyan bezeichnet.

Geschichte und Vorkommen

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Dicyan wurde wahrscheinlich zum ersten Mal 1782 durch Carl Wilhelm Scheele synthetisiert, als er Blausäure untersuchte. Definitiv wurde es 1802 synthetisiert, als Chlorcyan hergestellt wurde. Der französische Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac beschrieb 1816 die Herstellung von Dicyan durch eine trockene Destillation von Quecksilber(II)-cyanid.[7][8] Noch vor der als solche allgemein anerkannten ersten Synthese einer organischen Substanz (Harnstoff, Friedrich Wöhler, 1828) gelang F. Wöhler die Synthese von Oxalsäure durch Hydrolyse von Dicyan (1824).[9]

Dicyan wurde 1910 im Schweif des damals wiederkehrenden Halleyschen Kometen nachgewiesen.[10]

Gewinnung und Darstellung

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Im Labor wird Dicyan durch Erhitzung von Quecksilber(II)-cyanid oder Silbercyanid dargestellt,[11] die Komplexsalze Dicyanidoargentat(I), K[Ag(CN)2] und Tetracyanidomercurat(II) K2[Hg(CN)4] verhalten sich gleichsinnig.

Ebenfalls findet im Labor die Darstellung durch Eintropfen einer konzentrierten Natrium- oder Kaliumcyanidlösung auf fein gepulvertes Kupfersulfat oder eine konzentrierte Lösung desselben Anwendung:[12]

Auch Kupfer(II)-Salze können als Oxidationsmittel verwendet werden. In Gegenwart von Cyanidsalzen werden diese zu Dicyan oxidiert und das Kupfer zu Tetracyanocuprat(I) reduziert.

Gold(III)-Salze in Wasser reagieren ebenfalls als starke Oxidationsmittel gegenüber Cyaniden unter Bildung von Kaliumdicyanidoaurat(I).

Dicyan entsteht bei allen Elektrolysen von Cyaniden oder Cyanidokomplexen durch anodische Oxidation bei pH 4–6 an inerten Platin-Elektroden,[13] der Mechanismus ähnelt dem der Kolbe-Elektrolyse.

Technisch wird es durch die Oxidation von Blausäure gewonnen, wobei gewöhnlich Chlor an einem aktivierten Siliciumdioxid-Katalysator oder Stickstoffdioxid an Kupfersalzen verwendet wird. Dicyan wird auch aus Stickstoff und Ethylen unter Einwirkung elektrischer Entladungen gebildet.

Dicyan ist ein lineares Molekül mit einer Bindungslänge von 116,3 pm (C–N) bzw. 139,3 pm (C–C).[14] Die C–C-Bindung ist mit einer Dissoziationsenergie von 603(21) kJ/mol die stärkste bislang bestimmte C–C-Einfachbindung.[15]

Dicyan ist ein farbloses und giftiges, stechend-süßlich riechendes Gas mit einem Siedepunkt von −21 °C. Es verbrennt mit sehr heißer (4800 K in reinem Sauerstoff),[16] rot-violetter Flamme. Dicyan verhält sich chemisch ähnlich wie ein Halogen und wird daher als Pseudohalogen bezeichnet.

Es löst sich wenig in Wasser und disproportioniert dabei langsam zu Cyanwasserstoff und Cyansäure, in alkalischer Lösung bilden sich deren Salze.

Dicyan polymerisiert bereits am Sonnenlicht oder beim Erhitzen zu festem, braunschwarzem Paracyan.[11]

Dicyan bildet mit Luft leicht entzündliche Gemische. Der Explosionsbereich liegt zwischen 3,9 Vol.-% (84 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 36,6 Vol.-% (790 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[17]

Der kritische Punkt liegt bei einer Temperatur von 126,5 °C und einem kritischen Druck von 5,98 MPa.[18]

Die Verdampfungsenthalpie von Dicyan beträgt bei einem Druck von 1013 hPa 448 kJ/kg.[18]

Einzelnachweise

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  1. a b Eintrag zu Dicyan. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 16. Juli 2014.
  2. a b c d e f g h i j Eintrag zu Oxalsäuredinitril in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu Oxalonitrile im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 460-19-5 bzw. Dicyan), abgerufen am 2. November 2015.
  5. Eintrag zu Cyanogen in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM), abgerufen am 17. August 2021. (Seite nicht mehr abrufbar)
  6. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-23.
  7. J. L. Gay-Lussac: in Gilberts Ann. 53 (1816) 139.
  8. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten anorganischer Substanzen, Version 2020, S. 54 pdf.
  9. Burckhard Frank: 250 Jahre Chemie in Göttingen. In: Hans-Heinrich Voigt (Hrsg.): Naturwissenschaften in Göttingen. Eine Vortragsreihe. Vandenhoeck + Ruprecht Gm, Göttingen 1988, ISBN 3-525-35843-1 (Göttinger Universitätsschriften. Band 13), S. 72 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche und S. 221 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  10. Hellmuth Vensky: Wie ein Komet Europa in Panik versetzte. Meldung bei Zeit Online vom 19. Mai 2010.
  11. a b Georg Brauer, unter Mitarbeit von Marianne Baudler u. a. (Hrsg.): Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band 1. Ferdinand Enke, Stuttgart 1975, ISBN 3-432-02328-6, S. 629.
  12. Henry M. Woodburn et al.: Cynogen. In: Therald Moeller (Hrsg.): Inorganic Syntheses. Band 5. McGraw-Hill, Inc., 1957, S. 43–48 (englisch).
  13. Hans Schmidt, Hasso Meinert: Elektrolysen von Cyaniden. I. Elektrolysen Von Cyaniden in wäßrigen Lösungen. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. 293, 1957, S. 214–227, doi:10.1002/zaac.19572930309.
  14. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Structure of Free Molecules in the Gas Phase, S. 9-34.
  15. John A. Dean: Lange’s Handbook of Chemistry. 15. Auflage. McGraw-Hill, Inc., 1999, ISBN 0-07-016384-7, S. 4.43.
  16. Eintrag zu Hochtemperaturchemie. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 16. Juli 2014.
  17. E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
  18. a b A. Lieberam: Kalorische und kritische Daten. In: Verein Deutscher Ingenieure, VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (Hrsg.): VDI-Wärmeatlas. Berechnungsblätter für den Wärmeübergang. 7., erweiterte Auflage. VDI-Verlag, Düsseldorf 1994, ISBN 3-18-401362-6, S. Dc1.